Kleine Anfrage des Abg. Frankenberger (SPD) vom 09.06.2015 betreffend Mobilität im ländlichen Raum und Antwort des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung Die Kleine Anfrage beantworte ich im Einvernehmen mit der Hessischen Ministerin für Umwelt , Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz wie folgt: Frage 1. Wie fördert die Landesregierung die Mobilität im ländlichen Raum? Frage 2. Welche Landesmittel stehen für die Förderung der Mobilität im ländlichen Raum zur Verfügung? Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs zusammen beantwortet. Mit rund 1,1 Mio. € unterstützt Hessen zwei richtungsweisende Modellprojekte zur Zukunft des Öffentlichen Nahverkehrs in ländlichen Gebieten. Rund 600.000 € gehen an "Mobilfalt" in Nordhessen; 500.000 € dienen als Starthilfe für das Schwesterprojekt "Garantiert Mobil!" im Odenwaldkreis. Die entsprechenden Finanzierungsvereinbarungen wurden am 13. Mai 2015 an den Nordhessischen Verkehrsverbund (NVV) übergeben. Der Verkehrsverbund und das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung versprechen sich von den beiden Modellprojekten Erkenntnisse, die andere ähnliche Regionen nutzen können. "Mobilfalt" integriert privates Autofahren in den klassischen ÖPNV. Wer regelmäßig oder unregelmäßig unterwegs ist und Passagiere mitnehmen möchte, kann dies über eine InternetPlattform anmelden und erhält 30 Cent pro Kilometer; die Fahrgäste zahlen je nach Strecke einen oder zwei Euro. Pilotregionen sind die Orte Sontra, Nentershausen, Herleshausen, Witzenhausen sowie Niedenstein. Seit April 2013 haben sich mehr als 950 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, davon über 130 Fahrerinnen und Fahrer registrieren lassen. Mit der am 13. Mai 2015 gewährten weiteren Finanzierung steigt die Landesförderung für "Mobilfalt" auf über 2 Mio. €. Die geförderte IT für Buchung und Abrechnung dient auch als technische Basis für "Garantiert Mobil!", das 2016 im Odenwaldkreis starten wird und Bürgerinnen und Bürgern binnen 60 Minuten eine Fahrt zum nächsten Unter- oder Mittelzentrum garantieren soll - sei es durch den regulären ÖPNV, sei es durch Mitnahmeangebote. Darüber hinaus sorgt die Hessische Landesregierung auch dafür, dass in den ländlichen Regionen Hessens eine gute Mobilitätsinfrastruktur vorhanden ist. So hat die Hessische Landesregierung kürzlich die Sanierungsoffensive 2016 bis 2022 im Landesstraßenbau beschlossen, mit der 597 konkrete Maßnahmen mit rund 415 Mio. € Gesamtinvestitionssumme umgesetzt werden sollen. Davon sollen der aktuellen Planung folgend ca. 270 Mio. € in die ländlich geprägten Landkreise fließen, um dort Verkehrswege zu sanieren, die Verkehrssicherheit zu erhöhen sowie neue Radwege zu bauen. Das Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz bietet in den anerkannten LEADER-Regionen bzw. in anerkannten Dorfentwicklungsschwerpunkten spezifische Möglichkeiten zur Förderung von Mobilitätsprojekten vor Ort auf der Grundlage von Entwicklungskonzepten und tragfähigen Organisationsstrukturen an. So sind z.B. Investitionen in Fahrzeuge zur mobilen Versorgung und zum Personentransport förderfähig. Dabei spielen ehrenamtliche und bürgerschaftliche Initiativen eine wesentliche Rolle. Projekte der öffentlichen Daseinsvorsorge können mit einer Förderquote von 50 % der zuwendungsfähigen Ausgaben und Eingegangen am 24. Juli 2015 · Ausgegeben am 29. Juli 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/2046 24. 07. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2046 maximal 200.000 Euro gefördert werden. Zusammen mit weiteren Förderangeboten werden damit Möglichkeiten eröffnet, den ländlichen Raum als attraktiven Lebensraum zu erhalten und den demografischen und strukturellen Wandel aktiv zu gestalten. Frage 3. Wie steht die Landesregierung zu der Forderung, innerhalb der Landesregierung eine zentrale Stelle zu schaffen, die Aktivitäten zur Versorgung der Bevölkerung im ländlichen Raum bündeln könnte? Die Sicherung der Versorgung im ländlichen Raum ist eine wichtige Aufgabe der Hessischen Landesregierung. In Regionen mit einer abnehmenden Bevölkerung kommt es vermehrt zu Tragfähigkeitsproblemen bei Einrichtungen der Daseinsvorsorge; hier werden Lösungen, wie die Sicherung von Einrichtungen in zentralen Orten, die verstärkte Zusammenarbeit zwischen Einrichtungen u.a. erprobt. Die Zuständigkeit für die öffentlichen Versorgungsbereiche liegt bei den jeweiligen Fachplanungen; die Einzelhandelsversorgung u.a. erfolgt durch die Privatwirtschaft . Diese dezentrale Struktur hat sich bewährt. Frage 4. Welche Lösungen bietet die Landesregierung zur Vernetzung der Verkehrsträger an? Die Hessische Landesregierung strebt unter dem Dach "Mobiles Hessen 2020" eine intensivere Vernetzung der Verkehrsträger an. Dazu gehört eine Stärkung des ÖPNV durch den Ausbau des Liniennetzes (RTW, Nordmainische S-Bahn, 4-gleisiger Ausbau Frankfurt-Bad Vilbel-(Friedberg )), die Unterstützung des Carsharings, die Förderung der Elektromobilität sowie die verstärkte Nutzung von Verkehrstelematik. Durch dichtere Angebote sollen die Möglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger, sich für ein umweltfreundliches Verkehrsmittel zu entscheiden, verbessert werden. Insbesondere Carsharing dürfte dabei eher ein Thema der Ballungsräume sein, so dass die in der Antwort auf die Fragen 1 und 2 genannten Möglichkeiten in den ländlichen Räumen ergänzend wirken werden. Dabei stellt die Hessische Landesregierung fest, dass neben den Angeboten des Umweltverbundes gerade in den letzten Jahren mobile, Smartphone-basierte Anwendungen entstanden sind, die die Mobilität für die Nutzerinnen und Nutzer deutlich verbessert und flexibilisiert haben. Diese mit den vorhandenen Angeboten zu einem integrierten, nachhaltigen Verkehrssystem zusammen zu führen, ist die Aufgabe, der sich die Hessische Landesregierung zusammen mit Hessen Mobil und den Verkehrsverbünden stellt. In diesem Zusammenhang spielen auch Rad- und Fußverkehr eine Rolle: Zu deren Unterstützung bereitet die Landesregierung die Gründung der "Arbeitsgemeinschaft Nahmobilität Hessen " vor. Ein erstes Treffen mit Vertreterinnen und Vertretern von Kreisen, Gemeinden, Verbänden und Verbünden und weiteren Kooperationspartnern zur Gründungsvorbereitung hat am 7. Juli 2015 stattgefunden. Die Verbünde haben ihrerseits begonnen, unterschiedliche Angebote miteinander zu verzahnen: Dies wird z.B. im Konzept der Mobilitätskarte des RMV sichtbar, mit der nicht nur Züge und Busse, sondern auch Fahrräder und Autos (Bike- und CarsharingAngebote ) genutzt werden können. Dazu wurde auch begonnen, diese Angebote an verschiedenen Stationen des ÖPNV in Hessen einzurichten, um das Umsteigen zu erleichtern. Weiterhin will die Hessische Landesregierung prüfen, ob es Möglichkeiten gibt, auf den vom Land genutzten Liegenschaften, Parkplätze für Carsharing zur Verfügung zu stellen. Das Land hat den Kommunen bereits die Möglichkeit an die Hand gegeben, öffentliche Parkplätze für Carsharing zur Verfügung zu stellen. So wird unter der Marke "Mobiles Hessen 2020" ein neues Verkehrssystem in Hessen entstehen - ökonomisch nachhaltig, weil es die Infrastruktur effizient nutzen hilft, sozial nachhaltig, weil es die Mobilität aller Menschen in Hessen sichert, und ökologisch nachhaltig, weil es Anreize schafft, die umweltverträglichen Verkehrsmittel zu benutzen. Frage 5. Worin sieht die Landesregierung die zentralen Herausforderungen für die Mobilität im ländlichen Raum in den nächsten 20 Jahren? In den ländlichen Regionen vollzieht sich der demografische Wandel deutlicher als in den Ballungsräumen . Während der Anteil der jungen Menschen, durch Abwanderung oder sinkende Geburtenraten abnimmt und sich die Bevölkerungszahl insgesamt reduziert, steigt der Anteil älterer Menschen an der Bevölkerung deutlich an. Dies bedeutet u.a., dass der wesentlich auf der Finanzierung der Schülerverkehre basierende ÖPNV in der Fläche bei abnehmenden Schülerzahlen immer schwerer zu finanzieren ist. Somit verändert sich die Finanzierungsgrundlage für den ÖPNV in diesen Regionen. In der Folge müssen sich auch die Angebote der veränderten Finanzierungssituation anpassen. Hier arbeitet die Hessische Landesregierung bereits seit einigen Jahren erfolgreich an neuen Formen des ÖPNV (auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen ). Gerade bei einer abnehmenden Bevölkerungszahl besteht die Herausforderung, die vorhandene Infrastruktur weiter in Betrieb zu halten. Für die Mobilität der Menschen bedeutet dies, unabhängig vom genutzten Verkehrsmittel, dass die Straßen in den ländlichen Räumen auch in Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2046 3 Zukunft erhalten werden müssen und dies trotz ggf. zurückgehender Nutzerzahlen. Dass die Hessische Landesregierung bereit ist, auch künftig die Landesstraßen als Grundlage individueller wie öffentlicher Mobilität in ländlichen Räumen zu sichern, zeigt die unlängst gestartete Sanierungsoffensive 2016 bis 2022 des Landes (auf die Antwort zu den Fragen 1 und 2 wird verwiesen ). Wiesbaden, 16. Juli 2015 Tarek Al-Wazir