Kleine Anfrage des Abg. Lenders (FDP) vom 23.06.2015 betreffend Sanierungsquoten im Landesstraßenbau und Antwort des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung Vorbemerkung des Fragestellers: Die Landesregierung hat eine Liste von 540 Straßenprojekten vorgelegt, die bis zum Jahr 2022 saniert werden sollen. Darin enthalten ist eine gleichbleibende Investition in Neubauprojekte für die gesamte Legislaturperiode . In den von der Landesregierung vorgelegten Zahlen wird der Anteil der Erhaltungsmaßnahmen für das Jahr 2014 mit 72 % angegeben. Für das Jahr 2019, das in der nächsten Wahlperiode liegt, plant die derzeit amtierende Landesregierung den Anteil der Erhaltungsmaßnahmen am gesamten Landesstraßenbauetat auf 83 % zu steigern. Die vorgelegten Zahlen geben jedoch diese Steigerung nicht wieder. So plant die Landesregierung laut ihrer Darstellung für das Jahr 2019 Ausgaben für den Erhalt zwischen 62 und 68 Mio. €. Die geplante Summe für den Neubau von Straßen und Radwegen liegt hingegen zwischen 19 und 24 Mio. €. Selbst bei Annahme der günstigsten Zahlen (68 Mio. € Erhalt und 19 Mio. € Neubau) steigt die Sanierungsquote lediglich auf 78 % Ab 2016 kommt es sogar zu einem Absinken der absoluten Mittel, die für Sanierungen zur Verfügung stehen. So wurden 2014 bei einer Sanierungsquote von 72 % laut Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Drs. 19/1805 89,9 Mio. € für den Landesstraßenbau ausgegeben. Das entspricht 64,7 Mio. €. Die Landesregierung plant laut vorgelegter sogenannter Sanierungsoffensive für 2016 Mittel für die Sanierung zwischen 57 und 62 Mio. € zu investieren. Damit liegt sie selbst im günstigsten Falle unterhalb der Investitionen von 2014. Vorbemerkung des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: Der Zustand der Landesstraßen hat sich in den vergangenen Jahren merklich verschlechtert. Zwar konnte der Verfall der Landesstraßen im Zuge der Konjunkturprogramme 2009/2012 zumindest kurzfristig gestoppt werden. Zu einer Trendumkehr hat dies aber nicht geführt. Noch immer ist der Anteil der als "sehr schlecht" bewerteten Landesstraßen am Gesamtnetz mit rund 22 % deutlich höher als bei Bundesstraßen oder Autobahnen. Daneben müssen die auf der Grundlage des Kommunalen Interessenmodells (KIM I und II) vereinbarten Neubauprojekte fortgeführt und finanziert werden. Diese in der Vergangenheit eingegangenen Verpflichtungen belasten zukünftige Haushalte und schränken somit den finanziellen Spielraum zur Erfüllung der Erhaltungsverpflichtungen ein. Gleichzeitig belastet die Rückzahlungsverpflichtung für die von der Stadt vorfinanzierte Nordumgehung Karben die Landesstraßenbauhaushalte bis 2018. Das nun entwickelte mittelfristige Landesstraßenbauprogramm orientiert sich am aktuellen Landesstraßenbauetat in Höhe von 90 Mio. € - vorbehaltlich der Zustimmung durch den Hessischen Landtag als Haushaltsgesetzgeber. Der Landesstraßenbauetat ist dann mit 130 Mio. € (einschließlich 40 Mio. € Planungsmittel für Bundesfernstraßen) stabil auf einem hohen Niveau. Zusätzlich zur Sanierungsoffensive wird das in Hessen an Landesstraßen unterdurchschnittlich entwickelte Radwegenetz erweitert. In Hessen gibt es gerade einmal an jeder neunten Landesstraße einen Radweg. Unter den Flächenländern ist das Radwegenetz bundesweit nur in Sachsen , Rheinland-Pfalz und Thüringen noch dünner ausgestattet. Hessen wird daher in den kommenden sieben Jahren rund 60 Radwege in Höhe von 4 Mio. € jährlich neu bauen. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie hoch sind die jeweiligen prozentualen Anteile der Erhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen am gesamten Landesstraßenbauetat in den Jahren 1999 bis 2014? (Aufgeschlüsselt nach Jahren) 1999: ............ rund 82 % 2000: ............ rund 78 % Eingegangen am 25. August 2015 · Ausgegeben am 26. August 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/2110 25. 08. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2110 2001: ............. rund 71 % 2002: ............ rund 69 % 2003: ............. rund 76 % 2004: ............. rund 65 % 2005: ............. rund 83 % 2006: ............. rund 81 % 2007: ............. rund 81 % 2008: ............. rund 73 % 2009: ............. rund 80 % 2010: ............. rund 77 % 2011: ............. rund 82 % 2012: ............. rund 78 % 2013: ............. rund 72 % 2014: ............. rund 72 % Frage 2. Wie hoch sind die jeweiligen absoluten Investitionssummen in Euro, die für Erhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen im Landesstraßenbau in den Jahren 1999-2014 investiert wurden? (aufgeschlüsselt nach Jahren) 1999: ........ rund 26 Mio. € 2000: ........ rund 29 Mio. € 2001: ........ rund 31 Mio. € 2002: ........ rund 38 Mio. € 2003: ........ rund 42 Mio. € 2004: ........ rund 25 Mio. € 2005: ........ rund 53 Mio. € 2006: ........ rund 61 Mio. € 2007: ........ rund 69 Mio. € 2008: ........ rund 72 Mio. € 2009: ...... rund 124 Mio. € 2010: ...... rund 107 Mio. € 2011: ...... rund 112 Mio. € 2012: ........ rund 96 Mio. € 2013: ........ rund 62 Mio. € 2014: ........ rund 64 Mio. € Frage 3. Wie hoch sind die geplanten prozentualen Anteile der Erhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen am gesamten Landesstraßenbauetat für die Jahre 2015 bis 2022? (Aufgeschlüsselt nach Jahren) 2015: rund 72 % 2016 bis 2018: rund 73 % bis rund 79 % jährlich 2018 bis 2022: rund 79 % bis rund 84 % jährlich Frage 4. Wie hoch sind die geplanten absoluten Investitionssummen in Euro, die für Erhaltungsmaßnahmen im Landesstraßenbau für die Jahre 2015 bis 2022 investiert werden sollen? (aufgeschlüsselt nach Jahren) 2015: rund 65 Mio. € 2016 bis 2018: rund 66 Mio. € bis rund 71 Mio. € jährlich 2018 bis 2022: rund 71 Mio. € bis rund 76 Mio. € jährlich Frage 5. Nach welcher Formel hat die Hessische Landesregierung den Anteil der Erhaltungsmaßnahmen von 83 % für das Jahr 2019 errechnet? Der Anteil der Erhaltungsmaßnahmen am Landesstraßenbauhaushalt ergibt sich nach Abzug der Aufwendungen für Vorhaben, die nicht der Erhaltung dienen, vom Gesamtetat. Dabei ist zu beachten , dass in der vom Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung mit der Sanierungsoffensive veröffentlichten Gesamtdarstellung für das Jahr 2019 15 bis 20 Mio. € für Neubau-Projekte ausgewiesen wurden. Darin enthalten sind ca. 5 Mio. € für sogenannte Kleinprojekte. Mit diesen Mitteln werden kleinere Instandsetzungsmaßnahmen an Landesstraßen durchgeführt, deren Kostenvolumen 50.000 € nicht übersteigt. Die Kleinprojekte sind der Erhaltung der Landesstraßen zuzuordnen. Dies berücksichtigt, kann die Sanierungsquote mit oben genannter Formel auf max. 84 % steigen. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2110 3 Frage 6. Durch welche Maßnahmen plant die Hessische Landesregierung, die Erhöhung der Sanierungsquote auf 83 % im Jahr 2019 zu erreichen? Die Hessische Landesregierung hat, aufgrund der Schwerpunktsetzung auf die Erhaltung, keine weiteren Neubauvorhaben über die KIM I und KIM II-Projekte hinaus im Landesstraßennetz vorgesehen. Die Refinanzierung der Ortsumgehung Karben endet mit dem Jahr 2018. Die dadurch bis 2018 gebundenen jährlichen Mittel in Höhe von rund 5 Mio. € für die Rückzahlung an die Stadt Karben können ab 2019 für Projekte der Sanierungsoffensive (und somit für die Erhaltung ) verwendet werden. Frage 7. Plant die Hessische Landesregierung die Sanierungsquote durch Kürzung des Gesamtetats zu erhöhen , ohne dass die absoluten Ausgaben für den Erhalt und die Sanierung der Landesstraßen steigen? Die Hessische Landesregierung plant nicht, die Sanierungsquote durch Kürzung des Gesamtetats zu erhöhen. Frage 8. Wo sieht die Hessische Landesregierung den Paradigmenwechsel beim Landesstraßenbau, weg vom Neubau hin zur Sanierung, wenn in der laufenden Legislaturperiode keine Veränderung der Sanierungsquote geplant ist? Auf die Vorbemerkung und die Antworten zu den Fragen 3 bis 7 wird verwiesen. Frage 9. Wie beurteilt die Hessische Landesregierung die Verbindlichkeit der Sanierungsprojekte für die Maßnahmen, die über die laufende Legislaturperiode hinausgehen? Die in der Sanierungsoffensive 2016 bis 2022 enthaltenen Projekte sind anhand fachlicher, objektiver und transparenter Kriterien als besonders dringlich bewertet worden. Dazu wurde das gesamte Landesstraßennetz hinsichtlich der Verkehrssicherheit, der Verkehrsbedeutung, der Verkehrsqualität und der Umfeldsituation bewertet. Das hieraus entwickelte Mittelfristprogramm über einen Zeitraum von sieben Jahren ist die Grundlage für ein nachhaltiges Konzept, welches eine sukzessive Verbesserung des Erhaltungszustandes der Landesstraßen sichert und nicht nur temporär wirkt. Die Notwendigkeit der Fortführung hoher Erhaltungsinvestitionen in das Landesstraßennetz besteht aufgrund erheblichen Nachholbedarfs weit über den Zeitraum der Sanierungsoffensive 2016 bis 2022 hinaus. Die Hessische Landesregierung hat sich dieser Herausforderung gestellt und mit der Sanierungsoffensive 2016 bis 2022 ein nachhaltiges Programm zur Erhaltung des Landesstraßennetzes geschaffen. Wiesbaden, 13. August 2015 Tarek Al-Wazir