Kleine Anfrage des Abg. Lenders vom 06.07.2015 betreffend Computer- und Videospielbranche in Hessen und Antwort des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung Vorbemerkung des Fragestellers: Computer- und Videospiele sind das Leitmedium der digitalen Gesellschaft. Fast jeder zweite Deutsche spielt. Die Computer- und Videospielbranche ist ein wichtiger Innovationstreiber; sie verbindet auf einzigartige Weise Kulturgut, globale Unterhaltung und hoch spezialisierte Technologie. Der Markt für Computer- und Videospiele ist ein weltweiter Wachstumsmarkt. Allein in Deutschland wurden 2014 insgesamt 2,67 Mrd. € mit digitalen Spielen und Spielekonsolen umgesetzt. Kein anderer Medien- und Unterhaltungsmarkt in Deutschland kann mit dieser Entwicklung Schritt halten. Allerdings ist Deutschland in erster Linie ein starker Absatzmarkt, aber kein bedeutender Standort für die Produktion von Computer- und Videospielen. Bereits seit längerem droht die deutsche Computer- und Videospielbranche den Anschluss zu verlieren - international wie auch auf dem Heimatmarkt: Zuletzt ist der Marktanteil hierzulande von Produktionen aus Deutschland auf nur noch 7 % gesunken. Vorbemerkung des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: Der Landesregierung ist die Bedeutung der Kultur- und Kreativwirtschaft, zu der die Computerspielbranche gezählt wird, bewusst. Dies findet auch im Koalitionsvertrag Ausdruck, siehe Seite 47: "Hessen hat sich zu einem wichtigen Standort der Kultur- und Kreativwirtschaft entwickelt, in der bereits heute rund 110.000 Menschen beschäftigt sind. (…) Wir wollen Hessens Bedeutung z.B. für die Computerspiele-Industrie, den Design-Bereich, die Filmwirtschaft, die Architektur und die Medienbranche stärken, werden dazu die Anstrengungen des Landes ausweiten und insbesondere den Dialog mit der Kultur- und der Kreativwirtschaft fortsetzen." Dementsprechend steht das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung (HMWEVL) im kontinuierlichen Dialog mit den Vertretern von Verbänden und Unternehmen der Kreativwirtschaft. Zudem organisiert das HMWEVL als Element des Branchendialogs Foren mit Vertreterinnen und Vertretern der Kreativwirtschaft. Das 1. Forum Kreativwirtschaft (Architektur, Design, Kunst) am 17. Juli 2015 in Wiesbaden war der Auftakt einer dreiteiligen Veranstaltungsreihe des HMWEVL. Zwei weitere Foren Kreativwirtschaft für weitere Teilmärkte sind im Herbst und im Winter geplant. Die Computerspielbranche wird zum 2. Forum eingeladen werden. Ausweislich des “Datenreport 2015 Kultur- und Kreativwirtschaft in Hessen. Creative Industries “ (HA Report 890), den die HA Hessen Agentur GmbH im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung 2015 erstellt hat (http://www.hessen-agentur.de/mm/mm001/890_Datenreport_Kulturwirtschaft_2015_aktuell.pdf), ist die Computerspielbranche einer der führenden Teilmärkte in der hessischen Kultur-und Kreativwirtschaft. Die über 20.400 Unternehmen der hessischen Kultur- und Kreativwirtschaft erwirtschafteten im Jahr 2013 rund 11,6 Mrd. € Umsatz. Die Software- und Games-Industrie ist mit 2,9 Mrd. € Umsatz der zweitstärkste Teilmarkt der Kultur- und Kreativwirtschaft. Die sich dynamisch entwickelnde Software- und Games-Industrie in Hessen umfasst insbesondere in der Rhein-Main-Region eine Vielzahl von Computerspielentwicklern und -Verlagen. Mit einem dichten Netz an Software- und IT-Service-Unternehmen zählt die Region zu den bedeutendsten deutschen Softwarestandorten. Gut 3.300 Unternehmen in diesem Teilmarkt erwirtschafteten im Jahr 2013 rund 2,9 Mrd. € Umsatz und beschäftigen knapp 25.900 sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer (2014). Seit dem Jahr 2010 ist die Anzahl der sozialversicheEingegangen am 19. August 2015 · Ausgegeben am 24. August 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/2170 19. 08. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2170 rungspflichtigen Beschäftigten in der Software- und Games-Industrie um gut 7.100 (38 %) mehr gestiegen. Die Unternehmenszahl der hessischen Software- und Games-Industrie hat sich im selben Zeitraum um knapp 16 % erhöht, der Umsatz stieg um 5 %. Die Hessische Landesregierung fördert Existenzgründungen, die Innovation und das Wachstum insbesondere von kleinen und mittleren Unternehmen aller Wirtschaftszweige in ganz Hessen mit zinsgünstigen Krediten, Bürgschaften, Beteiligungen und im Rahmen der Regionalförderung auch mit Investitionszuschüssen. Daneben gibt es Unterstützung bei der Inanspruchnahme von Gründungs- und Unternehmensberatungsleistungen. Diese Fördermöglichkeiten werden auch von Unternehmen der Computer- und Videospielbranche in Hessen genutzt. Die Hessische Landesregierung setzt gleichzeitig auf gute wirtschaftliche Rahmenbedingungen und verbessert kontinuierlich die notwendige digitale Infrastruktur. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Hessischen Minister der Finanzen und dem Hessischen Minister für Soziales und Integration wie folgt: Frage 1. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung seit 2014 unternommen, um die Entwicklung der Computer- und Videospielbranche in Hessen zu fördern? Die Landesregierung unterstützt und begleitet im Rahmen der Aktionslinie Hessen-IT die in Hessen aktiven Initiativen der Games-Branche seit dem Jahr 2006. Insbesondere folgende Maßnahmen wurden zur Unterstützung und Förderung der Computer-und Videospielbranche durchgeführt: a) European Innovative Games Award (E.I.G.A.) 2014 Der E.I.G.A. ist eine Auszeichnung für innovative und technologisch hochwertige Spieleentwicklungen aus Europa. Der E.I.G.A. ehrt besondere Innovationsleistungen in Computer- und Videospielen. Anders als andere Wettbewerbe zeichnet der E.I.G.A. nicht die Publikumslieblinge für ihre Erfolge am Markt aus, sondern bildet das technologische und kreative Potenzial der Spielebranche ab. Der Award soll die innovativsten technologischen Leistungen im europäischen Games-Bereich identifizieren und bekannt machen. Zudem sollen Hessen und die Rhein-Main-Region als starker Game-Cluster positioniert werden. Die Preisverleihung fand am 30.06.2015 im feierlichen Rahmen zur Eröffnung der Ausstellung "Film und Games. Ein Wechselspiel" im Deutschen Filmmuseum unter Beteiligung von Staatsminister Al-Wazir in Frankfurt am Main statt. Das Preisgeld in Höhe von 10.000 € wurde vom HMWEVL im Rahmen der Aktionslinie Hessen-IT bereitgestellt. Veranstalter des European Innovative Games Award ist eine Trägergemeinschaft, der die Wirtschaftsförderung Frankfurt GmbH, die Standortinitiative gamearea-FRM e.V. sowie das HMWEVL im Rahmen der Aktionslinie Hessen-IT angehören. b) gamearea-FRM e.V. und gamescom Ein wichtiger Zusammenschluss von Games-Schaffenden in der Rhein-Main-Region ist die Standortinitiative gamearea-FRM e.V. Ziele und Maßnahmen der gamearea-FRM e.V. sind u.a.: Das Bewusstsein für die Branche in der Region erhöhen, die Vernetzung der Branche und die Durchführung gemeinsamer Aktivitäten wie die Organisation von Veranstaltungen und Gemeinschaftsständen auf Messen. Das Land Hessen unterstützt die gamearea -FRM e.V. seit vielen Jahren im Rahmen der Aktionslinie Hessen-IT. Beim Stand der gamearea-FRM e.V. auf der wichtigsten europäischen Spielemesse gamescom sind seit Jahren die Wirtschaftsförderung Frankfurt und Hessen-IT die wichtigsten Partner und finanziellen Unterstützer. gamearea-FRM e.V. wird durch die Unterstützung von Hessen-IT bei der gamescom 2015 sowohl mit einem Stand im PublikumsBereich als auch mit einer Anlaufstelle im Business-Bereich vertreten sein. c) gameplaces Die Veranstaltungsreihe gameplaces wird von der Wirtschaftsförderung Frankfurt und der gamearea-FRM e.V. mit Unterstützung von Hessen-IT veranstaltet. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe werden an mehreren Terminen im Jahr unterschiedliche Themen der Games-Branche diskutiert (beispielsweise Recht, Datenschutz, Vertragsgestaltung usw.). Hessen-IT unterstützt die Veranstaltungsreihe gameplaces finanziell . Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2170 3 d) Gamedays Die Gamedays sind eine jährliche Veranstaltungsreihe des Multimedia Communications Lab (KOM) der TU Darmstadt. Adressiert werden insb. Serious Games, bspw. Games for Health oder E-Learning-Spiele. Hessen-IT ist seit 2006 Kooperationspartner und finanzieller Unterstützer. e) Exkurs: Förderprogramme im Rahmen von Hessen ModellProjekte in 2012 (erste Staffel) und 2013 (zweite Staffel) Gegenstand der Förderung im Rahmen von Hessen ModellProjekte war die Entwicklung innovativer und qualitativ hochwertiger Projekte im Computer- und Videospielebereich hessischer Unternehmen. Dazu zählten neue Spieletechnologien, neue Einsatzgebiete und Spieleanwendungen sowie Techniktransfer vom Spielesektor in andere Bereiche. Damit sollten insbesondere die anspruchsvollen Teil-Techniken wie Graphik, Animation, Datenverarbeitung, Steuerung und Kompetenzen gefördert werden. Antragsteller mussten nicht zwangsläufig der Games-Branche angehören, sondern nur ein Projekt in diesem Technologiesektor durchführen. Insgesamt wurden für die erste Förderstaffel von Hessen ModellProjekte 15 Bewerbungen eingereicht. Die zur Verfügung stehende Fördersumme (300.000 €) wurde dabei dreieinhalbfach überzeichnet. Bei der zweiten Förderstaffel wurden 22 Bewerbungen eingereicht. Die zur Verfügung stehende Fördersumme (500.000 €) wurde knapp zweieinhalbfach überzeichnet. Die Projekte liefen im Zeitraum Mitte 2012 bis Mitte 2014. f) B3 Biennale des Bewegten Bildes Auch die durch das Land Hessen geförderte B3 Biennale des Bewegten Bildes beschäftigt sich im Rahmen ihrer Leitthematik "Expanded senses" intensiv mit Computerspielen. Aus der Programmbeschreibung: "Analog zur Veränderung aktueller Daseinsweisen inmitten post-industrieller, globalisierter , neo-liberaler Lebensverhältnisse, transformieren sich unsere Sinneswahrnehmungen durch Kommunikationstechnologien, Computerspiele und ästhetische Innovationen der Kino- und TV-Dispositive. Ihr Wirkungsfeld vergrößert sich, alte sinnliche Qualitäten werden abgebaut, während neue sich einstellen." "Die Spannung zwischen den neuen gesellschaftlichen Kräften einer kreativ-medialen Sinnesarbeit und einer mit der Mediennutzung zugleich einhergehenden "machtgeschützten Sinnenblindheit" (Negt) ist das Thema. Im Rahmen der B3 2015 wird das bewegte Bild in seinen mannigfaltigen und diversifizierten Formen zum Leitthema Expanded Senses in Beziehung gesetzt." Frage 2. Welche strategische und nachhaltige Förderung plant die Landesregierung zukünftig? Die Hessische Landesregierung steht in kontinuierlichem Dialog mit den Vertretern der Computerspielbranche um die Rahmenbedingungen für ein nachhaltiges Wachstum der Branche in Hessen zu optimieren. Zudem werden Unternehmerinnen und Unternehmer aus der Branche zum Forum 2. Kreativwirtschaft des HMWEVL ebenso eingeladen, wie zu weiteren Veranstaltungen , die dem Austausch über die Lage und Bedürfnisse der Kreativbranchen dienen. In Hessen hat sich in den letzten Jahren ein starkes Netzwerk an Computer- und VideospielUnternehmen gebildet. Die Entwicklung vor allem der Unternehmens- und Erwerbstätigenzahlen ist sehr erfreulich. Die Computerspielbranche hat in Hessen in den letzten Jahren eine positive wirtschaftliche Entwicklung vollzogen. Von der Computerspielbranche gehen zudem vielfältige technologische, innovative und kreative Impulse aus. Methoden und Technologien von Computer- und Videospielen können etwa im Rahmen der sog. Serious Games bzw. Applied Games in anderen Wirtschaftsbereichen eingesetzt werden. Dieser Technologietransfer wird weiter wachsen. Da die Branche insgesamt einen hohen Fachkräftebedarf hat, sind die Ausbildungsmöglichkeiten gerade bei den staatlichen Hochschulen wichtige Faktoren zur Sicherung des Standortes für die Computerspielbranche. Häufig gehen von diesen hoch qualifizierten Absolventen Unternehmensgründungen aus, denen und ihrem Fortbestand am Standort große Bedeutung für die Branchenentwicklung insgesamt zugemessen wird. Deswegen will die Hessische Landesregierung die gründungsbegleitende Beratung für die Kreativbranche und die Vermittlung entsprechender Angebote insgesamt weiter verbessern. Die Wirtschaftsförderung des Landes, insbesondere die finanziellen Förderungsangebote durch die Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen, steht auch der Computerspielbranche zur Verfügung . Die tatsächliche Wahrnehmung und Nutzung der allgemeinen Förderangebote durch die 4 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2170 Kreativwirtschaft im Allgemeinen und die Computerspielbranche im Besonderen wird gegenwärtig untersucht. Das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung und der Computerspielverband gamearea-FRM e.V. stehen im Dialog darüber, wie vorhandene Förderprogramme für die Computerspielbranche intensiver nutzbar zu machen sind. Gegebenenfalls sollen Angebote modifiziert werden, um ihre Wahrnehmung zu erleichtern. Bislang werden insbesondere die sogenannten Hessen-Mikrodarlehen durch die Kultur-und Kreativwirtschaft nachgefragt. Das vergangene Jahr hat gezeigt, dass die beantragte Darlehenssumme sich überwiegend am oberen Ende des bisher Möglichen bewegte. Daher wurde ab 1. Juli dieses Jahres der maximale Förderhöchstbetrag von 15.000 auf 25.000 € deutlich erhöht. Frage 3. Wie beurteilt die Landesregierung die vom Verband der deutschen Computer- und Videospielbranche beschlossen umfangreiche Förderstrategie "Agenda 2020: für eine starke Computer- und Videospielbranche in Deutschland"? Der Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU) ist ein wichtiger und kompetenter Interessenvertreter der Computerspielbranche. Die Hessische Landesregierung führt den Dialog mit dem BIU ebenso wie mit anderen relevanten Verbänden der Branche, insbesondere der Gamesarea FrankfurtRheinMain oder dem Verband Game. Als Interessenverband setzt sich der BIU "nachhaltig für die gesellschaftliche und kulturelle Akzeptanz digitaler Spiele sowie für die Stärkung des Games-Standorts Deutschland ein. Er ist Mitveranstalter und ideeller Träger der gamescom, Europas größter Branchenmesse, sowie namhafter Förderpreise, Fachtagungen und Konferenzen, darunter der Deutsche Computerspielpreis und die Serious Games Conference." (http://www.biu-online.de/de/verband/ueber-den-biu.html) Die unter dem Titel "Agenda 2020: für eine starke Computer- und Videospielbranche in Deutschland" vorgelegten Überlegungen spiegeln insgesamt nachvollziehbare Überlegungen und Forderungen des BIU im Interesse der von ihm repräsentierten Branche wieder. Sie richten sich insbesondere und nahezu ausschließlich an den Bundesgesetzgeber und die Bundesregierung. Der Hessischen Landesregierung ist bewusst, dass Computerspiele mittlerweile einer der führenden Märkte für Unterhaltung darstellen und teilt die Einschätzung, dass der Bereich durch erhöhte Datenübertragungsvolumina und Datenverarbeitungsfähigkeit noch erhebliche Wachstumspotentiale hat. Die Hessische Landesregierung teilt die Einschätzung des BIU, dass in dem Bereich Computerspiele weit über den ursprünglichen unterhaltenden Markt hinaus erhebliche Potentiale liegen. Themen wie Serious Games und Gamification sind schon heute von Bedeutung und können künftig großen Stellenwert weit über die Computerspielbranche hinaus erreichen . Das Land Hessen ist auf bestem Wege, den auch für die Computerspielbranche wichtigen flächendeckenden Breitbandausbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen (Next Generation Access = NGA) zu gewährleisten. Um einen systematischen und flächendeckenden Ausbau der NGANetze zu erreichen, ist es der Hessischen Landesregierung besonders wichtig, die beteiligten Stakeholder und Akteure in die Strategie des Breitbandausbaus einzubinden und somit gemeinsam den Breitbandausbau zügig und erfolgreich voranzutreiben. Zu den im Positionspapier des BIU vertretenen steuerpolitischen Positionen: a) Doppelte Umsatzbesteuerung vermeiden Zum 1. Januar 2015 wurde die ursprünglich im Telekommunikationsgesetz enthaltene umsatzsteuerrechtliche Fiktion einer Dienstleistungskommission bei Einschaltung weiterer Unternehmerinnen und Unternehmer in über das Telekommunikationsnetz erbrachte Leistungen unmittelbar in § 3 Abs. 11a UStG verortet und steht mit der europarechtlichen Vorgabe aus Art. 9a der Mehrwertsteuer-Durchführungsverordnung (Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1042/2013) in Einklang. Die Anwendung der Grundsätze einer Dienstleistungskommission (sog. Branchenlösung) dient der Vereinfachung und Vereinheitlichung der umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung. Dabei gilt es auch die Gefahr einer Doppelbesteuerung zu vermeiden. Ob die sog. Branchenlösung anwendbar ist oder nicht hängt letztlich von den Umständen des Einzelfalls ab (Vertragsgestaltung, Abrechnung, Ausgestaltung der AGB). Die Umsetzung des § 3 Abs. 11a UStG und die damit im Zusammenhang stehenden Folgewirkungen werden derzeit auf Ebene der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder erörtert. Ziel der Erörterungen ist die Erstellung eines Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF), um eine einheitliche Rechtsanwendung zu gewährleisten . Parallel dazu steht das BMF auch unmittelbar im Austausch mit den betroffenen Verbänden. Nach den hier vorliegenden Informationen hatte der BIU seine Position auch dem BMF gegenüber vorgetragen. Die Einlassungen des Verbandes werden daher bei der weiteren Erörterung berücksichtigt. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2170 5 b) Verfahrenserleichterungen bei Erhebung der Quellensteuer auf Lizenzgebühren Der BIU setzt sich für Erleichterungen bei der Erhebung der Quellensteuer auf Lizenzzahlungen ein. Es ist nicht erkennbar, wie durch diese Maßnahme die inländische Computer - und Videospielbranche gefördert werden soll. Denn die angesprochene Quellensteuer wird auf Lizenzzahlungen erhoben, die von Deutschland ins Ausland fließen. Dies bedeutet aber, dass der entsprechende Spieleentwickler bzw. Rechteinhaber im Ausland und nicht in Hessen sitzt. Verfahrenserleichterungen bei Quellensteuerabzug kämen damit ausländischen Unternehmen zugute, da diese dann nicht - wie bisher - für jeden einzelnen ihrer Vergütungsschuldner unter Nennung der jeweiligen Vergütungen die Freistellung beantragen müssten . c) Aufwandsrückstellungen für Marketingausgaben vom zu versteuernden Gewinn ausnehmen Der BIU fordert, Aufwandsrückstellungen für Marketingausgaben steuerlich zuzulassen. Dies würde dazu führen, dass in der Zukunft anfallende Kosten für Werbung usw. bereits im laufenden Jahr als Betriebsausgabe berücksichtigt werden könnten. Die damit verbundene Minderung der steuerlichen Bemessungsgrundlage hätte einen Steuerstundungseffekt zur Folge. Dieser Forderung kann sowohl aus Haushaltsgründen (beträchtliche Steuerausfälle) als auch aus rechtssystematischen Gründen nicht zugestimmt werden. Die vom BIU gewünschte Ergänzung des § 5 Abs. 4b EStG würde abweichend zur Handelsbilanz eine zusätzliche Rückstellungsbildung in der Steuerbilanz ermöglichen. Das Handelsrecht, das auf dem Gedanken des Gläubigerschutzes aufbaut, berücksichtigt jedoch bereits alle für den Jahresabschluss maßgeblichen gewinnmindernden Aufwendungen . Ergänzende Regelungen im Steuerrecht schränken den handelsrechtlichen Rahmen der Rückstellungsbildung allenfalls ein, sie erweitern jedoch nicht die Möglichkeiten der Rückstellungsbildung. Darüber hinaus ließe sich die Zulassung der Aufwandsrückstellung nicht auf eine Branche bzw. eine Kostenart beschränken, sondern hätte weitreichende Konsequenzen für die steuerliche Rückstellungsbildung, die im Hinblick auf die Auswirkungen für die öffentlichen Haushalte nicht tragbar wären. d) Einführung von Patentboxen Die Einführung von Patentboxen wird von der Hessischen Landesregierung abgelehnt. Zu verweisen ist auf den vom Land Hessen in den Bundesrat eingebrachten Entschließungsantrag zur Förderung von Forschung und Entwicklung (FuE) im Mittelstand sowie zur Einschränkung von Gewinnverlagerungen mithilfe von Lizenzzahlungen (BRDrucksache 318/15). Patentbox-Systeme sind für eine effektive Förderung von FuE nicht geeignet, da sie erst viel zu spät ansetzen, indem sie erfolgreiche Vermarktung steuerlich begünstigen. Eine Subventionierung von FuE-Tätigkeiten ist nur für die Inputseite bei den Forschungsaufwendungen gerechtfertigt. Nur hier liegt ein Marktungleichgewicht vor, da die Gesellschaft von FuE-Tätigkeiten unabhängig vom Erfolg für den Investor profitiert. Außerdem setzen die gegenwärtig existierenden Patentbox-Systeme keine eigene Forschung und Entwicklung voraus, sondern begünstigen auch erworbene Patente oder Markenrechte. Damit leisten sie auch der Gewinnverlagerung ins Ausland und einem unfairen Steuerwettbewerb Vorschub. e) Dreijähriger Aufschub zur Abgabe der Einkommensteuererklärung für Gründer Nach Ansicht des BIU sollten Unternehmensgründer dadurch entlastet werden, dass sie in den ersten drei Jahren von der Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung befreit werden . Es ist nicht erkennbar, wodurch bei Umsetzung dieser Forderung ein Mehrwert für die Unternehmerinnen und Unternehmer entstehen soll. Denn der dreijährige Aufschub soll nur gewährt werden, wenn der Nachweis über eine Zusammenarbeit mit einem Steuerberater /Buchhalter erbracht wird. Gerade in diesen Fällen liegt jedoch keine unmittelbare Beanspruchung des Existenzgründers vor, da die Erledigung der steuerlichen Pflichten vom steuerlichen Berater übernommen wird. Darüber hinaus ist die Erstellung der Steuererklärung nur der letzte Schritt nach Erstellung der laufenden Buchführung und der Bilanzerstellung. Die laufende Buchführung muss jedoch ebenso wie die Bilanzerstellung ohnehin ohne Aufschub vorgenommen werden, beispielsweise aus handelsrechtlichen Vorgaben oder weil die finanzierenden Partner (Kreditinstitute, Investoren) die zeitnahe Vorlage aussagekräftiger Unterlagen verlangen. In der Regel erwirtschaften Existenzgründer in der Anfangsphase Verluste. Für die Ausnahmefälle , bei denen in den ersten drei Jahren bereits Gewinne anfallen und die Anlaufverluste übersteigen, wäre eine Besserstellung der Firmenneugründer in der vom BIU 6 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2170 vorgeschlagenen Form - nämlich ein dreijähriger Aufschub zur Abgabe der Einkommensteuererklärung und ein Hinausschieben der Versteuerung der Gewinne in das vierte Jahr nach Unternehmensgründung - im Hinblick auf den verfassungsrechtlich verankerten Grundsatz der Gleichmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit der Besteuerung und Steuererhebung nicht zu rechtfertigen. Bei Verschiebung der Besteuerung der evtl. Gewinne in das vierte Geschäftsjahr bestünde zudem die Gefahr, dass die Firmengründer, die keine entsprechenden Gelder für die Steuernachzahlungen auf Grund ihres anfänglichen Kapitalbedarfs vorhalten, gleich in Zahlungsschwierigkeiten und damit in ein Insolvenzrisiko geraten könnten. f) Einführung einer steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung Zu verweisen ist auf den vom Land Hessen in den Bundesrat eingebrachten Entschließungsantrag zur Förderung von Forschung und Entwicklung im Mittelstand sowie zur Einschränkung von Gewinnverlagerungen mithilfe von Lizenzzahlungen (BR-Drucksache 318/15). Die Hessische Landesregierung bringt darin zum Ausdruck, dass gerade für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) eine zusätzliche Forschungsförderung notwendig erscheint . Dafür ist nach Ansicht der Hessischen Landesregierung eine Forschungsprämie KMU in Form eines Forschungszuschusses für mit bis zu 250 Arbeitnehmern das effektivste Mittel. Von einer solchen Prämie würde auch die Computer- und Videospielbranche profitieren. g) Crowdfunding muss als unkomplizierte alternative Finanzierungsquelle erhalten bleiben Nach Ansicht des BIU darf es nicht zu einer unverhältnismäßigen Überregulierung des Crowdfundings kommen. Der BIU fordert daher eine Evaluierung der Auswirkungen des Kleinanlegerschutzgesetzes spätestens nach zwei Jahren. Mit dem am 9. Juli 2015 in Kraft getretenen Kleinanlegerschutzgesetz sollen Verbraucherinnen und Verbraucher besser vor unseriösen und intransparenten Finanzprodukten geschützt werden. Dies vor dem Hintergrund, dass in jüngster Zeit Anlegerinnen und Anleger durch Investitionen in Vermögensanlagen des nur eingeschränkt regulierten "Grauen Kapitalmarkts" erhebliche Verluste erlitten haben (z.B. Stichwort "PROKON"). Verbraucherinnen und Verbraucher sollen sich durch das Kleinanlegerschutzgesetz fortan vor dem Erwerb einer Vermögensanlage ein umfassendes Bild von dem angebotenen Produkt und den damit verbundenen Gefahren machen können. Anbieter und Vermittler von Vermögensanlagen müssen daher nun mehr, bessere und aktuellere Informationen in ihren Prospekten veröffentlichen. Weiterhin sieht das Kleinanlegerschutzgesetz prägnante Warnhinweise bei der Werbung für Graumarktprodukte vor. In den Anwendungsbereich des Kleinanlegerschutzgesetzes fällt grundsätzlich auch das Crowdfunding als alternative Finanzierungsmöglichkeit. Die Hessische Landesregierung hat sich sehr aktiv - und letztlich erfolgreich - im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens für eine passgenaue Regelung für Crowdfunding eingesetzt , um die Interessen der Unternehmen und die Verbraucherschutzinteressen jeweils angemessen zu berücksichtigen. So sieht das Gesetz Ausnahmen für das Crowdfunding vor. Projekte, die maximal 2,5 Mio. € einsammeln wollen, sind von der Prospektflicht befreit, sofern ein Anleger maximal 1.000 € investiert oder nachweisen kann, dass er ein höheres Investment finanziell verkraften kann (liquides Vermögen von über 100.000 €). Die Auswirkungen des Kleinanlegerschutzgesetzes auf das Crowdfunding können aufgrund des Inkrafttretens am 09. Juli 2015 derzeit nicht bewertet werden. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens hat das BMF angekündigt, die neuen Regelungen grundsätzlich fünf Jahre nach Inkrafttreten zu evaluieren. Die Evaluierung der speziellen Vorschriften für Crowdfunding soll bereits bis Ende des Jahres 2016 erfolgen. Im Übrigen wird der Forderung des BIU nach einer Evaluierung der Auswirkungen grundsätzlich durch die von der Bundesregierung geplante Wiederholung des Verfahrens zur Überprüfung der Regulierungsmaßnahmen im Finanzmarkt zu Beginn der nächsten Legislaturperiode und sodann im Abstand von vier Jahren Rechnung getragen. Zu den im Positionspapier des BIU vertretenen Positionen zu Ausbildung und Fachkräften : Für ein dauerhaftes Wachstum der Computerspielbranche in Hessen ist es erforderlich, dass hinreichend qualifizierte Mitarbeiter verfügbar sind. In der Games-Branche herrscht dem Vernehmen nach ein Mangel an Fachkräften. Der Bedarf an professionellen SpieleEntwicklern ist hoch. Viele der in der Branche tätigen Personen sind (noch) Quereinsteiger bzw. Autodidakten. Oftmals findet die Qualifizierung erst im Zuge der Arbeit im Unternehmen statt. Dessen ungeachtet verfügt Hessen über ein gutes Ausbildungsangebot im Games-Bereich. So können spezifische Qualifikationen für angehende Game-Designer und-Produzenten an diversen hessischen Hochschulen erworben werden z.B. bei der Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2170 7 Hochschule Darmstadt, Hochschule Rhein-Main, HfG Offenbach, TU Darmstadt und im privatwirtschaftlichen Bereich bei der Games-Academy in Frankfurt. Darüber hinaus hat Deutschland nach Auffassung der Hessischen Landesregierung seine Zuwanderungsgesetzgebung in den letzten Jahren deutlich modernisiert und verfügt nun über Angebote, die sich ausdrücklich an internationale Fachkräfte richten. Die §§ 18 bis 21 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz) treffen dazu zahlreiche Regelungen, und in Form der auf EU-Initiative eingeführten "Blue Card" (als §19a in das deutsche Aufenthaltsgesetz integriert) sollte ein plakativer Anreiz für den Zuzug von qualifizierten Zuwanderern gegeben werden. Mit diesem Instrumentarium trägt die deutsche Zuwanderungspolitik dem Umstand Rechnung, dass ohne die Zuwanderung von Arbeitskräften die Funktionsfähigkeit der Märkte sich nicht verbessern und die Bewältigung der Folgen des jetzt unmittelbar bevorstehenden demografischen Wandels noch weit schwerer fallen würde. Die Hessische Landesregierung sorgt darüber hinaus mit vielfachen Maßnahmen dafür, dass qualifizierte Fachkräfte ihren Weg nach Hessen finden. Dazu sei beispielsweise auf das Online Portal "Make it in Germany" (www.make-it-in-germany.com) verwiesen; dies stellt die Wege nach Deutschland vor und setzt ein Signal der Gastfreundlichkeit. In Frankfurt hat die Hessische Landesregierung vor zwei Jahren das erste hessische WELCOMECENTER für ausländische Fachkräfte eröffnet. Drei Beratungsfachkräfte stehen dort für Anfragen rund um die Region und den neuen Arbeitsplatz bereit. Sie ergänzen die virtuelle Informationsplattform www.work-in-hessen.de. Hier finden Ratsuchende vielfältiges Informationsmaterial in derzeit neun Sprachen zu den Themen Leben und Arbeiten in Hessen. Das WELCOMECENTER HESSEN ist ein Gemeinschaftsprojekt des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration und der Regionaldirektion Hessen und der Agentur für Arbeit Frankfurt/M der Bundesagentur für Arbeit in Kooperation mit der Handwerkskammer RheinMain . Das HMWEVL hat die Beratung neu angekommener ausländischer Fachkräfte in den Jahren 2013 und 2014 mit insgesamt 653.800 € aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds gefördert. Seit 2015 liegt die Zuständigkeit beim Hessischen Ministerium für Soziales und Integration. Zu den im Positionspapier des BIU vertretenen Positionen zum Standortmarketing: Das Standortmarketing in Hessen berücksichtigt dezidiert den Stellenwert und die Bedürfnisse der Computerspielbranche. Die insgesamt starke Konzentration von IKT-Unternehmen in Hessen mit mehr als 10.000 Firmen und mehr als 120.000 Beschäftigten ist von zentraler Bedeutung für das hessische Standortmarketing und die Investitionswerbung im Ausland sowie für die hessische Außenwirtschaft. Der Teilmarkt der Computer- und Videospielbranche in Hessen gibt unserem Land Profil als attraktiver Standort für international ausgerichtete IKT-Unternehmen. Deshalb wurden und werden in 2014 und in 2015 IKT-Unternehmen aus Hessen zur Teilnahme an Wirtschaftsdelegationsreisen unter anderem in die Länder Brasilien, China, Indien, Italien, Mosambik, Niederlande, Oman, Südafrika, Türkei und in die Vereinigten Arabischen Emirate eingeladen. Den teilnehmenden Firmen wird die gezielte Vermittlung von Geschäftskontakten in den besuchten Ländern angeboten. Zugleich wird gemeinsam mit den Unternehmen für Kooperationen mit hessischen Partnern und für den Aufbau von Niederlassungen in Hessen geworben. In 2014 konnten durch die Begleitung durch die Wirtschaftsfördergesellschaft Hessen Trade & Invest GmbH 144 internationale Unternehmen aus aller Welt neu in Hessen angesiedelt oder bestehende Investitionen erweitert werden. Nach 119 Vorhaben im Jahr 2013 verzeichnete Hessen im vergangenen Jahr die bisher höchste Anzahl von ausländischen Investitionsprojekten. Das ist ein Anstieg um 21 %. Im jährlichen Ranking der Bundesländer liegt Hessen regelmäßig auf einer Spitzenposition. Im Jahr 2014 kamen 37 Firmen aus den USA, 32 aus der Volksrepublik China, 13 aus Großbritannien und jeweils neun aus Frankreich und Indien nach Hessen. Damit sind die USA weiterhin für Hessen das wichtigste Herkunftsland ausländischer Direktinvestitionen . Über das hessische Auslandsbüro in New York wurden 18 der insgesamt 37 USAnsiedlungen betreut und darüber hinaus vier kanadische Investitionsprojekte akquiriert. Bei einer Betrachtung nach Branchen bilden die Bereiche Software/IT-Services und der Dienstleistungssektor den Schwerpunkt, weitere Ansiedlungen konnten in den Branchen Biotech/Medizintechnik /Gesundheitswirtschaft, Finanzwirtschaft und Maschinenbau verzeichnet werden. 8 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2170 Aufgrund der Standortvorteile, welche die hessische IKT-Branche auszeichnet, bestehen für die Ausweitung internationaler Kooperationen, den Aufbau von Niederlassungen im Ausland und für die Ansiedlung internationaler Unternehmen in Hessen hervorragende Potenziale. Frage 4. Welche vorgeschlagenen Maßnahmen plant die Landesregierung umzusetzen, bzw. sich für deren Umsetzung einzusetzen? Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. Wiesbaden, 12. August 2015 Tarek Al-Wazir