Kleine Anfrage der Abg. Müller (Schwalmstadt) (SPD) vom 28.05.2015 betreffend Nutztierhaltung und Betriebskontrollen in Hessen und Antwort der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Vorbemerkung der Fragesteller: Im März dieses Jahres wurde das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft mit dem Titel "Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung " veröffentlicht. Das Gutachten zieht eine kritische Bilanz, geht von einer geringen Kontrolldichte und niedrigen Sanktionen beim Vollzug des Tierschutzgesetzes aus und empfiehlt der Politik eine Neuausrichtung . Diese Vorbemerkung der Fragestellerin vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Welche Haltungssysteme, unterschieden nach Tierart, werden in Hessen eingesetzt? (Bitte differenzieren : Geflügel nach Legehennen und Mastgeflügel, Schweine nach Ferkeln, Mastschweinen und Sauenhaltung, Rinder nach Milch- und Mastvieh und nach den Haltungsformen mit und ohne Weidegang, mit und ohne Auslauf, Anbindung ganzjährig.) Erhebungen zur Agrarstruktur erfolgen laut Agrarstatistik-Gesetz im mehrjährigen Turnus. Die letzte allgemeine Landwirtschaftszählung (Totalerhebung) fand zum Stichtag 31. März 2010 statt. Eine Erhebung der Haltungssysteme ist überhaupt erstmals im Rahmen dieser Landwirtschaftszählung 2010 erfolgt. Die nächste Landwirtschaftszählung findet voraussichtlich im Jahr 2020 statt. Auf Basis der amtlichen Agrarstatistik1 können nachfolgende Aussagen zu Haltungsplätzen und - verfahren in der hessischen Nutztierhaltung getroffen werden. Zu beachten ist, dass die Anzahl der Haltungsplätze der durchschnittlichen Anzahl von Tieren entspricht, die tierartgerecht in den zum Zeitpunkt der Befragung vorhandenen Stallgebäuden gehalten werden können. Daher können sich Abweichungen zu den Viehbestandsangaben ergeben . Es wurden nur die Haltungsplätze einbezogen, die in den 12 Monaten vor dem Stichtag genutzt wurden. 1. Rinderhaltung (zum Stichtag 1. März 2010) a) Haltungsplätze für Rinder insgesamt 8.800 Betriebe verfügten über 630.900 Haltungsplätze für Rinder insgesamt. Etwa 62 % der Haltungsplätze entfielen auf Laufställe (391.600 Haltungsplätze). Knapp 20 % der Haltungsplätze entfielen auf Anbindeställe (124.400 Haltungsplätze). Davon sind nach einer Sonderauswertung des statistischen Landesamtes aus 2012 rund 21.500 Haltungsplätze in ganzjähriger Anbindung. Dies entspricht knapp 3,5 % der gesamten Haltungsplätze . b) Haltungsplätze für Milchkühe 4.200 Betriebe verfügten über 173.900 Haltungsplätze für Milchkühe. Etwa 68 % der Haltungsplätze entfielen auf Laufställe (118.900 Haltungsplätze), etwa 31 % der Haltungsplätze entfielen auf Anbindeställe (53.700 Haltungsplätze). Ganzjährige Anbindung ist noch für 5 % oder knapp 9.000 der Haltungsplätze laut Sonderauswertung 2012 zu verzeichnen. 1 Die Angaben entsprechen der vom Hessischen Statistischen Landesamt (HSL) im Jahr 2011 unter der Kennziffer C IV 10/10 - 3 sowie der im Jahr 2012 unter der Kennziffer C IV 10/10-11 erfolgten Veröffentlichung. Drucksache 19/2033 30. 07. 2015 Eingegangen am 30. Juli 2015 · Ausgegeben am 4.August 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2033 c) Haltungsplätze für übrige Rinder (Kälber und Jungrinder, männliche Rinder sowie andere Kühe) 8.700 Betriebe verfügten über mindestens 343.400 Haltungsplätze für übrige Rinder. Etwa 80 % der Haltungsplätze entfielen auf Laufställe (272.600 Haltungsplätze). Knapp 21 % der Haltungsplätze entfielen auf Anbindeställe (70.800 Haltungsplätze). Davon sind nach der Sonderauswertung 2012 über 12.500 Haltungsplätze in ganzjähriger Anbindung. Dies entspricht knapp 3 % der gesamten Haltungsplätze. d) Weidehaltung von Rindern2 Eine Auswertung zur Weidehaltung von Rindern auf Basis der Daten des Kalenderjahres 2009 ergab, dass etwa 48 % der Milchkühe Weidegang hatten (eingeschränkter Stichprobenumfang von 4.000 Betrieben und 154.400 Milchkühen). Als Ergebnis der Auswertung von rund 8.600 rinderhaltenden Betrieben hatten etwa 51 % der Rinder (ohne Milchkühe) Weidegang. 2. Schweinehaltung (zum Stichtag 1. März 2010) a) Haltungsplätze für Schweine insgesamt 6.200 hessische Betriebe verfügten über 811.700 Haltungsplätze für Schweine. Etwa 52 % der Haltungsplätze entfielen auf Vollspaltenböden (419.400 Haltungsplätze), 25 % auf Teilspaltenböden (202.800 Haltungsplätze). 20 % der Haltungsplätze waren planbefestigte Böden mit Einstreu (160.100 Haltungsplätze). b) Haltungsplätze für Zuchtsauen und Eber Etwa 1.600 Betriebe verfügten über ungefähr 93.600 Haltungsplätze. Statistisch abgesichert waren lediglich die Angaben, dass knapp ein Viertel der Haltungsplätze Vollspaltenböden und ein weiteres Viertel planbefestigte Böden mit Einstreu waren. c) Haltungsplätze für übrige Schweine (Aufzuchtferkel, Jungschweine, Mastschweine, ausgemerzte Zuchttiere) 6.100 hessische Betriebe verfügten über 718.100 Haltungsplätze für übrige Schweine. Etwa 55 % der Haltungsplätze waren Vollspaltenböden (396.500 Haltungsplätze), 22 % Teilspaltenböden (160.700 Haltungsplätze). 19 % der Haltungsplätze waren planbefestigte Böden mit Einstreu (137.400 Haltungsplätze). 3. Geflügelhaltung3 (zum Stichtag 1. März 2010) a) Haltungsplätzen für Hühner insgesamt (ohne Mastputen) 3.600 hessische Betriebe verfügten über 1.675.500 Haltungsplätze für Hühner. Etwa 82 % der Haltungsplätze entfielen auf die Bodenhaltung (1.375.500) sowie 9 % auf die Käfighaltung (155.000 Haltungsplätze). b) Haltungsplätze für Legehennen Zirka 3.500 Betriebe verfügten über etwa 1.024.400 Haltungsplätze für Legehennen. Etwa 72 % der Plätze entfielen dabei auf die Bodenhaltung (733.300) und etwa 15 % auf die Käfighaltung (155.000 Haltungsplätze). c) Bestand an Masthühnern und Mastputen Gemäß Agrarstatistikgesetz werden die Geflügelmastbestände in 6-jährigem Rhythmus erfasst. Die letzte Zählung von Geflügelmastbeständen mit kreisweiser Erfassung der Tierhalter erfolgte im Rahmen der Landwirtschaftszählung 2010, die nächste Zählung ist für 2016 geplant. Die Landwirtschaftszählung 2010 weist zum Stichtag 1. März 2010 in Hessen 325 Masthähnchen -Betriebe mit insgesamt 544.542 Tieren und 155 Mastputen-Betriebe mit 117.501 Tieren aus. Eine Differenzierung zwischen Boden- und Freilandhaltung kann nicht vorgenommen werden . 2 Als Weideperiode galt die Zeit, in der die Tiere mindestens zwei Stunden am Tag auf der Weide waren 3 Die Einteilung der Haltungsplätze der Legehennen in die verschiedenen Haltungsverfahren erfolgte nach der Vermarktungsnorm für Eier (VO (EG) Nr. 2295/2003). Danach zählt die Haltung der Legehennen in Kleingruppen zur "Käfighaltung " und die Volierenhaltung zur "Bodenhaltung". Junghennen wurden nur dann den Legehennen zugeordnet, wenn sie bereits als solche aufgestallt sind. Die Einteilung der übrigen Hühner einschließlich der Junghennen erfolgte nach den EU- Vermarktungsnormen für Geflügelfleisch (VO (EWG) Nr. 1538/91). Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2033 3 Frage 2. Wie oft werden routinemäßig landwirtschaftliche Betriebe in Hessen kontrolliert? (Bitte Auflistung der Routinekontrollen nach Landkreis und Tierart.) Frage 3. Wie viele Bußgelder und Strafverfahren wurden in diesem Zusammenhang zwischen 2013 und 2014 verhängt? Frage 4. Wie viele Betriebe mussten in diesem Zusammenhang ihre Tierhaltung aufgeben? Die Fragen 2, 3 und 4 werden anhand der Berichte gemeinsam in der als Anlage beigefügten Tabelle beantwortet. Frage 5. Hält sie den Umfang dieser Kontrollen für ausreichend? Frage 6. Welche Schlussfolgerungen zieht sie des Weiteren aus dem vorliegenden Bericht? Die Fragen 5 und 6 werden zusammen beantwortet. Durch das Gesetz zur Kommunalisierung des Landrates sowie des Oberbürgermeisters als Behörden der Landesverwaltung vom 21. März 2005 obliegt der Vollzug der tierschutzrechtlichen Vorschriften den Landräten in den Landkreisen und den Oberbürgermeistern in den kreisfreien Städten. Nach den Regelungen der Verordnung (EG) Nr. 882 / 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz stellen die zuständigen Behörden unter anderem sicher , dass amtliche Kontrollen regelmäßig, auf Risikobasis und mit angemessener Häufigkeit sowie auf Ad-hoc-Basis durchgeführt werden. Die Landesregierung hat im Bereich Tierschutz auf die von den kommunalisierten Veterinärämtern wahrzunehmenden Vollzugsaufgaben sowie auf deren jeweilige verwaltungsrechtliche Entscheidungen keinen bindenden Einfluss. Wiesbaden,15. Juli 2015 Priska Hinz Anlagen 1 Anlage zur Kleinen Anfrage 19/2033 zu Frage 2, 3 und 4 Regierungsbezirk Kassel: Anzahl Routinekontrollen / Jahr Anzahl Bußgelder u. Strafverfahren (2013-2014) Anzahl aufgegebener Tierhaltungen (2013-2014) Bemerkungen Landkreis Kassel Rinder 43 1 Schweine 55 1 1 Geflügel 85 1 WerraMeißner -Kreis Rinder 28 2 Schweine 20 3 Geflügel 2 Die routinemäßigen Tierschutzkontrollen werden als CrossCompliance -Kontrollen im Rechtsakt Tierschutz durchgeführt. Darüber hinaus werden tierschutzrechtliche Belange auch bei den tierseuchenrechtlichen CrossCompliance -Kontrollen im Rechtsakt Kennzeichnung von Rindern, Schweinen, Schafen und Ziegen sowie im Rahmen der Überprüfung von 10 % der Schweinehaltungen nach der Schweinehaltungshygieneverordnung berücksichtigt. Landkreis HersfeldRotenburg Rinder 18 Schweine 9 Geflügel 33 Bei den Routinekontrollen der Geflügelhaltungen sowie im Bereich der Schweinehaltungen sind nur Großbetriebe berücksichtigt, keine HobbyTierhaltungen . Die Anzahl der Routinekontrollen erscheint zunächst sehr gering, ist aber der Tatsache geschuldet, dass aufgrund von nur 1,(5) TGAStellen hauptsächlich Anlasskontrollen und Nachkontrollen durchgeführt werden, die in dieser Abfrage nicht aufgeführt sind. 2 Bußgeld- und Strafverfahren wurden bei den Ergebnissen der Routinekontrollen nicht eingeleitet, wohl aber bei Anlasskontrollen. Aufgrund der Kontrollmaßnahmen wurden keine Tierhaltungen aufgegeben, wohl aber aufgrund anderer Gründe. Landkreis Fulda Rinder 652 14 1 Schweine 268 3 Geflügel 51 Bei den aufgeführten Kontrollen handelt es sich um Tierschutzkontrollen , die als CrossCompliance -Kontrollen und aufgrund von Beschwerden oder aufgrund tierseuchen- oder arzneimittelrechtlicher Belange durchgeführt wurden sowie um Nachkontrollen, die aufgrund einer Risikoeinstufung erfolgten. Zusätzlich zu den genannten Bußgeld- und Strafverfahren wurden noch verwaltungsrechtliche Maßnahmen sowie anlassbezogene CrossCompliance -Kontrollen durchgeführt. Stadt Kassel Rinder 2 Landkreis WaldeckFrankenberg Rinder 309 74 Schweine 91 15 Geflügel 167 3 SchwalmEder -Kreis Rinder 90 8 Schweine 80 1 Geflügel 200 Regierungsbezirk Darmstadt Anzahl Routinekontrollen / Jahr Anzahl Bußgelder u. Strafverfahren (2013-2014) Anzahl aufgegebener Tierhaltungen (2013-2014) Bemerkungen Landkreis Bergstraße Schweine Routinekontrollen fanden ausschließlich bei Schweinehaltungen statt, die Anzahl wurde nicht berichtet 3 Wissenschafts stadt Darmstadt 3 Routinekontrollen, Tierarten, wurden nicht berichtet Landkreis DarmstadtDieburg Rinder 73 3 Schweine 50 5 Geflügel 16 Stadt Frankfurt a. M. Rinder 3 Schweine 4 Geflügel 2 Schafe 6 Ziegen 4 Landkreis Groß-Gerau Rinder 14 Schweine 13 Geflügel 11 Schafe 6 Ziegen 4 Kaninchen 2 15 Hochtaunuskreis Rinder 17 Schweine 4 Geflügel 18 Schafe 22 Ziegen 8 4 3 Main-KinzigKreis Es finden aufgrund von Arbeitsüberlastung keine routinemäßigen Überprüfungen landwirtschaftlicher Betrieben mehr statt. Neben anlassbezogenen Kontrollen werden Nutztierhaltungen nur noch im Rahmen von Cross Compliance-Kontrollen tierschutzrechtlich überprüft. Main-TaunusKreis Es finden aufgrund von Arbeitsüberlastung keine routinemäßigen Überprüfungen landwirtschaftlicher Betrieben mehr statt. Neben anlassbezogenen Kontrollen werden Nutztierhaltungen nur noch im Rahmen von Cross Compliance-Kontrollen tierschutzrechtlich überprüft. Landkreis 4 Offenbach Rinder 58 Schweine 32 Geflügel 28 Schafe und Ziegen 31 3 Stadt Offenbach Rinder 1 Pferde 1 Geflügel 1 Schafe 1 1 RheingauTaunus -Kreis Pferde 9 Schweine 3 Schafe und Ziegen 36 14 3 Wetteraukreis Rinder 9 Schweine 8 Schafe und Ziegen 76 Odenwaldkreis Rinder 23 Schweine 4 Geflügel 1 Schafe und Ziegen 12 Pferde 5 Landeshauptstadt Wiesbaden 22 Routinekontrollen, Tierarten, wurden nicht berichtet Regierungsbezirk Gießen Anzahl Routinekontrollen / Jahr Anzahl Bußgelder u. Strafverfahren (2013-2014) Anzahl aufgegebener Tierhaltungen (2013-2014) Bemerkungen Vogelsbergkreis Rinder 91 Schweine 89 Geflügel 54 Schafe und Ziegen 20 9 1 Landkreis Gießen Rinder 12 Schweine 6 5 Geflügel 8 Schafe und Ziegen 62 Lahn-Dill-Kreis Kein Bericht zu Routinekontrollen für den Zeitraum 2013/2014 erfolgt. 15 Landkreis MarburgBiedenkopf Rinder 58 Schweine 51 Geflügel 7 Schafe und Ziegen 38 Pferde 38 12 1 Landkreis LimburgWeilburg Rinder 96 Schweine 11 Geflügel 7 Schafe und Ziegen 29