Kleine Anfrage der Abg. Schott (DIE LINKE) vom 30.09.2015 betreffend Teilhabekarte und Antwort des Ministers für Soziales und Integration Vorbemerkung der Fragestellerin: Im Einzelplan 08 des Landeshaushalt 2015 sind Mittel in Höhe von 100.000 € für die Teilhabekarte eingeplant worden. Die konzeptionellen Rahmenbedingungen hierzu sollen bis Mitte 2015 abgeschlossen sein, um die "zeitnahe Einführung der Teilhabekarte realisieren zu können." Diese Vorbemerkung der Fragestellerin vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wann ist die Einführung der Teilhabekarte geplant? Frage 2. Wie ist der Stand der Erarbeitung der konzeptionellen Rahmenbedingungen zur Einführung der Teilhabekarte? Die Fragen 1 und 2 werden wie folgt gemeinsam beantwortet: Das Ziel einer Teilhabekarte besteht darin, den Bürgerinnen und Bürgern, die nur über ein niedriges Einkommen verfügen bzw. auf Sozialleistungen angewiesen sind, die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen bzw. zu erleichtern. Insbesondere sollen finanzielle Hürden abgebaut werden, die der Nutzung von Angeboten oder Einrichtungen beispielsweise im kulturellen , sportlichen oder sozialen Bereich entgegen stehen. Teilhabeangebote werden meist von den Kommunen als Leistungen im Rahmen der Daseinsvorsorge zur Verfügung gestellt. Daher ist es erforderlich, eine Konzeption zur Einführung einer Teilhabekarte seitens des Landes mit den Kommunen gemeinsam zu entwickeln. Hierbei sollen auch Erfahrungen einfließen, die sie bereits mit bestehenden, einer Teilhabekarte vergleichbaren Systemen gewonnen haben. Aus Sicht des Landes sind die Kommunen aufgrund ihrer bestehenden Aufgaben im sozialen Bereich erforderliche Partnerinnen für eine solche Karte. Daher hat das Hessische Ministerium für Soziales und Integration das Thema mit den Geschäftsstellen des Hessischen Landkreistages und des Hessischen Städtetages erörtert. Diese Gespräche sind noch nicht abgeschlossen. Frage 3. Welche Erfahrungen wurden bei den Verhandlungen mit den kreisfreien Städten und Landkreisen in Vorbereitung der Teilhabekarte gemacht? Eine diesbezüglich durchgeführte Umfrage des Hessischen Städtetages hat ergeben, dass die kreisfreien Städte zu Notwendigkeit und Nutzen einer hessenweiten Karte geteilter Meinung sind. Die Kommunen - auch kreisangehörige Städte und Gemeinden - bieten ihren Bürgerinnen und Bürgern mit niedrigen Einkommen zum Teil bereits eigene Sozialpässe oder ähnliches an. Auf Ebene der Landkreise in Hessen sind solche Maßnahmen jedoch nicht bekannt. Frage 4. Welche Leistungen sind in hessischen Kommunen für Menschen mit niedrigen Einkommen bereits verbilligt oder kostenfrei zugänglich? Ein vollständiger Überblick liegt hierzu nicht vor. Soweit die Kommunen einen Sozialpass oder ähnliches anbieten (z.B. "Frankfurt-Pass" der Stadt Frankfurt am Main, "Teilhabecard" der Eingegangen am 7. Januar 2016 · Ausgegeben am 11. Januar 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/2492 07. 01. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2492 Stadt Darmstadt, "Familienkarte" der Stadt Wiesbaden), ermöglicht dieser beispielsweise den vergünstigten Eintritt in Theater, Museen, Zoos oder Schwimmbäder, auch kostenlose Jahreskarten der Bibliotheken oder ermäßigte Fahrkarten für den öffentlichen Personennahverkehr. Andere Kommunen gewähren solche Vergünstigungen unter Vorlage geeigneter Nachweise des Sozialleistungsbezugs (z.B. Stadt Kassel). Frage 5. Welche Möglichkeiten gibt es, um die Mittel aus dem Bildungs- und Teilhabepaket einbeziehen zu können? Das Bildungs- und Teilhabepaket im SGB II und für Leistungsberechtigte aufgrund Kinderzuschlag oder Wohngeld wird vom Bund finanziert. Die kommunalen Träger bestimmen, in welcher Form sie die Leistungen erbringen. Hierbei besteht die Möglichkeit, sogenannte "Bildungskarten " (beispielsweise als Vorlegekarten oder Chipkarten) einzusetzen, um den Zugang zu den Leistungen zu schaffen und die Abrechnung vorzunehmen. In Hessen setzen die Städte Darmstadt (als Teil der "Teilhabecard") und Offenbach am Main ("Bildungskarte Offenbach") bereits solche Vorlegekarten ein. Frage 6. Welche Voraussetzungen muss ein Antragsteller/eine Antragstellerin erfüllen, um Anspruch auf eine Teilhabekarte zu haben? Frage 7. Wie lässt sich das einfache und verwaltungsökonomische Antragsverfahren realisieren? Die Fragen 6 und 7 werden wie folgt gemeinsam beantwortet: Ein Antragsverfahren ist bei der Erbringung der bundesgesetzlich geregelten Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets erforderlich. Mögliche Vereinfachungen könnten sich beispielsweise durch den Einsatz von Kartensystemen ergeben. Die Städte Darmstadt und Offenbach am Main (siehe Antwort zu Frage 5) berichten von positiven Erfahrungen, die sich im Anschluss an eine aufwendige Einführungsphase ihrer internetbasierten Vorlegekarten zeigten. Insbesondere werden Vereinfachungen für die Bearbeitung seitens der Verwaltung und der - verglichen mit nicht-elektronischen Verfahren - geringere Umfang zu übertragender personenbezogener Daten genannt. Frage 8. Welche Modellvorhaben, Öffentlichkeitsmaßnahmen und -kampagnen, Untersuchungen und Evaluationen sind geplant oder bereits ins Leben gerufen worden? Frage 9. Welche Angebote für die Anspruchsberechtigten wurden bereits geplant bzw. ausgehandelt? Die Fragen 8 und 9 werden wie folgt gemeinsam beantwortet: Mit den im Landeshaushalt bereitgestellten finanziellen Mitteln können Modellvorhaben, Öffentlichkeitsmaßnahmen und -kampagnen, Untersuchungen und Evaluationen zum Thema Einführung der Teilhabekarte gefördert werden. Eine Förderung liegt aktuell noch nicht vor. Frage 10. Welche Angebote gibt es für Kinder und Jugendliche? Die in der Antwort auf Frage 4 genannten Leistungen stehen in der Regel auch Kindern und Jugendlichen , soweit sie zum berechtigten Personenkreis gehören, zur Verfügung. An Kinder und Jugendliche, deren Familien über geringe Einkommen verfügen, richten sich die bundesgesetzlichen Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets, die den Berechtigten im SGB II und SGB XII sowie beim Bezug von Kinderzuschlag oder Wohngeld gewährt werden. Auch nach dem AsylbLG werden diese Bedarfe - seit dem 1. März 2015 als Grundleistungen - berücksichtigt. Hierzu zählen eintägige Ausflüge und mehrtägige Fahrten der Schulen und Kindertagesstätten, Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf, Schülerbeförderung, Lernförderung, Mittagsverpflegung in Schulen und Kindertagesstätten sowie die Teilhabeaktivitäten im sozialen, kulturellen und sportlichen Bereich. Wiesbaden, 28. Dezember 2015 Stefan Grüttner