Kleine Anfrage des Abg. Greilich (FDP) vom 29.07.2015 betreffend Abweichungsverfahren zu Regionalplänen grundsätzlich als Ausnahme - Ineffizienz und starke Belastung für Regionalversammlung und Antwort des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung Vorbemerkung des Fragestellers: Die Abweichungsverfahren zu den Regionalplänen stellen dem Grunde nach die Ausnahme dar. In der Praxis finden allerdings unzählige davon statt. Auch für kleinste Erweiterungen von z.B. Lebensmittelmärkten werden Abweichungsverfahren initiiert. Diese Abweichungen jedoch fließen generell in die Fortschreibung der Regionalpläne nicht ein. Vielmehr verfällt eine genehmigte Abweichung mit der Fortschreibung nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VGH), wenn die Projekte bis zum Inkrafttreten des neuen Regionalplans nicht umgesetzt sind. Dies stellt eine starke Belastung für die Ausschüsse der Regionalversammlung dar, die mangels Fortschreibung dann auch noch ineffektiv ist. Diese Vorbemerkungen des Fragestellers vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie viele Abweichungsverfahren haben zu den heute gültigen Regionalplänen Nord-, Mittel und Südhessen bis 30.06.2015 stattgefunden? Insgesamt wurden in den geltenden Regionalplänen Nord-, Mittel und Südhessen bis zum 30.06.2015 insgesamt 139 Zielabweichungsverfahren durchgeführt. Frage 2. Wie verteilen sich diese Abweichungsverfahren auf die drei Pläne Nord-, Mittel- und Südhessen? In Nordhessen wurden insgesamt 61 Zielabweichungsanträge bearbeitet, davon sind derzeit noch vier im laufenden Verfahren. Zu dem aktuellen Regionalplan Mittelhessen wurden bis zum 30.06.2015 insgesamt 62 Zielabweichungsverfahren durchgeführt. Von der Regionalversammlung Südhessen wurden insgesamt 16 Zielabweichungsverfahren entschieden. Frage 3. Zu welchen der nachgenannten Themenkomplexe wurden - getrennt nach den drei Plänen dargestellt - Abweichungsverfahren beantragt? Die beantragten Zielabweichungsverfahren verteilen sich über die genannten Themenkomplexe wie in der nachfolgenden Tabelle dargestellt: Regierungsbezirk/ Themenkomplex Darmstadt Gießen Kassel Gesamt a) Einzelhandelsausschluss Gewerbe- und Industriegebiet 2 21 19 42 b) Zentrale-Orte-Prinzip 0 14 13 27 c) Vorranggebiete Land- und Forst- wirtschaft 8 34 36 78 d) Vorranggebiet Regionaler Grünzug 4 9 2 15 Eingegangen am 21. August 2015 · Ausgegeben am 26. August 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/2311 21. 08. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2311 Bei der Tabellenauswertung ist zu berücksichtigen, dass ein Abweichungsantrag auch mehrere Themenfelder betreffen kann. Unter dem Themenkomplex "Zentrale-Orte-Prinzip" wurden die Abweichungen vom Zentralitäts- und Kongruenzgebot durch großflächige Einzelhandelsvorhaben subsumiert. Frage 4. Wie viele dieser benannten Abweichungsverfahren waren erfolgreich? In Nordhessen befinden sich von den 61 Zielabweichungsverfahren noch vier im laufenden Verfahren . In 54 Fällen wurden die Abweichungen, zum Teil mit Maßgaben, positiv beschieden. In drei Fällen wurde die Zulassung durch Beschluss der Regionalversammlung versagt. In Mittelhessen wurden von den insgesamt 62 Zielabweichungsverfahren 58 (unter Maßgaben) zugelassen bzw. teilweise zugelassen, vier wurden eingestellt. Die Regionalversammlung Südhessen hat von insgesamt 16 Verfahren 14 positiv und zwei negativ beschieden. Bei der Interpretation dieser Zahlen ist zu beachten, dass die potenziellen Antragsteller vor der offiziellen Antragstellung auf Zielabweichung in der Regel Gespräche mit den Regierungspräsidien führen. Ergebnis dieser Beratungen können sowohl Modifizierungen im Sinne von Reduzierungen des Abweichungsgegenstands, als auch der Verzicht auf Antragstellung wegen geringer Erfolgsaussichten sein. Frage 5. Wie viele Abweichungsverfahren zu den Vorgängerplänen der heute gültigen Pläne wurden in der Fortschreibung übernommen? Abweichungsverfahren bzw. deren Ergebnisse werden nicht generell in die Fortschreibung übernommen. Sofern sie darstellungsrelevant, vollzogen und bekannt sind, fließen die Ergebnisse der nachfolgenden Planungsschritte (z.B. rechtswirksame Bebauungspläne, Genehmigungen nach BImSchG, bergrechtliche Genehmigungen, Planfeststellungen) als Bestandsdarstellung in den Plan ein. In der Regel stellen zunächst Planungsabsichten die Ursache für ein Zielabweichungsverfahren dar. Die Zulassung einer Abweichung ermöglicht dann raumordnerisch die notwendigen nachfolgenden Planungsprozesse bis zur Umsetzung. Auf den Prozess dieser nachfolgenden Planung hat die Regionalplanung keinen Einfluss. Diese müssen der oberen Landesplanungsbehörde auch nicht angezeigt werden. Wie viele der Abweichungsentscheidungen zu den Vorgängerplänen in die heute gültigen Regionalpläne eingeflossen bzw. weiterhin gültig sind, kann daher nicht quantitativ beantwortet werden. Wiesbaden, 13. August 2015 Tarek Al-Wazir