Kleine Anfrage der Abg. Dr. Sommer (SPD) vom 04.03.2015 betreffend Dialogorientiertes Serviceverfahren (DoSV) an hessischen Hochschulen und Antwort des Ministers für Wissenschaft und Kunst Vorbemerkung der Fragestellerin: Nachdem die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) im Jahr 2008 abgeschafft wurde, sollte das "Dialogorientierte Serviceverfahren" (DoSV) Hochschulen bei ihren Zulassungsverfahren durch einen Abgleich der Zulassungsangebote unterstützen. In einer gemeinsamen Datenbank werden die Hochschulen mit der Stiftung für Hochschulzulassung vernetzt. In dieser Datenbank werden die Ranglisten aller teilnehmenden Hochschulen zusammengeführt und miteinander abgeglichen, sodass Bewerberinnen und Bewerber, die ein Studienangebot annehmen, automatisch aus allen anderen Ranglisten gestrichen werden. Frei werdende Studienplätze sollen so unmittelbar an nachrückende Bewerber vergeben werden. Das " Dialogorientierte Serviceverfahren" steht in der Kritik. Technische Probleme wurden ersichtlich, da die Software des Serviceverfahrens zunächst nicht mit der vieler Hochschulen kompatibel war. In vielen Hochschulen ist man nach wie vor skeptisch. In Hessen sind aktuell zwei Universitäten (Marburg und Frankfurt) an das "Dialogorientierte Serviceverfahren " angeschlossen. Vorbemerkung des Ministers für Wissenschaft und Kunst: Das Dialogorientierte Serviceverfahren (DoSV) unterstützt die teilnehmenden Hochschulen bei der schnellen, zuverlässigen und transparenten Vergabe von Studienplätzen und wahrt gleichzeitig die Entscheidungshoheit der Hochschule. Mehrfachzulassungen werden effektiv verhindert, wodurch einerseits Studienplätze schneller vergeben werden können und zugleich der Aufwand für die Bearbeitung von Bewerbungen sinkt. Das DoSV befindet sich seit dem Wintersemester 2012/13 im Produktivbetrieb und verzeichnet seitdem bundesweit steigende Nutzerzahlen sowohl bei den teilnehmenden Hochschulen und Studienangeboten als auch bei den Studienbewerbern . Das DoSV wird von den Hochschulen derzeit noch sehr unterschiedlich bewertet, es steht als Vergabeverfahren jedoch nicht gänzlich in der Kritik. Unterschiedliche technische Voraussetzungen und Aufwendungen für die mit der Umstellung auf das DoSV verbundenen organisatorischen Veränderungen an den Hochschulen sind Gründe für Schwierigkeiten bei der Teilnahme bzw. für die Nichtteilnahme am DoSV. Die technische Anbindung an das DoSV ist jedoch inzwischen auch für Hochschulen gesichert, die bisher die Standardlösungen ("Konnektoren") der Software-Anbieter nicht nutzen konnten. Die Stiftung für Hochschulzulassung bietet kostenlos eine darauf zugeschnittene IT-Lösung an (Konverter C²). Der Nutzen und die Wirksamkeit des DoSV können sich jedoch erst ganz entfalten, wenn in einem Studienbereich möglichst viele oder alle Hochschulen mit ihren Studiengängen an diesem Verfahren beteiligt sind. Derzeit ist davon auszugehen, dass sich der anfängliche Aufwand im eingespielten Verfahren wieder reduzieren wird und auch durch den Austausch der Erfahrungen die internen Prozesse weiter optimiert werden können. Für eine Bewertung sollten die Erfahrungen in den kommenden Semestern abgewartet werden. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Welche Erfahrungen haben die Universitäten Marburg und Frankfurt mit dem "Dialogorientierten Serviceverfahren" (DoSV) gemacht? Die Universität Marburg hat mit dem Ein-Fach-Studiengang Psychologie (Bewerbung zum WS 2013/14 und WS 2014/15) sowie dem Mehr-Fach-Studienangebot "Lehramt an Gymnasien" (Bewerbung zum WS 2014/15 und SS 2015) am DoSV teilgenommen. Die Erfahrungen werden Eingegangen am 14. April 2015 · Ausgegeben am 17. April 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/1692 14. 04. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1692 v.a. für das Fachcluster Psychologie insgesamt als positiv bewertet; das DoSV sei technisch sehr gut einsetzbar. Organisatorisch stelle die Nichtteilnahme von Studiengängen eines gleichen Fachclusters eine Herausforderung dar. Aufgrund vielfacher Bewerbungs- und Zulassungsmöglichkeiten außerhalb des DoSV sei eine Zulassung innerhalb dieser Vergabemethode nicht gleichzusetzen mit einer Immatrikulation an der jeweiligen Hochschule, was die Effektivität des Verfahrens beeinträchtige. Die Goethe-Universität Frankfurt hat ab WS 2013/14 mit dem Bachelorstudiengang Psychologie am DoSV teilgenommen. Der Studiengang wird jeweils nur zum Wintersemester angeboten . Die qualitative Auswertung ergebe bisher ein positives Bild. Die Annahmequote im Hauptverfahren habe sich deutlich verbessert, und zwar von 24% auf 64%. Technisch-organisatorisch habe sich zunächst ein personeller Mehraufwand bei den beteiligten Stellen in der Universität ergeben. Eine Ausweitung auf weitere stark nachgefragte Studiengänge mit örtlicher Zulassungsbeschränkung sei für die Zeit nach der Umstellung auf ein neues Campusmanagementsystem geplant. Frage 2. Inwiefern nutzt das Serviceverfahren an den beiden Hochschulstandorten, um dort unbesetzte NC- Studienplätze zu besetzen? Generell können, falls erforderlich, unbesetzte Studienplätze nach Abschluss der Koordinierungsphasen des DoSV entweder mithilfe des zentralen Clearingverfahrens der Stiftung oder in einem dezentralen Losverfahren der Hochschulen vergeben werden. Im Bachelorstudiengang Psychologie an der Goethe-Universität Frankfurt konnten aufgrund eines deutlichen Bewerberüberhangs auch vor der Teilnahme am DoSV durch die einzelnen Verfahrensschritte alle Plätze vergeben werden. Frage 3. Mit welcher Begründung nutzen die anderen hessischen Hochschulen das DoSV nicht? An der Technischen Universität Darmstadt wird die Studierendenverwaltung mit einem Campusmanagementsystem betrieben, das sich seit seiner Einführung sehr gut bewährt habe und von den Bewerber(inne)n mit "sehr gut" oder "gut" bewertet worden sei. Mit diesem System habe das Vergabeverfahren und, soweit notwendig, auch das Nachrückverfahren sehr zeitig abgeschlossen werden können. Frei gebliebene Plätze wurden ab Mitte September verlost. Im Ergebnis sieht die Technische Universität Darmstadt keinen Entlastungseffekt auf Seiten der Bewerber /-innen oder auf Seiten der Hochschule durch eine Teilnahme am DoSV. Die Justus-Liebig-Universität Gießen hatte im Sommersemester 2013 mit dem Studiengang Rechtswissenschaft sowie im Wintersemester 2013/14 mit dem Studiengang Psychologie am DoSV teilgenommen. Aufgrund von sowohl technischen als auch fachlichen Problemen hat sich die Universität Gießen entschieden, zum WS 2014/15 zunächst nicht am DoSV teilzunehmen. Die Universität Kassel hat ebenfalls zum Wintersemester 2013/14 mit dem Bachelorstudiengang Psychologie am DoSV mit ausgesprochen positiven Erfahrungen teilgenommen. Alle Plätze konnten besetzt werden. Bedingt durch interne technische Probleme, die in Zusammenhang mit der Einführung des eCampus an der Universität standen, musste die Teilnahme am DoSV zum Wintersemester 2014/15 ausgesetzt werden. Die Universität Kassel beabsichtigt, zum Wintersemester 2015/16 mit den Bachelorstudiengängen Psychologie, Wirtschaftsingenieurwesen, Wirtschaftspädagogik, Wirtschaftswissenschaften und Wirtschaftsrecht am DoSV teilzunehmen. Für die Teilnahme am DoSV wäre bei der Hochschule Darmstadt ein erheblicher Umstellungsaufwand vom vorhandenen HIS-System notwendig. Den dafür erforderlichen Kosten stünde derzeit noch kein entsprechender Nutzen gegenüber, zumal die Hochschule Darmstadt ihr eigenes Zulassungsverfahren seit 2012 optimiert habe. Die Frankfurt University of Applied Sciences konnte bislang ebenfalls alle Studienplätze in den zulassungsbeschränkten Studiengängen besetzen. Zudem werde derzeit ein integriertes Campusmanagementsystem entwickelt. Die Hochschule führt fehlende Ressourcen und den mit der DoSV-Anbindung verbundenen Aufwand als Gründe für die Nichteilnahme an. An der Hochschule Fulda konnten zum Wintersemester 2014/15 erfreulicherweise 99,3 % der Studienplätze in zulassungsbeschränkten Studiengänge besetzt werden. Die Hochschule hält eine Steigerung dieser Auslastung durch eine Teilnahme am DoSV nicht für möglich. Auch an der Hochschule RheinMain konnten die Studienplätze in zulassungsbeschränkten Studiengängen vollständig besetzt werden. Eine Einführung des DoSV sei derzeit aufgrund der Umstellung auf ein neues System (HISinOne) in den Studienbüros aus organisatorischen Gründen nicht möglich. Nach Auffassung der Hochschule sei eine Teilnahme am DoSV nur in Absprache mit den anderen hessischen Fachhochschulen sinnvoll. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1692 3 Die Technische Hochschule Mittelhessen hat in den letzten Jahren ihr eigenes Zulassungsverfahren mit großem Aufwand optimiert und auf die speziellen Bedürfnisse einzelner Studiengänge zugeschnitten, weshalb sie derzeit keinen zusätzlichen Nutzen durch das DoSV zu erkennen vermag. Frage 4. Fordert das hessische Wissenschaftsministerium die Hochschulen im Land auf, an diesem einheit- lichen Vergabesystem teilzunehmen bzw. will es die Teilnahme verpflichtend machen? a) Wenn ja, warum und was verspricht sich das Ministerium von der Teilnahme bzw. welche Vor- und Nachteile sieht das Ministerium? b) Wenn die Teilnahme auf freiwilliger Basis bleiben soll, will das Ministerium weitere Hoch- schulen motivieren, das "Dialogorientierte Serviceverfahren" (DoSV) anzuwenden und wenn ja, wie? Aufgrund ihres Zusammenhangs werden die Teilfragen zusammen beantwortet. Auf die Ausführungen in der Vorbemerkung wird verwiesen. Das Ministerium unterstützt die Zielstellung der Stiftung für Hochschulzulassung, die Studienplätze ab dem Wintersemester 2017/18 vollumfänglich im Rahmen des DoSV zu vergeben. Das DoSV führt nur zu den gewünschten Koordinierungseffekten, wenn möglichst viele Hochschulen mit denselben oder inhaltlich ähnlichen Fächern daran teilnehmen. Die Stiftung für Hochschulzulassung arbeitet entsprechend kundenorientiert und bietet umfangreiche, hochschulspezifische Serviceleistungen an. Sobald die einzelne Hochschule an das Verfahren angebunden ist, kann dies über ein leicht bedienbares zentrales Portal gesteuert werden. Frage 5. Welche Kosten tragen die Hochschulen bei der Einführung für die Teilnahme am "Dialogorien- tierten Serviceverfahren" (DoSV)? Die Hochschulen erhalten für die technische Anbindung an das DoSV Projektmittel im Rahmen des Hochschulpaktes 2020. Die Kosten für die Teilnahme am DoSV sind gemäß Artikel 15 Abs. 1 des Staatsvertrages über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung vom 5. Juni 2008 von den Hochschulen zu finanzieren. Die Finanzierung des DoSV weicht aufgrund des Beschlusses der Ministerpräsidentenkonferenz vom 13. Juni 2013 aber bis einschließlich 2017 vom Staatsvertrag ab: danach sind die Hochschulen erst ab dem Haushaltsjahr 2015 an den Kosten für das DoSV zu beteiligen. Aus der Beschlusslage des Stiftungsrats der Stiftung für Hochschulzulassung und der Finanzministerkonferenz ergibt sich ein Kostenmodell, wonach der Kostenanteil, der von den am DoSV teilnehmenden Hochschulen insgesamt zu tragen ist, für das Jahr 2015 15 % der für das Jahr 2018 zu erwartenden Gesamtkosten beträgt und sich jährlich auf 30 %, 60 % und schließlich 100 % im Jahr 2018 erhöht. Frage 6. Wird sich die Landesregierung an den Kosten beteiligen bzw. diese übernehmen, da die Hoch- schulzulassung eine staatliche Aufgabe darstellt? Wenn nein, warum nicht? Das Ministerium hat sich bereit erklärt, die Kosten der hessischen Hochschulen für die Teilnahme am DoSV bis zum Jahr 2020 zu tragen. Frage 7. Wie viele unbesetzte Plätze in den Bachelor- und in den Masterstudiengängen gibt es derzeit an hessischen Hochschulen (bitte nach Hochschulen auflisten)? Die gewünschten Angaben können der nachstehenden Tabelle entnommen werden. Die Zahlen entstammen der jährlichen Meldung der unbesetzten Studienplätze an die KMK. Den Vorgaben der bundesweiten Umfrage entsprechend, wurde keine Saldierung mit Studiengängen vorgenommen , bei denen die Anzahl der Einschreibungen die Anzahl der verfügbaren Studienplätze überschritten hatte. Das Ergebnis der Umfrage erlaubt keine Aussagen zu den vielfältigen Gründen für das Freibleiben von Studienplätzen. Unbesetzte Studienplätze im 1. Fachsemester WS 2014/15 in Bachelor-Studiengängen mit örtlichem N.c. 1) Unbesetzte Studienplätze im 1. Fachsemester WS 2014/15 in Master-Studiengängen mit örtlichem N.c. 1) TU Darmstadt 118 0 GU Frankfurt 0 24 JLU Gießen 6 42 U Kassel 264 0 PUM Marburg 10 24 Universitäten insgesamt 398 90 4 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1692 HS Darmstadt 0 37 Frankfurt UAS 37 1 HS Fulda 8 22 TH Mittelhessen 0 0 HS RheinMain 83 0 Fachhochschulen insgesamt 128 60 HS Geisenheim 0 0 1) nach Abschluss des Vergabeverfahrens Frage 8. Wie werden diese unbesetzten Stellen - ohne Nutzung des "Dialogorientierten Serviceverfahrens" (DoSVs) - veröffentlicht sowie vermittelt und wie erfolgreich ist diese Vermittlung. Wenn es in örtlich zulassungsbeschränkten Studiengängen nach Verfahrensende noch freie Plätze gibt, werden diese in der Studienplatzbörse des Hochschulkompasses der Hochschulrektorenkonferenz und vor allem auch auf den Internetseiten der Hochschulen veröffentlicht. Vergeben und belegt werden freie Studienplätze letztlich im örtlichen Losverfahren der Hochschule, sofern ausreichend Bewerbungen vorhanden sind bzw. die zugelassenen Bewerber/-innen den Studienplatz annehmen. Sollten Studienplätze nicht besetzt werden können, liegt dies vereinzelt an mangelnder Nachfrage oder in Kombinationsstudiengängen an einer fehlenden Vergabemöglichkeit im zweiten Fach. Auch kommt es immer wieder vor, dass angenommene Studienplätze und zum Teil erfolgte Einschreibungen kurz vor Vorlesungsbeginn oder in den ersten Semesterwochen storniert werden. Nach Abschluss des Verfahrens nach § 21 der Studienplatzvergabeverordnung Hessen erfolgt jedoch kein weiteres Losverfahren. Wiesbaden, 3. März 2015 Boris Rhein