Kleine Anfrage des Abg. Lenders (FDP) vom 02.04.2015 betreffend Wasserstand von Edersee und Diemelsee während Ferienzeit und Antwort des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung Vorbemerkung der Fragesteller: Die Ankündigung des Raiffeisenverbands Niedersachsen, die Getreidetransporte auf der Oberweser künftig zu verdreifachen, hat für Verunsicherung in der Tourismusregion an Eder- und Diemelsee gesorgt. Vorbemerkung des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: Eder- und Diemelsee sind Bundeswasserstraßen gemäß Bundeswasserstraßengesetz und Eigentum des Bundes. Die Talsperren sind primär bestimmt für die Speisung von Oberweser, unterer Fulda sowie des Mittellandkanals bei Niedrigwasser, um deren Schiffbarkeit durch Aufhöhung des Wasserstandes zu gewährleisten. Daneben dienen die Talsperren auch dem Hochwasserschutz und der Gewinnung elektrischer Energie. Der für diese Zwecke benötigte Wasserabfluss ist abhängig vom Wasserdargebot in den maßgebenden Einzugsgebieten, sodass verlässliche Auskünfte über das künftige Wasservolumen in den Talsperren nicht getroffen werden können. Das Jahr 2015 verläuft bisher für die Tourismuswirtschaft zufriedenstellend, der Edersee ist seit Jahresbeginn vollständig befüllt. Um sowohl die Wasserbereitstellung für Oberweser und Mittellandkanal und den Hochwasserschutz sicherzustellen, als auch die Region als Freizeit-, Ausflugs - und Erholungsgebiet zu stärken, stehen alle Beteiligten und Betroffenen inklusive des zuständigen Wasser- und Schifffahrtsamtes sowie der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt im Austausch. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz wie folgt: Frage 1. Wie schätzt die Landesregierung die Auswirkungen des Wasserstands von Eder- und Diemelsee auf den Tourismus ein? Obgleich ein niedriger Wasserstand von Eder- und Diemelsee einen vorübergehenden Rückgang an Urlaubern und Touristen mitunter begünstigt, haben auch andere Einflussfaktoren, wie etwa das Wetter, nachteilige Einflüsse auf die Tourismuswirtschaft der Region. Ein direkter Zusammenhang von niedrigen Wasserständen und Übernachtungszahlen ist daher nicht herstellbar, wobei darauf hingewiesen sei, dass sich die Tourismuswirtschaft am Edersee vorrangig auf wassergebundene Angebote spezialisiert hat. Nach Auskunft des Touristik Service WaldeckEderbergland GmbH und der Edersee Touristik GmbH gehen Schätzungen jedoch davon aus, dass der jährliche Gesamtumsatz, der auf den Tages- und Übernachtungstourismus bei vollem Wasservolumen zurückzuführen ist, allein in den drei Anrainerkommunen des Edersees bei 90 bis 100 Mio. € liegt. Auch unterscheiden sich die Auswirkungen des Wasserstands auf die einzelnen Gästegruppen. Während etwa für den Campingtourismus auch das Wetter eine erhebliche Rolle spielt und die Gruppe der Wassersportler direkt von einem hohen Wasserstand abhängig ist, kann die Nachfrage nach Aktivitäten, die nicht wassergebunden sind, auch bei niedrigen Wasserständen bedient werden. Hier sei vor allem auf das verbesserte Angebot der touristischen Infrastruktur, z.B. in Nationalparkeinrichtungen, verwiesen. Pauschale Aussagen zu den Wasserständen der Seen und deren Auswirkungen auf den Tourismus der Region lassen sich somit nicht treffen. Eingegangen am 27. Mai 2015 · Ausgegeben am 1. Juni 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/1806 27. 05. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1806 Frage 2. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um die Tourismusregion an Eder- und Diemel- see im Hinblick auf den Wasserstand der beiden Seen zu unterstützen? Die Landesregierung unterstützt die Tourismusregion an Eder- und Diemelsee bereits seit vielen Jahren durch die Förderung von Einzelmaßnahmen mit Landes-, Bundes- und EU-Mitteln, vor allem zum Ausbau und zur Verbesserung der touristischen Infrastruktur, wodurch auch kleine und mittlere Unternehmen gestärkt werden. Frage 3. Welche Maßnahmen können geeignet sein, den Wasserstand von Eder- und Diemelsee trotz Oberwesertransporte zu erhöhen? Grundsätzlich sind Transporte auf der Oberweser mit Schiffen mit geringem Tiefgang, sog. Schubleichtern, möglich - diese können die Wasserabgaben aus dem Edersee zwar nicht verhindern , aber reduzieren. Die Anschaffung und der Einsatz solcher Schiffe obliegt den Reedereien oder anderen ansässigen Unternehmen - das Land Hessen kann auf die von den Unternehmen eingesetzten Schiffe keinen Einfluss nehmen. Dennoch sei daran erinnert, dass die ursprüngliche Zweckbestimmung des Edersees die Regulierung des Wasserstands auf Weser, Fulda und Mittellandkanal zur Sicherstellung der Schifffahrt ist. Der Rückgang der Güterschifffahrt auf der Oberweser hat in den vergangenen Jahren den Wasserstand im Edersee positiv beeinflusst und zu höheren, dem Tourismus dienlichen Wasserständen geführt. Insofern scheint der momentane Zustand zwar für die Kommunen am Edersee noch nicht ganz optimal, eröffnet aber im Vergleich zu früheren Wasserabgaben Perspektiven in der touristischen Nutzung, die bei anhaltend starkem Güterverkehr nicht möglich wären. Da der Konflikt zwischen Edersee-Anrainern und der Weserschifffahrt vor allem in Niedrigwasserjahren zu Tage tritt fanden bereits zahlreiche Gespräche unter Beteiligung der Betroffenen statt. Die Frage, wie die Wasserstände von Eder- und Diemelsee so beeinflusst werden können, dass die touristischen Nutzungen bessere Berücksichtigung finden, war bei diesen Gesprächen stets thematisiert worden. Auch im Hessischen Landtag wurde darüber berichtet, zuletzt im Rahmen der Beantwortung der Mündlichen Frage Nr. 609 des Abg. Armin Schwarz (CDU) am 31. Januar 2012 in der 95. Sitzung über das "Ederseegespräch" vom 17. August 2011 (Plenarprotokoll 18/95, Seite 6562). In diesem Ederseegespräch vom 17. August 2011 war seitens der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung skizziert worden, wie eine verbesserte Steuerung für trockene Jahre aussehen könnte. Dieser Vorschlag wurde vereinbarungsgemäß konkretisiert und am 23. März 2012 im Regierungspräsidium Kassel vorgestellt. Angeschlossen hatte sich eine öffentliche Präsentation am 2. Mai 2012. Erläutert wurde die favorisierte Betriebsweise auf der Grundlage des sog. "1,15 m Modells". Diese Betriebsweise hätte zum Gegenstand, dass bei Unterschreiten einer mittleren Jahresinhaltslinie , die den Jahresverlauf des Talsperreninhaltes der Vergangenheit repräsentiert, um mehr als 40 Mio. Kubikmeter Inhalt der Wasserstandspegel in Hann.-Münden nur bis zu einem Pegelstand von 1,15 m (anstelle von 1,20 m) "gestützt" wird. Dies hätte - gemäß einer Modellrechnung - für das Jahr 2011 beispielsweise bedeutet, dass im Juli und August ca. 20 Millionen Kubikmeter mehr an Inhalt in der Talsperre verblieben wären und gleichzeitig die Schifffahrt auf der Oberweser nicht vollständig hätte eingestellt werden müssen. Sowohl die Vertreter der Edersee- als auch die der Oberweserregion stimmten zu, diese "1,15 m" - Betriebsweise in einem Pilotversuch im nächsten trockenen Sommer zu erproben. Der Pilotversuch steht noch aus. Frage 4. Wie schätzt die Landesregierung die Forderung ein, zumindest während der Ferienzeiten Trans- porte auf der Oberweser zu unterlassen? Die Hessische Landesregierung hat keine Möglichkeit, Transporte auf der Oberweser einzuschränken . Die vorgeschlagene Einschränkung würde nach Einschätzung der Landesregierung zu negativen Folgen bei den Industriearbeitsplätzen in Nordhessen führen. Ob eine zeitlich eingeschränkte Nutzung der Oberweser rechtlich zulässig wäre, wäre durch die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes zu klären. Mit Blick auf das in Niedrigwasserjahren stets unzureichende Wasserdargebot zur Befriedigung aller konkurrierenden Interessen wird auf die aktuelle Betriebsvorschrift für den wasserwirtschaftlichen Betrieb der Edertalsperre verwiesen. Diese sieht für den Fall, dass das Ziel "Unterstützung des Niedrigwasserabflusses in der Weser am Pegel Hann. Münden" aufgrund zu geringen Talsperreninhaltes längerfristig nicht eingehalten werden kann, bereits heute vor, dass das Steuerungsziel für die Weser nach vorheriger Information der gewerblichen Schifffahrt herabgesetzt werden kann. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1806 3 Bei den in der Antwort zu Frage 3 genannten Gesprächen, waren sich die Beteiligten immer einig, dass auch künftig eine grundsätzliche Änderung der Zweckbestimmung der Talsperren nicht herbeigeführt werden soll. Soweit die Ergebnisse aus der Betriebsweise gemäß dem beschriebenen Pilotversuch im nächsten trockenen Sommer noch nicht vorliegen, sollte nach Auffassung der Landesregierung an dieser Regelung festgehalten werden. Wiesbaden, 10. Mai 2015 Tarek Al-Wazir