Kleine Anfrage der Abg. Martina Feldmayer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) vom 28.05.2015 betreffend Betrieb eines Braunkohlestaubkraftwerks in Frankfurt am Main - Teil 2 und Antwort der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Vorbemerkung der Fragestellerin: Das Chemieunternehmen Weyl-Chem plant im Industriepark Griesheim ein Kraftwerk zur Dampferzeugung aus Braunkohlestaub. Die Anlage soll im Juni 2016 in Betrieb gehen und 48.200 Tonnen Kohlendioxid ausstoßen. Dies sind 7.200 Tonnen mehr als mit der jetzigen gasbetriebenen Anlage, die so ersetzt werden soll. Diese Vorbemerkung der Fragestellerin vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung wie folgt: Frage 1. Unterliegt das o.g. Vorhaben dem Emissionshandel? Wenn Nein, warum nicht? Eine Anlage dieser Art würde ab einer Feuerungswärmeleistung von 20 MW der TreibhausgasEmissionshandelspflicht nach dem Treibhausgasemissionshandelsgesetz (TEHG) unterliegen (Nr. 3 des Teils 2 im Anhang 1 zum TEHG). Das Vorhaben der GETEC heat & power AG unterliegt mit einer beantragten Feuerungswärmeleistung von 19,5 MW somit nicht dem Emissionshandel . Frage 2. Wie viele Tonnen Kohlendioxid wird das geplante Kraftwerk pro Jahr emittieren und wie viele Tonnen Kohlendioxid würde ein Gaskraftwerk gleicher Leistung pro Jahr emittieren? Die in der Vorbemerkung der Fragestellerin genannten Kohlendioxid-Emissionen in Höhe von 48.200 Tonnen sind Betreiberangaben und wurden auf der Basis des derzeitigen Wärmebedarfs berechnet. Würde man die im Genehmigungsantrag genannte maximale Brennstoffmenge an Braunkohlenstaub zugrunde legen, könnte das geplante Kraftwerk bis zu knapp 60.000 Tonnen Kohlendioxid emittieren. Ein Gaskraftwerk gleicher Leistung würde geschätzt ungefähr die Hälfte der Kohlendioxidmenge emittieren. Frage 2. a) Wie viele Tonnen Kohlendioxid würden pro Jahr emittiert, wenn die gleiche Leistung aus erneuerbaren Energien (durchschnittlicher Energiequellen-Mix) erzeugt würde? Da es sich im vorliegenden Fall um ein Kraftwerk zur Wärmeerzeugung und nicht zur Stromerzeugung handelt, kommt als Brennstoff aus erneuerbaren Energien üblicherweise nur Biomasse infrage. In diesem Fall ist davon auszugehen, dass die direkten Emissionen aus der Verbrennung klimaneutral sind. Im Vergleich zu fossilen Brennstoffen würden lediglich die dem jeweiligen Biobrennstoff entsprechenden Emissionen aus den Vorketten (dem Anbau, gegebenenfalls der Landnutzungsänderung, dem Transport und der Aufbereitung) anfallen. Frage 3. Wie viele Tonnen Schwefeldioxid wird das geplante Kraftwerk pro Jahr emittieren und wie viele Tonnen Schwefeldioxid würde ein Gaskraftwerk gleicher Leistung pro Jahr emittieren? Eingegangen am 21. Juli 2015 · Ausgegeben am 28. Juli 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/2032 22. 07. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2032 Frage 4. Wie viele Tonnen Stickstoffoxide wird das geplante Kraftwerk pro Jahr emittieren und wie viele Tonnen Stickstoffoxide würde ein Gaskraftwerk gleicher Leistung pro Jahr emittieren? Frage 5. Wie viele Tonnen Feinstaub wird das geplante Kraftwerk pro Jahr emittieren und wie viele Tonnen Feinstaub würde ein Gaskraftwerk gleicher Leistung pro Jahr emittieren? Frage 6. Wie viele Kilogramm Quecksilber wird das geplante Kraftwerk pro Jahr emittieren? Die Fragen 3 bis 6 werden zusammen beantwortet. Für die Dampferzeugungsanlage wird sowohl die Betriebsweise mit 100 % Einsatz von Braunkohlestaub als auch alternativ mit 100 % Erdgas beantragt. Die maximal beantragten Emissionsmassenströme bei Volllast und Einsatz von ausschließlich Braunkohlestaub ergeben danach folgende maximalen Emissionsfrachten pro Jahr: Schwefeldioxid ................. 204,3 t/a, Stickoxide .......................... 61,5 t/a, Feinstaub ............................ 4,8 t/a. Die maximal beantragten Emissionsmassenströme bei Volllast und Einsatz von ausschließlich Erdgas ergeben danach folgende maximalen Emissionsfrachten pro Jahr: Schwefeldioxid ..................... 1,7 t/a, Stickoxide .......................... 15,6 t/a, Feinstaub ............................ 0,8 t/a. Für Quecksilber liegen bisher keine Angaben im Genehmigungsantrag vor. Gemäß Nr. 5.4.1.2.1 der Technischen Anleitung Luft (TA Luft) finden die Emissionsgrenzwerte für staubförmige anorganische Stoffe (hier: Quecksilber) für Feuerungsanlagen mit einer Feuerungswärmeleistung unter 50 MW keine Anwendung. Hinweis: Im Genehmigungsantrag werden nur maximale Emissionsfrachten angegeben, die unter konservativen Bedingungen berechnet wurden. Die tatsächlichen Emissionsfrachten im späteren Betrieb der Anlage sind im Normalbetrieb geringer. Emissionen der Anlage sind im Gutachten "Schornsteinhöhenberechnung, Stellungnahme zur Emissionsrelevanz und Immissionsprognose" des TÜV Nord vom 24.04.2015 prognostiziert (vgl. Antragsunterlagen Kap. 8, auffindbar unter http://www.rp-darmstadt.hessen.de in der Rubrik "Öffentliche Bekanntmachungen") und werden im Rahmen des laufenden Genehmigungsverfahrens geprüft. Frage 7. Welche Emissionsgrenzwerte gelten für das geplante Vorhaben und gibt es für das geplante Vorhaben Emissionsgrenzwerte für staubförmige anorganische Einzelstoffe? Wenn nein, warum nicht und welche gesetzlichen Voraussetzungen müssten geändert werden, um diese einzuführen? Es gelten die Emissionsgrenzwerte nach der Technischen Anleitung Luft (TA Luft): Nr. 5.4.1.2.1 für feste Brennstoffe (Braunkohlestaub): Gesamtstaub: ...................................................... 20 mg/m³, Kohlenmonoxid: ................................................. 0,15 g/m³, Stickstoffoxide (angegeben als Stickstoffdioxid): ........... 0,40 g/m³, Schwefeloxide (angegeben als Schwefeldioxid): ............ 1,0 g/m³. Nr. 5.4.1.2.3 für gasförmige Brennstoffe (im Alternativbetrieb mit Erdgas): Gesamtstaub: ...................................................... 5 mg/m³, Kohlenmonoxid: ................................................. 50 mg/m³, Stickstoffoxide (angegeben als Stickstoffdioxid): ..... bis zu 0,15 g/m³, Schwefeldioxide (angegeben als Schwefeldioxid): .......... 10 mg/m³. Emissionsgrenzwerte für staubförmige anorganische Stoffe finden bei Braunkohlestaubfeuerungsanlagen nach Nr. 5.4.1.2.1 der TA Luft für Anlagen in der beantragten Größenordnung keine Anwendung, da die Emissionsfrachten von Anlagen dieser Größenordnung bisher unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht als emissionsrelevant im Sinne des Vorsorgeprinzips der TA Luft angesehen wurden. Ab einer Feuerungswärmeleistung von 50 MW gelten die Emissionsgrenzwerte für staubförmige anorganische Stoffe nach der Großfeuerungsanlagenverordnung (13. BImSchV). Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2032 3 Um Emissionsgrenzwerte für staubförmige anorganische Stoffe auch für Feuerungsanlagen mit einer Feuerungswärmeleistung unter 50 MW einzuführen, müsste somit die Nr. 5.4.1.2.1 der TA Luft geändert werden. Frage 8. Welche Voraussetzungen müssen auf EU- und Bundesebene geändert werden, damit der Betrieb eines Braunkohlestaubkraftwerks unwirtschaftlich wird? Um den wirtschaftlichen Betrieb eines Braunkohlestaubkraftwerks zu verhindern, müsste der EU-weite Zertifikatehandel noch vor Beginn der vierten Handelsperiode zum 1. Januar 2021 grundlegend überarbeitet werden. Da der Einsatz von Braunkohlestaub in der Verstromung erst bei einem deutlich über dem derzeitigen Marktpreis für CO2-Zertifikate von rund 7,50 € (Stand 15. Juni 2015) unwirtschaftlich wäre, müsste eine außerplanmäßige Reform des Emissionshandels dazu führen, dass die Anzahl der verfügbaren CO2-Zertifikate signifikant verknappt wird. Auf Bundesebene müsste analog zu dem zwischenzeitlich aufgegebenen Konzept des Bundeswirtschaftsministeriums zur Einführung eines sogenannten "Klimabeitrages" bspw. eine Regelung eingeführt werden, nach der nicht nur 20 Jahre alte Kohlekraftwerksblöcke einen Beitrag zu entrichten hätten, sondern auch jüngere Bestandsanlagen und Neubauten. Frage 9. Welche gesetzlichen Grundlagen müssen geändert werden, damit das Genehmigungsverfahren für ein solches Kraftwerk einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf sowie in den Emissionshandel einzubeziehen ist? Die entsprechenden Leistungsgrenzen in Anlage 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung müssten für eine zwingende Umweltverträglichkeitsprüfung von 200 auf unter 20 MW und hinsichtlich des Einbezugs in den Emissionshandel im Anhang 1 des Treibhausgasemissionshandelsgesetzes ebenso unter 20 MW (hierzu wird auch auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen) geändert werden. Wiesbaden, 13. Juni 2015 Priska Hinz