Kleine Anfrage des Abg. Rock (FDP) vom 08.09.2015 betreffend Arbeitsplätze im Bereich Erneuerbarer Energien und Antwort des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung Vorbemerkung des Fragestellers: Der Ausbau Erneuerbare Energien wird im Rahmen des EEG mit jährlich mehr als 20 Mrd. € subventioniert. Nach einer von der Landesregierung im Juni 2015 veröffentlichen Studie ("Energiesektor und Energiewende in Hessen") waren in 2012 rund 148.400 Menschen in Hessen im "Energiewende-Sektor" beschäftigt. Um ein Viertel habe die Zahl der Beschäftigten zugenommen. Laut dem Beschäftigungsbericht ("Beschäftigung durch erneuerbare Energien in Deutschland: Ausbau und Betrieb, heute und morgen") des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom März 2015 belief sich die Bruttobeschäftigung in Deutschland insgesamt im Jahr 2013 auf 371.400 Personen. Gegenüber dem Vorjahr sei die Zahl der Beschäftigten um 28.400 zurückgegangen. In der Zahl der Bruttobeschäftigung seien sowohl Beschäftigte enthalten, die direkt Waren und Dienstleistungen für erneuerbare Energien liefern wie z.B. ein Hersteller von Windenergieanlagen, aber auch die Anzahl der indirekt Beschäftigten, die in vorgelagerten Produktionsprozessen bei einem Zulieferer arbeiten. "Von der Gesamtzahl der Bruttobeschäftigung durch erneuerbare Energien entfielen auf die Herstellung von Anlagen für den heimischen Markt und für ausländische Märkte 230.800 Personen, 63.500 Personen arbeiteten für den Betrieb und die Wartung der in Deutschland installierten EE-Anlagen, 68.800 Arbeitskräfte waren für die Bereitstellung von biogenen Brenn- und Kraftstoffen notwendig. Durch öffentliche Mittel für Forschung und in den öffentlichen Verwaltungen konnten 8.300 Personen beschäftigt werden.", heißt es in dem Bericht des Bundeswirtschaftsministeriums. Regional sei der EW-Sektor in den ost- und norddeutschen Bundesländern besonders ausgeprägt. Im Beschäftigungsbericht des Bundes wird u.a. festgestellt, dass der Marktanteil chinesischer Hersteller im PV-Bereich auf rund 60 % gestiegen ist. Deutsche Hersteller hätten deutliche Einbußen hinnehmen müssen. Auch hessische Unternehmen im EW-Bereich haben am Markt Probleme. So baut beispielsweise SMA Solar laut Medienberichten aufgrund massiver Verluste gegenwärtig die Zahl der Arbeitsplätze in der Region Kassel um weitere 1.200 Stellen ab. Schon im Vorjahr hatte das Unternehmen 800 Mitarbeiter entlassen. Vorbemerkung des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: Die Studie "Energiesektor und Energiewende in Hessen - Qualifikationsanforderungen und Fachkräftebedarfe " wurde vom Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) an der Goethe -Universität Frankfurt für das damalige Hessische Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung in dem Zeitraum von Oktober 2012 bis Mai 2013 durchgeführt und von einem Projektbeirat begleitet. Die Studie untersucht die Frage, ob die Realisierung der Energiewende möglicherweise durch einen Mangel an Fachkräften beeinträchtigt oder gefährdet werden kann. Um den gesamten Fachkräftebedarf der Energiewende zu ermitteln, müssen möglichst alle an der Wertschöpfungskette der Energiewende mitwirkenden Branchen erfasst werden. Die Wertschöpfungskette umfasst dabei die Neuentwicklung bis zum Ersteinsatz, Herstellung und Vertrieb, Montage und Demontage, die Energieerzeugung und die Bereiche Service, Reparatur und Wartung. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie viele Arbeitsplätze gibt es im Bereich der Herstellung von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien in Hessen? Laut Selbstauskunft der befragten hessischen Betriebe sind etwa 14 % der Beschäftigten primär im Bereich Erneuerbare Energien mit der Herstellung von Anlagen, Geräten und Teilen beEingegangen am 21. Oktober 2015 · Ausgegeben am 26. Oktober 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/2383 21. 10. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2383 schäftigt, was hochgerechnet etwa 20.700 Personen entspricht. Eine vergleichbare Bundesstudie vom September 2014 von der Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung (GWS) nennt für das Jahr 2013 für Hessen 20.160 Arbeitsplätze, was die Validität der Hochrechnung des IWAK bestätigt. Frage 2. Wie viele Arbeitsplätze gibt es im Bereich der Herstellung von Windkraftanlagen in Hessen? Laut Selbstauskunft der befragten Betriebe sind im Bereich Windenergie, der sowohl die Herstellung als auch den Betrieb und die Wartung der Anlagen umfasst, hochgerechnet etwa 1.200 Personen beschäftigt. Eine Verteilung der Beschäftigtenzahlen in Teilsektoren bzw. Sparten des EnergieproduzentenSektors auf die Wertschöpfungskette, ist in der Studie aufgrund zu geringer Fallzahlen jedoch nicht als statistisch valide anzusehen. Die Bundesstudie vom September 2014 nennt für 2013 5.250 Beschäftigte (Bruttobeschäftigung) für den Bereich Windenergie mit einem überdurchschnittlichen Wachstum gegenüber 2012. In Hessen gibt es keine Hersteller von großen Windkraftanlagen. Es gibt dafür eine nicht genau erfassbare Anzahl von Zulieferern, von namhaften Weltkonzernen wie RITTAL bis zu Weltmarktführern wie ESM GmbH als Komponentenlieferant. Praktisch alle Stadtwerke und Netzbetreiber in Hessen betreiben, projektieren oder halten Beteiligungen an Windkraftanlagen. Für die Errichtung der Fundamente und der Infrastruktur wird überwiegend auf hessische Unternehmen zurückgegriffen. Frage 3. Wie hat sich die Zahl der Beschäftigten in den letzten fünf Jahren im Bereich der Herstellung von PV-Anlagen verändert? Frage 4. Wie hat sich die Zahl der Beschäftigten in den letzten fünf Jahren im Bereich der Herstellung von Windkraftanlagen verändert? Die Fragen 3 und 4 werden wegen ihres Sachzusammenhangs zusammen beantwortet. Die Veränderungen der Beschäftigtenzahlen in Teilsektoren bzw. Sparten des Erneuerbare Energien-Sektors können in der Studie aufgrund zu geringer Fallzahlen nicht verlässlich ausgewiesen werden. Im Segment der Energieproduzenten insgesamt stieg die Zahl der Beschäftigten im Zeitraum von 2007 bis 2012 laut Selbstauskunft der Betriebe um etwa 22.000 Personen. Da der Ausbau der Windenergie in Hessen stark voranschreitet, ist davon auszugehen, dass in einem ähnlichen Umfang die Beschäftigung gewachsen ist. Frage 5. Wie erklärt sich die Landesregierung die große Diskrepanz zwischen der Zahl der Beschäftigten im Bereich Erneuerbarer Energien laut Studie des Landes (Hessen 148.000) und der Studie des Bundes (gesamt 371.400)? Die in der Studie des IWAK ausgewiesene Beschäftigtenzahl für Hessen stellt nicht die Zahl der Beschäftigten im Sektor der Erneuerbaren Energien dar, sondern die Zahl der Beschäftigten in einem breiter definierten "Energiewende-Sektor", in dem sich die Betriebe selbst zuordnen. Die zitierte Bundesstudie fasst die Beschäftigten zusammen, die in der Herstellung der Anlagen, des Betriebs und der Wartung sowie der Bereitstellung biogener Brenn- und Kraftstoffe oder der öffentlichen Verwaltung tätig sind. Die Studie des IWAK bildet dagegen einen Sektor, der die Herstellung Erneuerbarer Energien und Anlagen (Windenergie, Solarenergie, Wasserenergie, Biomasse/Biogas und Geothermie) und auch alle Gewerke erfasst, in denen die Erneuerbaren Energien oder Energieeffizienzmaßnahmen Teil des Geschäfts darstellen, d.h. auch die Energieberatung, die Vermittlung von Energieversorgungsträgern, Teile des Handwerks, die Industrie oder auch Ingenieur- und Planungsbüros . Dabei entfallen (alle Angaben gerundet) 26 % der Betriebe auf die Produzenten im Erneuerbare Energien-Sektor, 36 % auf das Handwerk, 30 % auf Planung, Beratung und Vermittlung und 8 % auf sonstige Bereiche. Von den 148.400 Beschäftigten im EnergiewendeSektor sind 73 % (=108.900) dem Sektor Erneuerbare Energien, 11 % (=17.200) dem Handwerk , 5 % (=7.400) den Ingenieur- und Planungsbüros, 3 % (=4.500) und 7 % (=10.400) den sonstigen Bereichen zuzurechnen. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2383 3 Die im Verhältnis zur zitierten Bundesstudie große Zahl der Beschäftigten im Sektor Erneuerbare Energien Hessens ist darauf zurückzuführen, dass bei der Befragung durch das IWAK auch Energieversorger mit höheren konventionellen Anteilen erfasst worden sind. Frage 6. Wie viele Personen sind bei den hessischen Betreibern von Windkraftanlagen im Bereich der Windkraft durchschnittlich beschäftigt? Eine durchschnittliche Zahl ist nicht quantifizierbar, sie reicht von einigen wenigen Personen bei kleinen Betreibern bis zu einigen hundert Personen bei den größten hessischen Unternehmen . Wiesbaden, 6. Oktober 2015 Tarek Al-Wazir