Kleine Anfrage des Abg. Schaus (DIE LINKE) vom 10.06.2015 betreffend mögliche fremdenfeindliche Übergriffe im Landkreis Fulda und Antwort des Ministers des Innern und für Sport Vorbemerkung des Fragestellers: Der Landkreis Fulda wurde seit November 2014 immer wieder Schauplatz fremdenfeindlicher Aktionen. Nach mehrfachen Hakenkreuzschmierereien und dem Verteilen von hetzerischen Flugblättern wurden dieses Jahr im März die Radmuttern eines Autos gelockert. Der Besitzer wollte sein Haus eventuell als Flüchtlingsunterkunft vermieten. Glücklicherweise wurde die Manipulation bemerkt, bevor es zu einem Unfall kam. Zudem wurde in Neuhof eine erhöhte Skepsis gegenüber Flüchtlingen nachgewiesen. Diese Vorbemerkung des Fragestellers vorangestellt, wird die Kleine Anfrage wie folgt beantwortet : Frage 1. Welche Informationen liegen der Landesregierung über die in der Vorbemerkung benannten Vorkommnisse vor? Die in der Vorbemerkung genannten Vorkommnisse sind der Landesregierung bekannt. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 6 Bezug genommen. Frage 2. Werden diese Vorkommnisse als PMK-rechts und/oder als Straftaten mit fremdenfeindlichem Hintergrund bewertet? Die in der Vorbemerkung genannten Vorkommnisse sind alle der politisch motivierten Kriminalität zugeordnet und auf dem speziell dafür vorgesehenen Meldeweg an das Hessische Landeskriminalamt weitergeleitet worden. Frage 3. Welche Informationen liegen der Landesregierung über mögliche weitere Vorkommnisse im Landkreis Fulda vor? Folgende weitere Vorfälle aus dem Landkreis Fulda wurden polizeilich bekannt: Zwischen dem 01.11.2014 und dem 02.11.2014 wurden auf die Fassade eines als Asylunterkunft vorgesehenen Hauses in Weyhers die Worte "Assibude" aufgebracht. Am 29.11.2014 wurden die Reifen eines PKW in Hofbieber plattgestochen und unter dessen Scheibenwischer ein Zettel mit den Worten "Lasst es oder ihr seid tot" hinterlassen. Der Pkw gehörte dem Eigentümer eines Anwesens, das in naher Zukunft als Asylunterkunft dienen sollte und war zur Tatzeit vor dem Objekt geparkt. Ferner erhielt der Betreiber einer in Flieden-Rückers geplanten Flüchtlingsunterkunft in der Zeit zwischen dem 03.02.2015 und dem 04.02.2015 vier anonyme Drohanrufe mit beleidigendem Inhalt. In der Zeit zwischen dem 05.02.2015 und dem 06.02.2015 wurde in das Objekt in Flieden -Rückers eingebrochen und Elektrowerkzeuge entwendet. Zu diesem Zeitpunkt wurde das Objekt gerade kernsaniert, um es als Flüchtlingsunterkunft nutzen zu können. Im selben Zeitraum wurden auch Radmuttern an einem vor dem Objekt abgestellten Anhänger entfernt bzw. gelöst. Eingegangen am 3. August 2015 · Ausgegeben am 6. August 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/2068 03. 08. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2068 Am 05.02.2015 ging bei einer Zeugin ein anonymes Schreiben ein, worin dem Eigentümer der Flüchtlingsunterkunft in Flieden-Rückers im Zusammenhang mit der Unterbringung von Flüchtlingen beziehungsweise Asylbewerbern "Gewinnsucht" unterstellt wird. Am 16.03.2015 erhielt die Gemeinde Neuhof eine E-Mail, in der unter anderem Bezeichnungen wie "Kriminelle Asylschmarotzer", "Kranke Seucheneinschlepper" und "ungewaschene stinkende Nigger" verwendet wurden. Bei der E-Mail handelte es sich um eine sogenannte "Fake-EMail ", die ohne eine Registrierung bei einem Provider versandt werden kann, so dass eine Rückverfolgung beziehungsweise Ermittlung des tatsächlichen Absenders nicht möglich war. Am 17.04.2015 ging bei der Stadtverwaltung Hünfeld ein anonymes Schreiben ein, in dem der bevorstehende Neubau eines Asylheimes thematisiert wird. Für den Fall, dass dieses tatsächlich gebaut werde, droht der anonyme Schreiber ein "zweites Tröglitz" an. Am 03.06.2015 gegen 23.00 Uhr kletterte eine unbekannte Person auf einen Balkon (Hochparterre ) einer Asylbewerberunterkunft in Hosenfeld-Schletzenhausen und warf einen dort befindlichen Kinderwagen nach unten. Frage 4. Gibt es laufende oder bereits abgeschlossene Ermittlungsverfahren zu den in der Vorbemerkung genannten oder möglichen weiteren Vorkommnissen und konnten Täter ermittelt werden? Zu sämtlichen genannten Vorfällen wurden Ermittlungsverfahren eingeleitet, von denen ein Teil bereits abgeschlossen ist. Täter konnten bislang nicht ermittelt werden. Frage 5. Welche Informationen liegen der Landesregierung über mögliche fremdenfeindliche und rechtsextreme Gruppierungen und Organisationen im Landkreis Fulda vor? Im Landkreis Fulda existiert der NPD-Bezirksverband Osthessen. Dieser umfasst die Landkreise Fulda, Vogelsberg und Hersfeld-Rotenburg. Darüber hinaus liegen der Landesregierung keine Informationen über fremdenfeindliche und/oder rechtsextreme Gruppierungen im Landkreis Fulda vor. Frage 6. Wie beurteilt die Landesregierung mögliche Stimmungen gegen Flüchtlinge im Landkreis Fulda und die Gefährdungslage durch Fremdenfeindlichkeit und rechtsextreme Gruppierungen? Der Landesregierung liegen insoweit keine Hinweise auf organisationsgesteuerte (Gewalt- )Straftaten gegen Asylbewerber und Unterkünfte vor. Das Bundeskriminalamt führt im Zusammenhang mit der Thematik solcher Straftaten aus, dass die festzustellende hetzerische und instrumentalisierende Aufarbeitung der Thematik durch die rechte Szene insgesamt geeignet ist, auch vermeintlich Betroffene des bürgerlichen Spektrums zu mobilisieren. Generell stehen Intensität und Quantität entsprechender Aktionen grundsätzlich in Abhängigkeit zu den organisatorischen Möglichkeiten der jeweiligen lokalen Szene einerseits sowie der selbst empfundenen "Problembetroffenheit" des bürgerlichen Spektrums andererseits. Vor diesem Hintergrund sind daher in Einzelfällen grundsätzlich auch Straftaten emotionalisierter Einzeltäter, die keinerlei ideologische Anbindung an rechte Strukturen haben, einzukalkulieren . Wiesbaden, 23. Juli 2015 Peter Beuth