Kleine Anfrage der Abg. Siebel, Barth und Alex (SPD) vom 14.07.2015 betreffend Dokumentation des Wissens von "aussterbenden" Handwerksberufen und Antwort des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung Vorbemerkung der Fragesteller: Das traditionelle Buchbinden ist eines von mehreren Handwerksberufen mit großer Tradition, die es mit hoher Wahrscheinlichkeit in dieser Form zukünftig nicht mehr geben wird. Vorbemerkung des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: Es gibt zahlreiche Handwerksberufe, die sowohl in traditioneller als auch in kulturprägender Hinsicht von großer Bedeutung sind. Diese unterliegen wie auch jeder andere Beruf dem Wandel der Zeit, geprägt durch technologischen Fortschritt oder Veränderungen von Nachfrage und Kundenverhalten. Viele dieser Berufe entwickeln sich dabei weiter wie z.B. der Beruf des Weinküfers, der mit Erlass der entsprechenden Ausbildungsverordnung im Jahr 2013 zur Weintechnologin /zum Weintechnologen fortentwickelt wurde. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie beurteilt die Landesregierung die wirtschaftliche Situation von traditionellen Handwerksbetrieben in Hessen, wie zum Beispiel des Buchbinders, des Bürstenmachers, des Maßschuhmachers , des Seilers oder Weinküfers? Für das hessische Handwerk stellt sich nach den Ergebnissen des aktuellen Konjunkturberichts (Stand 30. Juni 2015) die wirtschaftliche Situation sehr gut dar. 86,2 % der Betriebe gaben an, ihre aktuelle Geschäftslage mit gut oder befriedigend zu bewerten , ein Plus von 3,7 % zum Vorquartal und 1,7 % zum Vorjahr. Diese Einschätzung erstreckt sich dabei mit kleinen Niveauunterschieden über alle handwerklichen Branchen und schließt damit auch die traditionellen Gewerke mit ein. Der Konjunkturbericht zeigt außerdem, dass die Umsatzentwicklung bei den meisten Betrieben günstig ist. 80,6 % der Betriebe konnten den Vorquartals- und Vorjahresumsatz halten oder sogar noch steigern. Frage 2. Welche Handwerksberufe zählt die Landesregierung zu den "aussterbenden" Handwerksberufen? Unter dem Begriff der "aussterbenden Handwerksberufe" lassen sich aus Sicht der Landesregierung diejenigen Berufe zusammenfassen, für die es aufgrund veränderter Rahmenbedingungen am Markt auf Dauer keine Nachfrage mehr gibt. Indikatoren hierfür sind rückläufige Zahlen bei den einschlägigen Betrieben und dass in diesen Berufen nicht mehr ausgebildet wird. Eine umfassende Auflistung solcher Berufe liegt der Landesregierung nicht vor. Zu unterscheiden von den "aussterbenden" Handwerksberufen sind die sogenannten "Nischenberufe ", die sich meist durch kleine Ausbildungs- bzw. Betriebszahlen auszeichnen und teilweise nur in bestimmten Regionen ansässig sind, für die jedoch ein kontinuierlicher Bedarf auf niedrigem Niveau besteht. Beispiel hierfür ist der Beruf der Geigenbauerin/des Geigenbauers. Frage 3. Was unternimmt die Landesregierung, um das Wissen "aussterbender" Handwerksberufe zu dokumentieren und zu archivieren? Frage 4. In welcher Höhe werden solche Dokumentationen finanziert? Eingegangen am 9. September 2015 · Ausgegeben am 16. September 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/2218 09. 09. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2218 Frage 5. Was unternimmt die Landesregierung, um vom "Aussterben" bedrohte Handwerksberufe zu unterstützen? Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 3 bis 5 zusammen beantwortet. Grundsätzlich fällt die Zuständigkeit für die Handwerksordnung und daraus resultierend auch für die Handwerksberufe in die Zuständigkeit des Bundes. Daraus ergibt sich auch, dass viele Bemühungen und Maßnahmen zum Erhalt oder zur Unterstützung der bedrohten Handwerksberufe sowie die Dokumentation und Archivierung entsprechenden Wissens auf Bundesebene zu finden sind. Zur Bewahrung von althergebrachtem Handwerkswissen und von althergebrachten Handwerkstraditionen in Hessen unterstützt die Hessische Landesregierung beispielsweise die Freilichtmuseum Hessenpark GmbH, die zu 100 % vom Land Hessen gehalten wird. Hier werden nicht nur Werkzeuge und Geräte alter ländlicher Gewerke, sondern auch die traditionellen Arbeitstechniken bewahrt, die den Besucherinnen und Besuchern in Vorführungen nahe gebracht werden. Förder- und Finanzierungsangebote der Hessischen Landesregierung im Rahmen der Richtlinien des Landes Hessen zur Gründungs- und Mittelstandsförderung stehen allen Wirtschaftszweigen offen. Spezielle Förderungen für vom Aussterben bedrohte Handwerksberufe gibt es dabei nicht, sie profitieren jedoch von der Gesamtförderstrategie des Landes wie beispielsweise bei der Förderung von Existenzgründungen und Betriebsübernahmen. Wiesbaden, 28. August 2015 In Vertretung: Mathias Samson