Kleine Anfrage der Abg. Dr. Daniela Sommer (SPD) vom 05.03.2015 betreffend Ausbildungsförderung der Studierenden in Hessen und Antwort des Ministers für Wissenschaft und Kunst Vorbemerkung der Fragestellerin: Die staatliche Unterstützung für die Ausbildung von Studierenden und Schülern nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) wurde Anfang der 1970er Jahre mit dem Ziel eingeführt, die Chancengleichheit im Bildungssystem zu erhöhen und mehr Menschen aus finanzschwachen Familien ein Studium zu ermöglichen , ohne sich in großem Rahmen verschulden zu müssen. Höhere Ausgaben etwa für Lebenshaltungskosten , aber auch die zunehmende Neben-Erwerbstätigkeit von Studierenden sprechen für eine angemessene Erhöhung der BAföG-Bedarfssätze. Vorbemerkung des Ministers für Wissenschaft und Kunst: Im vergangenen Jahr haben Bundestag und Bundesrat das 25. Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (25. BAföGÄndG) beschlossen. Das Gesetz verfolgt das Ziel, Chancengerechtigkeit in der Bildung auch weiterhin zu sichern und eine individuelle Bildungsfinanzierung zu gewährleisten, wenn familiär die finanziellen Mittel nicht zur Verfügung gestellt werden können. Die Gesetzesnovelle reagiert auf Entwicklungen in der Lebenswirklichkeit der Auszubildenden und auf Änderungen in der Ausbildungslandschaft . Sie beinhaltet eine Erhöhung der Bedarfssätze und Freibeträge sowie weitere substanzielle und strukturelle Verbesserungen der BAföG-Leistungen für die Studierenden, Schülerinnen und Schüler. Mit dem 25. BAföGÄndG wurde außerdem geregelt, dass der Bund mit Beginn des Jahres 2015 die Finanzierung der BAföG Leistungen zu 100 % übernimmt. Zuvor wurden 35 % der Kosten von den Ländern getragen. Der Vollzug des BAföG erfolgt weiterhin im Auftrag des Bundes durch die Bundesländer, die die Verwaltungskosten tragen. Die Durchführung des BAföG für die Studierenden an den hessischen Hochschulen obliegt gemäß § 3 Abs. 3 des Gesetzes über die Studentenwerke bei den Hochschulen des Landes Hessen vom 26. Juni 2006, zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. Juni 2012 (GVBl. S. 227, 230) den Studentenwerken Darmstadt, Frankfurt am Main, Gießen, Kassel und Marburg als Anstalten des öffentlichen Rechts. Sie beraten Studierende, die sich über das BAföG informieren bzw. BAföG beantragen möchten und stellen sicher, dass der Rechtsanspruch der Studierenden auf BAföG nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen realisiert wird. Das Land erstattet die Verwaltungskosten, die durch den Vollzug des Gesetzes entstehen. Diese Vorbemerkung vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie viele BAföG-Anträge wurden in Hessen seit 2004 von Studierenden gestellt? (bitte nach Jah- ren getrennt) Frage 2. Wie viele dieser Anträge wurden positiv, wie viele negativ beschieden? Die Fragen 1 und 2 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Seit Mai 2012 wird das neue "Hessische BAföG und AFBG-Verfahren (HeBAV)" in allen hessischen Ämtern für Ausbildungsförderung, die bei den Studentenwerken angesiedelt sind, eingesetzt. Damit wurde das bisher durch die Studentenwerke seit den 1970er Jahren bestehende Großrechnerverfahren abgelöst. Das bisherige Großrechnerverfahren ermöglichte keine Auswertung zu den unter Nr. 1 und 2 aufgeworfenen Fragen. Erst mit Einführung des neuen HeBAV Verfahrens liegen entsprechende Statistiken vor. Eine Auswertung war deshalb nur für die Jahre 2013 und 2014 möglich. Eingegangen am 14. April 2015 · Ausgegeben am 16. April 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/1683 14. 04. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1683 Im Auswertungszeitraum 01.01.2013 bis 31.12.2013 wurden 47.200 BAföG Anträge gestellt. 44.444 Anträge konnten positiv beschieden werden. 4.052 Anträge wurden abgelehnt, da dem Grunde nach kein Anspruch auf Förderung nach dem BAföG bestand. Im Auswertungszeitraum 01.01.2014 bis 31.12.2014 wurden 47.623 BAföG Anträge gestellt. 43.372 Anträge konnten positiv beschieden werden. 5.647 Anträge wurden abgelehnt, da dem Grunde nach kein Anspruch auf Förderung nach BAföG bestand. Die jeweilige Differenz der Summe Bewilligungsbescheide/Ablehnungsbescheide zur Summe der Antragszahlen ergibt sich daraus, dass Antrag und Bescheidung in unterschiedlichen Kalenderjahren liegen können. Frage 3. Wie hoch ist der Anteil der geförderten Studierenden in Hessen und wie hat sie sich seit 2010 entwickelt? Auf die nachfolgende Tabelle wird verwiesen: Jahr 2010 2011 2012 2013 2014 Anteil der geförderten Studierenden im Verhältnis zur Gesamtzahl der Studierenden in der Regelstudienzeit 31,31 % 32,43 % 37,35 % 33,06 % 34,02 % Frage 4. Korreliert der Anstieg der Anträge mit der steigenden Anzahl der Studierenden Da erst seit dem Jahr 2013 die Antragszahlen statistisch erhoben werden, kann keine allgemeingültige Aussage zur Wechselwirkung steigender Studierendenzahlen und steigender Antragszahlen getroffen werden. Die vorliegenden Zahlen lassen erkennen, dass im Jahr 2014 gegenüber dem Jahr 2013 sowohl die Studierendenzahlen als auch die Antragszahlen gestiegen sind. Jahr 2013 2014 Zahl der Anträge 47.200 47.623 Zahl der Studierenden 227.608 238.221 Verhältnis 20,74 19,99 Frage 6. Unterstützt sie eine Erhöhung der BAföG - Bedarfssätze sowie der Elternfreibeträge und wenn ja, welche Höhe hält sie für erforderlich? Wenn nein, warum nicht bzw. welche alternativen Maßnahmen plant sie, um potenziell Studie- renden aus finanzschwachen Familien ein Studium bei steigenden Lebenserhaltungskosten zu ermöglichen ? Die Landesregierung hat eine Erhöhung der BAföG-Bedarfssätze und der Elternfreibeiträge unterstützt und daher dem Gesetzentwurf für das 25. BAföGÄndG im Bundesrat zugestimmt. Mit Blick auf die Entwicklungen der Lebenshaltungskosten und Nettoeinkommen werden die Bedarfssätze und Einkommensfreibeträge mit Wirkung zum 1.8.2016 jeweils um 7 % angehoben . Zusätzlich wird der Wohnkostenanteil an dem Bedarf für nicht bei den Eltern wohnende Studierende um rund 11,6 % angehoben, um den gestiegenen Mietkosten auch für studentischen Wohnraum Rechnung zu tragen. Auch der Kinderbetreuungszuschlag für Auszubildende mit eigenen Kindern unter 10 Jahren wird auf 130 € angehoben und künftig einheitlich gewährt. Frage 5. Wie reagiert sie auf den Anstieg? Frage 7. Inwiefern unterstützt die Landesregierung die Studentenwerke diesbezüglich bei der gestiegenen Beratung und Antragsituation? Frage 8. Wie sollen die monetären sowie strukturellen Engpässe in den BAföG-Stellen beseitigt werden? Wegen ihres Sachzusammenhangs werden die Fragen 5, 7 und 8 gemeinsam beantwortet. Um Antragsteller und antragsbearbeitende Stellen im Bereich des BAföG zu entlasten, wurde im Mai 2012 ein neues, zeitgemäßes IT-Verfahren für die BAföG-Verwaltung - HeBAV - in den Studentenwerken eingeführt. Mit Hilfe des Verfahrens werden alle notwendigen Prozesse zur Antragstellung, Berechnung, Bescheiderstellung, Zahlung und Rückforderung im Rahmen der Förderung nach dem BAföG und AFBG abgewickelt. Dabei konnten mehrere Arbeitserleichterungen im Vergleich zum bisher betriebenen Großrechnerverfahren realisiert werden. U.a. ist Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1683 3 ein sofortiger Ausdruck der Bescheide am Arbeitsplatz, eine elektronische Aktenführung mit Wiedervorlagefunktion, eine Auszahlung der Förderungsbeträge zu zwei Terminen im Kalendermonat und die Möglichkeit einer Online Beantragung von BAföG geschaffen (www.baföghessen .de). Das HeBAV wird kontinuierlich weiterentwickelt. So ist z.B. geplant, die OnlineAntragsmöglichkeit im BAföG um die sogenannte "eID-Funktion", Authentisierung mittels des neuen Personalausweises, weiter auszubauen. Die Kosten des HeBAV trägt das Land. Der Landeshaushaltplan sieht im Haushaltsjahr 2015 für die Erstattung der Kosten der BAföGVerwaltung einen Betrag in Höhe von 8,2 Mio. € vor. Damit steht den Studentenwerken im Jahr 2015 ein Mehrbetrag in Höhe von rund 0,9 Mio. € gegenüber dem Jahr 2014 zur Verfügung . Im Übrigen ist das Ministerium im kontinuierlichen Austausch mit den hessischen Studentenwerken bezüglich einer strukturellen Verbesserung der Geschäftsprozesse im Bereich der Auftragsverwaltung. Frage 9 Wie hoch ist die Zahl und der Anteil der Studierenden in Hessen, die eine Neben-Erwerbstätigkeit ausführen, um das Studium und sonstige Kosten zumindest anteilig zu finanzieren? Hierzu liegt der Landesregierung kein eigenes statistisches Material vor. Für die 20. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes zur wirtschaftlichen und sozialen Lage der Studierenden in Deutschland 2012 (durchgeführt durch das HIS-Institut für Hochschulforschung , gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung) wurden zur "studentischen Erwerbstätigkeit" über einen Fragebogen Daten von Studierenden erhoben. Aus dem letzten Erhebungszeitraum Juni bis August 2012 liegen für Hessen insgesamt 1.620 Fragebogen zu Grunde (bundesweit 15.128). Danach wurde in Hessen in 1.057 Fragebogen die Frage 27 "Sind Sie seit Beginn der Vorlesungszeit des Sommersemesters 2012 einer Tätigkeit nachgegangen, mit der Sie Geld verdienen?" mit ja beantwortet, dies entspricht 65,5 %. Auf die nachfolgende Tabelle wird verwiesen: DSW/HIS-HF 20. Sozialerhebung: Sonderauszählung (insgesamt) für das Land Hessen Geld verdienen während des Studiums Frage 27: Sind Sie seit Beginn der Vorlesungszeit des SoSe 2012 einer Tätigkeit nachgegangen, mit der Sie Geld verdienen? insgesamt männlich weiblich Universität Fachhochschule absolut % absolut % absolut % absolut % absolut % nein 556 34,5 302 36,3 254 32,5 384 34,8 172 33,9 ja 1057 65,5 530 63,7 527 67,5 720 65,2 336 66,1 Summe 1613 100 832 100 781 100 1104 100 509 100 Wiesbaden, 31. März 2015 Boris Rhein