Kleine Anfrage der Abg. Dr. Sommer (SPD) vom 30.04.2015 betreffend Gütesiegel "Familienfreundlicher Arbeitgeber Land Hessen" und Antwort des Ministers des Innern und für Sport Vorbemerkung der Fragestellerin: Hessens Innenminister Beuth hat am 23. April 2015 zum ersten Mal das Gütesiegel "Familienfreundlicher Arbeitgeber" des Landes Hessen an Landesdienststellen überreicht. Unter anderem wurden der Landtag sowie die in Wiesbaden angesiedelten Ministerien zertifiziert. Dieser Vorbemerkung der Fragestellerin vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Welche Landesstellen wurden auf welcher Grundlage zertifiziert (Bitte die Kriterien zur Ver- gabe und die Zertifikats-Träger auflisten)? Grundlage für jede Zertifizierung ist eine Bewerbung der Dienststelle/Hochschule. Um das Gütesiegel zu erhalten, verpflichtet sich die Bewerberdienststelle in einer Zielvereinbarung mit dem Hessischen Ministerium des Innern und für Sport (HMdIS) mindestens fünf Ziele in den vier vorgegebenen Themenbereichen "Führung und Arbeitsorganisation", "Arbeitszeit und Arbeitsort", "Information und Kommunikation" und "Angebote für Beschäftigte" im Verleihungszeitraum zu bearbeiten. Alle ausgezeichneten Dienststellen haben diese Voraussetzung erfüllt . Inhaltliche Kriterien/Standards werden dagegen nicht vorgegeben. Vielmehr werden gemeinsam mit den Vertretern der Dienststellen/Hochschulen in einem Workshop passgenaue Lösungen entwickelt und in der Zielvereinbarung festgelegt. Bei den Hochschulen schließt ein zweiter Workshop unter Einbeziehung der Studierenden mit den Themenbereichen "Studienkultur", "Studien- und Prüfungsorganisation" und "Angebote für Studierende" an. Folgende Landesdienststellen haben das Gütesiegel erhalten: Nr. Dienststelle/Hochschule Gütesiegel Familienfreundlicher Arbeitgeber 1 Hessischer Landtag 2 Staatskanzlei 3 Hessisches Ministerium des Innern und für Sport 4 Hessisches Ministerium der Finanzen 5 Hessisches Ministerium der Justiz 6 Hessisches Kultusministerium 7 Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung 8 Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Eingegangen am 15. Juni 2015 · Ausgegeben am 23. Juni 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/1926 15. 06. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1926 9 Hessisches Ministerium für Soziales und Integration 10 Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Kunst 11 Hessischer Verwaltungsgerichtshof 12 Hessisches Finanzgericht 13 Regierungspräsidium Gießen 14 Hessisches Landesamt für Umwelt und Geologie 15 Hessisches Landesamt für Verfassungsschutz 16 Hessisches Landeskriminalamt 17 Hessisches Bereitschaftspolizeipräsidium 18 Hessische Hochschule für Polizei und Verwaltung 19 Polizeiakademie Hessen 20 Hessische Lehrkräfteakademie Studienseminar für Gymnasien in Wiesbaden 21 Finanzamt Wiesbaden I 22 Finanzamt Wiesbaden II 23 Verwaltungsgericht Wiesbaden 24 Amtsgericht Wiesbaden 25 Hessische Lehrkräfteakademie Prüfungsstelle Gießen 26 Finanzamt Gießen 27 Polizeipräsidium Mittelhessen 28 Hessisches Amt für Versorgung und Soziales Gießen 29 Hessische Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge 30 Amtsgericht Gießen 31 Landgericht Gießen 32 Verwaltungsgericht Gießen 33 Hessische Lehrkräfteakademie Studienseminar für berufliche Schulen Kassel 34 HBM Regionalniederlassung Nord - Standort Kassel 35 Finanzamt Kassel I 36 Hessische Landesfeuerwehrschule 37 Polizeipräsidium Nordhessen 38 Staatstheater Kassel 39 Finanzamt Kassel II-Hofgeismar 40 Hochschule Geisenheim Gütesiegel Familienfreundliche Hochschule 41 Philipps-Universität Marburg 42 Hochschule Darmstadt Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1926 3 Frage 2. Welche besonderen Angebote halten die zertifizierten Landesdienststellen als familienfreundlicher Arbeitgeber vor (bitte für jede zertifizierte Dienststelle auflisten)? Die zertifizierten Dienststellen haben keinen Katalog von Maßnahmen abzuarbeiten. Als Anlage ist eine Übersicht der Anzahl von Zielen und Aktivitäten in den einzelnen Themenbereichen der Dienststellen beigefügt, die aufzeigt, wo individuelle Schwerpunkte gesetzt wurden. Im Themenbereich "Führung und Arbeitsorganisation" haben alle Dienststellen die Fragen der Vereinbarkeit als Führungsaufgabe definiert. Alle haben einen Ansprechpartner für Fragen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf eingerichtet und vernetzen sich regional untereinander, um gemeinsam Lösungen in verschiedenen Themen zu entwickeln. Im Themenbereich "Arbeitszeit und Arbeitsort" prüfen alle Dienststellen je nach Möglichkeit der zu erfüllenden Aufgaben die Flexibilisierung von Arbeitszeiten und eine Ausweitung von Telearbeit und mobilem Arbeiten. Die strukturierte Bereitstellung von Informationen zu Vereinbarkeitsthemen ist im Themenbereich "Information und Kommunikation" das Hauptanliegen aller Teilnehmer. Im Übrigen beabsichtigen die Dienststellen/Hochschulen insbesondere im Rahmen der neuen regionalen Kooperationen ihren Beschäftigten im Themenbereich "Angebote für Beschäftigte" Kinderbetreuung, Notfall- und Ferienbetreuung, Pflegeinformationsreihen, haushaltsentlastende Dienste oder Gesundheitsangebote einzuräumen. Frage 3. a) Welche allgemein verbindlichen Standards sollen von wem (mit welcher Expertise) entwi- ckelt werden? Allgemein verbindlich haben sich alle Dienststellen festgelegt, die Bearbeitung des Themas in ihren Häusern im Geschäftsverteilungsplan einer Organisationseinheit zuzuweisen und sich in den durch das HMdIS installierten ressortübergreifenden Kooperationen zu vernetzen, um Synergieeffekte zu nutzen. Hierzu wird das jeweilige Fachwissen der Dienststellen und die Expertise des HMdIS genutzt. Die zukünftig geltenden verbindlichen Standards in den Dienststellen /Hochschulen sind -bedingt durch die Heterogenität der Verwaltung- individuell festgelegt. Es werden dort nunmehr Prozesse für die verschiedensten Bereiche der Vereinbarkeit, z.B. die transparente Vergabe von Telearbeitsplätzen oder die regelmäßige Aufnahme der Fragen der Vereinbarkeit auf Führungsbesprechungen erarbeitet. Entscheidungen zu Vereinbarkeitsfragen werden von Einzelfallentscheidungen der Dienststellenleitungen hin zu prozessorientierten Entscheidungen entwickelt. Frage 3. a) Wie sollen diese dann in der Praxis in den zertifizierten Einrichtungen umgesetzt und Ein- gang in die Unternehmenskultur und -struktur finden? Die Umsetzung in den Dienststellen/Hochschulen erfolgt durch einen selbst festgelegten Zeitplan , dessen Fortschritt durch Zwischen- und Abschlussberichte, die dem HMdIS vorzulegen sind, kommuniziert wird. Der Einzug in die Unternehmenskultur und der erwünschte Kulturwandel hin zu einer stärkeren Familienfreundlichkeit wird durch flankierende Maßnahmen der Dienststellenleitungen (z.B. klare Statements, regelmäßige Tagesordnungspunkte auf Besprechungen , Mitarbeiterbefragungen) angestoßen und zukünftig als Dauerführungsaufgabe gesehen. Durch Festlegen eines Ansprechpartners für Vereinbarkeit in den Dienststellen/Hochschulen wird die Vereinbarkeit von Familie und Beruf strukturell implementiert. Frage 4. Wie viele der neu zertifizierten Landesdienststellen sind gleichzeitig durch das Audit berufund- familie gGmbH zertifiziert? Da die Zertifizierung durch das Audit berufundfamilie bei den teilnehmenden Dienststellen /Hochschulen vor der Auszeichnung mit dem Gütesiegel abgelaufen ist (der Zeitpunkt variiert je nach Auditierungszeitraum, bei den Ministerien und der Staatskanzlei zum 31. März 2015), ist keine Dienststelle gleichzeitig mit dem Audit berufundfamilie und dem Gütesiegel zertifiziert. Frage 5. Wie viele der neu zertifizierten Landesdienststellen werden beide Zertifikate dauerhaft tragen? Da alle zertifizierten Landesdienststellen keine Neu-Auditierung durch die Hertie-Stiftung angestrebt haben, keine. 4 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1926 Frage 6. a) Welche Ergebnisse oder Grundlagen des Audits berufundfamilie werden durch das neue Gütesiegel zugrunde gelegt und genutzt? Die im Rahmen der Auditierung durch die Hertie-Stiftung gemachten Erfahrungen der bereits auditierten Dienststellen sind bereits bei der Entwicklung des Gütesiegels zugrunde gelegt bzw. berücksichtigt worden. Darüber hinaus werden durch das neue Gütesiegel keine Ergebnisse oder Grundlagen des Audits berufundfamilie genutzt, da in jeder Dienststelle eigene -den jeweiligen Bedürfnissen der Dienststelle entsprechende- Aktivitäten und Ziele festgelegt werden. Zudem werden die Besonderheiten des öffentlichen Dienstes gegenüber Unternehmen der freien Wirtschaft im Gütesiegel aufgegriffen, dieser Wunsch ist von den durch die Hertie-Stiftung auditierten Dienststellen immer wieder vorgetragen worden, da das auf die Wirtschaft ausgelegte Auditierungsverfahren für den öffentlichen Dienst als nicht passend erachtet wurde. Frage 6. b) Gibt es inhaltliche Überschneidungen? Wenn ja, welche und in welchen Bereichen sind die Unterschiede beider Zertifikate deutlich zu erkennen? Inhaltliche Überschneidungen gibt es in den Themenbereichen, die identisch sind mit denen aller Unternehmen, z.B. die Frage der Wertschätzung von Familienpflichten, den Angeboten für Beschäftigte oder der Bereitstellung von Informationen. Einer der großen Unterschiede zwischen den beiden Zertifikaten ist dagegen die Kostenfreiheit des Gütesiegels für die Landesdienststellen im Vergleich zum Audit berufundfamilie sowie ein deutlich schlankeres Berichtswesen. Im Unterschied zum Audit berufundfamilie hat das Gütesiegel als ein Instrument des HMdIS zudem auch eine starke Bindungswirkung. Die Kenntnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gütesiegel-Team über die Landesverwaltung und deren Besonderheiten im Gegensatz zur freien Wirtschaft ermöglichen eine deutlich fundiertere Beratung in den Fragen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Frage 7. Ist es abzusehen, dass sich zertifizierte Landesdienststellen, die beide Zertifikate tragen, sich bei der berufundfamilie gGmbH nicht mehr rezertifizieren lassen? Wenn ja, warum nicht? Da keine Landesdienststellen beide Zertifikate tragen, erübrigt sich eine Beantwortung dieser Frage. Frage 8. Wer soll als externer und zugleich neutraler und unbefangener Gutachter für das landeseigene Gütesiegel fungieren? Ein externer Gutachter ist nicht vorgesehen. Frage 9. Soll die Expertise der berufundfamilie gGmbH diesbezüglich weiterhin genutzt werden? Wenn nein, warum nicht? Die Expertise der berufundfamilie gGmbH soll nicht weiterhin genutzt werden, da die Zertifizierung durch das Gütesiegel einen eigenen Prozess abbildet für den weitere externe Begleitung nicht notwendig ist. Das Controlling wird durch das Gütesiegel-Büro im HMdIS durchgeführt. Der wegfallende Aspekt der Vernetzungstreffen auditierter Unternehmen wird durch die Kooperationstreffen der Dienststellen ersetzt und intensiviert. Darüber hinaus sind alle GütesiegelDienststellen auch im Netzwerk "Erfolgsfaktor Familie" vernetzt. Wiesbaden, 7. Juni 2015 Peter Beuth Anlage