Kleine Anfrage der Abg. Habermann (SPD) vom 24.09.2015 betreffend Zugang zu Masterstudiengängen an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt und Antwort des Ministers für Wissenschaft und Kunst Vorbemerkung der Fragestellerin: Für den Masterstudiengang Wirtschafts- und Finanzsoziologie haben sich zum Wintersemester 2015/15 600 Studierende beworben, nur 30 Studienplätze wurden vergeben. Gleichzeitig gibt die Universität selbst an, dass sich insgesamt etwa 80 % der Bachelorabsolventen für ein Masterstudium entscheiden. Vorbemerkung des Ministers für Wissenschaft und Kunst: Nach der Hochschulstatistik der Goethe-Universität (GU) liegen für den Masterstudiengang Wirtschafts- und Finanzsoziologie nicht 600, sondern nur 160 Bewerbungen vor. Insgesamt stehen in diesem zulassungsbeschränkten Masterstudiengang 40 Studienplätze zur Verfügung. Von den 160 Bewerbungen wurden 44 zugelassen; 20 Studierende haben den Platz bisher angenommen . In der Vorbemerkung wird weiter davon ausgegangen, dass sich 80 % der Bachelorabsolventinnen und Bachelorabsolventen der GU für ein Masterstudium entschieden. In der universitätsweiten Studierendenbefragung der GU 2012/2013 gaben 85 % der Bachelorstudierenden an, eine universitäre Weiterqualifizierung anzustreben; 54 % davon an der GU. Die Hessische Landesregierung hat sich bewusst in einem schon mehrere Jahre andauernden Prozess in einem immer stärkeren Maße aus der früher obligatorischen Detailsteuerung der hessischen Hochschulen zurückgezogen. Land und Hochschule haben den Auftrag, die Landeshochschulentwicklungsplanung, aus unterschiedlichen Perspektiven heraus, gemeinsam zu betreiben. Um dies zu ermöglichen, wurden verschiedene Instrumente eingerichtet, die durch ihr Zusammenwirken die Entwicklung der Hochschulen unterstützen. Die Landesregierung steuert die Hochschulen heute strategisch über Hochschulpakt, Zielvereinbarungen und eine leistungsorientierte Mittelzuweisung. Kleinteilige Eingriffe durch die Landesregierung entsprechen daher weder deren Selbstverständnis in diesem Bereich noch dem der hessischen Hochschulen. Zum Teil widersprechen sie sogar der gültigen Rechtslage, denn die Verantwortung für die Studien- und Prüfungsordnungen liegt in Bereichen, die mit einer Hochschulprüfung abschließen, bei den Hochschulen. Dies betrifft insbesondere die Gestaltung des Übergangs zwischen Studienabschnitten, also auch den Übergang von Bachelorstudiengängen in Masterstudiengänge. Diese Vorbemerkung vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie hoch war die Zahl der abgelehnten Bewerberinnen und Bewerber für Masterstudiengänge an der Goethe-Universität zum Wintersemester 2015/2016 die die erforderlichen Qualifikationsnachweise vorlegen können? Für das Wintersemester 2015/2016 liegen noch keine endgültigen Zahlen bei der GU vor, da die Einschreibung für das Nachrückverfahren noch nicht abgeschlossen ist und auch Rücktritte von der Immatrikulation noch möglich sind. Abschließende Angaben werden erst ab Anfang November vorliegen. Die nachfolgenden Zahlen sind daher - ebenso wie die Angaben in der Vorbemerkung zum Masterstudiengang Wirtschafts- und Finanzsoziologie - vorläufig. Eingegangen am 2. November 2015 · Ausgegeben am 5. November 2015 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/2474 02. 11. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2474 Für die 26 zulassungsbeschränkten Masterstudiengänge der GU sind 6.333 Bewerbungen formund fristgerecht eingegangen. 2.408 Zulassungen wurden erteilt. 1.037 der zugelassenen Bewerberinnen und Bewerber haben den Platz angenommen. Insgesamt wurden 3.925 Bewerberinnen und Bewerber für Masterstudiengänge abgelehnt. (Knapp 62 %). Frage 2. In welchen Masterstudiengängen gibt es die höchsten Ablehnungsquoten? Von derzeit 73 Masterstudiengängen der GU sind 26 zulassungsbeschränkt. Nur für diese Studiengänge werden Platzzahlen festgesetzt. Für die übrigen Studiengänge erhalten alle Bewerberinnen und Bewerber, die die erforderlichen Qualifikationsnachweise vorlegen, eine Zulassung. Die höchsten Ablehnungsquoten gab es in den Masterstudiengängen Betriebswirtschaftslehre und Psychologie. Für den Masterstudiengang Betriebswirtschaftslehre sind 1.360 Bewerbungen auf 100 verfügbare Studienplätze eingegangen. 262 Zulassungen wurden erteilt, 138 Bewerberinnen und Bewerber haben den Studienplatz angenommen. 1.108 Personen erhielten eine Absage. Die Ablehnungsquote lag somit bei 80 %. Für den Masterstudiengang Psychologie gingen 1.405 Bewerbungen auf 110 Plätze ein. 320 Personen wurden zugelassen, davon haben sich 114 eingeschrieben. 1.085 Absagen wurden erteilt . Die Ablehnungsquote betrug 77 %. Ohne Berücksichtigung dieser beiden bundesweiten und auch im Ausland sehr stark nachgefragten Studiengänge liegt die Ablehnungsquote für die übrigen 24 zulassungsbeschränkten Masterstudiengänge der Goethe Universität bei knapp 49 %. Frage 3. Gibt es Überlegungen von Seiten der Universität, die Zahl der Masterstudienplätze zu erhöhen, um einen höheren Bedarf abzudecken? Wenn ja, in welchen Studiengängen? Wenn nein, aus welchen Gründen nicht? Das Verhältnis von Bachelor- zu Masterstudiengängen liegt an der GU derzeit bei etwa 80 % zu 20 %. Als forschungsstarke Universität plant die GU eine deutliche Weiterentwicklung ihres Studienangebotes im Masterbereich. Die Entwicklung des Studiengangportfolios und auch die Ausweitung bestehender Angebote soll im Einklang mit dem Profil der GU stehen bzw. dieses weiter schärfen sowie die Internationalität von Studium und Lehre fördern. Frage 4. Wie bewertet die Landesregierung die Tatsache, dass Studierende ihre berufliche Qualifikation nach dem Bachelor wegen fehlender Studienplätze nicht abschließen können? Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach § 15 HHG sowohl Bachelor- als auch Masterstudiengänge zu einem berufsqualifizierenden Abschluss führen. Nach § 21 HHG ist ein erster berufsqualifizierender Abschluss der Bachelorgrad, der aufgrund einer erfolgreich absolvierten Hochschulprüfung durch die Hochschule verliehen wird. Der Mastergrad, der ebenfalls durch die Hochschule nach der Hochschulprüfung verliehen wird, ist ein weiterer berufsqualifizierender Abschluss. Mit dem Abschluss eines Bachelorstudiengangs, dem Erwerb einer abgeschlossenen beruflichen Qualifikation, können die Studierenden bereits eine Berufstätigkeit aufnehmen . Die Gestaltung des Übergangs vom Bachelor- zum Masterstudium und die Anzahl der zur Verfügung stehenden Masterstudiengänge stellen nach Auffassung der Landesregierung einen originären Teil der Hochschulautonomie dar, die die Hochschulen durch Satzungen regeln. Ein direkter Eingriff in diese Hochschulautonomie ist durch die Landesregierung nicht vorgesehen. Um jedoch auch in diesem Bereich eine Entwicklung der Hochschulen zu erreichen, nutzt die Landesregierung zur Verbesserung der Situation die Möglichkeit der strategischen Steuerung über das Instrument des Hochschulpaktes, insbesondere der Zielvereinbarungen. Die Landesregierung wirkt bei den Hochschulen darauf hin, dass sie im Rahmen ihrer Budgets in Hessen bedarfsorientiert Kapazitäten für Masterstudierende zur Verfügung stellen. Ebenso wurde vereinbart, dass die Einhaltung der Lissabon-Konvention für In- und Ausländer in der Verwaltungspraxis gewährleistet wird und somit ein diskriminierungsfreier Zugang zu MasterStudiengängen auch für Absolventinnen und Absolventen von Fachhochschulen und Berufsakademien sichergestellt wird. Auch das Angebot an englischsprachigen internationalen Studiengängen , insbesondere im Masterbereich, soll weiter ausgebaut werden. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2474 3 Da der Hochschulpakt als Rahmenzielvereinbarung und damit für alle Hochschulen geltend, keine Grundlage für die Verwirklichung individueller auf die Hochschule abgestimmter Ziele bietet, ist hierfür das geeignete Instrument die Zielvereinbarung. Wie in den Jahren zuvor wurde auch für den aktuell laufenden Zeitraum für die Jahre 2011 bis 2015 die Entwicklung der GU über eine Zielvereinbarung gesteuert. Ein zentrales Thema hinsichtlich Lehre und Studium war die Umsetzung des Bologna-Prozesses auf der Grundlage der KMK-Vorgaben - mit Ausnahme der Staatsexamensfächer. Aktuell erarbeitet die Landesregierung zusammen mit der GU die Zielvereinbarungen für die kommenden Jahre 2016 bis 2020. Im Bereich Lehre und Studium wird eine Weiterentwicklung gegenüber den ZV der Jahre 2011 bis 2015 angestrebt. In Abstimmung befinden sich insbesondere die Aufnahme von Schwerpunkten im Bereich der Weiterentwicklung des Profils an Studiengängen sowie die Einführung neuer, insbesondere auch englischsprachiger Bachelor- und Masterstudiengänge. Um auch dem Bedarf der Studierenden bezüglich der Vereinbarkeit von Masterstudiengängen mit Beruf und Familie Rechnung zu tragen, wurde seitens der Landesregierung im Rahmen der Novellierung des HHG eine Änderung des § 15 HHG eingebracht. Diese zielt darauf ab, auch Studierenden in weiterführenden Studiengängen im Rahmen eines Teilzeitstudiums die Möglichkeit zu eröffnen, neben einer teilweisen Ausübung eines Berufs oder der Betreuung von Angehörigen einen Hochschulabschluss zu erlangen. Wiesbaden, 20. Oktober 2015 Boris Rhein