Kleine Anfrage der Abg. Bauer, Arnoldt, Banzer, Bächle-Scholz, Caspar, Dietz, Klein, Lannert, Meysner, Müller-Klepper, Ravensburg, Reul, Schwarz, Stephan, Tipi, Veyhelmann und Wiegel (CDU) vom 17.03.2015 betreffend politische Partizipation junger Menschen in Jugendräten und Antwort des Ministers des Innern und für Sport Vorbemerkung der Fragesteller: In zahlreichen hessischen Städten und Gemeinden können sich Kinder und Jugendliche im Rahmen von Jugendräten an Zusammenkünften kommunaler Gremien beteiligen, ihre Interessen einbringen und die kommunalen Organe in Jugendfragen beraten. Vorbemerkung des Ministers des Innern und für Sport: Zu der angefragten Thematik hat das Hessische Ministerium des Innern und für Sport (HMdIS) im vergangenen Jahr einen Beitrag zum Hessen-Finder (http://www.hessenfinder.de) unter der Leistungsbeschreibung "Beteiligung von Kindern- und Jugendlichen in der Kommunalpolitik" erstellt, welcher vorab auszugsweise wiedergegeben wird: "Das Land Hessen hat die Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen ausdrücklich in der Hessischen Gemeindeordnung (§§ 4c, 8c HGO) und der Hessischen Landkreisordnung (§§ 4c, 8a HKO) festgeschrieben. Die Form der Beteiligung bleibt den Gemeinden - anders als bei der zweiten Gruppe der nicht-wahlberechtigten Einwohner, den Ausländern außerhalb der EU (vgl. §§ 84 ff. HGO) - dabei weitgehend freigestellt. Gesetzlich zulässig sind institutionalisierende Beteiligungsformen wie z.B. Kinder- und Jugendparlamente oder -beiräte sowie Anhörungs-, Vorschlags- und Redemöglichkeiten in der Gemeindevertretung aber auch projektbezogene Beteiligungsmodelle , wie z.B. die Gestaltung eines Spielgeländes, Stadtteilerkundungen, Kinderkulturprojekte , Zukunftswerkstätten etc. Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in ihren Kommunen ist deshalb sinnvoll, weil Kinder und Jugendliche die Auswirkungen ihres Engagements sehen, nachvollziehen und sich damit zu identifizieren lernen. Ferner sollen Kinder und Jugendliche als Expertinnen und Experten in eigener Sache ernst genommen werden und der Politik wertvolle Anregungen geben können. Den Städten und Gemeinden kommt eine wichtige Bedeutung bei der Auswahl der geeigneten Formen der Beteiligung zu, denn sie sind das unmittelbare Lebensumfeld der Kinder und Jugendlichen . Kinder- und jugendfreundliche Kommunen sind lebenswert für alle." Zudem wird darauf hingewiesen, dass die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen (UNKRK ) vom 20. November 1989 in ihrem Art. 12 vorgibt, dass Kinder und Jugendliche das Recht haben, ihre Sichtweise in allen sie betreffenden Entscheidungen einzubringen. Die UNKinderrechtskonvention wurde von der Bundesregierung am 26.1.1990 unterzeichnet und ist in Deutschland am 5.4.1992 in Kraft getreten (BGBl. II S. 121). Die National Coalition (NC) für die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland, in der sich annähernd 100 Organisationen zusammengeschlossen haben, hat aus Anlass des 10-jährigen Jubiläums der UNKRK die Verankerung der Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen auf kommunaler Ebene z.B. in den Gemeindeordnungen von Schleswig-Holstein, Hessen und Rheinland-Pfalz ausdrücklich als vorbildlich bezeichnet (vgl. Kinderrechte sind Menschenrechte - Impulse für die 2. Dekade 1999-2009 S. 8). Eingegangen am 22. April 2015 · Ausgegeben am 28. April 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/1754 22. 04. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1754 Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Minister für Soziales und Integration wie folgt: Frage 1. In welchen Städten und Gemeinden in Hessen bestehen bereits Jugendräte? Da für die hessischen Kommunen keine rechtliche Verpflichtung besteht, die Einrichtung von institutionalisierenden Beteiligungsformen wie beispielsweise Jugendräten anzuzeigen, kann auf eine valide Datenbasis nicht zurückgegriffen werden. Von einer zeit- und kostenaufwendigen Umfrage unter allen 426 hessischen Gemeinden und 21 Landkreisen wurde abgesehen, da auch in diesem Fall keine Verpflichtung seitens der Befragten auf eine Rückmeldung besteht und insofern eine vollständige Übersicht nicht gewährleistet werden kann. Kinder- und Jugendorganisationen bieten den Kommunen indes einschlägige Internetseiten an, auf denen entsprechende kinder- und jugendpolitische Partizipationsprojekte veröffentlicht werden können. Beispielhaft sei hier die Homepage des Deutschen Kinderhilfswerkes mit seiner interaktiven kinderpolitischen Landkarte (http://www.kinderrechte.de/kinderpolitische-landkarte ) oder der Internetauftritt der Landesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendbeteiligung Hessen (http://kijubehessen.junetz.de) genannt. Nachfolgend werden einige Beispiele aufgelistet : - Im Jahr 2003 nahm der erste Jugendrat, bestehend aus 11 Mitgliedern im Alter zwischen 12 und 17 Jahren in der Stadt Lorsch seine Geschäfte auf. - 16 Mitglieder bilden in der Stadt Linden einen Kinder- und Jugendbeirat, der die Bezeichnung "Jugendvertretung Linden" führt. - In der Stadt Allendorf (Lumda) übernimmt ein Jugendbeirat die Interessensvertretung der Kinder und Jugendlichen. - Im Rhythmus von zwei Jahren wählen seit 2009 alle Einwohnerinnen und Einwohner der Landeshauptstadt Wiesbaden, die zwischen 14 und 21 Jahre alt sind, unabhängig von ihrer Nationalität ein aus 31 Sitzen bestehendes Jugendparlament. - In der Stadt Hofheim am Taunus werden die Interessen der Kinder durch vier Kinder- und Schülerparlamente vertreten. - Im Landkreis Marburg-Biedenkopf wird seit 1997 überdies ein Kreisjugendparlament gewählt . Frage 2. Welche Formen der Partizipation bestehen jeweils? Wie in der Vorbemerkung bereits erwähnt, haben die Gemeinden hinsichtlich der konkreten Ausgestaltungsform der Beteiligung einen weitgehenden Entscheidungsfreiraum. Demgemäß gibt es eine Vielzahl an verschiedenen Ausprägungen der Partizipation von Kindern und Jugendlichen in der kommunalen Landschaft. Nach hiesigem Kenntnisstand wurde zuletzt im Jahr 2009 eine Abfrage der Partizipationsmodelle der hessischen Gemeinden durch den Hessischen Jugendring e.V. in Zusammenarbeit mit dem Hessischen Städte- und Gemeindebund vorgenommen (vgl. HSGB-ED Nr. 4/2009, S.9). Frage 3. In welchen anderen Bundesländern existieren vergleichbare Einrichtungen zur politischen Partizi- pation Minderjähriger? In den folgenden Flächenbundesländern existieren vergleichbare Normen in der Kommunalverfassung : - Baden-Württemberg (§ 41a Gemeindeordnung), - Niedersachsen (§ 36 Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz), - Rheinland-Pfalz (§§ 16c, 56b Gemeindeordnung und §§ 11c, 49c Landkreisordnung), - Saarland (§ 49a Kommunalselbstverwaltungsgesetz), - Schleswig-Holstein (§ 47f Gemeindeordnung). Wiesbaden, 14. April 2015 Peter Beuth