Kleine Anfrage der Abg. Decker und Roth (SPD) vom 30.04.2015 betreffend Ein-Euro-Jobs für Flüchtlinge in Hessen und Antwort des Ministers für Soziales und Integration Die Kleine Anfrage beantworte ich wie folgt: Frage 1. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Flüchtlinge einen Ein-Euro-Job bekommen können? Arbeitsgelegenheiten ("Ein-Euro-Jobs") - für Flüchtlinge - sind sowohl im Asylbewerberleistungsgesetz als auch im SGB II gesetzlich vorgesehen. Nach § 5 Abs. 1 Asylbewerberleistungsgesetz sollen so weit wie möglich Arbeitsgelegenheiten bei staatlichen, kommunalen und gemeinnützigen Trägern zur Verfügung gestellt werden, sofern die zu leistende Arbeit sonst nicht, nicht in diesem Umfang oder nicht zu diesem Zeitpunkt verrichtet werden würde. Für jede zu leistende Stunde wird eine Aufwandsentschädigung von 1,05 € je Stunde ausgezahlt. Davon zu unterscheiden sind die Arbeitsgelegenheiten i.S.v. § 16 SGB II. Hiernach können Flüchtlinge, wenn sie erwerbsfähige Leistungsberechtigte sind und nicht unter den Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 SGB II fallen, zur Erhaltung oder Wiedererlangung ihrer Beschäftigungsfähigkeit , die für eine Eingliederung in Arbeit erforderlich ist, in Arbeitsgelegenheiten zugewiesen werden, wenn die darin verrichteten Arbeiten zusätzlich sind, im öffentlichen Interesse liegen und wettbewerbsneutral sind. Frage 2. In welchen Gebietskörperschaften in Hessen können Flüchtlinge Ein-Euro-Jobs bekommen und wie viele sind dies jeweils pro Gebietskörperschaft? Die hessischen Gebietskörperschaften werden zurzeit u.a. durch die Unterbringung von Flüchtlingen stark beansprucht. Um die Anzahl der Gebietskörperschaften mitteilen zu können, in denen Arbeitsgelegenheiten angeboten werden, einschließlich der Gesamtzahl der Arbeitsgelegenheiten pro Gebietskörperschaft, müsste eine Abfrage über die kommunalen Spitzenverbände veranlasst werden. Dies war aufgrund der Kürze der Zeit nicht möglich, sodass die Frage nicht abschließend beantwortet werden kann. Im Übrigen dürfte die Mehrzahl der Leistungsberechtigten unter das Asylbewerberleistungsgesetz fallen. Frage 3. Um welche Tätigkeiten handelt es sich bei Ein-Euro-Jobs für Flüchtlinge im Wesentlichen? Auch hinsichtlich der konkreten Tätigkeiten müsste eine Abfrage über die kommunalen Spitzenverbände veranlasst werden. Dies war aufgrund der Kürze der Zeit nicht möglich, siehe auch Antwort zu Frage 2. Frage 4. Wie beurteilt die Landesregierung Ein-Euro-Jobs für Flüchtlinge und plant sie, ggf. ein Landes- programm aufzulegen? Wenn ja, wie wird dies ausgestaltet sein? Wenn nein, warum nicht? Der Einsatz von Arbeitsgelegenheiten für Flüchtlinge liegt in der lokalen Verantwortung der handelnden Akteure (Kommunen, Arbeitsagenturen, Jobcenter). In welchem Umfang Arbeitsgelegenheiten zum Einsatz kommen, entscheidet nicht die Landesregierung. Dies liegt ebenfalls in der Verantwortung der lokalen Akteure. Auch ist eine Beteiligung von Dritten bei der inhaltlichen Festlegung und Vergabe von Arbeitsgelegenheiten gesetzlich nicht vorgesehen. Eingegangen am 11. Juni 2015 · Ausgegeben am 19. Juni 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/1930 11. 06. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/1930 Sofern Kommunen, Arbeitsagenturen oder Jobcenter von der Möglichkeit Gebrauch machen, Arbeitsgelegenheiten einzusetzen, müssen die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Arbeitsgelegenheiten i.S.d. § 16d SGB II (angeboten durch Arbeitsagenturen und Jobcenter) müssen beispielsweise wettbewerbsneutral sein und dürfen keine regulären Arbeitsverhältnisse ersetzen. Arbeitsgelegenheiten i.S.v. § 5 Asylbewerberleistungsgesetz (angeboten zum Beispiel durch Kommunen) müssen "zusätzlich" sein, d.h. die Träger sind verpflichtet, bei der Schaffung von Arbeitsgelegenheiten darauf zu achten, dass Leistungsberechtigte nicht zur Erledigung von Arbeiten herangezogen werden, die ansonsten von regulären Arbeitskräften erledigt werden. Dabei ist der Begriff der "Zusätzlichkeit" restriktiv auszulegen, um auch hier einen Verdrängungseffekt zu vermeiden. Der Bundesrechnungshof hat zum grundsätzlichen Einsatz von Arbeitsgelegenheiten schon mehrfach Stellung bezogen und insbesondere kritisiert, dass die gesetzlichen Fördervoraussetzungen bei einer erheblichen Anzahl von Arbeitsgelegenheiten nicht vorliegen und die Gefahr bestehe, dass sozialversicherungspflichtige Jobs verdrängt werden. Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund hat sich in dieser Hinsicht schon mehrfach geäußert. Die Landesregierung hält Arbeitsgelegenheiten für Flüchtlinge für ein grundsätzlich anerkennenswertes Förderinstrument zur Heranführung an bzw. Eingliederung in den Arbeitsmarkt, sieht aber ebenfalls die Gefahr von möglichen Wettbewerbsverzerrungen. Die Landesregierung plant kein Landesprogramm für Flüchtlinge zu "Ein-Euro-Jobs". Wiesbaden, 29. Mai 2015 Stefan Grüttner