Kleine Anfrage des Abg. Degen (SPD) vom 18.06.2015 betreffend Schülerpraktika in Hessen und Antwort des Kultusministers Vorbemerkung des Fragestellers: Praktika sind für alle Schülerinnen und Schüler ein wichtiger Bestandteil der Berufsorientierung. Hierbei können sie in beinah jeder Einrichtung bzw. einem Betrieb ihrer Wahl einen Einblick in das Berufsleben bekommen . Nach dem hessischen Schulgesetz sind ab der Mittelstufe (Sekundarstufe I) der allgemeinbildenden Schulen zur Förderung der Berufsorientierung Betriebspraktika vorgesehen (HSchG § 5 Abs. 2). Für Praktika gibt es auch Richtlinien des Bundes. Vorbemerkung des Kultusministers: Betriebspraktika unterliegen als schulische Veranstaltungen aufgrund der Bildungshoheit der Länder primär landesrechtlichen Bestimmungen. Sie vermitteln in einem zeitlich begrenzten Umfang Schülerinnen und Schülern sowie Studierenden aller Schulformen exemplarische Einsichten in das Arbeits-, Berufs- und Wirtschaftsleben. Betriebspraktika gelten als regelmäßige lehrplanmäßige Unterrichtsveranstaltung, mit deren Leitung und Durchführung Lehrkräfte beauftragt sind. Diese Verantwortlichkeit schließt auch das persönliche Aufsuchen der Schülerinnen und Schüler an der Praktikumstelle mit ein. Betriebspraktika werden im Unterricht vor- und nachbereitet. Die Richtlinie des Bundes zur Beschäftigung von Praktikantinnen und Praktikanten regelt ausschließlich die Praktikumsverhältnisse der in der Bundesverwaltung tätigen Praktikantinnen und Praktikanten. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie viele und welche Praktika sind für Schülerinnen und Schüler der Mittel- und Oberstufe in Hessen verpflichtend vorgesehen (bitte differenzieren nach verschiedenen Schulformen)? Der Erlass über die Zusammenarbeit von Schule und Betrieb im Bereich der allgemeinbildenden und der berufsbildenden Schulen vom 20.12.2010, der die Ausgestaltung der Betriebspraktika bislang geregelt hat, und der Erlass zur Ausgestaltung der Berufs- und Studienorientierung in Schulen mit den Bildungsgängen Haupt- und Realschule sowie in Schulen mit dem Bildungsgang im Förderschwerpunkt Lernen vom 17.12.2012 wurden novelliert und im Erlass zur Ausgestaltung der Berufs- und Studienorientierung in Schulen (BSO-Erlass) vom 08.06.2015 (ABl. S. 217) zusammengefasst. Im neuen Erlass werden die bisherigen Vorgaben konkretisiert. Nach § 18 Abs. 3 BSO-Erlass können Betriebspraktika in allgemeinbildenden Schulen als kontinuierliche Praxistage (betriebliche Lerntage) oder als Blockpraktika organisiert werden, auch die Kombination beider Formen ist möglich. Hinsichtlich der Bildungsgänge, der Implementierung in den Jahrgängen und der jeweiligen Dauer legt § 18 Abs. 4 BSO-Erlass fest: "Betriebspraktika sind folgendermaßen durchzuführen: 1. im Bildungsgang der Hauptschule in der Vorabgangs- und im 1. Halbjahr der Abgangsklasse jeweils als maximal dreiwöchige Blockpraktika oder kontinuierliche Praxistage, 2. im mittleren Bildungsgang in den beiden Jahrgangsstufen vor der Abgangsklasse jeweils als zweiwöchige Blockpraktika, 3. im gymnasialen Bildungsgang in der Sekundarstufe I und in der Einführungsphase der Sekundarstufe II jeweils als zweiwöchige Blockpraktika. Eingegangen am 10. August 2015 · Ausgegeben am 14. August 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/2089 10. 08. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2089 Blockpraktika in der Sekundarstufe II können alternativ auch in der Qualifikationsphase stattfinden oder unter Beachtung der Vorgaben des § 18 Abs. 1 auf Grundlage eines schulspezifischen Konzepts durch gleichwertige Angebote im Hinblick auf eine Berufs- und Studienorientierung im Gesamtumfang von zwei Wochen ersetzt werden. Das Konzept ist dem Staatlichen Schulamt zur Genehmigung vorzulegen." Nach § 21 Abs. 1 BSO-Erlass sind Betriebspraktika während der Unterrichtszeit durchzuführen. Sie können in besonders begründeten Ausnahmefällen auch ganz oder teilweise in den Ferien stattfinden, sofern eine Betreuung der Schülerinnen und Schüler durch das Unternehmen oder den Betrieb und im Bedarfsfall zusätzlich durch die Schule sichergestellt ist. In diesen Fällen hat die allgemeinbildende Schule dies der Schulaufsichtsbehörde mitzuteilen, in beruflichen Schulen entscheidet die Schulleiterin oder der Schulleiter. Die Maßnahmen der Berufsorientierung können durch Einzelpraktika verstärkt werden. Weitere Informationen geben die Ausführungen zu Frage 4. Der BSO-Erlass regelt in § 23, dass in besonderen Fällen, vor allem in der Sekundarstufe II, Betriebspraktika im Ausland absolviert werden können. Diese bedürfen eines Antrags der Schülerinnen und Schüler und obliegen der Genehmigung der Schule. In den verschiedenen Schulformen der beruflichen Schulen finden sich Regelungen zu Praktika in den entsprechenden Verordnungen. Bildungsgänge zur Berufsvorbereitung zielen darauf ab, Jugendlichen ohne Ausbildungsverhältnis den Übergang in die Berufsausbildung, in weiterführende Bildungsgänge oder in Arbeitsverhältnisse zu erleichtern. Nach § 12 Abs. 5 der Verordnung über die Ausbildung und Abschlussprüfungen in den Bildungsgängen zur Berufsvorbereitung (BerVorbAPrV HE) vom 10.08.2006 (ABl. S 744), zuletzt geändert durch Verordnung vom 19.03.2013 (ABl. S. 222), soll in der Regel ein betriebliches Praktikum im Umfang von mindestens 160 Stunden absolviert werden. Es ist Bestandteil der fachpraktischen Ausbildung innerhalb des berufsbildenden Lernbereichs. Das Berufsgrundbildungsjahr in kooperativer Form kann in ausgewählten Ausbildungsberufen das erste Ausbildungsjahr ersetzen. Nach Anlage 6a der Verordnung über die Berufsschule (BerSchulV HE) vom 09.09.2002 (ABl. S. 678), zuletzt geändert am 19.03.2013 (ABl. S. 222), ist ein Praktikum im Umfang von 160 Stunden vorgesehen. Die zweijährige Berufsfachschule führt zum Erwerb eines dem mittleren Abschluss gleichwertigen Abschlusses. Nach § 6 Abs. 7 der Verordnung über die Ausbildung und die Prüfung an zweijährigen Berufsfachschulen (BerFSchul2APrO HE 2011) vom 02.12.2011 (ABl. S. 885), zuletzt geändert durch Verordnung vom 19.03.2013 (ABl. S. 222), ist im Rahmen des berufsbildenden Unterrichts ein Betriebspraktikum durchzuführen, das in der Regel 160 Stunden umfasst. Die mehrjährige Berufsfachschule mit Berufsabschluss führt in ausgewählten Ausbildungsberufen zu einem Berufsabschluss. Nach § 6 Abs. 7 der Verordnung über die Ausbildung und die Prüfung an mehrjährigen Berufsfachschulen mit Berufsabschluss (MjBerFSchulAPO HE) vom 20.01.2013 (ABl. S. 38), zuletzt geändert durch Verordnung vom 01.04.2015 (ABl. S. 113), ist ein mindestens vierwöchiges Betriebspraktikum durchzuführen. Die zweijährige höhere Berufsfachschule (Assistentenberufe) führt zu einem schulischen Berufsabschluss . Nach § 4 Abs. 3 der Verordnung über die Ausbildung und die Prüfung an den zweijährigen höheren Berufsfachschulen (Assistentenberufe) (AssBFSchulAPrV HE 2011) vom 01.03.2011 (ABl. S. 70), zuletzt geändert durch Verordnung vom 19.03.2013 (ABl. S. 222), ist ein einschlägiges Betriebspraktikum von 160 Stunden in Blockform oder unterrichtsbegleitend durchzuführen. Nach § 12 AssBFSchulAPrV HE 2011 ist der Nachweis des Betriebspraktikums Voraussetzung für die Meldung zur Abschlussprüfung. Schülerinnen und Schüler der Fachrichtung Fremdsprachensekretariat sollen das Praktikum im Ausland durchführen, Schülerinnen und Schüler der anderen Fachrichtungen können das Praktikum im Ausland durchführen. Die zweijährige höhere Berufsfachschule für Sozialassistenz führt zu einem schulischen Berufsabschluss . Nach § 2 Abs. 1 der Verordnung über die Ausbildung und die Prüfung an den zweijährigen höheren Berufsfachschulen für Sozialassistenz (SozAssBFSchulAPrV HE) vom 19.10.2006 (ABl. S. 1002), zuletzt geändert durch Verordnung vom 19.03.2013 (ABl. S. 222), umfasst die Ausbildung neben der fachtheoretischen und fachpraktischen Grundbildung für Sozialberufe auch eine berufspraktische Ausbildung in der jeweiligen Fachrichtung. In dieser Ausbildungsform arbeiten die Schulen eng mit den Praxisstellen zusammen. Der berufsbildende Lernbereich beinhaltet nach § 6 Abs. 2 und 5 SozAssBFSchulAPrV HE angeleitete Berufspraktika in sozialpädagogischen oder sozialpflegerischen Einrichtungen. Diese Praktika werden im ersten Ausbildungsjahr in beiden Fachrichtungen in geeigneten sozialpflegerischen und sozialpädagogischen Einrichtungen mit 280 Stunden nach der Stundentafel und den Richtlinien Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2089 3 für berufspraktische Ausbildung geleistet. Das zweite Ausbildungsjahr beinhaltet eine berufspraktische Ausbildung nach § 7 Abs. 1 SozAssBFSchulAPrV HE. Diese wird mit 840 Zeitstunden (21 Stunden an 3 Tagen pro Woche) in sozialpädagogischen und sozialpflegerischen Einrichtungen durchgeführt, die dem Berufsfeld einer Sozialassistentin oder eines Sozialassistenten entsprechen und die in konzeptioneller, personeller und sachlicher Hinsicht als Lernort geeignet sind. Die berufspraktische Ausbildung kann unterrichtsbegleitend oder in Blockform durchgeführt werden. Die Schülerinnen und Schüler werden sowohl von Lehrkräften der Schule als auch von einer Fachkraft der Ausbildungsstelle betreut. Alle Praktika sind in dieser Ausbildungsform verpflichtend. Die Fachschule für Gestaltung, Technik, Wirtschaft hat die Zielrichtung, Fachkräfte mit beruflicher Erfahrung für die Übernahme von Aufgaben im mittleren Funktionsbereich von Wirtschaft und Verwaltung sowie darüber hinaus für die unternehmerische Selbstständigkeit oder zur Aufnahme eines weiterführenden Studiums an Hochschulen zu befähigen. Nach § 9 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung über die Ausbildung und Prüfung an ein- und zweijährigen Fachschulen (FSchulAPrV HE 2011) vom 05.07.2011 (ABl. S. 323), zuletzt geändert durch Verordnung vom 01.04.2015 (ABl. S. 113), arbeiten die Studierenden im Rahmen ihrer Projektprüfung in Kooperation mit Unternehmen zusammen. Die Fachschule für Sozialwesen vermittelt die Befähigung, in sozialpädagogischen Bereichen als Erzieherin oder als Erzieher, in sozialpflegerischen Bereichen als Heilerziehungspflegerin oder als Heilerziehungspfleger, in heilpädagogischen Tätigkeitsfeldern selbstständig und verantwortlich tätig zu sein. Nach § 6 Abs. 4 der Verordnung über die Ausbildung und die Prüfungen an den Fachschulen für Sozialwesen (SozWAPrV HE) vom 23.07.2013 (ABl. S. 554) sind in der dreijährigen Ausbildung in der Fachrichtung Sozialpädagogik und in der Heilerziehungspflege während der ersten beiden Ausbildungsabschnitte fachpraktische Ausbildungen als Begleitpraktikum oder als Blockpraktikum von mindestens 460 Stunden nach der Stundentafel in mindestens zwei Einrichtungen der entsprechenden Fachrichtung abzuleisten. Der Nachweis der fachpraktischen Ausbildung ist Voraussetzung für die Zulassung zum nächsten Ausbildungsabschnitt. Im letzten Jahr findet ein Berufspraktikum nach § 7 SozWAPrV HE von 12 Monaten mit schulischer Begleitung statt. Dieses setzt eine erfolgreich abgelegte theoretische Abschlussprüfung nach § 9 Abs. 3 SozWAPrV HE voraus. Das Berufspraktikum kann mit weniger als der wöchentlichen Regelarbeitszeit, jedoch mindestens halbtags, abgeleistet werden. Hierbei verlängert sich der Praktikumszeitraum nach § 7 Abs. 2 SozWAPrV HE entsprechend. Die SozWAPrV HE bestimmt, dass das Berufspraktikum von Studierenden mit einem Berufsabschluss als "Staatlich geprüfte Sozialassistentin" oder "Staatlich geprüfter Sozialassistent" mit dem Schwerpunkt Sozialpädagogik oder bei vorliegender einschlägig anerkannter Berufsausbildung von mindestens zweijähriger Dauer nach § 2 Abs. 4 SozWAPrV HE oder aber von Studierenden der Teilzeitform, die während ihrer Ausbildungszeit bereits mindestens zwei Jahre eine einschlägige berufliche Tätigkeit ausüben, individuell nach § 7 Abs. 3 SozWAPrV HE auf bis zu 6 Monate verkürzt werden kann. Die Fachrichtung Heilpädagogik umfasst nach § 41 Abs. 1 SozWAPrV HE und der Stundentafel in Anlage 11 eine fachpraktische Ausbildung in Begleit- und Blockform von 420 Stunden. Die Fachoberschule führt zur Fachhochschulreife. Im ersten Jahr der zweijährigen Organisationsform A findet nach § 3 Abs. 2 der Verordnung über die Ausbildung und Abschlussprüfung an Fachoberschulen (FOSchulAPrO HE) vom 02.05.2001 (ABl. S. 299), zuletzt geändert durch Verordnung vom 19.03.2013 (ABl. S. 222), in der Regel an drei Tagen in der Woche ein einschlägiges gelenktes Praktikum statt. Dieses kann auch in Blockform durchgeführt werden, wobei es mindestens 800 Zeitstunden umfassen muss. Gegenstand und Durchführung des Praktikums werden von der Fachoberschule im Einvernehmen mit der Praxiseinrichtung festgelegt. Das berufliche Gymnasium führt zur allgemeinen Hochschulreife. Nach § 18 Abs. 4 Nr. 3 BSO Erlass findet in der Einführungsphase der Sekundarstufe II ein zweiwöchiges Blockpraktikum statt. Frage 2. Auf welche Dauer sind die Praktikumsverhältnisse begrenzt (bitte nach Schulform und Jahrgang differenzieren)? Hinsichtlich der Beantwortung dieser Fragestellung wird auf die Ausführungen zu Frage 1 verwiesen . Frage 3. Können die Praktika, für die ein bestimmter Zeitraum vorgesehen ist, in Absprache mit den Betroffenen verlängert werden und wenn ja, über welche Dauer? Da Betriebspraktika nach § 21 Abs. 1 BSO-Erlass während der Unterrichtszeit durchzuführen sind und als Blockpraktika in der Regel im Klassenverband stattfinden, entscheidet die Schule 4 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2089 im Ausnahmefall über eine Verlängerung der Praktikumszeit unter Berücksichtigung der Gewährleistung der Kontinuität des schulischen Unterrichts nach den geltenden rechtlichen Bestimmungen . In § 21 Abs. 1 BSO-Erlass wird auch gestattet, dass Betriebspraktika "[…] in besonders begründeten Ausnahmefällen auch ganz oder teilweise in den Ferien stattfinden [können], sofern eine Betreuung der Schülerinnen und Schüler durch das Unternehmen oder den Betrieb und im Bedarfsfall zusätzlich durch die Schule sichergestellt ist. In diesen Fällen hat die allgemeinbildende Schulen dies der Schulaufsichtsbehörde mitzuteilen, in beruflichen Schulen entscheidet die Schulleiterin oder der Schulleiter." Grundsätzlich sind bei der Durchführung von Schülerbetriebspraktika die Bestimmungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes (JArbSchG) zu berücksichtigen. In den o.g. Berufsfachschulen ist bei einer Absprache zwischen Schülerin oder Schüler, Schule und Betrieb eine Verlängerung des Praktikums möglich. Diese kann sowohl in den Ferien als auch während der Schulzeit stattfinden. Vorausgesetzt wird in der Regel die Aussicht auf eine Ausbildungs- oder Arbeitsstelle. Frage 4. Können Schülerinnen und Schüler über die verpflichtend vorgesehen Praktika hinaus während der Schulzeit weitere Betriebspraktika absolvieren und wenn ja, in welchen Jahrgangsstufen ist dies möglich? Weitere Betriebspraktika können als Einzelpraktika nach § 22 Abs. 1 BSO-Erlass durchgeführt werden und auf diese Weise die Maßnahmen der Berufsorientierung verstärken, wenn davon auszugehen ist, dass für einzelne Schülerinnen und Schüler durch ein weiteres Praktikum die Berufswahlentscheidung unterstützt wird. Eine ausreichende Betreuung durch eine Lehrkraft muss gewährleistet sein. Der BSO-Erlass bestimmt in § 22 Abs. 2 unter Berücksichtigung der in § 21 Abs. 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen, dass in der Sekundarstufe II Schulpraktika in den Ferien als zusätzliche Einzelpraktika ausgewiesen werden können. Frage 5. Inwiefern bzw. in welchem Fällen bekommen Schülerinnen und Schüler die Fahrtkosten zum Einsatzort des Praktikums erstattet? § 21 Abs. 6 BSO-Erlass trifft dazu folgende Regelung: "Betriebspraktika gelten als regelmäßiger lehrplanmäßiger Unterricht im Sinne des § 161 Abs. 1 Satz 1 HSchG. Fallen Beförderungskosten für entfernt liegende Praktikumsbetriebe an, so ist eine vorherige Abstimmung zwischen Schule und Schulträger erforderlich." Nach § 23 Nr. 5 Satz 2 BSO-Erlass besteht für Betriebspraktika im Ausland kein Anspruch auf Ersatz der Reisekosten. Frage 6. Inwiefern und von wem wird kontrolliert, ob die "Richtlinie des Bundes zur Beschäftigung von Praktikantinnen und Praktikanten" (Praktikantenrichtlinie Bund) eingehalten wird? Die "Richtlinie des Bundes zur Beschäftigung von Praktikantinnen und Praktikanten" (Praktikantenrichtlinie Bund) vom 19.12.2014 kommt im Zusammenhang mit den im Fokus stehenden Schülerbetriebspraktika nicht zur Anwendung, da sich ihr Geltungsbereich auf die in der Bundesverwaltung tätigen Praktikantinnen und Praktikanten beschränkt. Sie setzt Rahmenvorgaben für die Bundesverwaltung. Die Einhaltung liegt in deren eigener Verantwortung und untersteht letztlich der Kontrolle des Bundesministeriums des Innern. Bei den oben beschriebenen Betriebspraktika der Sekundarstufe I handelt es sich außerdem um eine zeitlich eng begrenzte und im Unterricht fest installierte Maßnahme im Berufsorientierungsprozess der Schülerinnen und Schüler, für die auch kein Anspruch auf Vergütung besteht. Grundlegend bei der Durchführung von Schülerbetriebspraktika ist allerdings die Einhaltung der rechtlichen Bestimmungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes, des Infektionsschutzgesetzes und der Unfallverhütungsvorschriften des zuständigen Unfallversicherungsträgers. Grundsätzlich gilt, dass Betriebspraktika in der Sekundarstufe I und II als schulische Veranstaltungen zwingend der Betreuung durch die jeweilige Lehrkraft unterstehen und durch die schulrechtlichen Vorgaben des Landes Hessen verbindlich geregelt werden. Frage 7. Inwiefern und in welchem Umfang ist die Evaluation eines Pflichtpraktikums nötig oder sogar verpflichtend? Die Vor- und Nachbereitung der Betriebspraktika im Unterricht ist nach § 20 BSO-Erlass verpflichtend . Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2089 5 Die Vorbereitung umfasst insbesondere eine gezielte Auswahl der jeweiligen Praktikumsstellen nach den individuellen Interessen und Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler, die Planung der Realisierung vor Ort und Absprachen über die Maßgaben für den Praktikumsbericht. Dieser ist auch für die Auswertung des Betriebspraktikums ein wichtiges Medium. Durch die Nachbereitung im Unterricht werden die Schülerinnen und Schüler darin unterstützt, ihre Eingangserwartungen und die gewonnenen Erfahrungen zu reflektieren, weitere Schritte ihres Berufsorientierungsprozesses zu planen und weitere Berufsfelder kennenzulernen. Die von den Schulen über Art und Umfang der geleisteten Tätigkeiten im Betriebspraktikum ausgestellten Bescheinigungen enthalten "in der Regel im Anhang eine Beurteilung und einen kurzen Überblick über die Tätigkeit während des Praktikums durch den Betrieb" (§ 19 Abs. 12 BSO-Erlass). Frage 8. Wie viele Schülerinnen und Schüler haben im Jahr 2014 ihr Praktikum im Hessischen Landtag absolviert (bitte nach Verwaltung des Hessischen Landtags und Fraktionen aufgeteilt)? Nach Kenntnis des Kultusministeriums haben im Jahr 2014 in der Verwaltung des Hessischen Landtags 9 Schülerinnen und Schüler ein Praktikum absolviert. Zudem haben 17 Schülerinnen und Schüler in den Fraktionen des Landtages ein Praktikum absolviert. Frage 9. Sind Sozialpraktika in sozialen Einrichtungen verpflichtend oder freiwillig für hessische Schülerinnen und Schüler der Mittel- und Oberstufe vorgesehen und wenn ja, über welche Dauer und nach welchen Kriterien wird entschieden, ob eine Einrichtung den Ansprüchen eines Sozialpraktikums gerecht wird? Sozialpraktika sind für hessische Schülerinnen und Schüler an allgemeinbildenden Schulen nicht verpflichtend. Allerdings haben manche Schulen im Rahmen ihres Schulprogramms zum Beispiel im Wahlpflichtunterricht besondere Konzepte, die von Lehrkräften organisiert, begleitet und evaluiert werden. Im besonderen Maße wird dies an Privatschulen in kirchlicher Trägerschaft praktiziert. Ergänzend können im Schwerpunkt Berufsorientierung auch Projekte in Zusammenarbeit mit sozialen Einrichtungen, Betrieben, Unternehmen und Hochschulen stattfinden, die durch § 25 BSO-Erlass geregelt werden. Praktika sind aufgrund der Einschlägigkeit an den Fachschulen für Sozialwesen, an den zweijährigen höheren Berufsfachschulen für Sozialassistenz und der Fachoberschule (nur in der Fachrichtung Sozialwesen) in sozialen Einrichtungen zu absolvieren. Wiesbaden, 29. Juli 2015 Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz