Kleine Anfrage der Abg. Hofmann (SPD) vom 14.04.2015 betreffend elektronischer Rechtsverkehr in Hessen und Antwort der Ministerin der Justiz Vorbemerkung der Fragestellerin: Die Deutsche Justizgewerkschaft hat die Justizministerin bereits im November 2014 mit konkreten Fragen zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs angeschrieben, deren Beantwortung noch aussteht. Demnach liegen der Gewerkschaft Informationen über eine Kosteneinschätzung eines von der Justizministerkonferenz beauftragten Unternehmens vor, dass den Gesamtinvestitionsbedarf mit rund 330 Mio. € und eine Erhöhung der laufenden Kosten mit bundesweit rund 7 Mio. € im Jahr beziffert. Vorbemerkung der Ministerin der Justiz: Das in der Vorbemerkung der Fragestellerin erwähnte Schreiben der Deutschen Justizgewerkschaft ist nach Auskunft der für die Beantwortung zuständigen Fachabteilung des Hessischen Ministeriums der Justiz dort erst aufgrund eines Erinnerungsschreibens vom 9. März 2015 bekannt geworden und wurde sodann mit Schreiben des Hessischen Ministeriums der Justiz vom 23. März 2015 beantwortet sowie auf postalischem Weg übersandt. Insoweit ist eine Beantwortung noch vor der vom 14. April 2015 datierenden Kleinen Anfrage der Fragestellerin erfolgt. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wieso wurde das Schreiben der Deutschen Justizgewerkschaft noch nicht beantwortet? Das Schreiben der Deutschen Justizgewerkschaft wurde mit Schreiben des Hessischen Ministeriums der Justiz vom 23. März 2015 beantwortet und auf postalischem Weg übersandt. Auf die Vorbemerkung der Ministerin der Justiz wird ergänzend Bezug genommen. Frage 2. Ist eine auf Hessen bezogene Wirtschaftlichkeitsbetrachtung auf der Basis einer Grobkalkulation des Investitionsbedarfs für die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte durchgeführt worden? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Zur Schätzung der auf Bund und Länder zukommenden Kosten für die Umsetzung des E-Justice-Gesetzes haben diese nach Verkündung des E-Justice-Gesetzes im Oktober 2013 aufgrund einer Initiative der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister eine "Grobkalkulation des Investitionsbedarfs" auf der Grundlage marktgängiger Preise beauftragt, die zum Inhalt hatte, die zusätzlichen, einmaligen und laufenden Ausgaben für eine flächendeckende Ertüchtigung der Gerichte und Staatsanwaltschaften für den elektronischen Rechtsverkehr und die elektronische Akte in der gesamten Bundesrepublik abzuschätzen. Mit diesem Gutachten als Grundlage wurde aufgrund einer Vereinbarung aus den sogenannten Chefgesprächen zum Jahreswechsel in einer Arbeitsgruppe gemeinsam mit Vertretern des Hessischen Ministeriums der Finanzen die Wirtschaftlichkeit der Umsetzung betrachtet. Dabei ist man gemeinsam zu einem Ergebnis gekommen, das die Justiz in der Haushaltsausführung für 2015 - aber im Vorgriff auch schon für die Haushaltsverhandlungen 2016 - weiterbringen wird. So ist in den Verhandlungen für den Haushalt 2015 ein Betrag in Höhe von 5 Mio. € für die an- Eingegangen am 27. Mai 2015 · Ausgegeben am 1. Juni 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/1815 27. 05. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1815 stehenden Entwicklungen zur Umsetzung des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten (sog. E-Justice-Gesetz) sowie für die IT-Infrastruktur und Datenbankgrundbuch vorgesehen worden. Parallel dazu wurde ein Umsetzungskonzept erarbeitet. Nach diesem sind für die Durchführung des Projekts Ausgaben von ca. 37 Mio. € verteilt auf die Haushaltsjahre 2015 bis 2020 notwendig , ohne dass in diesem Zeitraum nennenswerte Einsparungen angeboten werden können. Nach Einführung der Systeme sind jährliche Betriebskosten von ca. 4,4 Mio. € ab 2020 zu erwarten . In den Betrachtungen zur Wirtschaftlichkeit können im Bereich der haushaltsmäßigen Entlastungen nur überschlägige Betrachtungen angestellt werden, die nach Konzeption der technischen Systeme im Rahmen einer Organisationsuntersuchung evaluiert werden müssen. Die Annahmen fußen auf der künftig elektronischen Verarbeitung der ein- und ausgehenden Schriftstücke und führen zu dem Schluss, dass nach vollständiger Einführung Einsparungen erzielt werden können , die das Projekt wirtschaftlich erscheinen lassen. Im Sachmittelbereich könnten nach ersten Schätzungen vor allem erhebliche Kosten für Porto und Arbeitsmittel eingespart werden. Die automatisierte Verarbeitung der Schriftstücke wird darüber hinaus voraussichtlich auch im Personalbereich im mittleren Dienst Arbeitskraftanteile freisetzen und damit einen Beitrag zur Entlastung einer stark belasteten Bedienstetengruppe leisten. Näheres bleibt den Organisationsuntersuchungen vorbehalten. Frage 3. Wie hoch ist der Personalbedarf für Pilotierungen und woraus wird er gedeckt? Eine Pilotierung der Elektronischen Akte wird für einen kurzen Übergangszeitraum eine Mehrbelastung des betroffenen Personals verursachen, weil neben der Papierakte auch die pilotierte elektronische Zweitakte geführt werden muss. Aus diesem Grund soll der Zeitraum der Pilotierung so kurz wie möglich gehalten werden. Die konkreten Planungen der Pilotphasen sind noch nicht abgeschlossen, so dass ein Personalbedarf noch nicht ermittelt ist. Zur Unterstützung der Pilotierungs- und Einführungsprojekte ist die IT-Stelle der hessischen Justiz bereits im Haushalt 2015 um 15 Stellen verstärkt worden. Zudem werden auf Initiative der Bund-Länder-Kommission für Informationstechnik in der Justiz derzeit in einer länderübergreifenden Arbeitsgruppe die Personalmehrbedarfe für die Umsetzung überschlägig ermittelt, was bei zukünftigen Bedarfsanmeldungen gegebenenfalls noch berücksichtigt werden muss. Frage 4. Wie verändert sich der Personalbedarf innerhalb der hessischen Justiz nach vollständiger Umset- zung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte? Die organisatorischen Auswirkungen der Einführung der Elektronischen Akte sind noch in Prüfung . Unter Leitung der IT-Stelle der hessischen Justiz wurde eine hessische Arbeitsgruppe der Organisationsreferenten des Geschäftsbereiches eingesetzt, welche sich mit den Konsequenzen der Elektronischen Akte für die Geschäftsprozesse auseinandersetzt. Ein Ergebnis wird erst nach ersten Pilotierungsprojekten zu erzielen sein. Frage 5. Wie wirkt sich die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte auf den Haushalt in den kommenden Jahren aus? Zur Beantwortung wird auf die Antwort zur Frage 2 verwiesen. Im Übrigen wird zu berücksichtigen sein, dass weitere Kosten für etwaig notwendige Baumaßnahmen entstehen können. Eine zuverlässige Schätzung dieser Baukosten lässt sich erst nach Begehung aller Gebäude vornehmen. Insofern werden die Gesamtkosten voraussichtlich noch einer Veränderung unterliegen. Wiesbaden, 13. Mai 2015 Eva Kühne-Hörmann