Kleine Anfrage des Abg. Lenders (FDP) vom 07.04.2015 betreffend Verkehrssituation entlang der B8 in Brechen-Niederbrechen und Antwort des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung Vorbemerkung des Fragestellers: Die B8 von Limburg Richtung Königstein ist eine der meist befahrenen Bundesstraßen in Hessen. Immer noch führen dort viele Straßen durch die Ortslagen, was einerseits zu massiven Belastungen der Anwohner führt und andererseits immer wieder lange Fahrtzeiten, Staus und Verzögerungen verursacht. Neben Lindenholzhausen und Bad Camberg ist vor allen Dingen Niederbrechen durch den Verkehr massiv belastet. Bei Zählungen der Bürgerinitiative Ortsumgehung Niederbrechen e.V. wurden an einem Tag 14.500 Fahrzeuge auf der B8 gezählt. Bis zur Realisierung einer Ortsumgehung dürfte noch einige Zeit vergehen. Insofern stellt sich die Frage nach Maßnahmen, die zu einer Entlastung der Anwohner führen können. Außerdem stellt sich vor allem die Frage nach einer Entschärfung von Gefahrenschwerpunkten. So befindet sich am Ortseingang Niederbrechen aus Richtung Oberbrechen kommend das Ortsschild direkt vor der Einfahrt in ein Wohngebiet (In der Schlei). Eine Geschwindigkeitsbegrenzung vor dem Ortsschild ist nicht vorgesehen , so dass erhebliche Gefahren für Fußgänger, Radfahrer und Autofahrer bestehen, die dort aus dem Wohngebiet kommend die Straße überqueren möchten. Außerdem liegt auf der anderen Straßenseite der Radweg R8, der nicht an den Radweg entlang der anderen Seite der B8 angebunden ist. Dies führt dazu, dass Fußgänger zum Teil mit Kinderwagen und Radfahrer die B8 noch vor dem Ortsschild außerorts überqueren, um den R8 zu erreichen. Hierdurch entstehen immer gefährliche Situationen. Eine deutliche Entschärfung könnte durch eine Verschiebung des Ortsschildes in Richtung Oberbrechen in Verbindung mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung vor dem Ortsschild erreicht werden. Eine verkehrsberuhigende Geschwindigkeitsmessanlage sei laut Aussage des Bürgermeisters von der Gemeinde beantragt, aber nicht genehmigt worden, obwohl die Stadt Bad Camberg in Oberselters eine solche betreibt, wo die Gefährdungslage eher geringer ist. Vorbemerkung des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: In Form einer Korridorbetrachtung wurde im Rahmen der Voruntersuchungen zur Beseitigung des Bahnüberganges bei Niederbrechen im Zuge der B8 auch eine Verlegung der Ortsdurchfahrt planerisch betrachtet. Die Voruntersuchungen für eine Verlegung der B8 in Niederbrechen sind noch nicht abgeschlossen. Die Landesregierung hat die Maßnahme zur Bewertung bei der Erstellung des Bundesverkehrswegeplans 2015 angemeldet. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Minister des Innern und für Sport wie folgt: Frage 1. Wie schätzt die Landesregierung die Situation am Ortseingang Niederbrechen aus Richtung Ober- brechen ein? Die Verkehrssituation im Ortseingangsbereich von Niederbrechen aus Richtung Oberbrechen kommend ist als unkritisch einzustufen. Im Bereich der Einmündung der Ortsstraße "In der Schlei" in die B8 ist eine Querung der Bundesstraße durch Fußgänger innerorts nicht möglich. Die gegenüberliegende Straßenseite der Bundesstraße ist durch eine Leitplanke gesichert. Ein Gehweg ist hier nicht vorhanden. Auf dieser Straßenseite befinden sich weder eine Bebauung noch Einrichtungen wie Kindergärten, Schulen oder Geschäfte. Zudem ist ein auffälliges Unfallgeschehen an der genannten Stelle nicht zu verzeichnen. In dem Zeitraum von 2012 bis heute haben sich in dem zuvor genannten Streckenabschnitt insgesamt drei Unfälle ereignet. Hierbei handelt es sich um: - einen schweren Unfall, der auf einen Fahrfehler zurückzuführen ist, - einen Unfall mit Sachschaden, - einen Wildunfall. Eingegangen am 19. Mai 2015 · Ausgegeben am 26. Mai 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/1810 19. 05. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1810 Fußgänger oder Radfahrer waren nicht betroffen. Frage 2. Unter welchen Voraussetzungen sind eine Verschiebung des Ortsschildes und eine vorangehende Geschwindigkeitsbegrenzung an diesem Ortseingang denkbar? Nach den Regelungen in der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) sind Ortstafeln ohne Rücksicht auf Gemeindegrenzen und Straßenbaulast dort anzuordnen, wo ungeachtet einzelner bebauter Grundstücke die geschlossene Bebauung auf einer der beiden Seiten der Straße für den ortseinwärts Fahrenden erkennbar beginnt. Eine geschlossene Bebauung liegt vor, wenn die anliegenden Grundstücke von der Straße erschlossen werden. Eine Überprüfung vor Ort hat ergeben, dass die Ortstafel (Zeichen 310 StVO) rechtskonform am Beginn der geschlossenen Bebauung steht. Eine Verschiebung vor den Beginn der geschlossenen Bebauung würde den Vorgaben der StVO widersprechen. Die Anordnung einer Geschwindigkeitsbegrenzung beginnend bereits vor dem Ortsschild setzt die Vorlage einer qualifizierten Gefahrenlage voraus. Eine solche Gefahrenlage liegt beispielsweise bei einer Häufung geschwindigkeitsbedingter Unfälle vor. Wie bereits in der Antwort zu Frage 1 dargelegt, ist die Verkehrssituation im Ortseingangsbereich von Niederbrechen unauffällig . Auch wird die Sicht auf die Ortstafel nicht eingeschränkt. Die Verkehrsteilnehmer sind rechtzeitig in der Lage, ihre Geschwindigkeit den Gegebenheiten anzupassen, so dass insgesamt die Voraussetzungen für die Anordnung einer Geschwindigkeitsbeschränkung nicht vorliegen. Frage 3. Wenn ja, wäre nach der Verschiebung die Einrichtung eines Fußgängerüberwegs zwischen beiden Fahrradwegen möglich? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. Frage 4. Aus welchen Gründen kann eine fest installierte Geschwindigkeitsmessanlage im Ortseingangsbe- reich nicht genehmigt werden? Der Einsatz von Geschwindigkeitsmessanlagen durch Polizeibehörden und Ordnungsbehörden ist im Erlass "Verkehrsüberwachung durch örtliche Ordnungsbehörden und Polizeibehörden" vom 5. Februar 2015 (Staatsanzeiger 9/2015 vom 23.2.2015, Seiten 182 ff) geregelt. In der Nr. 4.1. ist neben der Darstellung priorisierter Kriterien zur Auswahl von Messstellen geregelt, dass vor der Einrichtung von Messstellen für den Betrieb ortsfester Geschwindigkeitsmessanlagen die Polizeiakademie Hessen (HPA) anzuhören ist. Diese beteiligt die örtlich zuständige Polizeibehörde. Die Einrichtung einer solchen Messstelle ist ohne Anhörung der HPA unzulässig . Die Gemeinde Niederbrechen hatte mit Schreiben vom 09.12.2013 die Installation einer stationären Geschwindigkeitsmessanlage im innerörtlichen Bereich, d.h. nach der Ortstafel und damit nicht an der Stelle, die Gegenstand der vorliegenden Kleinen Anfrage ist, beantragt. An diesem beantragten Messort ist die Straße breit ausgebaut und es besteht nur einseitige Bebauung. Vom Einmündungsbereich der Gemeindestraße "In der Schlei" ist die B8 in beide Richtungen sehr gut einsehbar. Es bestehen keine besonderen Gefahren beim Einbiegen. Fußgänger müssen die B8 in diesem Bereich nicht queren, da auf der gegenüberliegenden Seite weder eine Bebauung noch andere Einrichtungen und auch kein Gehweg vorhanden sind. Da hier weder eine Unfallhäufungsstelle noch eine besonders schützwürdige Örtlichkeit noch eine schutzwürdige Zone im Sinne des Verkehrsüberwachungserlasses vorliegt, konnte die Installation einer stationären Geschwindigkeitsmessanlage an der beantragten Örtlichkeit aus verkehrspolizeilicher Sicht nicht befürwortet werden. Die Polizeiakademie hat in diesem Sinne eine Stellungnahme abgegeben. Sofern die Stadt Niederbrechen plant, eine Geschwindigkeitsmessanlage vor der Ortstafel einzurichten , bedarf es einer gesonderten Stellungnahme der Polizeiakademie Hessen. Frage 5. Aus welchen Gründen konnte die fest installierte Geschwindigkeitsmessanlage in Bad Camberg- Oberselters genehmigt werden? Die Installation der stationären Geschwindigkeitsmessanlage in der Ortsdurchfahrt von Oberselters wurde von der Stadt Bad Camberg beantragt. Die Örtlichkeit liegt innerhalb der geschlossenen Ortschaft, macht aufgrund der spärlichen Bebauung jedoch den Eindruck eines außerörtlichen Bereichs. Demzufolge wird die durch die Ortstafel angeordnete zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h von einer Vielzahl der Kraftfahrer missachtet. Im Rahmen einer verdeckt durchgeführten Geschwindigkeitsmessung im Juli 2012 wurde festgestellt, dass bei einer Verkehrsbelastung von 10.000 Kfz/24h die Überschreitungsquote zwischen 15 % und 23 % und die Höchstgeschwindigkeiten bei über 100 km/h lagen. In der Ortsdurchfahrt befindet sich ein Kreuzungsbereich mit Einmündung in den Ortskern bzw. in ein Wohngebiet. Aufgrund der teilweise kurvigen Ortsdurchfahrt ist die B8 für den einfahrenden Verkehr teilweise schwer ein- Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1810 3 sehbar. Dies gilt auch für das Einbiegen der Anwohner der an der Ortsdurchfahrt gelegenen Wohnhäuser. Zudem besteht in der Ortsdurchfahrt Fußgänger-Querverkehr, unter anderem zu im Nahbereich liegenden Bushaltestellen. Hierfür wurde auf der Bundesstraße eine Verkehrsinsel mit Querungshilfe installiert. Obwohl hier keine Unfallhäufungsstelle vorliegt, ist die Örtlichkeit wegen der Querungshilfe, dem Kreuzungsbereich und der nahe gelegenen Bushaltestellen als besonders schutzwürdige Örtlichkeit im Sinne des vorgenannten Verkehrsüberwachungserlasses zu definieren. Aus diesem Grund wurde die Installation der stationären Geschwindigkeitsmessanlage aus verkehrspolizeilicher Sicht befürwortet. Frage 6. Welche Möglichkeit sieht die Landesregierung, den Radweg 8 für Fußgänger und Radfahrer von Seiten der Ortslage bzw. dem Radweg entlang der B78 sicherer zugänglich zu machen? Aus Sicht des Straßenbaulastträgers besteht keine Notwendigkeit für eine Änderung. Der Radweg R8 verläuft südlich der B8. Es gibt innerhalb der Ortsdurchfahrt von Niederbrechen die Möglichkeit, auf den R8 zu gelangen. Die Gemeinde Niederbrechen hatte vor Jahren den Bau einer Mittelinsel im Vorfeld des Ortseingangs in Richtung Talaue geplant, um so eine weitere Querungsmöglichkeit zum Radweg R8 zu schaffen. Wegen der hohen Kosten sind die Planungen durch einen Beschluss des Gemeindevorstandes bis auf Weiteres zurückgestellt worden. Frage 7. Kann die Ampelanlage im Kreuzungsbereich von B8 und Villmarer Straße ohne Dauerblinken in Nachtzeiten abgestellt werden, um Lärm durch abbremsen und anfahren zu minimieren? Die Lichtsignalanlage ist, insbesondere wegen der Problematik mit den Schleppkurven von abund einbiegenden Lkw im Knotenbereich der B8/L 3022 und der dadurch entstehenden Gefährdung von Fußgängern bei Überfahrung des Gehwegs, durchgängig in Betrieb. Grundsätzlich sollen Lichtsignalanlagen aus Gründen der Verkehrssicherheit auch durchgängig in Betrieb bleiben . Wegen der besonderen Situation im Knotenbereich B8/L 3022 käme allenfalls ein Abschalten der Ampelanlage unter Anwendung eines ständigen Gelbblinkens für die Nebenrichtung in Betracht. Diese Lösung bedarf aber noch einer näheren Untersuchung durch die zuständige Straßenverkehrsbehörde, in diesem Fall durch den Landrat des Landkreises Limburg-Weilburg. Wiesbaden, 6. Mai 2015 In Vertretung: Mathias Samson