Kleine Anfrage des Abg. Rock (FDP) vom 08.09.2015 betreffend Planung "SuedLink" und Antwort des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung Vorbemerkung des Fragestellers: Nach Ansicht der Landesregierung ist der Bau der HGÜ-Trasse "SuedLink" die "Schlagader" der Energiewende und damit unverzichtbar. Die Trasse sollte laut der Februar 2014 vorgestellten Pläne des Vorhabensträgers TenneT TSO bereits im nächsten Jahr (2016) in Bau gehen und 2022 fertiggestellt werden, um nach dem Abschalten der Kernkraftwerke den Süden Deutschlands mit Strom zu versorgen. Die Bundesregierung hat sich im Juli darauf verständigt, die vom Vorhabenträger TenneT eingereichte Planung zu verwerfen und grundsätzlich der Erdverkabelung den Vorrang zu geben. Laut Vorhabenträger wird es zu einem enormen Zeitverzug kommen, da nun umfassende Um- und Neuplanungen notwendig sind. Vorbemerkung des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: Die Parteivorsitzenden der Bundesregierungskoalition aus CDU, CSU und SPD haben am 1. Juli 2015 gemeinsam die Notwendigkeit des Netzausbaus in Nord-Süd Richtung bekräftigt. Die Hessische Landesregierung hat stets darauf hingewiesen, dass Hessen schon heute weniger als die Hälfte seines Stromverbrauchs durch Eigenerzeugung deckt und damit momentan wie kein anderes Land auf Stromimporte aus anderen Ländern angewiesen ist. Gerade deshalb hat Hessen ein besonderes Interesse daran, dass der vorwiegend in Norddeutschland erzeugte Strom aus Windkraftanlagen in die großen Verbrauchszentren in Süddeutschland transportiert werden kann. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie wirken sich die von der Bundesregierung veränderten Vorgaben für das Projekt aus? Vor dem Hintergrund der zu erwartenden gesetzlichen Umsetzung der Vorrangregelung für Erdkabel bei Gleichstromleitungen wie der sogenannten "SuedLink"-Leitung hat der Vorhabenträger TenneT TSO angekündigt, den Verlauf der Trasse neu zu planen. Es ist zu erwarten, dass die Trassenlänge durch den weitgehenden Einsatz von Erdkabeln deutlich verkürzt werden kann. Der spürbar höhere Anteil der Erdverkabelung dürfte zudem die Akzeptanz des Vorhabens in der Bevölkerung deutlich steigern und somit auch rechtliche Auseinandersetzungen im Rahmen des Planungsverfahrens vermeiden. Frage 2. Wo soll die Trasse nach aktuellem Kenntnisstand entlanggeführt werden? Die im Bundesbedarfsplangesetz vorgesehenen Ein- und Ausspeisepunkte der beiden "SuedLink "-Leitungen von Brunsbüttel nach Großgartach und von Wilster nach Grafenrheinfeld bleiben unverändert. Es ist Aufgabe der Vorhabenträger, auf Basis der geplanten Vorrangregelung für Erdkabel Trassenkorridore zu erarbeiten. Der Verlauf der "SuedLink"-Leitungen ist derzeit nicht abzusehen. Frage 3. Wann wird die neue Trasse voraussichtlich fertiggestellt? Laut dem von der Bundesnetzagentur bestätigten Netzentwicklungsplan Strom 2024 wird die Inbetriebnahme der "SuedLink"-Leitungen bis zum Jahr 2022 angestrebt. In welchem Ausmaß es durch die gesetzlichen Änderungen des Leitungsbaurechts zu zeitlichen Verzögerungen kommen wird, kann gegenwärtig nicht abgeschätzt werden. Frage 4. Mit welchem Kostenrahmen ist für das Gesamtprojekt nun zu rechnen? Erste valide Zahlen zu dem erwarteten Kostenrahmen können frühestens nach Vorstellung eines Vorzugskorridors für die beiden "SuedLink"-Leitungen vorgelegt werden. Eingegangen am 6. Oktober 2015 · Ausgegeben am 9. Oktober 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/2382 06. 10. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2382 Frage 5. Inwieweit stellen die Veränderungen eine Gefährdung der Pläne für die Energiewende dar? Die Vereinbarung der drei Parteivorsitzenden vom 1. Juli 2015 stellt die Ziele der Energiewende und damit auch den Zeitplan für die Abschaltung der noch am Netz befindlichen Kernkraftwerke sowie die Ausbaupfade der erneuerbaren Energien keinesfalls in Frage, was sich auch an der planmäßigen Abschaltung des Kernkraftwerks in Grafenrheinfeld am 27. Juni 2015 zeigt. Frage 6. Wie soll der Süden Deutschlands nach Abschalten der Kernkraftwerke versorgt werden? Die nach dem Abschalten der Kernkraftwerke wegfallenden Erzeugungskapazitäten in Süddeutschland werden durch den dortigen Ausbau an erneuerbaren Energien, den Zubau hochflexibler Gaskraftwerke in einer Größenordnung von bis zu 2 Gigawatt sowie durch die Beseitigung bestehender Netzengpässe in Nord-Süd-Richtung kompensiert. Zudem steht mit der zur Novellierung anstehenden Reservekraftwerksverordnung auch weiterhin ein wirksames und kosteneffizientes Instrument zur Vermeidung von Netz- und Versorgungsengpässen zur Verfügung. Frage 7. Ist eine Versorgung Deutschlands Süden nach Abschalten der letzten Kernkraftwerke auch ohne die "SuedLink"-Trasse möglich? Die dauerhafte Aufrechterhaltung der Stromversorgung in Süddeutschland ohne den Bau der beiden „SuedLink“-Leitungen wäre unter der Voraussetzung möglich, dass über das ohnehin geplante Maß hinaus ein noch deutlich forcierterer Zubau an erneuerbaren Energien in Hessen, Baden-Württemberg und Bayern erfolgt und zudem weitere Gaskraftwerke in diesen Ländern zugebaut werden. Weitere Alternativen wie der Aufbau von Speicherlösungen wie etwa "Power-to-Gas-to-Power" sind im Vergleich zum Ausbau der Übertragungsnetze mit deutlich höheren Investitionskosten verbunden und zudem auf absehbare Zeit noch von einer wirtschaftlichen Einsatzmöglichkeit entfernt. Wiesbaden, 23. September 2015 Tarek Al-Wazir