Kleine Anfrage des Abg. Siebel (SPD) vom 22.01.2014 betreffend Kostensteigerung bei Sanierung des Hessischen Landesmuseums und Antwort des Ministers für Wissenschaft und Kunst Vorbemerkung des Fragestellers: Die Kosten für die Sanierung des Hessischen Landesmuseums sind mittlerweile nach Angaben des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst auf 75 Mio. € gestiegen. Vorbemerkung des Ministers für Wissenschaft und Kunst: Saniert werden der über 100 Jahre alte Messelbau und der aus den 1980er Jahren stammende Kargelbau. Bedingt sind die Mehrkosten im Wesentlichen durch unvorhersehbare Schwierigkeiten mit der Bausubstanz des Messelbaus (bauzeitliche Substanz von 1906 bzw. Wiederaufbau nach Kriegszerstörung in den 1950er Jahren). Der bauliche Zustand war wesentlich schlechter als ursprünglich angenommen. Die großen Bauvorhaben des Landes (sog. Neu-, Um- und Erweiterungsbaumaßnahmen) und Nachträge werden nach der Geschäftsanweisung für den Staatlichen Hochbau des Landes Hessen (GA-Bau) abgewickelt. Darin ist ein detailliertes transparentes Verfahren, das Zuständigkeiten , Abläufe, Prüf- und Genehmigungsverfahren in der Landesverwaltung regelt, festgelegt. Dieses Genehmigungsverfahren ist auch im Falle von Änderungen der Kosten, d.h. auch bei absehbaren unvermeidbaren Kostenerhöhungen zwingend einzuhalten. In diesen Fällen wird eine Nachtragsentscheidungsunterlage-Bau (Nachtrags-ES-Bau) durch das Hessische Baumanagement (hbm) aufgestellt, die den oben geschilderten Genehmigungsweg durchläuft, bevor nach der haushaltsrechtlichen Anerkennung die Maßnahme fortgesetzt werden kann. Eine Nachtrags-ESBau infolge von Mehrkosten wird erst dann aufgestellt, wenn alle Möglichkeiten einer Kostenreduzierung , etwa durch alternative Lösungsmöglichkeiten, weitere Einschränkung bei Art und Umfang der Detailausführung oder ggf. auch Zurückstellung einzelner noch nicht beauftragter und notfalls verzichtbarer Arbeiten, ausgeschöpft worden sind. Allgemein ist zur Entwicklung der Baukosten in den vergangenen Jahren zu sagen, dass sich die Baukosten allein durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer zum 01.01.2007 von 16 % auf 19 % und die Steigerung der Baupreise (von 2005 bis 2013 um rd. 20 %) erheblich erhöht haben. Auch wirken sich die Erhöhung der Entgelte für das hbm nach der Änderung des Leistungs- und Entgeltverzeichnisses (LEV) 2009 und die Änderung der Honorarordnung für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI) zum 10.07.2013 kostensteigernd aus. Darüber hinaus wirken sich höhere Baukosten gleichzeitig kostenerhöhend auf die Honorare der eingeschalteten Büros (u.a. Architekt, Ingenieure) und des hbm aus. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen wie folgt: Frage 1. Wie haben sich die Baukosten für die Generalsanierung des Hessischen Landesmuseums in Darmstadt seit 2009 entwickelt? Für die Grundsanierung und den Erweiterungsbau waren im Landeshaushalt 2009 50,445 Mio. € veranschlagt. Aufgrund von Baupreissteigerungen und unvorhersehbaren Gegebenheiten bei der Sanierung des Messelbaus kam es bereits 2010 nach Baubeginn und Planungsfortschreibung zu erheblichen Kostensteigerungen, woraufhin entschieden wurde, den Erweiterungsneubau bis auf Weiteres zurückzustellen. Eingegangen am 2. April 2014 · Ausgegeben am 7. April 2014 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/21 02. 04. 2014 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/21 Bis zur Realisierung des Erweiterungsbaus sollte der Kargelbau für Ausstellungszwecke hergerichtet und genutzt werden. Es wurden daher nutzungsbedingte Umplanungen und Optimierungen beim Messelbau sowie die Herrichtung des Kargelbaus erforderlich. Die Kosten für dieses Maßnahmenpaket wurde auf rund 6 Mio. € geschätzt. Bei den Sanierungsarbeiten im Messelbau ist weiterer Mehraufwand aufgetreten. Die vom hbm angemeldeten Mehrkosten in Höhe von knapp 12 Mio. € wurden bereits genehmigt, weitere Mehrkosten von knapp 8 Mio. € sind beim Hessischen Ministerium der Finanzen beantragt. Das genehmigte Budget beträgt rund 68 Mio. €. Frage 2. Wie erklärt sich die Steigerung der Baukosten auf 75 Mio. €? Der höhere Aufwand ist im Wesentlichen durch unvorhersehbare Schwierigkeiten mit der vorhandenen Bausubstanz des Messelbaus begründet. Der bauliche Zustand war weit schlechter als ursprünglich angenommen. Es kam zu Mengenmehrungen und zusätzlichen Leistungen vor allem bei den Gewerken Dach, Innenputz, Außensanierung, Malerarbeiten, Rohbau- und Trockenbauarbeiten. Defizite bei Brandschutz, Barrierefreiheit und Statik mussten behoben und zusätzliche Forderungen der Genehmigungsbehörden (z.B. brandschutztechnische Ertüchtigungen von Decken, zusätzliche Brandschutztüren, Geländererhöhungen aufgrund von Forderungen der Bauaufsicht und der Feuerwehr) erfüllt werden. Die Dachflächen mussten fast komplett erneuert werden statt wie geplant nur zu einem überschaubaren Teil; die vorhandene Dachdeckung war weitaus maroder als angenommen, was erst sukzessive nach Gerüststellung und Beginn der Arbeiten festgestellt werden konnte. Der Außen- und Innenputz musste ebenfalls fast komplett erneuert werden, was auch erst im Zuge der genaueren Überprüfung vom Gerüst aus ersichtlich wurde. Vorhandene Altanstriche an Wänden und Decken mussten aufwendig entfernt, hohl liegende Parkettflächen mit kontaminiertem Kleber ausgebaut werden, um nur einige Beispiele zu nennen. Decken mit zu geringer Tragfähigkeit mussten aufwendig statisch ertüchtigt werden. Nach Einbau der Tragschienen und Aufzugsportale für den Lastenaufzug hat sich durch die dann erst erkennbare inhomogene Festigkeit des Bestandsmauerwerks die Notwendigkeit ergeben, die Dübelbefestigungen in großen Teilen auszutauschen und das Mauerwerk zu verstärken; die im Vorfeld durchgeführten Belastungstests ließen keine derartigen Probleme erwarten. Die Traglasten eines zur Gewährleistung der Barrierefreiheit erforderlichen Hubliftes mussten in der fragilen historischen Konstruktion über eine aufwendige Stahlkonstruktion über die wenigen tragenden Wände abgeleitet werden. Da jeder Raum von Alfred Messel nach unterschiedlichen Themengebieten und den ausstellenden Objekten konzipiert wurde, gab es aufgrund der sehr unterschiedlichen Bestandssituationen (beispielsweise gibt es in dem Gebäude 17 verschiedene Deckenkonstruktionen) keine Planungsund Baulösungen, die hinsichtlich der Bestandsproblematik von einem auf andere Raumbereiche übertragbar waren. Es kam daher immer wieder zu neuen, nicht vorhersehbaren Schwierigkeiten . Ein hundert Jahre altes Museum musste auf den neuesten Stand der Technik gebracht werden. Besonders schwierig war es, die nach heutigen Standards erforderliche Installation von Haustechnik in den Wänden und Decken unterzubringen und gleichzeitig mehr von der ursprünglichen Architektur Alfred Messels zu zeigen. Daher wurde ein Großteil der Decken und Vorsatzschalen entfernt, was den verfügbaren Installationsraum nochmals erheblich verringerte. Unter dem Dach musste auf engem Raum eine komplizierte Tragkonstruktion zur Aufnahme der Lasten aus der Klimatechnik eingebaut werden. Einsparungen wurden immer wieder geprüft. Wo es möglich war, wurde im Bereich der baulichen Ausstattung auf die zwingend notwendige Grundausstattung zurückgegangen, z.B. günstige Fertigparkettböden, Wegfall von Fensteröffnungen, einfache Sanitärausstattung und Verzicht auf Unterdecken und Akustikputz. Frage 3. Sind weitere Mehrkosten zu erwarten? Nach Angabe des hbm verbleibt ein Kostenrisiko von rund 4,3 Mio. € vor allem für Nachträge von Firmen und Mehrhonorarforderungen der Büros, so dass die Maßnahme nach heutigem Stand vom hbm auf rd. 80,5 Mio. € geschätzt wird. Am 14.03.2014 wurden vom hbm weitere Mehrkosten angekündigt, die sich mit ca. 2,4 Mio. € innerhalb der bisherigen Risikobewertung von 4,3 Mio. € bewegen. Ein Mehrkostenantrag mit Berechnung und Begründung liegt dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst noch nicht vor. Wiesbaden, 25. März 2014 Boris Rhein