Kleine Anfrage der Abg. Kummer und Gremmels (SPD) vom 30.07.2015 betreffend Tiefengeothermiekraftwerk in Hessen und Antwort des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung Vorbemerkung der Fragesteller: Wie der Presse zu entnehmen war, laufen derzeit die vorbereitenden Arbeiten für Hessens erstes Tiefengeothermiekraftwerk in der Gemeinde Trebur im Kreis Groß-Gerau. Aktuell wird der Bohrplatz hergestellt und Anfang nächsten Jahres sollen die Tiefbohrarbeiten starten. Im Mai 2014 sicherte der Minister dem Projektbetreiber ÜWG die Unterstützung der Landesregierung zu. Vorbemerkung des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: Erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Energieeinsparung sind die entscheidenden Hebel, um eine nachhaltige, sichere und bezahlbare Energieversorgung zu erreichen. Die Energiewende ist daher ein zentrales Vorhaben der Hessischen Landesregierung. Projekte wie das Tiefbohrprojekt der ÜWG tragen dazu bei, Potenziale der Energiewende zu erschließen und darüber hinaus die technisch-wissenschaftlichen Grundlagen der Energiewende signifikant zu erweitern. Daher unterstützt die Hessische Landesregierung solche Projekte, auch wenn - wie im vorliegenden Fall - eine direkte finanzielle Förderung aus verschiedenen Gründen nicht möglich ist. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie definiert die Landesregierung ihr Interesse an der Realisierung des ersten geothermischen Kraftwerks in Hessen? Das Tiefengeothermieprojekt der ÜWG ist im Hinblick auf die Energiepolitik der Hessischen Landesregierung aus mehreren Gründen von Interesse. Zum einen gibt es in Hessen noch kein vergleichbares Projekt. Das Vorhaben der ÜWG hat daher in Bezug auf Planung und technologische Realisierung einen ausgesprochenen Pilotcharakter für mögliche künftige Projekte, auch über die Landesgrenzen hinaus. Daher ist davon auszugehen , dass durch die mehr als 3000 Meter tief reichende Bohrung die vorhandene Datengrundlage für die Modellierung des tiefengeothermischen Potenzials im Rheingraben entscheidend verbessert werden kann. Zum anderen leistet das Projekt einen wichtigen Beitrag zu dem energiepolitischen Ziel, neben dem Strombedarf bis zum Jahr 2050 auch den Wärmebedarf in Hessen möglichst zu 100 Prozent aus regenerativen Quellen zu decken. Da die anderen großen Quellen zur regenerativen Wärmebereitstellung entweder die Grenzen ihres Potenzials in absehbarer Zeit erreicht haben werden (Holz, sonstige Biomasse) oder nur begrenzt bereitstehen, wenn der Heizwärmebedarf am höchsten ist (Solarthermie), wird es zur Erreichung dieses Ziels sinnvoll sein, künftig den Einsatz tiefengeothermische Verfahren zu prüfen. Frage 2. Wie hat die Hessische Landesregierung das Projekt bisher gefördert und unterstützt? Frage 3. Welche direkten oder indirekten Förderinstrumente auf Landesebene wurden geprüft, um das Projekt zu unterstützen und zu welchem Ergebnis kam die Prüfung? Die Fragen 2 und 3 werden wegen ihres Sachzusammenhangs zusammen beantwortet. Im Vorfeld waren zwischen dem Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung (HMWEVL) und der ÜWG verschiedene prinzipiell Erfolg versprechende Eingegangen am 21. August 2015 · Ausgegeben am 26. August 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/2319 21. 08. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2319 Fördermöglichkeiten für das Projekt erörtert worden. Letztlich konnte aber eine finanzielle Förderung aus Landesmitteln auch deswegen nicht realisiert werden, weil durch die Erkundung und technische Vorbereitung des Bohrplatzes und die Ausschreibung der Bohrung im Mai 2015 der Sachverhalt eines vorzeitigen Maßnahmenbeginns erfüllt wurde. Damit sind die Voraussetzungen für eine Zuwendung auf der Grundlage des Hessischen Energiezukunftsgesetzes in Verbindung mit den derzeit gültigen Förderrichtlinien des Landes Hessen entfallen. Frage 4. Das größte Risiko einer tiefengeothermischen Bohrung liegt in der Fündigkeit. Hat das Land Hessen in diesem Punkt einen Vorschlag unterbreitet, einen Teil des Risikos zu übernehmen, da eine privatwirtschaftliche Versicherungslösung zur Zeit nicht möglich ist? Eine mögliche Beteiligung des Landes an der finanziellen Absicherung des Fündigkeitsrisikos wurde geprüft. Eine Umsetzung war aber nicht möglich, da derzeit keine diesbezügliche Versicherung existiert. Ein daraufhin durch das HMWEVL entwickelter Vorschlag, das Projekt durch eine im Fall der Fündigkeit rückzahlbare Zuwendung abzusichern, konnte aufgrund des in der Antwort zu den Fragen 2 und 3 erwähnten vorzeitigen Maßnahmenbeginns, der eine Förderung nach den geltenden Richtlinien ausschließt, nicht weiterverfolgt werden. Frage 5. In anderen Bundesländern (Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg) wurden erste (Pilot-)Projekte direkt oder indirekt finanziell mit Landesmitteln unterstützt. Plant die Hessische Landesregierung etwas Vergleichbares? Wie in der Antwort zu Frage 1 ausgeführt, ist das Projekt der ÜWG aus Sicht der Landesregierung ein wichtiger Baustein zur technologischen Umsetzung der Energiewende. Da aufgrund des vorzeitigen Maßnahmenbeginns eine finanzielle Förderung des Bohrprojektes nicht mehr möglich ist, wurde der ÜWG Unterstützung bei der wissenschaftlichen Begleitung des Vorhabens vorgeschlagen. Hierfür hat das Hessische Landesamt für Umwelt und Geologie bereits einen Maßnahmenkatalog erstellt. Darüber hinaus wird derzeit geprüft, ob und inwieweit Anlagen zur Wärmenutzung (z. B. Nahwärmenetze ) oder sonstige Energieanlagen, die im Zusammenhang mit dem Bohrvorhaben ggf. zu errichten wären, im Rahmen der Technologieförderung des HMWEVL finanziell gefördert werden können. Frage 6. Gibt es für den Fall, dass die erste Bohrung in Hessen nicht fündig ist, Planungen, die Investoren finanziell zu entlasten? Wenn ja, wie? Insgesamt wird für das Projekt ein Finanzierungsbedarf in Höhe von rund 12 Millionen Euro veranschlagt. Zwischenzeitlich hat die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) der ÜWG einen Tilgungszuschuss in Höhe von rund 2 Millionen € gewährt. Da aufgrund vorliegender Fündigkeitsprognosen gute Erfolgschancen für das Projekt erwartet werden, hat die ÜWG mit Zustimmung der Muttergesellschaft Stadtwerke Mainz die Entscheidung getroffen, das Risiko des Nichtfündigwerdens bei der ersten Bohrung selbst zu tragen. Eine landesseitige Entlastung des Unternehmens bei Nichtfündigwerden ist nicht vorgesehen bzw. aufgrund des vorzeitigen Maßnahmenbeginns fördertechnisch auch nicht möglich. Wiesbaden, 13. August 2015 Tarek Al-Wazir