Kleine Anfrage der Abg. Dr. Sommer (SPD) vom 30.04.2015 betreffend Informationen und Betreuung für Krebspatientinnen und -patienten und Antwort des Ministers für Soziales und Integration Vorbemerkung der Fragestellerin: Ein gutes Arzt-Patienten-Gespräch ist von entscheidender Bedeutung für den Erfolg der Behandlung. Es hilft, die richtige Diagnose zu stellen und die passende Therapie zu finden. Eine Krebserkrankung kann sowohl mit körperlichen als auch mit seelischen Folgen einhergehen. Ängste, Anspannung oder Niedergeschlagenheit sind Beispiel dieser Folgen. An Krebs erkrankte Menschen wünschen sich oftmals bessere Informations- und Beratungsmöglichkeiten vor, während und nach ihrer Behandlung . Diese Vorbemerkung der Fragestellerin vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Welche Informations- und Beratungsmöglichkeiten können Krebspatientinnen und -patienten und ihre Angehörigen in Hessen in Anspruch nehmen? (Bitte auch regionale Beratungs- und Informationsmöglichkeiten auflisten) Während der medizinischen Behandlung informieren und beraten Psychoonkologische Dienste und Sozialdienste der Akutkrankenhäuser und während der medizinischen Rehabilitation Rehabilitationskliniken die an Krebs Erkrankten. Außerhalb der medizinischen Behandlung und im gesamten Erkrankungsverlauf, d.h. vom Verdacht auf eine Krebserkrankung, über die Behandlungsphase, gegebenenfalls bis zum Tod und für Angehörige auch in der Trauerphase, informieren, beraten und betreuen ambulante Psychosoziale Krebsberatungsstellen Krebserkrankte und An- und Zugehörige bei psychischen und sozial (rechtlich)en Problemen und leiten zu weiteren lokalen und regionalen Versorgungsangeboten über. In Hessen gibt es derzeit sieben solcher ambulanten Krebsberatungsstellen: In Frankfurt, Bad Soden-Salmünster, Bad Wildungen, Marburg, Wiesbaden und Fulda sind es die Krebsberatungsstellen der Hessischen Krebsgesellschaft e.V. und in Darmstadt der Weiterleben e.V. Von diesen Krebsberatungsstellen werden zusätzlich an den folgenden Orten in Form von Außensprechstunden Informationen und Beratung bei psychischen und sozial(rechtlich)en Belastungen angeboten:  Hanau: Klinikum Hanau, St. Vinzenz - Krankenhaus,  Offenbach: Internistisch–onkologische Gemeinschaftspraxis Dres. Balló und Böck,  Schwalmstadt–Treysa: Treysa Haus für Gemeinschaftspflege,  Limburg: pro Familia Limburg,  Babenhausen: Beratungsladen,  Griesheim: Georg-August-Zinn Haus und  Groß-Umstadt: Diakonisches Werk. Zusätzlich haben in vielen hessischen Städten und Regionen verschiedene private und gemeinnützige Träger Krebsberatungsstellen, die psychologische und sozialrechtliche Beratungen anbieten . Dort erhalten krebserkrankte Menschen und ihre Angehörigen Informationen, weiterführende Adressen und Hilfe in allen Phasen ihrer Erkrankung. Eingegangen am 24. Juni 2015 · Ausgegeben am 26. Juni 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/1927 24. 06. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1927 Außerdem bietet die Hessische Krebsgesellschaft e.V. an vielen Standorten psychosoziale Beratung für Betroffene und ihre Familien an. Der Krebsinformationsdienst (kid) am Deutschen Krebsforschungszentrum (dkfz) bietet neben seinem eigenen kostenfreien Beratungstelefon (0800-420 30 40 oder unter krebsinformationsdienst @dkfz.de) für Fragen zur Erkrankung und Therapie/n unter der folgenden Webseite eine Suchmaschinen an, bei der sich Betroffene regionale Anlaufstellen für psychosoziale Beratungen und Informationen herausfiltern können: (https://www.krebsinformationsdienst.de/wegweiser/adressen/krebsberatungsstellen.php). Ebenfalls ein bundesweit verfügbares telefonisches Informations- und Beratungsangebot stellt die Deutsche Krebshilfe e.V. bereit: Infonetz Krebs unter 0800/80 70 88 77. Dieser Krebsinformationsdienst ist auch telefonisch unter 0800/420 30 40 oder unter krebsinformationsdienst @dkfz.de erreichbar. Ebenso bieten einige Krankenhäuser, ambulante Schwerpunktpraxen, Selbsthilfegruppen und Krankenkassen Informations- und Beratungsmöglichkeiten für Erkrankte und ihre Angehörigen an. Bundesweit wird zurzeit vom Bundesministerium für Gesundheit im Rahmen des Nationalen Krebsplans eine Bestandsanalyse und eine darauf folgende Bedarfsanalyse in Zusammenarbeit mit den Bundesländern angestrebt. (Nationaler Krebsplan: Ziel 9 - Psychoonkologische Versorgung : Alle Krebspatienten erhalten bei Bedarf eine angemessene psychoonkologische Versorgung ). Frage 2. Welche Präventionsansätze (Angebote und Aktionen zur Krebsprävention und Krebsfrüherken- nung) gibt es in Hessen? (Bitte auch regionale Präventionsangebote auflisten) Seit 2012 gibt es in Hessen die Kampagne "du bist kostbar - Hessen gegen Krebs", initiiert durch die Hessische Krebsgesellschaft e.V., die Stiftung Leben mit Krebs und dem Hessischen Ministerium für Soziales und Integration. Diese Initiative bündelt Präventionsprojekte zur Förderung der Teilnahme an Krebsfrüherkennungsmaßnahmen für Krebsarten, wie Brustkrebs, Darmkrebs und Hautkrebs. Bundesweit einzigartig jedoch ist der zusätzliche Fokus auf Maßnahmen zur Steigerung der Lebensqualität von an Krebs erkrankten Menschen. Hier werden Programme zur Steigerung der körperlichen Aktivität, Informationen zu einer gesunden, an die Krebserkrankung angepassten Ernährung sowie psychoonkologische Beratungen angeboten. Die "du-bist-kostbar" Krebsprogramme wurden und werden von zahlreichen Partnern unterstützt , wie zum Beispiel der Stiftung Leben mit Krebs, der Deutschen Krebsstiftung, der Hessischen Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitserziehung e.V., der DGE Sektion Hessen (Deutsche Gesellschaft für Ernährung), dem hessischen Landfrauenverband, dem Landessportbund Hessen und den Krankenkassen AOK, Barmer, TK, DAK und der Knappschaft Bahn-See, sowie der DRV Hessen. Weiterführende Informationen finden Sie auf den Internetseiten der Hessischen Krebsgesellschaft und www.du-bist-kostbar.de. Die "du-bist-kostbar" Kampagne wurde in diesem Jahr, finanziert durch die Deutsche Krebsgesellschaft , bundesweit getragen und bereits in acht weiteren Bundesländern implementiert. Im März fand dazu der erste "German Cancer Survivors Day" in Berlin statt. In diesem Jahr wurde im Rahmen der "du-bist-kostbar" Kampagne ein neues Projekt zur Gebärmutterhalskrebsprävention ins Leben gerufen. Das bundesweite Modellprojekt findet in Heppenheim statt. Die Projektpartner sind die Stiftung Lebensblicke, die Metropolregion Rhein Neckar , die Kassenärztliche Vereinigung Hessen, die Krebsgesellschaft, die Landesärztekammer Hessen, das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg, der Nobelpreisträger Prof. Harald zur Hausen und die BZgA (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung). Finanziert wird dieses Projekt durch eine Förderung des Bundesgesundheitsministeriums, der Deutschen Krebshilfe und der Deutschen Krebsstiftung. Frage 3. a) Wie beurteilt die Landesregierung den Vorschlag, für die Zeit vor der Behandlung psychoso- ziale Unterstützungsangebote und Beratungen (analog der in Reha-Einrichtungen und -maßnahmen stattfindenden Maßnahmen nach der Behandlung) anzubieten, um auf den Eingriff , Veränderungen und Krank-sowie Rehabilitationsmaßnahmen von Beginn an vorzubereiten ? b) Welche Programme in dieser Richtung sind der Landesregierung bekannt? Psychosoziale Unterstützungsangebote und Beratung vor Beginn der Behandlung werden als sehr sinnvoll beurteilt. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1927 3 Die genannten ambulanten Krebsberatungsstellen in Hessen bieten dies bereits an. Ihre Angebote an Informationen rund um die Erkrankung und psychosozialer Beratung stehen im gesamten Erkrankungsverlauf zur Verfügung, d.h. vom Verdacht auf eine Krebserkrankung, über die Zeit der Behandlung, Rehabilitation und Nachsorge, ggf. der beruflichen Wiedereinstieg und ggf. bis zum Tod und für Angehörige auch im Trauerprozess. Die Deutsche Krebsgesellschaft hat dazu eine "PräReha" Initiative in diesem Jahr ins Leben gerufen und erarbeitet an drei Standorten, einem in Schleswig-Holstein, in Baden Württemberg und einem in Wiesbaden, mit Klinken, onkologischen Praxen sowie den Krebsberatungsstellen, den Selbsthilfeorganisationen und den Reha-Einrichtungen ein maßgeschneidertes Angebot zur Vorbereitung der anstehenden Krebsbehandlung. Im Rahmen der Zusammenarbeit mit der Deutschen Krebsgesellschaft und dem Bundesgesundheitsministerium ist Hessen beteiligt an den Planungen. Frage 4. Sollen nach Ansicht der Landesregierung an Krebs erkrankte Menschen besser über medizinische Entscheidungsprozesse, die ihre Krankheit betreffen, informiert werden? Wenn ja, wie könnte sich die Landesregierung eine solche Informationsoffensive vorstellen? Wenn nein, warum nicht? An Krebs Erkrankte sollten umfassend über alle Aspekte des geplanten Behandlungswegs informiert und in die medizinischen Entscheidungsprozesse wann immer sinnvoll und machbar eingebunden werden. Da jede Krebserkrankung und der Kontext des einzelnen Menschen unterschiedlich sind, ist das persönliche Gespräch und der Austausch mit Ärztinnen und Ärzten, sowie weiteren Akteuren, die an der Therapie beteiligt sind, ein wichtiger Baustein in der Erkrankungs - und Behandlungsphase. Die Information muss auf das Individuum und die persönlichen Bedürfnisse abgestimmt sein. Eine allgemeine Informationsoffensive wie die "du-bist-kostbar" Kampagne dient dazu, darüber hinaus die Informationsangebote und Anlaufstellen bekannt zu machen, und darüber hinaus ganz allgemein die Erkrankung Krebs stärker in die Öffentlichkeit zu bringen und dem Einzelnen nicht nur die Information, sondern auch die Motivation zu geben , sich aktiv mit der Erkrankung auseinander zu setzen. Frage 5. Wie viele Termine zur ausführlichen Beratung von an Krebs erkrankten Menschen finden durch- schnittlich (vor dem Eingriff/während und nach der Behandlung) statt? Stationäre Versorgung: Die Anzahl der möglichen Betreuungskontakte in den Akutkrankenhäusern und den Rehakliniken hängt von den jeweiligen Angeboten vor Ort ab. Ambulante Versorgung: Die psychosozialen Krebsberatungsstellen der Hessischen Krebsgesellschaft e.V. arbeiten bedarfsorientiert, so dass in Abhängigkeit der individuellen Belastung der/des Ratsuchenden einmalige und Mehrfachberatung (kurz-, mittel- und auch langfristig) angeboten werden kann. Im Jahr 2014 waren dies gemäß Auskunft der hessischen Krebsgesellschaft im Durchschnitt 4,5 Beratungen pro Ratsuchender/em. Frage 6. Wie viele Arztmeinungen können sich Patientinnen und Patienten einholen und wie und von wel- chen Stellen werden sie dabei unterstützt? Betroffene haben verschiedene Optionen, sich eine zweite Meinung einzuholen. Es besteht die Möglichkeit, sich an die zertifizierten Zentren der Deutschen Krebsgesellschaft zu wenden, die große Erfahrung bei der Behandlung von Krebserkrankungen aufweisen. Ebenso kann die Kassenärztliche Vereinigung oder die Krankenkasse Auskunft geben. Die Kassen übernehmen in der Regel bei schwerwiegenden Behandlungsentscheidungen die Kosten für eine Zweitmeinung. Frage 7. Welche psychologische bzw. psychotherapeutische Unterstützung können Krebspatientinnen und -patienten vor, während und nach der Behandlung erhalten? Während der medizinischen Behandlung und der Rehabilitation bieten die Psychoonkologischen Dienste der Akutkrankenhäuser und der Rehabilitationskliniken psychologische Betreuung und psychotherapeutische Betreuung an. Im Rahmen der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) §116b SGB V können Kliniken onkologischen Patienten ambulante psychotherapeutische Betreuung bieten. Außerhalb der medizinischen Behandlung bieten die ambulanten Krebsberatungsstellen psychologische Betreuung an. 4 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1927 Psychotherapeutische Versorgung zu erhalten ist Krebserkrankten ebenfalls bei niedergelassenen Psychotherapeuten mit psychoonkologischer Zusatzqualifikation möglich. Frage 8. Wie bewerten die hessische Landesregierung sowie die Krankenkassen die in der Vorbemerkung skizzierte frühzeitige Betreuung und Beratung von Krebspatientinnen und -patienten? Frühzeitige Betreuung und Beratung von Krebspatientinnen und -patienten wird als sinnvoll und wichtig beurteilt, da sie neben der Information über den bevorstehenden Behandlungspfad, der besseren Vorbereitung dienen und dadurch präventiven Charakter haben. Physische, aber vor Allem auch psychische Folgeprobleme können dadurch verhindert oder reduziert werden und die Therapietreue verbessert werden, mit dem Ziel die Lebensqualität von Menschen, die mit einer Krebserkrankung leben, zu verbessern. Wiesbaden, 12. Juni 2015 Stefan Grüttner