Kleine Anfrage des Abg. Schaus (DIE LINKE) vom 11.03.2014 betreffend Vogelschlagvorwarnsystem MIVOTHERM© am Frankfurter Flughafen: Regelverfahren zur Weiterleitung von gestuften Meldungen und Antwort des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung Vorbemerkung des Fragestellers: Wir möchten unserer Anfrage vorausschicken, dass es in erster Linie Aufgabe der Deutschen Flugsicherung ist, die Sicherheit des Luftverkehrs zu gewährleisten und damit auch Vogelschlagereignisse zu vermeiden. Die Entscheidung, wie im Falle einer Vogelschlagwarnung zu reagieren ist, hat mithin die Flugsicherungsstelle durch den jeweiligen Fluglotsen zu treffen. (s. Urteil VGH v. 21.08.2009, AZ 11 C 227/08.T, S. 363) Die Fraport AG als Betreiberin des Mivotherm-Vogelschlagvorwarnssystems nimmt je nach Vogelart und Schwarmgröße eine Kategorisierung in die Risikoklassen "grün", "gelb" und "rot" vor, wobei nur Warnmeldungen der Risikoklasse "rot" überhaupt an die Flugsicherung weitergemeldet werden. Die Flugsicherung hat nach Erhalt der Warnmeldung keinen zeitlichen und sachlichen Entscheidungsspielraum mehr, sondern gibt die Warnung unverzüglich an den Piloten weiter. Die Fraport AG übernimmt damit hoheitliche Aufgaben und Entscheidungen der Flugsicherung und beruft sich hierbei auf ein vermeintlich mit der DFS abgestimmtes "Regelverfahren zur Weiterleitung von gestuften Meldungen" an die Lotsen der DFS im Tower . Vorbemerkung des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: Die in der Vorbemerkung des Fragestellers vorgenommene Wertung, aus dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 21.08.2009 (Az. 11 C 227/08.T, u.a.) könne abgeleitet werden, die Vorgehensweise zur Warnung vor Vogelschlägen am Frankfurter Flughafen mittels des Systems Mivotherm widerspreche gesetzlichen Aufgabenzuweisungen, wird nicht geteilt. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat in der angeführten Entscheidung gerade in Bezug auf das System Mivotherm ausdrücklich ausgeführt, dass der Planfeststellungsbeschluss vom 18.12.2007, der unter A XI 2.1 Nr. 2 regelt, dass die Fraport AG die Anforderungen an die Aufbereitung von Warnungen nach Maßgabe der für die Flugsicherung zuständigen Stelle festzulegen hat, den rechtlichen Anforderungen entspricht und geeignet ist, eine vorauslaufende Prognose von vogelschlagrelevanten Ereignissen zu geben (Urt. v. 21.08.2009, Az. 11 C 227/08.T, u.a., Urteilsabdruck S. 356, 363). Da die Fraport AG die Vorgehensweise zur Aufbereitung der Warnungen mit der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH (DFS) abgestimmt hat, entspricht die Vorgehensweise gerade den genau auf diese Abstimmung zwischen Flughafenbetreiber und Flugsicherung zielenden Anforderungen, die der Hessische Verwaltungsgerichtshof in der angeführten Entscheidung aufgestellt hat, und damit den gesetzlichen Vorgaben. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie beurteilt die Landesregierung dieses Regelverfahren der Fraport AG, nur Vogelschlag- Warnungen der Stufe "rot" an die DFS weiterzuleiten, und die damit implizierte Inkaufnahme eines Vogelschlagrisikos? Die Landesregierung erkennt das Abstimmungsergebnis zwischen der Fraport AG und der DFS, der es primär obliegt, die Sicherheit des Luftverkehrs zu gewährleisten und die hierbei über besondere Sachkenntnisse verfügt, an. Die Auswertungen der vergangenen Jahre zeigen, dass es im Geltungsbereich des Systems Mivotherm kein Vogelschlagereignis eines in Deutschland registrierten Luftfahrzeuges gegeben hat, wie es sich im Einzelnen aus der Antwort auf die Kleine Anfrage 19/179 ergibt. Dies verdeutlicht, dass die zwischen der Fraport AG und der DFS abgestimmte Vorgehensweise zur Aufbereitung der Warnungen angemessen ist. Eingegangen am 23. April 2014 · Ausgegeben am 28. April 2014 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/180 23. 04. 2014 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/180 Frage 2. Inwiefern hält die Landesregierung diese Risikoerhöhung für vereinbar mit dem Gebot des Plan- feststellungsbeschlusses vom 18.12.2007, dieses generell erhöhte Vogelschlagrisiko bei dem Kreuzungspunkt zwischen Main und Anfluggrundlinie RWY 07L durch Mivotherm zu senken? Wie in der Antwort auf die Frage 1 ausgeführt, sind in Folge der zwischen der Fraport AG und der DFS abgestimmten Vorgehensweise zur Aufbereitung der Warnungen keine Anzeichen für eine Risikoerhöhung gegeben. Frage 3. Worin sieht die Landesregierung die rechtliche Legitimation der Fraport AG, im Falle der Vo- gelschlagvorwarnung anstelle der Deutschen Flugsicherung hoheitliche Aufgaben der Flugsicherung wahrzunehmen? Wie bereits in der Vorbemerkung ausgeführt, entspricht die zwischen der Fraport AG und der DFS erfolgte Abstimmung den Anforderungen des Planfeststellungsbeschlusses vom 18.12.2007 und damit - wie vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 21.08.2009 (Az. 11 C 227/08.T, u.a.) bestätigt - den gesetzlichen Vorgaben. Zu einer Vermischung oder unzulässigen Übernahme von Kompetenzen kommt es nicht. Frage 4. Wer haftet im Falle einer Vogelschlaghavarie, der durch einen zwar von Mivotherm© erkannten, aber nicht von Fraport an die DFS weitergeleiteten Vogelschwarm der Risikoklassen "grün" und "gelb" verursacht wurde? Wie bereits in der Antwort auf die Frage 1 ausgeführt, trägt das System Mivotherm erfolgreich zu einer weiteren Reduzierung des Vogelschlagrisikos bei. Demzufolge werden durch die Nutzung des Systems Mivotherm keine besonderen Haftungstatbestände begründet. Frage 5. Gibt es einen ausdrücklichen Haftungsverzicht der Lufthansa AG gegenüber der Fraport AG und der DFS im Falle eines Vogelschlages der LH-Konzernflotte mit einem Schwarm der nicht weitergeleiteten Kategorien "grün" und "gelb"? Ein ausdrücklicher Haftungsverzicht der Lufthansa AG gegenüber der Fraport AG und der DFS im Falle eines Vogelschlages mit einem Schwarm der nicht weitergeleiteten Kategorien "grün" und "gelb" existiert nicht. Da bereits eine Haftbarkeit zweifelhaft und - wenn überhaupt - von den Umständen des Einzelfalls abhängig ist, besteht schon kein Bezugspunkt für einen generellen Verzicht. Die Lufthansa AG ist jedoch neben der DFS ebenfalls in die Abstimmung der Vorgehensweise zur Aufbereitung der Warnungen eingebunden worden. Frage 6. Ist der Landesregierung bekannt, dass der Inhalt des "Regelverfahrens zur Weiterleitung von Mivotherm-Warnungen durch die DFS" weder nach ausdrücklicher Maßgabe der DFS noch nach expliziter Zustimmung durch die DFS erfolgt ist? Wie bereits in der Vorbemerkung ausgeführt, hat die Fraport AG die Vorgehensweise zur Aufbereitung der Warnungen mit der DFS abgestimmt. Die der Frage zugrunde liegende Annahme ist daher unzutreffend. Wiesbaden, 9. April 2014 In Vertretung: Mathias Samson