Kleine Anfrage der Abg. Schott (DIE LINKE) vom 07.03.2014 betreffend geschlossene Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in Sinntal und Antwort des Ministers für Soziales und Integration Vorbemerkung der Fragestellerin: Trotz aller Kenntnis über die Gefahren geschlossener Einrichtungen für Kinder und Jugendliche werden immer wieder Kinder geschlossen untergebracht. Die Vorkommnisse in der Haasenburg zeigen, dass niemand die Sicherheit der Kinder in einer solchen Einrichtung garantieren kann. Vorbemerkung des Ministers für Soziales und Integration: Die Wohngruppe "Murialdo" in Sannerz arbeitet wie alle Jugendhilfeeinrichtungen unter den Bedingungen des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (SGB VIII) und erfüllt damit Vorgaben, die den Schutz der betreuten Kinder umfassend sicherstellen sollen. Mit dem zum 01.01.2012 in Kraft getretenen Bundeskinderschutzgesetz (BKiSchG) wurden die diesbezüglichen gesetzlichen Vorgaben noch erweitert und auch die Position der Einrichtungsaufsicht gestärkt. Unter anderem sind zur Betriebserlaubnis ein Beteiligungs- und Beschwerdekonzept sowie ein Schutz- und Präventionskonzept vorzulegen und im Einrichtungsalltag umzusetzen. Die pädagogische Konzeption der Wohngruppe "Murialdo" sieht ferner eine Kombination von "offenen" und "geschlossenen " Betreuungsanteilen sowie eine schrittweise Erweiterung der Freiheitsräume der Kinder vor, die schließlich zum Verlassen der geschützten Unterbringung bzw. zur Überführung in eine andere Hilfeform führen soll. Geschlossene Elemente der Betreuung sind vor allem zu Beginn des Aufenthalts erforderlich, um einen pädagogischen Zugang zu den jungen Menschen zu gewinnen und sie vor weiterer Selbst- und Fremdgefährdung zu schützen. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie viele Kinder und Jugendliche wurden bislang in der geschlossenen Gruppe der Einrichtung der Salesianer in Sinntal untergebracht? Seit der Inbetriebnahme wurden elf Kinder in der Gruppe "Murialdo" untergebracht. Frage 2. Wie viele dieser Kinder und Jugendliche stammen nicht aus Hessen? Von den elf Kindern stammen drei aus Nordrhein-Westfalen und jeweils eines aus Bayern und Baden-Württemberg. Sechs Kinder stammen aus Hessen. Frage 3. Wie viele dieser Kinder und Jugendlichen haben einen Migrationshintergrund? Von den elf Kindern haben vier einen Migrationshintergrund (Nordafrika, arabischer Raum, Balkanregion und Belgien). Frage 4. Wie viele dieser Kinder wurden bislang mit einer positiven Prognose wieder aus der geschlosse- nen Gruppe entlassen? Frage 5. Bei wie vielen Kindern ist das Unterbringungsziel nicht erreicht worden? Die Fragen 4 und 5 werden wie folgt gemeinsam beantwortet: Von den genannten elf Kindern befinden sich noch acht in der Gruppe. Ein Kind ist nach positivem Verlauf der Jugendhilfemaßnahme in eine Nachfolgegruppe der gleichen Einrichtung gewechselt . Bei einem Kind wurde der richterliche Beschluss zur Unterbringung in der Gruppe Eingegangen am 14. April 2014 · Ausgegeben am 16. April 2014 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/174 14. 04. 2014 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/174 "Murialdo" nicht verlängert. Ein Kind ist im Einvernehmen mit dem zuständigen Jugendamt zu den Pflegeeltern entlassen worden, nachdem sich die Art des pädagogischen Angebots als ungeeignet erwiesen hat. Frage 6. Welche besonderen Vorkommnisse (z.B. Fluchtversuche, gewalttätige Übergriffe) hat es bereits gegeben? Im Rahmen der Wohngruppe hat es bislang keine Versuche gegeben, die Einrichtung durch Flucht zu verlassen. Keines der Kinder zeigt eine Motivation, gezielt fliehen zu wollen, wodurch auch mehr offene Anteile der Betreuung ermöglicht werden können, als zuvor geplant waren. Alle Kinder können daher regelmäßig die Gruppe verlassen und an Freizeitaktivitäten teilnehmen. Es ist dabei vorgekommen, dass sich ein Kind kurzzeitig auf dem Einrichtungsgelände von der Gruppe entfernt hat, ohne aber das Gelände verlassen zu wollen. Der intensivpädagogische Bedarf der Kinder bringt es mit sich, dass es immer wieder aggressive Ausbrüche untereinander und auch gegenüber den Betreuenden gibt. Dies entspricht dem Auffälligkeitsbild der Kinder. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Wohngruppe sind daher geschult im Umgang mit diesen Situationen (PART Training, Professionelles Handeln in Gewaltsituationen ). Übergriffe werden sowohl mit den Kindern selbst als auch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern durch den Psychologen der Wohngruppe, die Einrichtungsleitung und die fachliche Begleitung durch das Vitos-Team (Prof. Dr. W.) aufgearbeitet. Frage 7. Wie viele Pädagoginnen und Pädagogen arbeiten mit welchem Stellenumfang in dieser Einrich- tung? Die Konzeption der Einrichtung sieht folgende personelle Ausstattung bei einem Betreuungsschlüssel von 1:0,8 vor (jeweils mit vollem Stellenumfang): zehn Pädagogen, zwei Lehrbeauftragte /Lehrer und ein Psychologe. Aktuell ist in der Gruppe ein zusätzlicher Pädagoge mit vollem Stellenumfang beschäftigt. Ein weiterer Pädagoge begleitet die externe Reittherapie. Frage 8. Wie viele weitere Stellen mit welcher Qualifizierungsanforderung gibt es dort? Neben den genannten Fachkräften wirken an der Betreuung und Versorgung weitere externe Kräfte mit: - Das Vitos-Beraterteam: Im Wochenwechsel besuchen eine Psychologin und eine Psychiaterin die Gruppe, vierteljährlich Herr Prof. W., - eine externe Reittherapeutin, an deren Angebot sieben von acht Kindern wöchentlich teilnehmen , - ein Hausarzt aus Schlüchtern, - eine externe Ombudsperson, - regelmäßigen Kontakt gibt es zudem mit der Psychiatrischen Institutsambulanz Gelnhausen. Frage 9. Ist eine Fluktuation im Personal zu verzeichnen? Aus dem Startteam (13 Personen) sind noch acht Personen in der Gruppe tätig. Wiesbaden, 4. April 2014 Stefan Grüttner