Kleine Anfrage der Abg. Barth und Gremmels (SPD) vom 25.08.2015 betreffend Deponierung von Erdaushub und Böden in Hessen II und Antwort der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Vorbemerkung der Fragesteller: Die folgenden Fragen werden in fachlichem Zusammenhang mit der Kleinen Anfrage Barth und Gremmels betreffend Deponierung von Erdaushub und Böden in Hessen I gestellt. Diese Vorbemerkung der Fragesteller vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage, im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung und dem Minister der Finanzen wie folgt: Frage 1. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung darüber vor, dass in Bauprojekten der öffentlichen Hand Recycling-Baustoffe oftmals nicht zugelassen werden? Soweit es sich um Baumaßnahmen des Landes handelt, existiert kein Verbot für den Einsatz von Recyclingbaustoffen. Der Landesregierung ist jedoch bekannt, dass Vorbehalte gegen den Einsatz von Recyclingbaustoffen noch immer weit verbreitet sind. Einzelne Kommunen schließen sogar den Einsatz von Recyclingbaustoffen in ihren Ausschreibungen ohne nähere Begründung aus, oder sie verbieten den Einbau von Recyclingmaterial bei Baumaßnahmen im öffentlichen Bereich. Diese Praxis widerspricht nicht nur der abfallrechtlichen Forderung, Bauabfälle vorrangig und hochwertig zu verwerten, sondern auch der mit § 7 des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Kreislaufwirtschaftsgesetz von der öffentlichen Hand geforderten Vorbildfunktion beim Einsatz von Recyclingbaustoffen. Die Landesregierung ist jedoch zuversichtlich, dass diesbezüglich ein Umdenken stattfindet. Beispielsweise hat die Stadt Frankfurt am Main kürzlich ihre Richtlinien für das Aufgraben öffentlicher Straßen, Wege und Plätze geändert und den Einbau von Recyclingbaustoffen bei der Wiederherstellung von Verkehrsflächen ausdrücklich ermöglicht. Frage 2. Bei welchen öffentlichen Baumaßnahmen, wie beispielsweise im Straßenbau oder bei Sportanlagen , wird bei der Errichtung von Lärm- und Sichtschutzwällen die Möglichkeiten genutzt, mineralische Abfälle zu verwerten? Hessen Mobil - Straßen- und Verkehrsmanagement ist zuständig für den Straßenbau an Bundesfernstraßen und Landesstraßen sowie Kreisstraßen, für die Hessen Mobil von den Landkreisen entsprechend beauftragt wurde. In allen diesen Straßenbauprojekten ist unter Beachtung der umweltrechtlichen Vorgaben der Einsatz von mineralischem Abfall für das technische Bauwerk Straße, bestehend aus dem Straßenoberbau, den Lärm- und Sichtschutzwällen, den Brücken, den Lärmschutzwänden etc., möglich. Die Wahl der preisgünstigsten Bauweise bleibt dem Wettbewerb überlassen. Die technische Eignung ist entsprechend der von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) herausgegebenen und vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) eingeführten technischen Regelwerken, z.B. der "Technischen Lieferbestimmungen Gestein (TL Gestein-StB)" und der "Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für Aufgrabungen in Verkehrsflächen (ZTV A-StB 12)", vom Auftragnehmer nachzuweisen. Eingegangen am 2. Oktober 2015 · Ausgegeben am 6. Oktober 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/2358 02. 10. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2358 Bei welchen Baumaßnahmen andere öffentliche Auftraggeber mineralische Abfälle verwerten, ist im Einzelnen nicht bekannt. Frage 3. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung über den Umstand vor, dass Deponien und Verfüllbereiche zunehmend auch unbelastete Böden nicht mehr annehmen? Unbelastete Böden sind in der Regel zu verwerten. Dies kann auch auf Deponien zu bautechnischen Zwecken erfolgen. Eine Ablagerung unbelasteter Böden auf Deponien im Sinne einer Beseitigung ist grundsätzlich nicht zulässig, da der Verwertung Vorrang einzuräumen ist. Erkenntnisse über den Umstand, dass Verfüllbereiche zunehmend auch unbelastete Böden nicht mehr annehmen, liegen der Landesregierung nicht vor. Frage 4. Welche Maßnahmen zur Förderung des Einsatzes von Recycling-Baustoffen hält die Landesregierung für notwendig? Die Landesregierung hält es für notwendig, die noch immer bestehenden Vorbehalte bei öffentlichen Auftragnehmern abzubauen, die bewirken, dass Recyclingbaustoffe bei Ausschreibungen nicht berücksichtigt werden. Nur so kann die öffentliche Hand ihrer Vorbildfunktion gerecht werden. Das Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat dazu gemeinsam mit der Ingenieurkammer Hessen im Februar 2015 Informationsveranstaltungen in Kassel, Gießen und Darmstadt angeboten. Im Rahmen dieser Informationsveranstaltung wurden die Anforderungen an die Herstellung und Gütesicherung verschiedener Recyclingbaustoffe und deren Einsatzmöglichkeiten vorgestellt. Ein besonderer Schwerpunkt wurde bei den Veranstaltungen auf die Berücksichtigung von Recyclingbaustoffen bei der Ausschreibung und Vergabe von Bauleistungen durch öffentliche Auftraggeber gelegt. Die Veranstaltungen waren gut besucht und hatten eine positive Resonanz. Neben der Information hält es die Landesregierung für erforderlich, dass ein einheitlicher und praxisgerechter rechtlicher Rahmen geschaffen wird, um für die Anwender Rechtssicherheit zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang wird auf die Ausführungen zur Frage 7 verwiesen. Frage 5. Welche Begründung sieht die Landesregierung für die zunehmend praktizierte Doppelbeprobung am Entstehungsort als auch später beim Verfüllbetrieb bzw. der Deponie? Ursache der Doppelbeprobung ist in der Regel die Tatsache, dass bei der Beprobung am Entstehungsort der spätere Entsorgungsweg noch nicht bekannt ist und diesbezüglich relevante Parameter bzw. Analyseverfahren nicht berücksichtigt werden. Des Weiteren sind Doppelbeprobungen zur Qualitätssicherung der Entsorgungsanlagen notwendig. Diese sind jedoch durch den Anlagenbetreiber zu veranlassen. Frage 6. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, die notwendigen analytischen Verfahren der benötigten Boden- und Aushubproben hinsichtlich Umweltschutz und Kosteneffizienz zu optimieren ? Wie bei der Antwort zur Frage 5 erläutert, besteht das Problem darin, dass für die möglichen Entsorgungswege bzw. Einsatzzwecke unterschiedliche Parameter oder Analyseverfahren zur Beurteilung der Schadlosigkeit maßgeblich sein können. Auf eine Angleichung - die wünschenswert wäre - kann die Landesregierung nur bedingt Einfluss nehmen. Frage 7. Gibt es bereits länderübergreifende Lösungsansätze für die zunehmenden Probleme bei der Entsorgung und Verfüllung von Bauaushub sowie zur Vermeidung von Abfalltourismus? Falls ja, welche? Gegenwärtig existiert für die Verwertung mineralischer Abfälle in den verschiedenen Bundesländern eine Vielzahl unterschiedlicher Regelwerke. Das Bundesumweltministerium arbeitet seit rund 10 Jahren an einer Verordnung, um die Verwertung mineralischer Abfälle einheitlich zu regeln. Für eine entsprechende Verordnung liegt inzwischen der dritte Arbeitsentwurf vor. Dieser Entwurf ist Grundlage für ein gerade gestartetes Planspiel, in dem die Regelungen insbesondere auf ihre Praxistauglichkeit und ihre Rechtsfolgen hin untersucht werden sollen. Auf Basis der Ergebnisse des Planspiels sollen dann die erforderlichen Änderungen eingearbeitet und ein Verordnungsentwurf in das formelle Rechtsetzungsverfahren eingebracht werden. Mit ersten Ergebnissen des Planspiels ist allerdings frühestens in acht Monaten zu rechnen. Wiesbaden, 23. September 2015 Priska Hinz