Kleine Anfrage des Abg. Lenders (FDP) vom 19.03.2015 betreffend Ausfälle bei der Regiotram und Antwort des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung Vorbemerkung des Fragestellers: Die Betreibergesellschaft der Kasseler Regiotram (RTG) ist eine Tochter der Hessischen Landesbahn und der Kasseler Verkehrsgesellschaft. Seit über einem Jahr gibt es massive Probleme mit Zugausfällen der Regiotram. Teils sind Ausfälle von 33 % bis über 50 % an der Tagesordnung. Der NVV prüft daher Strafzahlungen gegen die RTG. Vorbemerkung des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: Die für den Nahverkehr in Nordhessen Verantwortlichen haben sich mit großer Unterstützung des Landes viele Jahre lang für die Realisierung der Regiotram (RT) eingesetzt. Seit 2007 wurde mit dem kombinierten Eisenbahn-/Straßenbahnbetrieb ein in Deutschland und darüber hinaus viel beachteter Weg zur ÖPNV-Erschließung des städtischen Umlands beschritten. Seit dem 15. Dezember 2013 wird das RT-Zielkonzept mit dem 30-Minuten-Takt und einer neuen Betreibergesellschaft umgesetzt. Umso schwerer wiegt, dass im ersten Betriebsjahr des neuen Zielkonzeptes viele Zugausfälle und Verspätungen eingetreten sind, die mit erheblichen Unannehmlichkeiten für die Fahrgäste verbunden waren. Allerdings kann die Hessische Landesregierung den Umfang der Zugausfälle, wie er in der Vorbemerkung des Fragestellers genannt wird, nicht bestätigen. Zudem haben sich die Regiotram Gesellschaft (RTG) und der Nordhessische Verkehrsverbund (NVV) seit Beginn des Jahres 2014 sehr intensiv und kontinuierlich mit den Problemen befasst und ein ganzes Bündel von Maßnahmen entwickelt, um einen normalen Betriebsstandard zu erreichen. Die Hessische Landesregierung begrüßt dies sehr. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Hessischen Minister der Finanzen wie folgt: Frage 1. Welche Ursachen haben die Zugausfälle der RTG? Die Ursachen der einzelnen Zugausfälle sind vielfältig. In der betrieblichen Dokumentation der Zugausfälle werden drei große Gruppen gebildet: - fahrzeugbedingte Ausfälle (mangelnde Fahrzeugverfügbarkeit z.B. aufgrund von Unfallschäden ), - infrastrukturbedingte Ausfälle (z B. Stellwerksstörungen im DB-Netz), - personalbedingte Ausfälle. Frage 2. Wie hoch sind die Ausfallquoten im Jahr 2014 monatlich gewesen? Die Ausfallquoten der einzelnen Monate lagen im Jahr 2014 bei folgenden Werten (Angaben in Zugkilometer): Januar 2014 1,46 % Mai 2014 1,89 % September 2014 1,09 % Februar 2014 1,46 % Juni 2014 1,23 % Oktober 2014 1,92 % März 2014 0,63 % Juli 2014 1,33 % November 2014 4,27 % April 2014 0,72 % August 2014 1,16 % Dezember 2014 4,93 % Frage 3. Mit welchen finanziellen Auswirkungen muss das Land durch die Ausfälle der Tochtergesell- schaft der HLB im Zuge der Regiotram-Angebote im Landkreis Kassel rechnen? Bei den in der Vorbemerkung des Fragestellers genannten "Strafzahlungen" (Pönale) handelt es sich um die Anwendung von (Qualitäts-)Regelungen des Verkehrsvertrages, was zu einer Min- Eingegangen am 2. Juni 2015 · Ausgegeben am 8. Juni 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/1757 02. 06. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1757 derung des vom NVV an die RTG zu zahlenden Entgeltes für das Erbringen der Verkehrsleistung führen kann. Solche Regelungen sind in Verkehrsverträgen allgemein üblich. Etwaige Verluste der RTG wegen Strafzahlungen werden von der Hessischen Landesbahn GmbH und der Kasseler Verkehrsgesellschaft AG jeweils zur Hälfte getragen. Die Höhe der Pönale steht zum heutigen Zeitpunkt nicht fest. Frage 4. Wie geht das Land bzw. die HLB mit drohenden Strafzahlungen an den NVV um? Die Vertragsparteien NVV und RTG wollen sich über die Frage von Strafzahlungen verständigen . Erste Gespräche darüber wurden geführt und werden fortgesetzt. Die HLB bzw. die Hessische Landesregierung werden sich mit der Frage von Strafzahlungen im Rahmen des HLBAufsichtsrats befassen, sobald dort entsprechende Angaben vorliegen. Frage 5. Wie gedenkt das Land als Anteilseigner an der RTG den Zustand zu verbessern? Die Hessische Landesregierung hat als Gesellschafter der HLB darauf hingewirkt, dass sich die HLB und die KVG als Anteilseigner der RTG gemeinsam mit dem NVV als Verantwortlichem für die Fahrplangestaltung intensiv darum kümmern, dass die Qualitätsmängel dauerhaft beseitigt werden. Frage 6. Wie erklärt sich das Land den Krankenstand von über 20 % der Zugführer und welche Maßnah- men sind hierzu geplant? Die RTG teilt mit, dass der Krankenstand nicht dauerhaft, sondern nur phasenweise bei über 20 % lag. Im Durchschnitt des Jahres 2014 lag er bei 14 %. Folgende Maßnahmen wurden durch die RTG eingeleitet: - Anfang 2014 wurde damit begonnen, weitere Lokführer bei der RTG selbst auszubilden. - Es wurden zusätzlich Leiharbeitskräfte eingesetzt, um die Personalknappheit auszugleichen. - Seit der zweiten Jahreshälfte wurde 2014 deutlich mehr Personal eingesetzt, um die Überstunden und Urlaubsrückstände auszugleichen, die angefallen sind, um krankheitsbedingte Ausfallzeiten aufzufangen. - Im Januar 2015 wurde ein weiterer neuer Kurs zur Ausbildung von Triebfahrzeugführern begonnen, um die Personalsituation weiter zu entspannen und mögliche Fluktuationen ausgleichen zu können. - Es wurden mehrere Regelungen zur Dienstplangestaltung angepasst, um die Kritik der Mitarbeiter bzw. des Betriebsrats aufzugreifen und die Mitarbeiterzufriedenheit zu erhöhen. - Die Tarifverhandlungen mit der Gewerkschaft GDL sind weit fortgeschritten. - Die täglichen Reservepersonale wurden seit November 2014 von 2 auf 3 erhöht. - Zusätzlich werden Straßenbahnfahrer der KVG eingesetzt, die auf den RT- Fahrzeugen geschult sind. - Bei absehbaren Zugausfällen wird seit November 2014 ein Schienenersatzverkehr mit Bussen eingerichtet. - Der NVV hat einzelne RT-Verkehrsleistungen an die Kurhessenbahn vergeben, um den RTFahrplan hinsichtlich Personal- und Fahrzeugeinsatz zu entlasten. - Ab Fahrplanwechsel am 12. Dezember 2014 wurde eine bis dahin zeitlich kritische Situation im Fahrplan der RT-Linie 5 entschärft (Wendezeiten Melsungen). Folgende Ergebnisse konnten erreicht werden: - Die geforderte Pünktlichkeitsquote konnte seit Fahrplanwechsel im Dezember 2014 eingehalten werden. - Die Überstunden konnten deutlich reduziert werden. Die Anzahl der anfallenden Überstunden entspricht dem marktüblichen Niveau. - Die Anzahl der Fahrgastbeschwerden ist deutlich zurückgegangen. Frage 7. Welche Folgen für das Management der RTG ergeben sich aus der Situation? Das Management der RTG hat die Aufgabe, Mängel in der Verkehrsdurchführung zu identifizieren , zu analysieren und mit geeigneten Maßnahmen zu beseitigen. Die Ergebnisse zeigen, dass die eingeleiteten Maßnahmen der RTG und die erwähnten Fahrplanänderungen des NVV wirken und zur Einhaltung der vertraglich geschuldeten Qualität führen können. Es gilt nun, den Betrieb auf diesem Niveau dauerhaft zu stabilisieren. Dafür werden das RTG-Management und der NVV die Situation weiterhin kontinuierlich analysieren und ggf. weitere Optimierungen einleiten. Wiesbaden, 21. Mai 2015 Tarek Al-Wazir