Kleine Anfrage des Abg. Lenders (FDP) vom 06.07.2015 betreffend der Sanierungsarbeiten an der Bundesautobahn A 45 und Antwort des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung Vorbemerkung des Fragestellers: Im Zuge der Sanierungsarbeiten an der Bundesautobahn A 45 soll die Talbrücke "Sechshelden" errichtet werden . Unmittelbar nach Veröffentlichung dieses Vorhabens im Jahr 2010 hat sich eine Bürgerinitiative (MUT=Menschen unter der Talbrücke) in Sechshelden gebildet. Sie hat alternative Trassenführungen aufgezeigt , um so eine mögliche Entlastung der betroffenen Bürger zu erreichen. Seit Anbeginn wurde der Bürgerinitiative durch die zuständigen Behörden glaubhaft die mehr als realistische Chance zur Umverlegung der Autobahnbrücke vermittelt. Es gab zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Erkenntnisse oder Gründe, die aus technischer Sicht die Realisierung dieser sogenannten "kleinräumigen Verlegung" verhindert hätten. Im Gegenteil wurde allen Beteiligten, einschließlich der Stadt Haiger, (Machbarkeitsstudie) diese Tunnelvariante als die wahrscheinlichste und favorisierte Lösung präsentiert. Nach langer Vorplanungsphase wurde dann unerwartet seitens Hessen Mobil mitgeteilt, dass diese Variante nicht umgesetzt werde, da sie nicht kostenneutral sei. Obwohl alle Vorplanungen die technische Realisierbarkeit aufgezeigt hatten, wurden plötzlich Kostengründe zur Ablehnung der Tunnellösung angeführt. Zur Plausibilität der Kosten- und Wirtschaftlichkeitsbetrachtung führte die Behörde nun Vergleichsberechnungen an, deren Grundlage bislang unbekannt ist. In der Antwort auf die Kleine Anfrage des Abg. Grüger (Drs. 19/1580) wurden seitens der Landesregierung die Kosten sowohl für die Bestandsvariante als auch die Tunnelvariante aufgeschlüsselt. Außerdem wurde ein Betriebskostenvergleich ausgeführt. Die Landesregierung legt außerdem in der Antwort auf die Kleine Anfrage des Abg. Lenders (Drs. 19/1009) dar, dass die Vorteile der Tunnellösung nicht im Verhältnis zu den Kosten stünden. Die Bestandsvariante sei ferner besser mit den öffentlichen und privaten Belangen vereinbar. Vorbemerkung des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: Die Talbrücke Sechshelden muss aufgrund ihres baulichen Zustandes in den kommenden Jahren durch einen Neubau ersetzt werden. Aufgrund ihrer unmittelbaren Nähe zur Bebauung wurde in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) in der Vorplanung eine Variantenuntersuchung durchgeführt. Neben dem Ersatzneubau an Ort und Stelle (Bestandsvariante) wurde als Variante eine kleinräumige Trassenoptimierung mit teilweiser Verlegung in einen Tunnel untersucht. Aufgabe des Landes als Auftragsverwaltung für die hessischen Bundesfernstraßen war es, eine rechtlich zulässige und wirtschaftlich vertretbare Lösung zu entwickeln. Hierbei sind alle entscheidungsrelevanten Wirkungen und Kriterien in eine sachgerechte Abwägung einbezogen worden. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass die Bestandsvariante alle rechtlichen Anforderungen bei gleichzeitig deutlich geringeren Kosten erfüllt, da die Tunnellösung um rund 57 Mio. € teurer wäre (Tunnellösung 151 Mio. €, Bestandslösung 94 Mio. €). Die endgültige Entscheidung, welcher Alternative der Vorzug einzuräumen ist und weiter geplant werden soll, obliegt bei Bundesautobahnen dem Bund als Straßenbaulastträger. Dieser hat sich vor dem Hintergrund des eindeutigen Ergebnisses des Variantenvergleichs für den Ersatzneubau der Talbrücke an Ort und Stelle entsprechend der Bestandsvariante entschieden. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie setzen sich die Berechnungen der Betriebskosten für die Bestandsvariante und der Tunnellösung jeweils im Detail zusammen? Zu den Betriebskosten der Bestandsvariante gehören die Kosten für Winterdienst, Streckenwartung , Reinigen der Fahrbahnen und der Entwässerungseinrichtungen, Pflege der Grünflächen, Beseitigen von Fahrbahnschäden. Bei der Tunnelvariante fallen darüber hinaus Kosten für Betrieb und Wartung der elektrotechnischen Tunnelausstattung (z.B. Beleuchtung, Lüftung, Verkehrstechnik, Überwachung‚ Sicherheitstechnik) und der Brandschutzeinrichtungen an. Eingegangen am 14. August 2015 · Ausgegeben am 22. August 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/2169 14. 08. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2169 Frage 2. Sind die in der Kleinen Anfrage Drs. 19/1580 enthaltenen Kosten nach wie vor aktuell? Frage 3. Wenn nein, welche Änderungen haben sich ergeben? Wegen des Sachzusammenhangs werden die Fragen 2 und 3 zusammen beantwortet. Die in der Kleinen Anfrage Drs. 19/1580 dargelegten Bau- und Grunderwerbskosten sind Ergebnis der Vorplanung sowohl für die Bestands- als auch für die Tunnelvariante. Sie sind wegen der einheitlichen Planungstiefe beider Varianten vergleichbar und waren die Grundlage für die Variantenbewertung. Nach der Entscheidung für die Bestandsvariante wurden die Planungen im Rahmen des Vorentwurfs begonnen. Diese vertiefte Planung, die dem BMVI im Sommer 2015 vorgelegt wird, wird auf Grundlage einer detaillierteren Berechnung dann ggf. zu Modifikationen der Kosten führen. Frage 4. Welche Vorteile sieht die Landesregierung, die nicht im Verhältnis zu den Mehrkosten stehen? Frage 5. Mit welchen "öffentlichen und privaten Belangen" ist die Tunnellösung nach Einschätzung der Landesregierung nicht "besser vereinbar" als die Bestandsvariante? Frage 6. Inwieweit spielen Argumente des Naturschutzes eine Rolle bei der erfolgten Abwägung? Wegen des Sachzusammenhangs werden die Fragen 4 bis 6 zusammen beantwortet. Im Rahmen der Abwägung aller entscheidungsrelevanter Wirkungen und Kriterien erfüllt die Bestandsvariante alle rechtlichen Anforderungen bei gleichzeitig deutlich niedrigeren Kosten. Da auch die Kosten eines öffentlichen Infrastrukturvorhabens einen öffentlichen Belang darstellen und daher in die Abwägung einzubeziehen sind, war allein aus haushaltsrechtlichen Gründen die Bestandsvariante weiter zu verfolgen. Frage 7. Wie bewertet die Landesregierung die Schonung von Natur und Landschaft im Verhältnis zum Schutz der Anwohner? Sowohl die Schonung von Natur und Landschaft als auch der Schutz der Anwohner stellen in einer sachgerechten Abwägung wichtige Belange dar, die ausgerichtet an den Planungszielen sowie den rechtlichen Anforderungen einer angemessenen Bewertung unterzogen werden müssen . Frage 8. Teilt die Landesregierung, die vom Straßenbaulastträger getroffene Entscheidung, die Bestandsvariante umzusetzen, inhaltlich? Frage 9. Wenn ja, aus welchen Gründen teilt die Landesregierung die Auffassung der Bundesregierung in dieser Frage? Wegen des Sachzusammenhangs werden die Fragen 8 und 9 zusammen beantwortet. Das Land Hessen ist Auftragsverwaltung für die hessischen Bundesfernstraßen und setzt innerhalb des verfassungsrechtlichen Rahmens die Vorhaben im Bundesfernstraßenbau um. Die Erfüllung der Aufgaben als Auftragsverwaltung schließt die Beachtung der für Infrastrukturvorhaben maßgebenden fach- und haushaltsrechtlichen Bestimmungen ein. Wiesbaden, 10. August 2015 Tarek Al-Wazir