Kleine Anfrage des Abg. Merz (SPD) vom 12.03.2014 betreffend Förderung von Gedenkstätten durch das Land Hessen und Antwort des Chefs der Staatskanzlei Vorbemerkung des Chefs der Staatskanzlei: Erinnerungskultur formt und gestaltet die Entwicklung historischen und politischen Bewusstseins . Gedenk- und Jahrestage sowie der Besuch von Orten der Erinnerung bieten die besondere Chance, Schülerinnen und Schülern die Bedeutung der Geschichte für ihr eigenes Leben und ihre eigene Zeit deutlich zu machen. In diesem Rahmen geht es gleichermaßen um die Vermittlung von Wissen, die Förderung von Empathie, die Entwicklung von Handlungs- und Urteilskompetenz und eines Wertefundaments im Zeichen von Freiheit, Selbstbestimmung und Demokratie . Vor allem brauchen Schülerinnen und Schüler die Zuversicht, dass es sich lohnt, aktiv und beharrlich für Freiheit, Selbstbestimmung und Demokratie einzutreten. Viele Schulen zeigten und zeigen immer wieder, dass und wie es gelingen kann, Gedenktage oder den Besuch von Erinnerungsorten, Gedenkstätten und Museen in ein langfristig wirkendes pädagogisches Konzept historisch-politischer Bildung zu integrieren. Ferner befindet sich aktuell eine KMK-Empfehlung zur Bedeutung der Erinnerungskultur im Unterricht in Arbeit. Diese soll Maßnahmen zur Anknüpfung für die Umsetzung von Erinnerungskultur als Gegenstand historisch-politischer Bildung der Bildungsverwaltung bzw. der Bildungspolitik aufzeigen und sich an die Lehrkräfte, die Verantwortlichen in den Bildungsverwaltungen , in außerunterrichtlichen Angeboten und Projekten, in Aus- und Fortbildung sowie in den vielen Bildungs- und Lernorten im Umfeld von Schule richten. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie viele Fahrten zu Gedenkstätten wurden in den Jahren 2008 bis 2013 von Schulen in Hessen durchgeführt und zwar a) wie viele zu Gedenkstätten, die an das NS-System, den NS-Terror und seine Opfer erinnern, und wie viele zu Gedenkstätten die an das DDR-Unrechtssystem, des stalinistische Terror und ihre Opfer erinnern, b) wie viele davon ins Inland, wie viele ins Ausland und zu welchen fünf hauptsächlichen Zielen ? Angaben zu bitte nach Jahren und Schulträgerbezirken aufschlüsseln - Dem Kultusministerium liegen für die Frage 1- mangels Haushaltsansatz zur Förderung - keine Daten vor. Fahrten zu Gedenkstätten werden - soweit keine Fördergelder beantragt wurden - lediglich schulintern beantragt. Eine zentrale Erfassung gibt es nicht. Zur Beantwortung der Frage 1 liegen der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung (HLZ) nur dann Daten vor, wenn ein Antrag auf Förderung vorlag. Dies vorangestellt kann die Frage 1 a wie folgt beantwortet werden: Die bezuschussten Fahrten durch die HLZ werden im Folgenden aufgeschlüsselt dargestellt nach Fahrten zu a) Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus im In- und Ausland, b) Gedenkstätten für die Opfer der SED-Diktatur und der deutschen Teilung, hier zu den beiden hessisch-thüringischen Grenzmuseen Point Alpha und Schifflersgrund, c) Gedenkstätten für die Opfer der SED-Diktatur und der deutschen Teilung, hier zur Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen (Die Fahrten in die Gedenkstätte finden prinzipiell mehr- Eingegangen am 30. April 2014 · Ausgegeben am 6. Mai 2014 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/194 30. 04. 2014 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/194 tägig statt. Durch die HLZ werden seit 2010 Fahrtkostenzuschüsse und die Übernahme von Aufwendungen für pädagogische Projekttage gewährt.) 2008 a) 84 Fahrten insg., davon 69 Fahrten im Inland, 15 Fahrten ins Ausland. b) 18 Fahrten insg., davon wurden 16 eintägig und 2 mehrtägig absolviert. 2009 a) 52 Fahrten insg., davon 41 Fahrten im Inland, 11 Fahrten ins Ausland. b) 45 Fahrten insg., davon wurden 36 eintägig und 9 mehrtägig absolviert. 2010 a) 60 Fahrten insg., davon 38 Fahrten im Inland und 22 ins Ausland. b) 46 Fahrten insg., davon wurden 40 eintägig und 6 mehrtägig absolviert. c) 23 Fahrten mit insg. 41 Projekttagen. 2011 a) 80 Fahrten insg., davon 69 Fahrten im Inland und 11 ins Ausland. b) 42 Fahrten insg., davon wurden 36 eintägig und 6 mehrtägig absolviert. c) 35 Fahrten mit insg.76 Projekttagen. 2012 a) 82 Fahrten insg., davon 70 Fahrten im Inland und 12 ins Ausland. b) 43 Fahrten insg., davon wurden 32 eintägig und 11 mehrtägig absolviert. c) 27 Fahrten mit insg.63 Projekttagen. 2013 a) 81 Fahrten insg., davon 59 Fahrten im Inland und 22 Fahrten ins Ausland. b) 27 Fahrten insg., davon 16 eintägig und 11 mehrtägig absolviert. c) 33 Fahrten mit 80 Projekttagen. Darüber hinaus gab es im Schwerpunkt noch eine Einzelförderung für eine Schulklasse (Besuch der Gedenkstätte Berliner Mauer) im Jahr 2010 und im Referat VII Einzelförderungen für zwei Schulklassen (Besuch der Gedenkstätte "Runde Ecke" in Leipzig) in den Jahren 2011 und 2012. Die Fahrten waren alle mehrtägig. Zur Frage 1 b: Die fünf hauptsächlichen Ziele, der in der folgenden Antwort genannten, von der HLZ geförderten Schülerfahrten, waren bei den Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus: Buchenwald , Auschwitz, Hadamar, Dachau und Breitenau. Im Bereich der Gedenkstätten für die Opfer der SED-Diktatur und der deutschen Teilung werden im Grundsatz Fahrten in die beiden hessischen Grenzmuseen Schifflersgrund und Point Alpha sowie in die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen durch die HLZ gefördert. Fahrten in das Ausland werden nur im Bereich der Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus durch die HLZ gefördert. Frage 2. Wie viele Fahrten waren ein-, wie viele mehrtägig? - Bitte nach Jahren aufschlüsseln - Siehe Antwort 1. Die über die HLZ beantragten Fahrten werden wie folgt benannt. 2008: 68 Fahrten waren eintägig und 34 mehrtägig. 2009: 65 Fahrten waren eintägig und 32 mehrtägig. 2010: 78 Fahrten waren eintägig und 51 mehrtägig. 2011: 97 Fahrten waren eintägig, 60 mehrtägig. 2012: 92 Fahrten waren eintägig, 60 mehrtägig. 2013: 65 Fahrten waren eintägig, 76 mehrtägig. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/194 3 Frage 3. Wie viele dieser Gedenkstättenfahrten wurden durch das Land gefördert und mit welchen Beträ- gen? (Bitte nach Jahren aufschlüsseln.) Im Folgenden sind die Fahrten und die Fördergelder nach Jahren zu den bereits genannten Gedenkstätten aufgelistet. Eine statistische Auswertung nach Schulamtsbezirken erfolgt bei den Anträgen nicht. Allgemein ist dabei vorab anzumerken, dass sich die Schwankungsbreiten im Verhältnis der Anzahl der Fahrten und der Fördersummen aus den unterschiedlichen Gruppengrößen je Antrag (von Klassengrößen bis hin zu ganzen Jahrgangsstufen) ergibt. 2008 102 Fahrten wurden gefördert. Die Landesförderung für diese Fahrten betrug insge- samt 58.915,40 €. 2009 97 Fahrten wurden gefördert. Die Landesförderung für diese Fahrten betrug insgesamt 77.892,71 €. 2010 130 Fahrten wurden gefördert. Die Landesförderung für diese Fahrten betrug insge- samt 123.909,22 €. 2011 158 Fahrten wurden gefördert. Die Landesförderung für diese Fahrten betrug insge- samt 145.965,21 €. 2012 153 Fahrten wurden gefördert. Die Landesförderung für diese Fahrten betrug insge- samt 138.314,98 €. 2013 141 Fahrten wurden gefördert. Die Landesförderung für diese Fahrten betrug insge- samt 158.440,07 €. Frage 4. Wie viele Anträge auf Landesförderung mussten unberücksichtigt bleiben? (Bitte nach Jahren aufschlüsseln.) Es konnte die Anzahl folgender Anträge aufgrund fehlender Mittel nicht berücksichtigt werden: 2008 2009 2010 2011 2012 2013 10 56 58 35 79 80 Frage 5. Wie viele Maßnahmen wurden für das Jahr 2014 zur Förderung durch das Land angemeldet und wie viele konnten berücksichtigt werden? Für das Jahr 2014 (Stand: Ende März) wurden bei den Förderungen von Fahrten in die Gedenkstätten der Opfer des Nationalsozialismus aktuell 96 Anträge gestellt, von denen bisher 82 berücksichtigt werden konnten. Bei den Förderungen von Fahrten in die beiden hessischen Grenzmuseen Schifflersgrund und Point Alpha wurden bisher 20 Anträge gestellt, die alle berücksichtigt werden können. Bei den Förderungen der Fahrten in die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen wurden bisher 13 Anträge gestellt mit insgesamt 29 Projekttagen, die alle berücksichtigt werden können. Frage 6. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass Fahrten zu den Gedenkstätten des 1. Weltkriegs einen bedeutenden Beitrag zur historisch-politischen Bildung leisten können und wenn ja, welche Schlüsse zieht die Landesregierung für die Förderpolitik des Landes? Die Landesregierung misst Fahrten zu den Gedenkstätten des Ersten Weltkrieges, sowie insgesamt der Befassung mit dieser Thematik in Unterricht - gerade auch im aktuellen Gedenkjahr - eine hohe Bedeutung bei. Fahrten zu den Gedenkstätten des 1. Weltkrieges sind, wie andere pädagogische Angebote zu den beiden Weltkriegen und Diktaturen des 20. Jahrhunderts, von hohem Wert für die historisch -politische Bildung, da sie Schülerinnen und Schüler für die Ursachen und Folgen des Krieges sensibilisieren und ihre Empathie für die Opfer militärischer Auseinandersetzungen wecken können. Insbesondere der von Historikern als "Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts" gewertete 1. Weltkrieg hat dabei auch einen wichtigen Stellenwert für das Verständnis der zeitgeschichtlichen Entwicklung des 20. Jahrhunderts von den beiden Weltkriegen und dem Nationalsozialismus bis hin zur Systemkonfrontation mit dem kommunistischen Ostblock und den Folgen der deutschen Teilung. 4 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/194 Der entsprechende Bildungsbedarf wird durch ein umfangreiches, pädagogisches Angebot der HLZ (Veranstaltungen, Seminare, Publikationen) aufgegriffen. Mittel zur umfassenden Förderung entsprechender Klassenfahrten zu den Gedenkstätten des 1. Weltkriegs stehen der HLZ im Landeshaushalt nicht zur Verfügung. Die Schwerpunkte bei der Förderung der Gedenkstättenfahrten wurden angesichts der zur Verfügung stehenden Mittel auf die Erinnerungsorte des Nationalsozialismus und der SED-Diktatur gelegt. Wiesbaden, 29. April 2014 Axel Wintermayer