Kleine Anfrage der Abg. Schott (DIE LINKE) vom 14.07.2015 betreffend Verträge zur Regelung der Rücknahme der Castoren von den Wiederaufbereitungsanlagen in Frankreich und England und Antwort der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Vorbemerkung der Fragesteller: Die Bundesumweltministerin Barbara Hendricks hat verfügt, dass 26 Castoren aus Sellafield (21) und La Hague (5) auf Standortzwischenlager in Deutschland aufzuteilen sind. Davon sollen ab 2018 - neben Brockdorf, Landshut und Philippsburg - auch 7 bis 9 Castoren nach Biblis transportiert werden. Grundlage dieser 'Rücknahme' seien völkerrechtlich verbindliche Vereinbarungen (im Folgenden Verträge), zu denen man stehen müsse und dass dies eine Frage von "Glaubwürdigkeit, Zuverlässigkeit, Vertrauen und Gerechtigkeit " sei. Nachfragen zu den Inhalten der Verträge - zuletzt auf der Sitzung des Informationsforums AKW Biblis am 07.07.2015 - blieben aber unbeantwortet. Vorbemerkung der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz : Bestrahlte Kernbrennstoffe aus Deutschland wurden zur Wiederaufarbeitung nach Frankreich und Großbritannien verbracht. In Verbindung mit den völkerrechtlich verbindlichen Vereinbarungen zur Rückführung der radioaktiven Abfälle aus den Wiederaufarbeitungsanlagen in Frankreich und Großbritannien hat Bundesumweltministerin Barbara Hendricks ein Konzept zur Verteilung der verglasten radioaktiven Abfälle auf vier Standortzwischenlager unterbreitet. Mit dem Konzept soll aufgezeigt werden, wie die Energieversorgungsunternehmen (EVU) ihre gesetzlichen Verpflichtungen zur Rückführung und Aufbewahrung der verglasten radioaktiven Abfälle aus den Wiederaufarbeitungsanlagen in Frankreich und Großbritannien erfüllen können. Entsprechend dem vorgeschlagenen Konzept sollen im Standortzwischenlager Philippsburg in Baden Württemberg fünf CASTOR®- Behälter aus Frankreich mit verglasten mittelradioaktiven Abfällen aufbewahrt werden. Auf die Zwischenlager an den Standorten Biblis (Hessen), Brokdorf (Schleswig-Holstein) und Isar (Bayern) sollen die insgesamt 21 CASTOR®- Behälter mit verglasten hoch radioaktiven Abfällen aus der Wiederaufarbeitungsanlage in Großbritannien verteilt werden. In diesem Zusammenhang sind für das Zwischenlager am Kraftwerksstandort Biblis bis zu sieben CASTOR®- Behälter für die Zwischenlagerung vorgesehen. Die im Vorwort zur kleinen Anfrage getroffene Aussage, dass nach Biblis sieben bis neun Castoren transportiert werden sollen, ist dem Konzept der Bundesumweltministerin nicht zu entnehmen. Gemäß § 9 a Absatz 2 a des Atomgesetzes haben die Betreiber von Kernkraftwerken dafür zu sorgen, dass die aus der Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe im Ausland stammenden verfestigten Spaltproduktlösungen zurückgenommen und in standortnahen Zwischenlagern bis zu deren Ablieferung an eine Anlage zur Endlagerung radioaktiver Abfälle aufbewahrt werden. Die Hessische Landesregierung hat wiederholt darauf hingewiesen, dass Hessen nach sachlicher und fachlicher Prüfung eine Zwischenlagerung von CASTOR®- Behältern mit radioaktivem Abfall aus den europäischen Wiederaufarbeitungsanlagen akzeptieren würde. Dies ist im Koalitionsvertrag der Hessischen Landesregierung festgelegt und an dieser grundsätzlichen Position hält Hessen weiterhin fest. Diese Vorbemerkungen vorangestellt beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Eingegangen am 21. August 2015 · Ausgegeben am 26. August 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/2219 21. 08. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2219 Frage 1. Sind der Hessischen Landesregierung die Inhalte dieser Verträge bekannt und wenn ja woher? Dem Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (HMUKLV) sind Inhalte von Notenwechseln zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich bzw. zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland bekannt. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit hat die Inhalte der zuvor angegebenen Notenwechsel dem HMUKLV übermittelt. Frage 2. Sind die Vertragstexte öffentlich zugänglich? Die in der Antwort zur Frage 1 angegebenen Notenwechsel wurden im Zuständigkeitsbereich des Auswärtigen Amts erstellt. In wieweit diese Notenwechsel öffentlich zugänglich sind, wird von dieser Behörde entschieden. Öffentlich zugängliche Quellen, die den Inhalt der Notenwechsel wiedergeben, sind der Hessischen Landesregierung nicht bekannt. Frage 3. Zwischen wem (beteiligte Unternehmen, den Staaten oder zwischen beiden Ebenen) sind die Verträge geschlossen worden? Es bestehen völkerrechtlich verbindliche Notenwechsel zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich sowie zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland. Frage 4. Welche staatlichen Zusagen oder Garantien sind im Zusammenhang mit den geschlossenen Verträgen gegeben worden? Hierzu hat das Bundesumweltministerium auf Anfrage folgendes schriftlich mitgeteilt: "Im Rahmen der völkerrechtlichen Notenwechsel wurde seitens DEU unter anderem zugesichert, einer Rücklieferung der aus der Wiederaufarbeitung resultierenden radioaktiven Abfälle nicht entgegenzustehen." Frage 5. Auf welcher Grundlage wurden die Fristen für den "Rücktransport"- aktuell 2020 (s. Hubertus Zdebel MdB, DIE LINKE, Bundesdrucksache 18/4641, Antwort auf Frage 26) - in der Vergangenheit mehrfach verändert? Ziel der Bundesregierung ist die Rückführung der 26 Behälter mit verglasten radioaktiven Abfällen aus den europäischen Wiederaufarbeitungsanlagen bis etwa 2020. Die konkreten Transporttermine werden in bilateralen Arbeitsgruppen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich beziehungsweise zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland festgelegt. Frage 6. Gibt es in den Verträgen Klauseln, die - im Falle sich ändernder Rahmenbedingungen - Nachoder Neuverhandlungen ermöglichen oder vorschreiben? Grundsätzlich können Verträge und Vereinbarungen mit dem Einverständnis der Vertragspartner geändert werden. Frage 7. Welche Festlegungen gibt es in den Verträgen zur Übernahme der Kosten für die "Rückführungen " der Castoren? Die Kosten im Zusammenhang mit der Rückführung sind von den Verursachern und somit von den Energieversorgungsunternehmen zu tragen. Frage 8. Welche Hinweise oder Regeln zur Festlegungen der Bestimmungsorte der Castoren werden in den Verträgen gegeben? Festlegungen im Hinblick auf das Ziel von Transporten sind nicht Inhalt von Vereinbarungen. In Deutschland ist das mögliche Ziel der Rückführung der aus der Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe im Ausland stammenden verfestigten Spaltproduktlösungen mit § 9a Absatz 2a des Atomgesetzes geregelt. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2219 3 Frage 9. Wird in den Verträgen Bezug auf ursprüngliche Verursacher, auf Standort-Zwischenlager oder nationale Endlager genommen? Die Masse und Aktivität der rückzuführenden Abfälle korreliert mit der aus Deutschland angelieferten Masse und dem Abbrand der Brennelemente. Es wird jedem Vertragspartner (EVU) eine bestimmte Masse an Abfällen zugeordnet. Aus logistischen Gründen werden die Abfälle als Ganzes in CASTOR®- Behälter verpackt, transportiert und zwischengelagert. Im Übrigen gelten die in der Antwort zur Frage 6 bereits dargelegten Regelungen des § 9 a Absatz 2 a des Atomgesetzes . Wiesbaden, 10. August 2015 Priska Hinz