Kleine Anfrage des Abg. Schaus (DIE LINKE) vom 19.06.2015 betreffend Kritik des Landesrechnungshofs zur Draisinenbahn im Kreis Bergstraße I und Antwort des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung Vorbemerkung des Fragestellers: Ende Mai 2015 hat der Landesrechnungshof schwere Vorwürfe unter anderem gegen das Hessische Wirtschaftsministerium und den Betreiber der Draisinenbahn, der KommAG als kommunalem Zusammenschluss dreier Städte, sowie den Landkreis Bergstraße, erhoben. Gerügt wurden u.a. die freihändige Auftragsvergabe unter Ausschluss von Bewerbern aus verkürztem Vergabeverfahren, die Ausschreibungsfrist und eine unzulässige Doppelförderung. Letzteres hatte dazu geführt, dass die zugesagten EFRE-Fördermittel im Jahr 2014 durch Landesmittel in Höhe von 3,2 Mio. € ersetzt werden mussten, um einer drohenden Rückforderung der EU von ca. 66 Mio. € entgegenzuwirken. Nunmehr will das Land wegen des vorliegenden schweren Vergabeverstoßes gemäß § 44 LHO eine nachträgliche Kürzung der Mittel von 15 % durchsetzen, gegen den sich der Landkreis und die KommAG rechtlich zur Wehr setzen wollen. Es droht ein langwieriger Rechtsstreit mit offenem Ausgang. Vorbemerkung des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: Über die Prüfungsvorhaben des Rechnungshofs wird bei der jährlichen Arbeitsplanung entschieden . Die Prüfung der Draisinenbahn erfolgte nach Kenntnis des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung (HMWEVL) im Zuge des jährlichen Prüfkatalogs und stellte keine Sonderprüfung dar, wie an verschiedenen Stellen dieser Kleinen Anfrage vom Fragesteller fälschlich angenommen. Nach der örtlichen Erhebung informiert der Rechnungshof anhand des Entwurfs der Prüfungsmitteilung über den Abschluss der Prüfung. Das Ergebnis der Prüfung teilt der Rechnungshof den zuständigen Stellen in Form von Prüfungsmitteilungen zur Äußerung innerhalb einer von ihm bestimmten Frist mit. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Ist der Inhalt des Berichts der Sonderprüfung identisch mit dem aktuellen Inhalt des Abschlussberichtes vom Landesrechnungshof vom Mai 2015? Die durch den Rechnungshof festgestellten Prüfergebnisse wurden in der Prüfungsmitteilung vom 12. November 2013 übermittelt (auf die Vorbemerkung wird verwiesen). Der Abschlussbericht des Hessischen Rechnungshofs, der in den Bemerkungen 2014 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes enthalten ist (Textziffer 24) und vom 19. Mai 2015 datiert, unterscheidet sich inhaltlich nicht von der Prüfungsmitteilung. Frage 2. Welche Personen und Institutionen aus dem Kreis Bergstraße besaßen wann Kenntnis über den Termin der Sonderprüfung des Draisinenprojektes im Jahr 2012 oder waren darin involviert? Eine Sonderprüfung fand nicht statt (auf die Vorbemerkung wird verwiesen). Der Rechnungshof hat das HMWEVL mit Schreiben vom 13. August 2012 über die anstehende Prüfung vom 27. August bis 7. September 2012 informiert und gleichzeitig gebeten, den Zuwendungsempfänger darüber zu informieren. Dies ist mit Schreiben des HMWEVL vom 21. August 2012 an die kommunale Arbeitsgemeinschaft, vertreten durch den Kreis Bergstraße, erfolgt (vorab per E-Mail an den Projektleiter beim Kreis Bergstraße am 21. August 2012). Welchen Informationsfluss Schreiben und E-Mail intern im Kreis Bergstraße oder darüber hinaus nahmen, ist nicht bekannt. Eingegangen am 21. August 2015 · Ausgegeben am 26. August 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/2102 .21 .08 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2102 Frage 3. Zu welchem Zeitpunkt (Datum) wurden das erste Ergebnis und das Endergebnis der Sonderprüfung als Prüfungsmitteilung (Zwischenbericht) welchen Personen und Institutionen (bitte um namentliche Nennung) übermittelt? Zunächst sei auch hier auf die Vorbemerkungen verwiesen. Der Entwurf der Prüfungsmitteilung vom 19. August 2013 ging am 26. August 2013 im HMWEVL ein und wurde am 9. September 2013 an die WIBank, Fachbereich Europäische Strukturfonds, gewerbliche Regionalförderung, als bearbeitende Förderstelle übermittelt. Die Prüfungsmitteilung vom 12. November 2013 ging am 20. November 2013 im HMWEVL ein. Der Rechnungshof legt Wert darauf, dass Prüfungsmitteilungen nicht vollständig an die Zuwendungsempfänger weitergeleitet werden. Dies impliziert, dass der Empfänger der Prüfungsmitteilung sicherzustellen hat, dass keine Weitergabe der Unterlagen - auch nicht über Umwege - an Dritte erfolgt. Von dieser gängigen Praxis wurde auch in diesem Fall nicht abgewichen, sodass den am Projekt involvierten Parteien lediglich Auszüge aus der Prüfungsmitteilung bzw. Fragen zu einzelnen Beanstandungen übermittelt wurden. Dies waren im Einzelnen:  Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Schreiben vom 17.09.2013 und vom 22.11.2013),  Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Kunst, Fachbereich Kultur (Schreiben vom 22.11.2013),  KommAG, vertreten durch den Kreis Bergstraße (Schreiben vom 26.09.2013),  Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Referat K 25 (Schreiben vom 12.11.2013). Im Rahmen der Bearbeitung ergaben sich zum Teil noch Nachfragen, die der Übersichtlichkeit halber nicht im Einzelnen aufgeführt werden. Die Adressaten waren stets dieselben. Frage 4. Auf Grund welcher Erwägungen hat das Land Hessen die missbräuchlich verwandten Fördergelder in Höhe von 3,2 Mio. € übernommen? Durch die Herausnahme der Überwald-Draisinenbahn aus der EFRE-Förderung konnte eine mögliche deutlich höhere Pauschalkürzung durch die Europäische Kommission zu Lasten des Landes verhindert werden. Die frei gewordenen EFRE-Mittel können zudem erneut zur programmgemäßen Förderung durch das Land eingesetzt werden (siehe auch Antwort zu Frage 8). Frage 5. Wer war seitens des Landes Hessen an den erforderlichen Gesprächen zur "Umwidmung" der Fördergelder sowohl auf Kreis- als auch auf Landesebene zu welchem Zeitpunkt (Datum) beteiligt ? Die Ersetzung der EFRE-Mittel durch Landesmittel erfolgte in Zuständigkeit des HMWEVL und wurde der Zuwendungsempfängerin, Kommunale Arbeitsgemeinschaft ÜberwaldDraisinenbahn , vertreten durch den Kreis Bergstraße, mit Änderungsbescheid vom 20. März 2014 mitgeteilt. Frage 6. Warum wurden zur Sicherstellung und zum Erhalt der Statik einzelne Viadukte - entgegen der Auflagen im Planfeststellungsbescheid - nicht vollständig neu verfugt? Im Rahmen der Planfeststellung wurden bei der technischen Prüfung der Schienenstrecke essenzielle Aussagen zur ausreichenden Standsicherheit diverser Bauwerke wie Brücken, Böschungen , Tunnel etc. gefordert. Die Nachweise wurden im Zuge der Bauausführungsplanung erbracht , da sonst eine Betriebserlaubnis nicht erteilt worden wäre. Eine Neuverfugung der Viadukte war nicht gefordert. Frage 7. Wo und wie können die Bewilligungsbescheide, Vereinbarungen und Verträge bezüglich der Landesförderung, der EFRE-Mittel und der Mittel für den Denkmalschutz öffentlich eingesehen werden? Eine grundsätzliche Möglichkeit der öffentlichen Einsichtnahme in Dokumente der Förderakten besteht nicht. Akteneinsicht kann für die am Verfahren beteiligten Personen nach dem Hessischen Verwaltungsverfahrensgesetz erfolgen. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2102 3 Frage 8. Welche geplanten oder sich in Vorbereitung befindlichen Projekte mussten durch die "Umwidmung " der EFRE-Mittel in Höhe von 3,2 Mio. € im Landeshaushalt zurückgestellt oder gar gestrichen werden? Aus der Ersetzung der EFRE-Mittel durch Landesmittel resultieren keine negativen Auswirkungen auf andere Projekte. Die ersetzten EFRE-Mittel können erneut zur programmgemäßen Förderung durch das Land für andere Projekte eingesetzt werden. Wiesbaden, 11. August 2015 Tarek Al-Wazir