Kleine Anfrage des Abg. Rock (FDP) vom 23.03.2015 betreffend Genehmigung einer Windmessanlage in Villmar-Seelbach und Antwort der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Vorbemerkung des Fragestellers: Die Untere Naturschutzbehörde (UNB) des Kreises Limburg-Weilburg hat nach Medienberichten der "Nassauischen Neuen Presse" ("NNP" vom 19. März 2015) und des "Weilburger Tageblatts" ("WT" vom 20. März 2015) in Villmar-Seelbach eine Windmessanlage von 140 m Höhe in unmittelbarer Nähe eines Schwarzstorchhorstes außerhalb der von der Regionalversammlung vorgelegten Windvorrangflächen des Teilregionalplans Energie Mittelhessen genehmigt. Diese Genehmigung durch die UNB erfolgte entgegen den Bedenken des Vogelschutzbeauftragten des Kreises. Laut Aussage des zuständigen Kreisbeigeordneten Jung (SPD) in der "NNP" vom 19. März 2015 habe man den Antrag der Firma "Naturwerk" aus Recklinghausen genehmigt, weil diese nicht von Ihrem Antrag abzubringen gewesen sei. Außerdem sei nach Auffassung des Kreisbeigeordneten für die Errichtung eines Windmessmastes keine artenschutzrechtliche Prüfung notwendig. Dazu vertrat die Landesregierung in der Beantwortung der kleinen Anfrage (Drucks. 19/1280) eine gegenteilige Auffassung. Vorbemerkung der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbrau- cherschutz: Bezug nehmend auf die bereits beantwortete Kleine Anfrage 19/1280 bleibt festzustellen, dass die Errichtung von Windmessmasten als Bauvorhaben der baurechtlichen Zulassung unterliegt, in deren Rahmen eine artenschutzrechtliche Prüfung durchgeführt wird. Entgegen der Informationen des Fragestellers wurde seitens der UNB aufgrund der den Antragsunterlagen beigefügten artenschutzrechtlichen Prognose eine entsprechende Prüfung durchgeführt. Im Ergebnis der Prüfung wurde festgestellt, dass die Verbotstatbestände des § 44 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) bei der Umsetzung der vorgesehenen Vermeidungsmaßnahmen nicht eintreten, das Vorhaben somit artenschutzrechtlich zulässig ist. Eine Genehmigung wurde deshalb - auf zwei Jahre befristet - erteilt. Nach Ablauf der Frist sind sämtliche Anlagenbestandteile zurückzubauen . Diese Vorbemerkungen vorangestellt beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung wie folgt: Frage 1. Wie bewertet die Landesregierung die Rechtsauffassung der UNB des Kreises Limburg-Weilburg, dass eine artenschutzrechtliche Prüfung für einen Windmessmast nicht notwendig sei? Die UNB vertritt die Auffassung, dass eine artenschutzrechtliche Prüfung für die Errichtung eines Windmessmasten notwendig ist und hat diese auch durchgeführt. Die Landesregierung teilt die Auffassung der UNB. Frage 2. Mit welcher Begründung vertritt die Landesregierung die Rechtsauffassung, dass eine arten- schutzrechtliche Prüfung notwendig sei? Hierzu verweise ich auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage 19/1280, insbesondere auf die Antworten zu den Fragen 1 bis 3, die die geltende Rechtslage erläutern. Frage 3. Welche möglichen Auswirkungen hätten die Bauarbeiten zur Errichtung eines Windmessmastes in 500 m Entfernung vom Horst, während der beginnenden Brutzeit auf diese? Der in Rede stehende Horst befindet sich in rund 700 m Entfernung. Nach aktuellem fachlichem Kenntnisstand sind Schwarzstörche stark störungsempfindlich, besonders zum Zeitpunkt der Eingegangen am 13. Mai 2015 · Ausgegeben am 19. Mai 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/1800 13. 05. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1800 Horstbesetzung und beginnenden Brut. Aus diesem Grund wurde die Bauzeit entsprechend eingeschränkt . Bauarbeiten innerhalb der Brut- und Setzzeit sind erst nach einer gutachterlichen Kontrolle und ggf. erfolgten Freigabe möglich. Laut Antragsunterlagen ist die Errichtung des Mastes ohnehin im Winter geplant, so dass keine Konflikte mit etwaigem Brutgeschehen zu erwarten sind. Frage 4. Welche Nebenbestimmungen, die den Schutz besonders geschützter Arten gewährleisten sollen, könnten die Errichtung des Windmessmastes dennoch ermöglichen? Von Relevanz für den Schwarzstorch sind im Wesentlichen baubedingte Störungen. Nur wenn diese vermieden werden, tritt der Verbotstatbestand des § 44 BNatSchG nicht ein. Ein Vermeidung kann durch eine Bauzeitenbeschränkung (siehe Antwort Frage 3) erreicht werden. Neben den baubedingten Störungen wäre auch die betriebsbedingte Tötung des Schwarzstorches durch die Abspannung des Mastes denkbar. Zur Verhinderung von Vogelschlag an den Abspannseilen des Windmessmastes werden diese mit entsprechenden Markierungen zu versehen sein. Frage 5. Wie beurteilt die Landesregierung die Auffassung des Kreisvogelschutzbeauftragten des Kreises Limburg-Weilburg, dass der Schwarzstorch durch den Bau und Betrieb der Windmessanlage vertrieben werden könnte? Die Auffassung des Kreisvogelschutzbeauftragten ist grundsätzlich nachvollziehbar. Den Bedenken ist jedoch durch die von der Zulassungsbehörde festgesetzten Vermeidungsmaßnahmen Rechnung getragen worden. Frage 6. Wäre eine Ablehnung der Genehmigung mit Verweis auf die Wirkungsentfaltung der bevorste- henden Regionalplanung, die das Gebiet der Windmessanlage zukünftig von der Errichtung von Windkraftanlagen ausschließt, aus Sicht der Landesregierung möglich? Der in Aufstellung befindliche Teilregionalplan Energie Mittelhessen entfaltet zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Rechtswirkung. Eine Ablehnung des Antrags auf Erteilung der Baugenehmigung allein unter Hinweis auf die künftigen Festlegungen des Regionalplans wäre nicht möglich. Nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 Baugesetzbuch (BauGB) sind Vorhaben, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wind- oder Wasserenergie dienen, zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen und die ausreichende Erschließung gesichert ist. Hierunter fallen auch Windmessanlagen. Künftige regionalplanerische Festlegungen zu Windvorrangflächen stellen - im derzeitigen Planungsstadium - keinen entgegenstehenden öffentlichen Belang dar. Wenn dem Antrag keine sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, hat der Antragsteller vielmehr einen Rechtsanspruch auf die Erteilung der Baugenehmigung (vgl. § 64 Abs. 1 Hessische Bauordnung). Frage 7. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung zu der Frage, mit welchem Ziel Antragsteller eine Windmessanlage in einem Gebiet errichten wollen, das von der Genehmigung für Windräder zukünftig ausgeschlossen ist? Bezüglich der endgültigen Abgrenzung der Windvorrangflächen verweise ich auf die Antwort zu Frage 6. Der Antragsteller selbst gibt an, gewonnene Erkenntnisse über die Windhöffigkeit einer Fläche könnten auf Standorte in einem Umkreis von bis zu 3 km um die Windmessanlage extrapoliert werden. Darüber hinausgehende Motive des Antragstellers sind der Landesregierung nicht bekannt. Wiesbaden, 29. April 2015 Priska Hinz