Kleine Anfrage des Abg. Lenders (FDP) vom 01.05.2015 betreffend FSC-Zertifizierung in Waldeck-Frankenberg und Antwort der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Vorbemerkung des Fragestellers: Der Landrat des Kreises Waldeck-Frankenberg hat auf einer Versammlung des Waldbesitzerverbandes erklärt , dass der Kreis von der geplanten FSC-Zertifizierung des Domanialwaldes aus Kostengründen Abstand genommen habe. Vielmehr prüfe man nun, eine Art FSC-light Variante umzusetzen, die aber deutlich umsetzbarer sei. Vorbemerkung der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbrau- cherschutz: Auf Anfrage des Ministeriums beim Landrat des Landkreises Waldeck-Frankenberg hat Herr Landrat Dr. Kubat am 5. Mai 2015 mitgeteilt, dass auf Beschluss des Kreistages eine Arbeitsgruppe zur "Überprüfung der Bedingungen und Auswirkungen einer FSC-Zertifizierung für den Domanialwald und den Kreiswald Viermünden" unter seinem Vorsitz konstituiert worden sei. In der Mitgliederversammlung der Kreisgruppe Waldeck-Frankenberg im Hessischen Waldbesitzerverband am 8. Februar 2015 habe er im Rahmen eines freien Grußwortes die Gelegenheit ergriffen, kurz zum zusammenfassenden Sachstand der bisherigen Arbeitsgruppenanalyse zu berichten . Der Vorsitzende der Kreisgruppe des Waldbesitzerverbandes sei Mitglied in der Arbeitsgruppe Forstliche Zertifizierung, die Waldbesitzer im Landkreis Waldeck-Frankenberg räumten der analytischen Fragebearbeitung in der Arbeitsgruppe eine hohe Aufmerksamkeit ein. Die Arbeit der Arbeitsgruppe Forstliche Zertifizierung sei noch nicht abgeschlossen, sie hätten aber tief greifende Analysen zu den Systemen vorgenommen, im Rahmen von Voraudits nach FSC-Standard für beide Forstbetriebe zusätzliche Anforderungen im Falle einer FSCZertifizierung herausarbeiten lassen. Dazu hätte die Arbeitsgruppe im Interesse einer offenen und transparenten Betrachtung dieser komplexen Sachverhalte "ökonomische Bewertungen von zusätzlichen Anforderungen, die mit einer FSC-Zertifizierung verbunden wären" für beide Betriebe in Auftrag gegeben. Der Landrat hat weiterhin mitgeteilt: "Wenn auch die abschließende Ergänzungsbearbeitung zu der ökonomischen Bewertung mit Erörterung in der Arbeitsgruppe noch nicht abgeschlossen ist, muss davon ausgegangen werden, dass für den Domanialwald sehr wesentliche ökonomische Konsequenzen insbesondere durch zusätzliche Anforderungen bei der Baumartenwahl und Vorgaben für Referenzflächen zu erwarten sind. Das Domanialvermögen wird als Eigenbetrieb des Landkreises treuhänderisch zugunsten der waldeckischen Gemeinden bewirtschaftet. Die umfangreichen denkmalpflegerischen Aufgaben des Betriebes zur Pflege und Erhaltung der historischen Schlösser und Gebäude müssen in erster Linie aus dem Deckungsbeitrag des Domanialforstbetriebes bestritten werden." Vor diesem Hintergrund und seiner entsprechenden Zielrichtungseinbringung in ihrer letzten Sitzung der Arbeitsgruppe Forstliche Zertifizierung habe er in seinem Grußwort am 8. Februar darauf hingewiesen, dass die zu erwartende Empfehlung der Arbeitsgruppe weniger auf die zusätzliche Zertifizierung der beiden Betriebe nach FSC ausgerichtet sein könnte, vielmehr sei zu erwarten, dass ein eigener naturschutzfachlich vertiefender Weg beschritten werden sollte, der sowohl der situationsgebundenen naturschutzfachlichen Entwicklung der Waldungen entsprechend den regionalen Anforderungen Rechnung trägt als auch ökonomische Belastungen durch zusätzliche Anforderungen und Restriktionen weitgehend vermeidet. Eingegangen am 15. Juni 2015 · Ausgegeben am 19. Juni 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/1807 15. 06. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1807 Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Ist der Landesregierung das Vorhaben des Kreises Waldeck-Frankenberg bekannt? Ja. Die fachliche Betreuung des Domanialwaldes im Landkreis Waldeck- Frankenberg erfolgt durch die Forstämter Diemelstadt und Vöhl des Landesbetriebs Hessen-Forst. Soweit gewünscht und erforderlich, haben die Forstämter fachliche Beiträge und Informationen für den o.a. Prüfauftrag bereitgestellt. Frage 2. Wie beurteilt die Landesregierung dieses Vorhaben? Die Einführung eines bestimmten Zertifikats zur Waldbewirtschaftung obliegt ausschließlich der Entscheidung der Waldeigentümerin oder des Waldeigentümers. Es ist nicht Aufgabe der Landesregierung , diese Entscheidung zu beurteilen. Frage 3. Wie steht die Landesregierung zu der Feststellung des Landrates, dass eine FSC-Zertifizierung zu kostspielig ist? Es ist nicht die Aufgabe der Landesregierung, eine innere Angelegenheit des Landkreises Waldeck -Frankenberg zu bewerten. Wie bekannt kam die Landesregierung in der Abwägung wirtschaftlicher , sozialer und umwelttechnischer Aspekte einer FSC-Zertifizierung von Staatswald zu der abweichenden Überzeugung, dass eine FSC-Zertifizierung in der Gesamtbetrachtung sinnvoll und wirtschaftlich tragbar ist. Daraufhin wurde die entsprechende Zertifizierung für Hessische Forstämter begonnen. Hinsichtlich der monetären Aspekte wird auf die Ausführungen zu Frage 5 verwiesen. Frage 4. Wie ist der Sachstand bei der Zertifizierung des hessischen Staatswaldes auf FSC? Am 8. April 2015 konnte der Landesbetrieb Hessen-Forst das FSC-Zertifikat für den Staatswald der ersten Staffel von neun Forstämtern bei einem Presse-Termin im Forstamt Hanau-Wolfgang entgegen nehmen. Frage 5. Mit welchen Kosten rechnet die Landesregierung durch die FSC-Zertifizierung des hessischen Staatswaldes? Zu den Erfahrungen aus dem zwischenzeitlich seit knapp viereinhalb Jahren nach FSC zertifizierten Staatswaldes des Forstamts Dieburg sei auf die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage betreffend FSC-Zertifizierung des Hessischen Staatswaldes - Drucksache 19/223 - vom 22. April 2014 verwiesen. Hierin ist ausgeführt, dass die jährlichen Kosten für die FSC-Zertifizierung mit 1,64 €/ha/Jahr rund 1,37 € über den Kosten einer PEFC-Zertifizierung liegen. Dem stehen die beim Verkauf zu erzielende Mehrerlöse in Höhe von rund 1,71 €/ha gegenüber. Dies ist in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen - neben monetären Effekten, die sich durch Gruppenzertifikate ergeben können sowie den mittel- und langfristigen positiven Auswirkungen einer nachhaltigen, naturnahen und sozialen Waldbewirtschaftung auf gesamtgesellschaftliche Kostenentwicklungen, etwa im Bereich Klimaschutz und Umweltrisiken. Die genannten Kosten basieren auf den bisherigen Erfahrungen von HessenForst. Eine aktuelle Berechnung der Kosten für die o.g. neun Forstämter der ersten Staffel kann erst erfolgen, wenn dort entsprechende Erfahrungen mit dem nun vorliegenden FSC-Zertifikat im Ist-Betrieb vorliegen . Frage 6. Welchen Nutzen sieht die Landesregierung in einer Zertifizierung des Staatswaldes durch FSC? Eine unabhängige Zertifizierung nach FSC macht für die Öffentlichkeit sichtbar, dass bestimmte ökologische, ökonomische und soziale Standards von einem Forstbetrieb klar erfüllt werden. Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürgern des Landes sowie von Umwelt- und Naturschutzverbänden in die nachhaltige Bewirtschaftung des Staatswaldes wird damit gestärkt. Das Angebot an FSC-Holz steigt durch die neun zertifizierten Forstämter um jährlich rund 300.000 Efm. Mit künftig kleinflächigeren Verjüngungen von Laub- und Nadelbäumen sollen mehr Mischbestände entstehen und damit Risiken der Waldbewirtschaftung auch in finanzieller Hinsicht, insbesondere vor dem Hintergrund der sich verändernden klimatischen Bedingungen, reduziert werden können. Die Ausweisung von weiteren, nicht genutzten Referenzflächen und die angestrebte Belassung von im Durchschnitt zehn Biotopbäumen je Hektar soll den Staatswald noch Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1807 3 naturnäher und damit ökologisch wertvoller machen. Dies ist gleichzeitig ein Beitrag zur Erhaltung der Artenvielfalt. Frage 7. Wie beurteilt die Landesregierung den Nutzen einer FSC-Zertifizierung im Verhältnis zu Kosten und Aufwand? Es wird auf die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage betreffend FSCZertifizierung des Hessischen Staatswaldes - Drucksache 19/223 - vom 22. April 2014 verwiesen . Demnach erwartet die Landesregierung, dass der Hessische Staatswald durch die Orientierung der Baumartenverteilung an der natürlichen Vegetation, den Verzicht auf die Nutzung in Referenzflächen und von weiteren Biotopbäumen sowie den grundsätzlichen Verzicht auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln insgesamt ökologisch leistungsfähiger, stabiler, klimaangepasster und risikoärmer wird. Sie misst dieser zu erwartenden Verbesserung der ökologischen Leistungsfähigkeit einen hohen Wert bei. Investitionen in stabilere, weil naturnähere laubbaumdominierte Bestockungen mit Nadelbaumbeimischungen werden sich dann bei weiter steigenden Umweltrisiken auch in Zukunft als wirtschaftlich erweisen. Wiesbaden, 4. Juni 2015 Priska Hinz