Kleine Anfrage der Abg. Hofmeyer, Decker, Frankenberger, Gremmels und Rudolph (SPD) vom 11.11.2015 betreffend Stellenplanung beim PP Nordhessen und Antwort des Ministers des Innern und für Sport Vorbemerkung der Fragesteller: Die Polizeibeamtinnen und -beamten in Hessen haben mit 42 Stunden nicht nur die bundesweit höchste Wochenarbeitszeit , sondern auch mit ca. 3,5 Mio. Überstunden einen unrühmlichen Bundesrekord erzielt. Zusätzlich haben sie mit Null-Runden, Einschnitten bei Beihilfe, Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie weiteren Kürzungen zu kämpfen. Insbesondere der über Jahre erfolgte Stellenabbau und zu geringe Ausbildungszahlen führten zur heutigen Unterbesetzung und Überlastung der Polizei. Der Altersdurchschnitt im Schichtdienst hat mangels Neueinstellungen in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen, und eine extrem hohe Krankheitsquote ist die Folge. Die neu hinzugekommene Betreuung von Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes für Flüchtlinge bindet zusätzliches Personal. Als Eingeständnis verfehlter Personalpolitik musste der Hessische Innenminister unlängst Pensionäre in den Dienst zurückholen. Vorbemerkung des Ministers des Innern und für Sport: Allgemein kann festgehalten werden, dass die Polizeibeamtinnen und -beamten angesichts der Bedrohung durch islamistischen Terrorismus und der großen Zahl an Schutzsuchenden, die nach Hessen kommen, großartige Arbeit leisten. Ihr Einsatz geht dabei oftmals weit über die reine Pflichterfüllung hinaus. Es ist im Interesse des Landes und seiner Bürger, die Sicherheitsbehörden bestmöglich zu unterstützen und die Motivation derer zu fördern, die tagtäglich unsere Bevölkerung schützen. Für das Jahr 2016 wird daher ein deutlicher Schwerpunkt auf die Innere Sicherheit gelegt. Im Jahr 2016 werden zusätzlich 200 Stellen für Polizeivollzugsbeamte, 100 neue Polizei- Anwärterstellen und 100 neue Stellen für die Wachpolizei zur Verfügung gestellt. Das ist eine signifikante Stärkung der modernen Sicherheitsarchitektur und wird mittelfristig auch die Beamtinnen und Beamten landesweit entlasten. Darüber hinaus wird den Belastungen mit dem Haushalt 2016 mit weiteren Maßnahmen Rechnung getragen: Spürbare Anhebung der Zulage für den Dienst zu ungünstigen Zeiten, Insgesamt mehr als 500 zusätzliche Beförderungsmöglichkeiten, Einführung einer sog. OPE-Zulage, Aussetzung des Stellenabbaus in der Polizeiverwaltung im kommenden Jahr. Im Übrigen wird die technische Ausstattung der Polizei ebenfalls verstärkt. In Bezug auf die von den Fragestellern in der Vorbemerkung aufgelisteten Punkte ist festzuhalten , dass diese teilweise nicht zutreffend dargestellt sind und daher einiger Klarstellungen bedürfen . In Hessen ist es in der Vergangenheit weder in der Besoldung noch in der Beihilfe zu Kürzungen gekommen. Soweit die Fragsteller dies in der Vorbemerkung unterstellen, entspricht dies nicht den Tatsachen. Richtig ist allerdings, dass Hessen seit dem Inkrafttreten der Föderalismusreform erstmals und einzig in diesem Jahr das Tarifergebnis nicht auf die Besoldung und Versorgung übertragen hat. Trotzdem liegen die Gehälter der Beamtinnen und Beamten in Hessen auch im Jahr 2015 insbesondere im gehobenen und höheren Dienst bundesweit über dem verfassungsgerichtlich anerkannten Besoldungsdurchschnitt der Länder. Eingegangen am 1. Februar 2016 · Ausgegeben am 10. Februar 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/2573 01. 02. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2573 Die Sonderzahlungen ("Weihnachtsgeld" und "Urlaubsgeld") sind in Hessen seit 2003 für alle Besoldungsgruppen unangetastet auf einem bundesweiten Höchstniveau geblieben. Hingegen haben viele Länder seit einem Jahrzehnt die Sonderzahlungen zu großen Teilen oder sogar gänzlich aufgegeben, Beihilfeleistungen durch sogenannte Kostendämpfungspauschalen oder hohe Eigenanteile eingeschränkt sowie die Tarifabschlüsse nur mit erheblichen Abschlägen oder auch gar nicht übertragen. Gleichwohl sind in diesem Jahr vor dem Hintergrund einer generationengerechten Politik die hessischen Standards in der Beihilfe angepasst worden. Hessische Beamtinnen und Beamte haben auch in Zukunft die Möglichkeit, Beihilfen für Aufwendungen für stationäre Wahlleistungen in Anspruch zu nehmen. Es steht den Beihilfeberechtigten dabei frei, sich jederzeit gegen den Beibehalt des Wahlleistungsanspruchs zu entscheiden. Selbst in diesem Fall bleiben sie fürsorgegerecht abgesichert. Zur Mehrarbeitsbelastung ist anzumerken, dass seit dem Inkrafttreten der Föderalismusreform ein Vergleich des Mehrarbeitsstundenstandes in Anbetracht der unterschiedlichen Rechtslage zum Mehrarbeitsrecht nur schwer möglich ist. Informationen zu den Stundenständen in anderen Ländern liegen zudem nicht vor. Ungeachtet dessen stehen mit dem Haushalt 2016 insgesamt 15 Millionen Euro für die Ausbezahlung von Überstunden zur Verfügung, das entspricht weit mehr als einer halben Million Stunden. Mithin können die auszahlungsfähigen Mehrarbeitsstunden vollständig im Jahr 2016 bezahlt werden. Der Hessische Landtag hat mit Mehrheit auf Basis eines Änderungsantrags der Regierungsfraktionen zum DRÄndG eine Rechtsgrundlage für die erleichterte Behandlung der Mehrarbeitsstunden verabschiedet. Das Polizeipräsidium Nordhessen verfügt dabei aktuell über mehr Planstellen des Polizeivollzugsdienstes als vor 10 Jahren. Während es im Jahr 2005 noch 1580,5 Planstellen waren, sind es im Jahr 2015 1.603,5 Planstellen gewesen. Dies entspricht einer Steigerung um 23 Planstellen . Die Aussage, dass bedingt durch eine Zunahme des Altersdurchschnitts im Schichtdienst die hessische Polizei eine extrem hohe Krankheitsquote hat, ist nicht verifiziert. Die Ursachen für Erkrankungen können vielfältig sein. Zudem ist die Krankheitsquote der hessischen Polizei im Vergleich zu anderen Länderpolizeien nicht auffällig. Schließlich wurden pensionierte Polizeibeamtinnen und -beamte auch nicht in den Dienst zurückgeholt . Die Behauptung der Fragesteller ist falsch, wenn sie erklären, Polizeivollzugsbeamte seien in den Polizeidienst zurückgeholt worden. Tatsächlich werden sie vor dem Hintergrund der aktuellen und künftigen Herausforderungen durch den anhaltenden Flüchtlingszustrom ausschließlich im administrativen Bereich der Regierungspräsidien durch eine stundenweise Beschäftigung auf der Basis von Dienstleistungsverträgen eingesetzt. Sie übernehmen dabei natürlich keine vollzugspolizeilichen Aufgaben. Abschließend bleibt noch festzuhalten, dass die Fragesteller den aktuellen Verbesserungen, (spürbare Anhebung der Zulage für den Dienst zu ungünstigen Zeiten, insgesamt mehr als 500 zusätzliche Beförderungsmöglichkeiten, Einführung einer sog. OPE-Zulage, Erleichterungen im Bereich der Mehrarbeit) bei der Gesamtabstimmung zum Haushalt 2016 und zum Dienstrechtsänderungsgesetz leider nicht zugestimmt haben. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Von 31 allein in Nordhessen frei werdenden Stellen blieben zum 1. August dieses Jahres zehn wegen Personalmangels unbesetzt. Wurden diese zehn Stellen zwischenzeitlich besetzt bzw. wann wird die Wiederbesetzung erfolgen? Die Einstellungen für den Polizeivollzugsdienst erfolgen grundsätzlich bedarfsgerecht, d.h. orientiert an dem absehbaren Ersatzbedarf. Hierbei bestehen Unwägbarkeiten hinsichtlich der Zahl der Studienabbrüche der Anwärterinnen und Anwärter sowie aus temporären Verschiebungen (Beurlaubungen, Teilzeitbeschäftigungen). Für den August 2015 hatte das Polizeipräsidium Nordhessen einen Ersatzbedarf von 26 Polizeibeamtinnen und -beamten beziffert, von denen zunächst 21 bereitgestellt werden konnten. Darüber hinaus traten 5 lediglich temporäre Verschiebungen durch Beurlaubungen und Teilzeitbeschäftigungen ein, die vom Polizeipräsidium Nordhessen getragen wurden. Der offene Ersatzbedarf wurde in die Anmeldung zum Versetzungstermin 1. Februar 2016 übernommen. Hier wurde durch die Behörde ein Ersatzbedarf von 24 Beamtinnen und Beamten benannt. Zum Ausgleich wurden 22 Personalmaßnahmen zugewiesen. Mit 2 Maßnahmen beteiligt sich die Behörde an einer Unterstützung des Landesamtes für Verfassungsschutz. Temporäre Belastungen durch Beurlaubungen und Teilzeitbeschäftigungen sind zu diesem Termin derzeit nicht absehbar, sodass im Polizeivollzugsdienst eine Besetzungsquote von nahezu 100 % erreicht werden wird. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2573 3 Frage 2. Beabsichtigt die Landesregierung im Bereich des PP Nordhessen Stellen zu kürzen, die nach bisheriger Planung eigentlich wieder besetzt werden sollten? Frage 3. Wenn ja, wie viele Stellen sollen nach aktueller Planung in welchem Zeitraum und in welchen Bereichen gekürzt werden? Frage 4. Gibt es Überlegungen, für bereits gekürzte Stellen (aufgrund jährlicher Streichung von ca. 20 Stellen bei der Polizei) im PP Nordhessen Ersatz zu schaffen? Wenn ja, bis wann? Die Fragen 2 bis 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam wie folgt beantwortet: Im Bereich des Polizeivollzugs wurden zusätzliche Stellen in den Haushalten 2015 und 2016 von insgesamt 384 geschaffen. Nach der ursprünglichen Planung waren im Haushalt 2016 landesweit 29,5 Stellen, davon 4 Stellen beim Polizeipräsidium Nordhessen, aus dem Bereich der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als Beitrag zum landesweiten Stellenabbau zu erbringen. Wie bereits in der Vorbemerkung ausgeführt, sind diese Stellen der Polizeiverwaltung vom Abbau im kommenden Jahr ausgenommen. Für die im Haushalt 2015 beim Polizeipräsidium Nordhessen gekürzten 4,3 Stellen im Bereich der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von insgesamt 283,3 Stellen ist kein Ersatz vorgesehen . Frage 5. Ist für die Polizei Hessen aufgrund der derzeit mangelhaften Personalsituation eine Änderung der bisherigen Stellenplanung beim PP Nordhessen in Aussicht gestellt? Gemessen an der derzeitigen Stellenausstattung im Polizeivollzugsdienst und dem absehbaren Besetzungsgrad von nahezu 100 % kann beim Polizeipräsidium Nordhessen nicht von einer mangelhaften Personalsituation gesprochen werden. Gleichwohl muss sich den in dieser Dimension nicht vorhersehbaren zusätzlichen Herausforderungen durch die Flüchtlingsthematik mit dem derzeitig verfügbaren Personal gestellt werden. Um diesen begegnen zu können, sieht der Landeshaushalt 2016 personelle Aufstockungen vor, an denen die gesamte Polizei und somit auch das Polizeipräsidium Nordhessen Anteil haben wird. Frage 6. Wie viele Beamte werden im Februar und August 2016 nach Nordhessen versetzt werden? Das landesweite Versetzungsverfahren zum 1. Februar 2016 ist derzeit im Gang. Daher kann diese Frage zu jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschließend beantwortet werden. Wie der Antwort zu Frage 1 zu entnehmen ist, werden für absehbare Vakanzen 22 Beamtinnen und Beamte zum Polizeipräsidium Nordhessen versetzt werden. Hinzu kommt ein zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht bezifferbarer Ausgleich für Beamtinnen und Beamte der Behörde, die im Rahmen des Versetzungstermins zu anderen Polizeibehörden versetzt werden. Für den August 2016 kann derzeit noch keine Aussage getroffen werden, da weder der voraussichtliche Ersatzbedarf noch die Anzahl der zur Verfügung stehenden Nachwuchskräfte konkret benannt werden können. Frage 7. Wann wird die Neubesetzung der Stelle des Polizeipräsidenten im PP Nordhessen erfolgen? Die Stellenbesetzung ist zwischenzeitlich erfolgt. Wiesbaden, 18. Januar 2016 Peter Beuth