Kleine Anfrage des Abg. Schaus (DIE LINKE) vom 02.03.2015 betreffend Anzeigen nach § 1 Abs. 3 der Verordnung über die Zulassung der Beschäftigung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen, vom 12. Oktober 2011 und Antwort des Ministers für Soziales und Integration Vorbemerkung des Fragestellers: Gemäß § 1 Abs. 3 der Bedarfsgewerbeverordnung vom 12. Oktober 2011 ist (war) die Beschäftigung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern an Sonn-und Feiertagen nach Abs. 1 Nr. 9 der Aufsichtsbehörde vor der erstmaligen Beschäftigung anzuzeigen. Die Anzeige muss insbesondere enthalten: 1. Angaben zur Notwendigkeit der Arbeiten, 2. die Zahl der Beschäftigten und 3. die Arbeitszeiten der Beschäftigten an Sonn- und Feiertagen. Das Bundesverwaltungsgericht hat zwischenzeitlich die Regelungen der Verordnung weitestgehend aufgehoben und Teile an den Verwaltungsgerichtshof zurücküberwiesen. Vorbemerkung des Ministers für Soziales und Integration: Mit Urteil vom 26. November 2014, Az. 6 CN 1.13, hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) die Hessische Bedarfsgewerbeverordnung (BedGewV) für die Bereiche Videotheken, öffentliche Bibliotheken, Callcenter und Lotto- und Totogesellschaften für unwirksam, für das Buchmachergewerbe hingegen für wirksam befunden. Im Hinblick auf die Bereiche Getränkeindustrie und -großhandel sowie Eisfabriken und -großhandel hat das BVerwG die Sache an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) zurückverwiesen. Das Hessische Ministerium für Soziales und Integration (HMSI) hat am 27. November 2014 die hessischen Vollzugsbehörden bei den Regierungspräsidien über die geänderte Rechtslage unterrichtet und zur Umsetzung des Urteils aufgefordert. Zudem hat das HMSI am selben Tag Verbände angeschrieben und über die geänderte Rechtslage informiert. Angemerkt sei, dass das Urteil des BVerwG nur die angegriffenen Bestimmungen der BedGewV betrifft und sonstige Ausnahmenvorschriften unberührt lässt. So ist eine Sonn- und Feiertagsbeschäftigung insbesondere auf der Grundlage folgender Bestimmungen weiterhin zulässig: - § 1 Abs. 1 Nr. 2, 3, 6 und 7 BedGewV (Bestattungsgewerbe, Garagen und Parkhäuser, Immobiliengewerbe , Musterhaus-Ausstellungen und - § 10 ArbZG (v. a. Notdienste und Präsenzbibliotheken). Auch ermöglicht § 6 Abs. 2 Nr. 5 Hessisches Feiertagsgesetz (HFeiertagsG) weiterhin selbständige Arbeiten an Sonn- und Feiertagen in Videotheken und Bibliotheken. Darüber hinaus können Ausnahmen durch behördliche Bewilligung, insbesondere nach §§ 13 und 15 ArbZG, zugelassen werden. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage. 1. Wie viel Betriebe in welchen Branchen haben in den Jahren 2011 bis 2014 nach der Bedarfsge- werbeverordnung der Aufsichtsbehörde die Aufnahme von Sonntagsarbeit angezeigt? (Bitte auch aufschlüsseln nach Jahren und Landkreisen). Nach § 1 Abs. 3 Hessische Bedarfsgewerbeverordnung (BedGewV) war die Beschäftigung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern an Sonn-und Feiertagen nach Abs. 1 Nr. 9 der Aufsichtsbehörde vor der erstmaligen Beschäftigung anzuzeigen. Eingegangen am 14. April 2015 · Ausgegeben am 16. April 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/1669 14. 04. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1669 Seit Inkrafttreten der BedGewV am 2. November 2011 wurden für Hessen über die Jahre 2011 bis 2014 insgesamt zehn Anzeigen an die Regierungspräsidien gemeldet. Angezeigt wurde beim Regierungspräsidium Kassel und beim Regierungspräsidium Darmstadt. Beim Regierungspräsidium Gießen wurde keine Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen nach § 1 Abs. 1 Nr. 9 BedGewV angezeigt. Für das Jahr 2012 sind sechs Anzeigen, für das Jahr 2013 sind zwei Anzeigen, für das Jahr 2014 sind zwei Anzeigen zu verzeichnen. Frage 2. Wie viel Beschäftigte der jeweiligen Betriebe waren von der Sonntagsarbeit betroffen? (Bitte auf- schlüsseln nach Gesamtbeschäftigtenzahl und Zahl der an Sonntagen jeweils Beschäftigten). - Für die im Jahr 2012 angezeigten sechs Aufnahmen von Sonntagsarbeit wurde für 305 Be- schäftigte von insgesamt 1561 Beschäftigten Sonn- und Feiertagsbeschäftigung angezeigt. - Für die im Jahr 2013 angezeigten zwei Aufnahmen von Sonntagsarbeit wurde für 30 Beschäftigte von insgesamt 517 Beschäftigten Sonn- und Feiertagsbeschäftigung angezeigt. - Für die im Jahr 2014 angezeigten zwei Aufnahmen von Sonntagsarbeit wurde für fünf Beschäftigte von insgesamt 176 Beschäftigten Sonn- und Feiertagsbeschäftigung angezeigt. Frage 3. Welche der vorgenannten Betriebe haben in den Jahren zuvor (2000 bis 2011) Sonntagsarbeit in welchem Umfang beantragt? Bewilligungen nach Arbeitszeitgesetz wurden für die vorgenannten Betriebe nicht erteilt. In den Jahren 2010 und 2011 wurden auf Anfrage der Unternehmen Duldungen im Hinblick auf den Erlass der BedGewV ausgesprochen. Frage 4. Wie verfährt die zuständige Behörde seit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom November 2014 mit der Bedarfsgewerbeverordnung? Das HMSI hat am 27. November 2014 die hessischen Vollzugsbehörden bei den Regierungspräsidien über die geänderte Rechtslage unterrichtet und zur Umsetzung des Urteils aufgefordert. Zudem hat das HMSI am selben Tag Verbände angeschrieben und über die geänderte Rechtslage informiert. Die Betriebe, die Arbeiten nach BedGewV angezeigt hatten, wurden nach der Verkündung der Entscheidung des BVerwG von den Regierungspräsidien angeschrieben und auf die neue Rechtslage hingewiesen. Ebenfalls wurden alle anderen Callcenter und Videotheken, die in Hessen Betriebsstätten gemeldet haben, zeitnah schriftlich von den Regierungspräsidien informiert. Das HMSI informierte die einschlägigen Interessenverbände der betreffenden Branchen mit einem Informationsschreiben über die geänderte Rechtslage. Die Einhaltung der geänderten Rechtslage wurde in der ersten Dezemberhälfte 2014 und nochmals im Januar 2015 durch Vorortkontrollen überprüft. Frage 5. In wie vielen Fällen und für wie viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wurden in den Jah- ren 2012 bis 2014 Ausnahmegenehmigungen zur Sonntagsarbeit außerhalb der Bedarfsgewerbeverordnung erteilt? (Bitte auch aufschlüsseln nach Jahren und Landkreisen). Die hier erfragten Daten liegen nur bezogen auf die einzelnen Standorte der für die Arbeitsschutz und Produktsicherheit zuständigen Dezernate der Regierungspräsidien vor. Dabei sind die Standorte für mehrere Landkreise zuständig. Zu den Daten der erfassten Bewilligungen wird auf die Anlagen 1 bis 3 verwiesen. In der Anlage 1 sind die Ausnahmebewilligungen nach § 13 Abs. 3 Nr. 2 ArbZG für die Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen beschrieben. Voraussetzungen der Bewilligungen sind: - das Vorliegen einer gesetzlich vorgeschriebenen Inventur (max. 1 Sonntag im Jahr pro Betrieb ), - das Vorliegen besonderer Verhältnisse, die einen erweiterten Geschäftsverkehr im Handelsgewerbe erfordern (max. 10 Sonntage im Jahr pro Betrieb), - das Vorliegen besonderer Verhältnisse zur Verhütung eines unverhältnismäßigen Schadens (max. 5 Sonntage im Jahr pro Betrieb). In der Anlage 2 sind die Ausnahmebewilligungen nach § 13 Abs. 5 ArbZG für die Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen beschrieben. Nach § 13 Abs. 5 ArbZG hat die zuständige Behörde Sonn- und Feiertagsarbeit zu bewilligen, wenn dadurch die Beschäftigung gesichert werden Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1669 3 kann und ohne die Bewilligung die Konkurrenzfähigkeit zu ausländischen Unternehmen negativ beeinträchtigt wäre. In der Anlage 3 sind die Ausnahmebewilligungen nach § 15 Abs. 2 ArbZG für die Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen, soweit sie im öffentlichen Interesse dringend nötig werden, beschrieben . Die Voraussetzungen für die Ausnahmen im "öffentlichen Interesse" liegen überwiegend vor bei Straßen-, Gleis- oder Bauarbeiten in Bereichen mit hoher Verkehrsdichte, so auch bei Auf- und Abbau von Kränen, Abriss u.ä. im hoch frequentierten Verkehrs- oder Gefahrenbereich . Frage 6. Wie verfährt die Genehmigungsbehörde bei der Genehmigung von Sonntagsarbeit seit der Ent- scheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom Nov. 2014 zur Bedarfsgewerbeverordnung? Die Anträge auf Sonn- und Feiertagsarbeit werden, wie bisher, eingehend geprüft und entsprechend der veröffentlichten Arbeits- und Verfahrensanweisungen sowie unter Beachtung des Beschlusses der 90. Arbeits- und Sozialministerkonferenz 2013 (ASMK) zur einheitlichen Genehmigungspraxis bei der Sonn- und Feiertagsarbeit, der Kriterienkataloge des Länderausschusses für Arbeitsschutz und Sicherheit (LASI) zum Vollzug des Arbeitszeitgesetzes bearbeitet und entschieden. Dabei wird auch die einschlägige Rechtsprechung und somit auch die aktuelle Entscheidung des BVerwG zur BedGewV berücksichtigt. Wiesbaden, 2. April 2015 Stefan Grüttner Anlagen 1669_Anlagen.pdf Anlage_1 Anlage_2 Anlage_3