Kleine Anfrage der Abg. Degen und Roth (SPD) vom 24.04.2015 betreffend leichte Sprache und Antwort des Ministers für Soziales und Integration Vorbemerkung der Fragesteller: Häufig sind Texte zu schwer und die Sätze sind zu lang. Oft können Menschen mit Behinderung schwere Sätze nicht lesen. Sie dürfen aber nicht benachteiligt werden. Sie haben die gleichen Rechte wie nicht behinderte Menschen. Deshalb ist leichte Sprache wichtig. Mit leichter Sprache können viele Menschen in der Gesellschaft und Politik mitmachen. Leichte Sprache können fast alle verstehen. Vorbemerkung des Ministers für Soziales und Integration: Gemäß Art. 9 - Zugänglichkeit - der UN-Behindertenrechtskonvention treffen die Vertragsstaaten geeignete Maßnahmen mit dem Ziel, für Menschen mit Behinderungen den gleichberechtigten Zugang auch zu Informationen und zur Kommunikation zu schaffen. Menschen mit Behinderungen müssen sich folglich auch über ihre Rechte und Beteiligungsmöglichkeiten eigenständig informieren können. Gerade die juristische und amtliche Sprache stellen für viele Menschen eine Barriere dar und hindern sie daran, sich entsprechend dieser Zielsetzung zu informieren und zu beteiligen. Die Landesregierung ist sich ihrer diesbezüglichen Verantwortung bewusst und hat dies unter anderem im Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), der im Juli 2012 durch das Kabinett in Kraft gesetzt wurde, zum Ausdruck gebracht. Der Hessische Aktionsplan enthält Ziele und Maßnahmen zum Zugang zu barrierefreier Information und Kommunikation. Er wurde überdies in leichter Sprache veröffentlicht. Bereits seit dem Inkrafttreten des Hessischen Behindertengleichstellungsgesetzes (HessBGG) im Jahre 2004 hat die Landesregierung sich der Aufgabe gestellt, die Herstellung der Verständlichkeit von Informationen für alle Menschen sicherzustellen. Der Anwendungsbereich des HessBGG umfasst grundsätzlich alle Gruppen von Menschen mit Behinderungen und damit ausdrücklich auch Menschen mit kognitiven Einschränkungen. Darunter sind Menschen mit Lernschwierigkeiten ebenso zu verstehen wie Menschen mit einer geistigen Behinderung. Im Rahmen der Umsetzung des Hessischen Aktionsplanes UN-BRK fördert die Landesregierung Modellregionen, die sich besonderen Schwerpunkten der Herstellung von Barrierefreiheit widmen und deren Umsetzung beispielhaft erproben. Die Region Wiesbaden hat sich unter dem Arbeitstitel "Barrierefreie Verwaltung - Barrierefreie Bescheide" mit der Barrierefreiheit im Verwaltungsverfahren befasst; in diesem Zusammenhang auch mit Dokumenten in leichter Sprache. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wo wird in Veröffentlichungen der Landesregierung leichte Sprache verwendet? Die Landesregierung verwendet die leichte Sprache bei der Herausgabe von schriftlichen Informationen , z.B. in Broschüren und Internetveröffentlichungen. Alle Seiten des Internetauftrittes der Landesregierung enthalten Informationen zur Navigation in leichter Sprache und Gebärdensprache. Dies dient auch der Umsetzung der Hessischen Verordnung über barrierefreie Informationstechnik- (HVBIT), die seit dem Jahr 2012 erstmals Verpflichtungen der Landesbehörden zur Bereitstellung von Informationen in leichter Sprache in ihren Webauftritten enthält. Die Landesregierung hat beispielsweise zur Hessischen Landtagswahl 2013 eine Wahlbroschüre in leichter Sprache herausgegeben. Hierbei wurde bewusst nach einer Bebilderung zur Unterstützung des Textverständnisses gesucht, die auf die bekannten, oftmals kindhaft wirkenden Eingegangen am 3. Juni 2015 · Ausgegeben am 10. Juni 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/1892 03. 06. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1892 Zeichnungen, verzichtet. Diese neue Herangehensweise wurde in einer dazu durchgeführten Befragung bei den Nutzerinnen und Nutzern sehr positiv bewertet. Ebenso ergab die Befragung, dass der Nutzerkreis weit über die eigentliche Zielgruppe hinausgeht. Leichte Sprache ermöglicht einer besonders großen Gruppe von Menschen den Zugang zu Informationen, wie Lernbehinderten , Hörgeschädigten, aber auch funktionalen Analphabetinnen/Analphabeten, Migrantinnen /Migranten, Touristinnen/Touristen oder Nutzerinnen/Nutzern, die sich aus dem Ausland auf deutschsprachigen Seiten informieren möchten, sowie Menschen mit wenig Leseerfahrung. Die Veröffentlichungen in leichter Sprache sind auf der Internetseite des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration sowie der Internetseite www.brk.hessen.de zu entnehmen. Ebenso können dort einzelne Inhalte in Gebärdensprache oder leichter Sprache aufgerufen werden . Frage 2. Welche Gesetze gibt es in leichter Sprache? Wie bereits ausgeführt hat sich die Landesregierung schon seit vielen Jahren der Aufgabe angenommen , Informationen verständlich für alle Bürgergruppen herauszugeben. Seinen Ausdruck hat dies unter anderem darin gefunden, dass teilweise Informationen zu Gesetzen und Verordnungen mit einem besonderen Bezug zu Menschen mit Behinderungen wie z.B. das HessBGG und die dazu ergangene Verordnung sowie die HVBIT und das Hessische Gesetz über Betreuungsleistungen und Pflegeleistungen (HBPG) in leichter Sprache veröffentlicht wurden. Darüber hinaus werden auch Informationen im Internet sowie in Broschüren in leichter Sprache herausgegeben . Frage 3. Prüfen Menschen mit Lernschwierigkeiten die Texte? Alle Veröffentlichungen der Landesregierung, die mit dem Logo der leichten Sprache versehen sind, wurden auch von Menschen mit Lernschwierigkeiten geprüft. Frage 4. Wo kann die Landesregierung leichte Sprache noch nutzen? Die Landesregierung kann die leichte Sprache auf allen Ebenen nutzen, in denen Barrieren abzubauen sind, um Bürgerinnen/Bürgern die selbstständige Teilhabe am öffentlichen Leben und der Politik zu ermöglichen. Auf der Basis der Erfahrungen aus den Modellregionen werden übertragbare Ergebnisse in die Arbeit der Landesverwaltung einfließen. Dabei geht es sowohl um die Anforderungen an barrierefreie Bescheide und Informationen als auch um die Bedarfsermittlung sowie den Umgang mit Menschen mit Behinderungen im persönlichen Kontakt. Nach dem derzeitigen Stand können Texte mit rechtlichem Inhalt in leichter Sprache der Information und Erläuterung des Inhaltes dienen, sind jedoch nicht justiziabel. Die Empfehlung aus dem Zwischenergebnis des Projektes, dem originalen justiziablen Bescheid eine Übersetzung in leichter Sprache beizufügen, wird sicher auch nach Vorlage der abschließenden Ergebnisse bei der Gestaltung der schriftlichen Bescheide des Landes eine Rolle spielen, sofern es für den Adressatenkreis erforderlich ist. So wird es für den Adressaten möglich sein, den Inhalt zu verstehen, gleichzeitig aber einen Bescheid zu erhalten, der den rechtlichen Anforderungen entspricht. Frage 5. Beabsichtigt die Landesregierung, künftig leichte Sprache stärker in ihren Veröffentlichungen zu benutzen? Zu den bereits benannten Veröffentlichungen hat das Hessische Ministerium für Soziales und Integration bereits drei weitere Broschüren in leichte Sprache übertragen. Es handelt sich hierbei um Informationsbroschüren zum Arbeitsschutz, zum Bildungsurlaubsgesetz und zur Familienkarte . Diese werden unter Verwendung einer im Ministerium einheitlich entwickelten Form der Bebilderung zeitnah veröffentlicht. Die Übertragung weiterer Informationsbroschüren im Hessischen Ministerium für Soziales und Integration ist in Planung. Die Thematik wird auch Gegenstand der Beratungen in der interministeriellen Arbeitsgruppe aller Ressorts sein, die unter der Federführung des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration die Umsetzung des Hessischen Aktionsplans UN-BRK durchführt. Wiesbaden, 18. Mai 2015 Stefan Grüttner