Kleine Anfrage der Abg. Barth und Siebel (SPD) vom 03.03.2015 betreffend Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen und Antwort des Ministers für Wissenschaft und Kunst Vorbemerkung der Fragesteller: Am 12. Dezember 2012 hat der Hessische Landtag das Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen beschlossen. Das Gesetz dient der besseren Nutzung von im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen für den deutschen Arbeitsmarkt. Im Hinblick auf den steigenden Fachkräftemangel in vielen Branchen und den zunehmenden Bedarf ausländischer Fachkräfte auf dem deutschen Arbeitsmarkt, gerade auch in Hessen, kommt diesem Gesetz eine wichtige Bedeutung zu. Die Wirksamkeit des Gesetzes lässt sich daran messen, wie viele Antragsteller erfolgreich eine Anerkennung ihrer Berufsqualifikation erreichen konnten. Vorbemerkung des Ministers für Wissenschaft und Kunst: Das Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen (Anerkennungsgesetz) ist am 21. Dezember 2012 in Kraft getreten. Für die 11 Tage bis zum Jahresende 2012 wurden die Anerkennungsanträge vom Hessischen Statistischen Landesamt erfasst, jedoch nicht ausgewertet, da dies nicht sinnvoll erschien. Eine Auswertung der Anerkennungsanträge des Jahres 2014 durch das Hessische Statistische Landesamt liegt noch nicht vor, weshalb in der Antwort Bezug auf die Auswertung des Jahres 2013 genommen wird. Im Berufsqualifikationsfeststellunggesetz - HBQFG - ist festgelegt, dass die zuständige Stelle grundsätzlich innerhalb von drei Monaten über die Gleichwertigkeit entscheiden muss (vgl. §§ 6 Abs. 3, 13 Abs. 3 HBQFG). Die Frist beginnt mit Eingang der vollständigen Unterlagen. Sie kann einmal angemessen verlängert werden, wenn dies wegen der Besonderheiten der Angelegenheit gerechtfertigt ist. Über die Verfahren zur Feststellung der Gleichwertigkeit wird eine Landesstatistik geführt (vgl. § 17 HBQFG). Diese erfasst u.a. das Datum der Antragstellung und das Datum der Entscheidung sowie eingelegte Rechtsbehelfe und Entscheidungen darüber. Anhand dieser Daten wurde durch das Hessische Statistische Landesamt eine durchschnittliche Bearbeitungszeit von 78,3 Tagen ermittelt. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung, dem Hessischen Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, dem Hessischen Kultusministerium und dem Hessischen Ministerium für Soziales und Integration wie folgt: Frage 1. Wie viele Anträge wurden seit Inkrafttreten des Gesetzes in Hessen gestellt (bitte getrennt für je- des Jahr)? In Hessen haben 1.038 Frauen und Männer im Jahr 2013 einen Antrag auf Anerkennung ihres im Ausland erworbenen Berufsabschlusses nach dem Anerkennungsgesetz gestellt. Frage 2. Bei wie vielen dieser Anträge konnte eine Gleichwertigkeit der Ausbildungsnachweise bzw. Be- rufsqualifikationen festgestellt werden (bitte getrennt für die Jahre 2013 und 2014)? Von den 1.038 Verfahren auf Anerkennung konnten bis zum 31.12.2013 insgesamt 677 abgeschlossen werden. 290 bzw. ca. 43 % der abgeschlossenen Verfahren wurden positiv beschieden. Frage 3. Wie lange war die durchschnittliche Bearbeitungszeit? Das Ergebnis der Abfrage zur durchschnittlichen Bearbeitungszeit bei den für die Anerkennungsverfahren der landesrechtlich geregelten Berufe zuständigen Stellen wird nachfolgend bezogen auf Berufe bzw. Berufsgruppen dargestellt. Eingegangen am 1. Juni 2015 · Ausgegeben am 5. Juni 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/1675 01. 06. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1675 Eine durchschnittliche Arbeitszeit von der Antragstellung auf Anerkennung ausländischer Bildungsnachweise bis zu einer Erteilung der Erlaubnis zum Führen einer Berufsbezeichnung in einem Gesundheitsberuf mit staatlicher Anerkennung in Hessen wird vom Regierungspräsidium Darmstadt nicht erfasst, denn ein solcher Durchschnittswert hätte keine weiterführende Aussagekraft . Dieser Zeitraum ist sehr heterogen gestreut und bewegt sich zwischen minimal etwa drei bis vier Wochen bei einigen direkten Anerkennungen bis zu maximal drei Jahren. Der lange Zeitraum kann mit bedingt sein durch das wiederholte Nachfordern geeigneter Nachweise bei der antragstellenden Person, einen aufwendigen individuellen Vergleich der Ausbildungsinhalte , die Festlegung einer individuellen Anpassungsmaßnahme sowie durch die regelmäßige und entsprechend dem Lehrgangsziel erfolgreiche Absolvierung der Anpassungsmaßnahme durch die antragstellende Person. Ferner verzögert ein fehlender Nachweis ausreichender Deutschkenntnisse oft die Erteilung einer staatlichen Anerkennung. Bei landwirtschaftlichen bzw. gartenbaulichen Berufsabschlüssen lag die durchschnittliche Bearbeitungszeit der Anträge bei maximal 14 Tagen, sofern die Unterlagen vollständig eingereicht waren. In den Fällen, in denen Unterlagen nachgereicht bzw. im Ursprungsland angefordert werden mussten, konnte das Anerkennungsverfahren in Einzelfällen erst nach bis zu fünf Monaten abgeschlossen werden. Die Bearbeitungszeit betreffend den Beruf der Tierärztin oder des Tierarztes richtet sich ebenfalls nach der Vollständigkeit und Qualität der eingereichten Unterlagen und beträgt ca. einen Monat bis sechs Monate. Im Falle von Ausbildungsabschlüssen aus sog. Drittstaaten (nicht Europäische Union, Europäischer Wirtschaftsraum, Vertragsstaaten) kann die abschließende Bearbeitung bis zu vier Jahre dauern, da die Antragstellerinnen oder Antragsteller in bis zu 15 Fächern Nachprüfungen zur Erlangung der Gleichwertigkeit ablegen müssen. Die Bearbeitungszeit bei forstwirtschaftlichen Berufen ist abhängig von der Vorlage der erforderlichen Unterlagen. Im jüngsten konkreten Fall betrug die Bearbeitungszeit ca. vier Monate (bis zum Vorliegen aller erforderlichen Unterlagen). Die Bearbeitungszeiten für die Berufe im Geschäftsbereich des Hessischen Kultusministeriums orientieren sich einerseits an den Fristen des Hessischen Berufsqualifikationsfeststellungsgesetzes (HBQFG) sowie andererseits an den Vorgaben des Hessischen Lehrerbildungsgesetzes (HLbG). Darüber hinaus ist zu beachten, dass es sich um Individualprüfungen handelt, die sich vor dem jeweiligen individuellen Bildungshintergrund der Antragstellerinnen und Antragsteller und insbesondere angesichts der sehr komplexen Bildungssysteme in den Ausbildungsstaaten als sehr zeitaufwendig gestalten und oftmals die Hinzuziehung der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen beim Sekretariat der Kultusministerkonferenz (ZAB) erfordern, um zu verlässlichen Bewertungsergebnissen hinsichtlich der Zuordnung zu hiesigen Referenzberufen zu gelangen . Die Bearbeitungszeiten differieren zwischen ca. einem Monat bis ca. drei Monaten, sofern die Antragstellerinnen und Antragsteller die Anträge sowie die erforderlichen Unterlagen vollständig vorlegen. Bei den Verfahren der Anerkennung als Sozialpädagogin oder -pädagoge, Sozialarbeiterin oder -arbeiter sowie als Heilpädagogin oder -pädagoge und zur Aufnahme einer Tätigkeit in einer Tageseinrichtung für Kinder wird regelmäßig innerhalb von zwei Monaten eine Entscheidung getroffen, sofern die Antragsunterlagen vollständig eingegangen sind. In den Fällen, in denen eine Stellungnahme der ZAB einzuholen ist, kann sich das Verfahren um ca. vier bis acht Monate verzögern. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit für den Beruf als Architektin oder Architekt, Innen-/ Landschaftsarchitektin oder -architekt und Stadtplanerin oder Stadtplaner hängt sehr von den Umständen des Einzelfalles ab. Sofern die Antragsunterlagen vollständig und aussagekräftig vorliegen, kann die formale Vorprüfung in der Regel binnen Wochenfrist abgeschlossen werden . Die formale Anerkennung wird innerhalb von maximal vier Wochen ausgesprochen. In wenigen Ausnahmefällen wird die ZAB um Einschätzung gebeten, ob es sich um eine Ausbildung auf Hochschulniveau handelt und mit welchem Abschluss der vorgelegte Ausbildungsnachweis als gleichwertig zu betrachten ist. In Einzelfällen kann sich das Verfahren dadurch um einige Wochen verzögern. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit für den Beruf als Ingenieurin oder Ingenieur beträgt bei Abschlüssen, die innerhalb der Europäischen Union erworben wurden, maximal zwei bis drei Monate. Bei Abschlüssen aus sog. Drittstaaten können Zeitverzögerungen von mehreren Monaten entstehen, da Begutachtungen bzw. Stellungnahmen durch die ZAB einzuholen sind. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1675 3 Frage 4. Aus welchen Berufsbildern wurden die Anträge gestellt (Auflistung nach Berufsbildern (grobe Einteilung) und nach Jahren getrennt)? Im Jahr 2013 wurde in den folgenden 20 Berufshauptgruppen eine Anerkennung eines im Ausland erworbenen Abschlusses nach dem Anerkennungsgesetz beantragt: - Land-, Tier- und Forstwirtschaftsberufe - Gartenbauberufe und Floristik - Rohstoffgewinnung und -Aufbereitung, Glas- und Keramikherstellung und -Verarbeitung - Metallerzeugung und -bearbeitung, Metallbauberufe - Maschinen- und Fahrzeugtechnikberufe - Mechatronik-, Energie- und Elektroberufe - Technische Forschungs-, Entwicklungs-, Konstruktions- und Produktionssteuerungsberufe - Textil- und Lederberufe - Lebensmittelherstellung und -verarbeitung - Bauplanungs-, Architektur- und Vermessungsberufe - Mathematik-, Biologie-, Chemie- und Physikberufe - Tourismus-, Hotel- und Gaststättenberufe - Berufe in Unternehmensführung und -organisation - Berufe in Finanzdienstleistungen, Rechnungswesen und Steuerberatung - Medizinische Gesundheitsberufe - Nichtmedizinische Gesundheits-, Körperpflege- und Wellnessberufe, Medizintechnik - Erziehung, soziale und hauswirtschaftliche Berufe, Theologie - Lehrende und ausbildende Berufe - Sprach-, literatur-, geistes-, gesellschafts- und wirtschaftswissenschaftliche Berufe - Produktdesign und kunsthandwerkliche Berufe, bildende Kunst, Musikinstrumentenbau Frage 5. Aus welchen Ländern kamen die Antragstellerinnen und Antragsteller (bitte nach Jahren ge- trennt)? Bei den Anerkennungsverfahren im Jahr 2013 waren die beruflichen Qualifikationen in 531 Fällen in der Europäischen Union, in 300 Fällen im übrigen Europa, in 97 Fällen in Asien, in 38 Fällen in Südamerika, in 39 Fällen in Nordamerika, in 28 Fällen in Afrika und in fünf Fällen in Australien erworben. Frage 6. Entstehen den Antragstellerinnen und Antragstellern Kosten für die Bescheide und wenn ja, in welcher Höhe? Für Anträge auf Anerkennung eines im Ausland erworbenen Berufsabschlusses werden je nach Aufwand im Einzelfall Gebühren in der Höhe von 100 bis 600 Euro erhoben. Wiesbaden, 13. Mai 2015 Boris Rhein