Kleine Anfrage des Abg. Grüger (SPD) vom 06.08.2015 betreffend PV Kleinanlagen mit Stecker-Anschluss an das Hausnetz und Antwort des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung Die Kleine Anfrage beantworte ich wie folgt: Frage 1. Wie schätzt die Landesregierung Mikro-Photovoltaik-Anlagen zur Einspeisung in das Haus- bzw. Wohnungsnetz, auch "Plug-In-Photovoltaik-Anlagen" genannt, als Beitrag zur Energiewende in Bürgerhand und zur Eigenstromversorgung ein? Plug-In-Photovoltaik-Anlagen stellen eine Möglichkeit zur Nutzung selbst erzeugter elektrischer Energie in kleinem Maßstab dar. Ihre Besonderheiten liegen darin, dass sie nur einen geringen Platzbedarf haben und über eine haushaltsübliche Steckdose an die Stromversorgung einer Wohnung oder eines Gebäudes angeschlossen werden können. Insgesamt sind aber die erzeugten Strommengen sehr gering und tragen nicht zu einer messbaren Entlastung des Stromnetzes bei. Darüber hinaus bestehen erhebliche Bedenken hinsichtlich der sicheren Betriebsweise. Diese ist nicht gegeben, wenn die Anlage über den mitgelieferten Standardstecker ohne Weiteres mit dem Gebäudestromnetz verbunden wird (Gefahr von Personen - und Sachschäden sowie Haftungsrisiken). Soll eine Plug-In-PV-Anlage sicher und normgerecht betrieben werden, muss ein fachlich entsprechend qualifizierter Handwerker die Installation vornehmen und zusätzlich zu den bestehenden Schutzeinrichtungen absichern. Dies bedeutet einen nicht unerheblichen finanziellen Mehraufwand, der u.U. in keinem wirtschaftlichen Verhältnis zum möglichen Ertrag steht. Hinzu kommt die Verpflichtung, den Betrieb einer solchen Anlage beim zuständigen Netzbetreiber anzumelden, der wiederum die Inbetriebnahme von der Einhaltung bestimmter technischer Maßnahmen abhängig machen kann. Vor diesem Hintergrund sieht die Landesregierung die Plug-In-Technik für kleine PV-Anlagen unter der Maßgabe eines sicheren und normgerechten Betriebes zwar als eine Möglichkeit zur Verbreitung der Eigenstromerzeugung im Bereich der privaten Haushalte an. Der Nutzen für die Energiewirtschaft bzw. den Fortschritt der Energiewende ist aber unter den aktuell gültigen Rahmenbedingungen als äußerst gering einzuschätzen. Daher sollte bei der Stromerzeugung durch Photovoltaik auf die bewährten normgerechten und gesetzeskonformen Konzepte und Installationstechniken gesetzt werden. Mieterstrommodelle, bei denen Photovoltaik zur direkten hauseigenen Stromversorgung genutzt wird, sind dem Einsatz von Plug-In-PV-Anlagen in wirtschaftlicher und technischer Hinsicht deutlich überlegen. Das Land Hessen wird solche Modelle in den kommenden Jahren mit einem entsprechenden Förderprojekt im Rahmen der Energie-Agenda 2015 standardisieren. Frage 2. Verfügen bereits Ministerien oder andere Landesbehörden in Hessen über Plug-In-Anlagen und würden sie dafür Werbung machen wie beispielsweise das Wirtschaftsministerium RheinlandPfalz ? Die Liegenschaften des Landes Hessen sind bislang nicht mit Plug-In-Anlagen ausgestattet. Dies ist nach Auskunft durch das Hessische Immobilienmanagement aus technischen, baulichen, ökoEingegangen am 9. September 2015 · Ausgegeben am 17. September 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/2329 09. 09. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2329 logischen und wirtschaftlichen Gründen auch künftig nicht beabsichtigt. Demzufolge wird die Technik durch das Land z.B. im Sinne einer Vorbildfunktion auch nicht beworben. Die im Wirtschaftsministerium Rheinland-Pfalz installierte Anlage dient vorrangig dem Zweck, die prinzipielle Anwendbarkeit der Plug-In-PV-Technologie zu demonstrieren. Sie ist die einzige , in einer Liegenschaft installierte Plug-In-PV-Anlage in Rheinland-Pfalz. Frage 3. Welche Vorschriften sind bei der Nutzung dieser Anlagen zu beachten? Bei der Nutzung von Plug-In-PV-Anlagen sind einige gesetzliche und normative Grundlagen zu beachten, insbesondere das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), die DIN VDE 0100-551 sowie die Niederspannungs-Anschlussverordnung (NAV). Energiewirtschaftsgesetz: Grundsätzlich sind Energieanlagen gemäß § 49 Abs. 1 EnWG so zu errichten und zu betreiben, dass die technische Sicherheit gewährleistet ist. DIN VDE 0100-551: Zur Gewährleistung der technischen Sicherheit gemäß § 49 EnWG sind - vorbehaltlich sonstiger Rechtsvorschriften - die allgemein anerkannten Regeln der Technik zu beachten, hier das Regelwerk des Verbandes der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik e.V. (VDE). Die einschlägige Norm ist in diesem Zusammenhang die DIN VDE 0100-551 (Errichten von Niederspannungs-Stromerzeugungs-Einrichtungen). Nach dieser Norm ist das Einstecken einer Erzeugungsanlage wie z.B. einer Plug-InPhotovoltaik -Anlage in die Steckdose nicht mit dem Einstecken eines elektrischen Verbrauchsgerätes zu vergleichen und daher unzulässig. Denn die elektrische Anlage in Gebäuden ist i.d.R. auf eine zentrale Einspeisung elektrischer Energie ausgelegt und wird - ausgehend von diesem Netzanschluss - über entsprechende Schutzeinrichtungen (Sicherungen) bis zu den Steckdosen für die elektrischen Verbrauchsgeräte verteilt . Wird beispielsweise eine Plug-In-PV-Anlage über eine Haushaltssteckdose mit dem Gebäudenetz verbunden, können die Sicherungseinrichtungen in ihrer Funktion negativ beeinflusst werden , da sie den in die Steckdose rückgespeisten Strom nicht erkennen und auf ihn nicht ordnungsgemäß reagieren können. Aus diesem Grund kann es zur Überlastung von Stromkreisen und dadurch zu Bränden und anderen Unfällen kommen, bei denen i.d.R. der Nutzer selbst haftet . Seitens der Anlagenhersteller wird häufig kritisiert, dass die VDE-Regelwerke zu Plug-In-PVAnlagen zu weitgehend sind und die Verbreitung einer energiewirtschaftlich sinnvollen Technik behindern. Zur Feststellung eines etwaigen Überarbeitungsbedarfs führt daher die vom VDE getragene Deutsche Kommission für Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (DKE) als zentrale Normungsorganisation in diesem Bereich derzeit Gespräche mit verschiedenen Herstellern. Niederspannungs-Anschlussverordnung (NAV): Die NAV fordert in § 13 Abs. 2, dass unzulässige Rückwirkungen auf das vorgelagerte Stromnetz ausgeschlossen werden müssen. U. a. um dies zu gewährleisten, dürfen Plug-In-PV-Anlagen wiederum nur nach den anerkannten Regeln der Technik, d.h. nach dem oben beschriebenen VDE-Regelwerk errichtet und betrieben werden. Darüber hinaus muss der Anschlussnehmer oder -nutzer grundsätzlich vor der Errichtung einer Anlage zur Erzeugung von Elektrizität zur Deckung des Eigenbedarfs dem jeweiligen Netzbetreiber sein Vorhaben mitteilen und den Anschluss mit dem Netzbetreiber abstimmen (§ 19 Abs. 3 NAV). Dieser kann den Anschluss dann von der Einhaltung bestimmter technischer Maßnahmen abhängig machen (§ 20 NAV). Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2329 3 Frage 4. Bei welcher Stelle können interessierte Bürgerinnen und Bürger Information und Beratung seitens des Landes Hessen zu solchen Anlagen erhalten? Frage 5. Verfügt die Landesregierung über eigene Informationsschriften zu diesem Thema oder würde sie welche erstellen? Die Fragen 4 und 5 werden wegen ihres Sachzusammenhangs zusammen beantwortet. Seitens des Landes Hessen existiert kein entsprechendes Informations- und Beratungsangebot. Die Landesregierung verfügt auch nicht über eigene Informationsschriften zu Plug-In-PVAnlagen . Die Erstellung solcher Materialien kommt erst dann in Betracht, wenn die Anlagen auf der Grundlage der einschlägigen und ggf. an die aktuelle technische Entwicklung anzupassenden Regelwerke sicher betrieben werden können. Frage 6. Wird sich die Landesregierung gegenüber den Netzbetreibern und der Bundesnetzagentur für den Abbau von Vorbehalten gegen solche Anlagen sowie für einheitliche Anschlussregeln einsetzen? Die Landesregierung wird sich ggf. entsprechend einsetzen, wenn der sichere Betrieb der Anlagen im Einklang mit den einschlägigen Regelwerken sichergestellt werden kann. Wiesbaden, 27. August 2015 In Vertretung: Mathias Samson