Kleine Anfrage der Abg. Gnadl und Rudolph (SPD) vom 10.11.2015 betreffend Nahkampftraining der rechtsextremen Organisation "Der Dritte Weg" in Mittelhessen und Antwort des Ministers des Innern und für Sport Vorbemerkung der Fragesteller: Am 01.09.2015 hat die rechtsextremistische Organisation "Der Dritte Weg" über einen Selbstverteidigungskurs , der Ende August dieses Jahres stattgefunden haben soll, berichtet. Als Ortsangabe wurde vage von Mittelhessen gesprochen. Dem Bericht nach sollen auch kleine Kinder an dieser Veranstaltung teilgenommen haben und auf die Abwehr von "ausländischen Jugendbanden" vorbereitet worden sein. Als Ausrichter wird nach Angaben des "Dritten Weges" der "Stützpunkt Westerwald/Taunus" benannt, der sich über Gebiete von Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Hessen erstrecken soll. In der Vergangenheit wurde die rechtsextreme Organisation "Der Dritte Weg" mit Angriffen auf Flüchtlingsunterkünfte in Verbindung gebracht. Diese Vorbemerkung der Fragesteller vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Welche Hintergründe sind der Landesregierung zu der auf der Website des "Dritten Weges" beschriebenen Veranstaltung bekannt? Die Veranstaltung wurde mit Datum vom 1. September 2015 auf der Website der Partei "Der Dritte Weg" veröffentlicht. Anhand des Beitrags wird deutlich, dass Unterstützer und Sympathisanten der Partei zu der Veranstaltung aufgerufen und an ihr teilgenommen haben. Dabei handelt es sich um ein Angebot zur Vermittlung von Selbstverteidigung für Erwachsene und Kinder in Verbindung mit einem Grillnachmittag. Zu den weiteren Hintergründen der Veranstaltung liegen keine öffentlich darstellbaren Erkenntnisse vor. Das zuständige Gremium des Hessischen Landtags wurde jedoch am 3. Dezember 2015 umfassend über die den Sicherheitsbehörden vorliegenden Erkenntnisse informiert. Frage 2. War der Landesregierung oder den zuständigen Behörden die Veranstaltung im Vorhinein bekannt und wurde versucht, diese zu unterbinden? Wenn nein, warum nicht? Ja, die Veranstaltung war im Vorhinein bekannt. Anhaltspunkte, die ein Verbot gerechtfertigt hätten, lagen nicht vor. Frage 3. Ist der Landesregierung bekannt, ob Mitglieder oder ehemalige Mitglieder der "Old Brothers", der sog. Freien Kräfte (Autonome Nationalisten, Kameradschaften, nationale Sozialisten und Ähnliche), der "NPD" oder "Der Rechten" an der Veranstaltung teilgenommen haben? Wenn ja, wie viele? Wenn nein, warum nicht? Es liegen keine öffentlich darstellbaren Erkenntnisse vor. Das zuständige Gremium des Hessischen Landtags wurde jedoch am 3. Dezember 2015 umfassend über die den Sicherheitsbehörden vorliegenden Erkenntnisse informiert. Frage 4. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse über die Mitgliederzahlen des "Dritten Wegs" in Hessen vor? Die Mitgliederzahl in Hessen wird im unteren zweistelligen Bereich angesiedelt. Auch das Mobilisierungspotenzial liegt etwa in diesem Bereich. Eingegangen am 29. Dezember 2015 · Ausgegeben am 6. Januar 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/2572 29. 12. 2015 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2572 Frage 5. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung über die Organisationsstruktur des "Dritten Weges " in Hessen vor? Laut Satzung gliedert sich die Partei "Der Dritte Weg" in die vier sog. Gebietsverbände Nord, Mitte, Süd und West. Hessen gehört mit den Bundesländern Saarland, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen zum Gebietsverband West. Bisher wurden mehrere Stützpunkte der Partei in verschiedenen Bundesländern gegründet. Der Stützpunkt Westerwald ist einer von derzeit 16 Stützpunkten der Partei und umfasst im Wesentlichen die hessischen Landkreise Limburg- Weilburg und Lahn-Dill, aber auch die angrenzenden Landkreise in Rheinland-Pfalz und Nordrhein -Westfalen. Die Partei ist in Hessen nicht flächendeckend vertreten. Frage 6. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Rolle des "Dritten Weges" bei Angriffen auf Flüchtlingsunterkünfte? Bislang ist kein den Sicherheitsbehörden bekanntes hessisches Parteimitglied als Tatverdächtiger für eine Gewalttat gegen Asylbewerberunterkünfte festgestellt worden. Auch werden offene Aufrufe zur Gewalt gegen Asylbewerber und deren Unterkünfte seitens der Partei vermieden. Nichtsdestotrotz stellt das Thema Asyl seit Gründung der Partei Ende September 2013 einen politischen Schwerpunkt der Parteiarbeit dar. Dies äußert sich durch entsprechende Berichte (Anti-Asyl-Propaganda und Aktionsberichte) auf der Internetseite www.der-dritte-weg.info und deren Twitter und Facebook-Account, welche täglich aktualisiert werden. Aktionen werden schwerpunktmäßig im Umfeld von bereits bestehenden oder noch einzurichtenden Asylbewerberunterkünften durchgeführt, wobei im Nahbereich dieser Einrichtungen meist Flugblätter verteilt werden. Vereinzelt werden auch Kundgebungen durchgeführt und Bürgerinformationsveranstaltungen bei der Errichtung von Asylbewerberunterkünften genutzt, um auch dort Flugblätter zu verteilen und Aufmerksamkeit zu erzeugen. Seit Gründung der Partei vor zwei Jahren konnten Flugblattverteilaktionen in den Landkreisen Rheingau-Taunus, Limburg-Weilburg, Lahn-Dill, Hochtaunuskreis, Werra-Meißner-Kreis, Marburg -Biedenkopf, Waldeck-Frankenberg, Wetteraukreis, Groß-Gerau, Main-Taunus-Kreis und den Städten Frankfurt am Main und Wiesbaden festgestellt werden. Im Anschluss an die Aktionen werden in der Regel "Verlaufsberichte" auf der Website www.der-dritte-weg.info veröffentlicht. Frage 7. Wie bewertet die Landesregierung die offensichtlich länderübergreifende Zusammenarbeit von mittelhessischen Neonazis mit dem sogenannten "Stützpunkt Westerwald/Taunus", des "Dritten Weges"? Die Landesregierung beobachtet die Entwicklung und Aktivität der Partei mit Sorge. In Hessen haben sich dem "Dritten Weg" überwiegend Anhänger des lose strukturierten neonazistischen Spektrums angeschlossen. Gegenwärtig ist die Reichweite des "Dritten Wegs" allerdings regional begrenzt und geprägt durch die Wohnorte der Aktivisten. Es ist allerdings nicht auszuschließen , dass Personen aus der rechtsextremistischen Szene in Mittelhessen und dem Umfeld des Stützpunkts Westerwald der Partei "Der Dritte Weg" gemeinsam Veranstaltungen besuchen oder durchführen und Kennverhältnisse zwischen beiden Personenkreisen bestehen, da sich die Partei derzeit bemüht, bundesweit personelle und organisatorische Strukturen auf- und auszubauen . Gemeinsame Veranstaltungen mit Rechtsextremisten können daher dazu dienen, den Bekanntheitsgrad der Partei zu erweitern, neue Mitglieder zu gewinnen und sie in der Szene zu etablieren. Die Sicherheitsbehörden beobachten diese Entwicklung mit großer Sorgfalt und Sensibilität . Wenn möglich werden lageangemessene Maßnahmen ergriffen. Wiesbaden, 21. Dezember 2015 Peter Beuth