Kleine Anfrage der Abg. Beer (FDP) vom 25.03.2014 betreffend Auswirkungen der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns ab 18 Jahren und Antwort des Ministers für Soziales und Integration Vorbemerkung der Fragestellerin: Die Absicht der Bundesregierung, einen flächendeckenden Mindestlohn für Arbeitnehmer ab 18 Jahren einzuführen , gerät zunehmend in die Kritik. Die Bedenken, die von Verbänden wie dem BDA, der IHK, dem Zentralverband des Deutschen Handwerks etc. geäußert werden, beziehen sich u.a. auf die Altersgrenze von 18 Jahren. Sie warnen davor, dass damit ein Anreiz für Jugendliche bestünde, auf eine Qualifizierung durch Ausbildung zu verzichten und stattdessen eine mit Mindestlohn vergütete Tätigkeit aufzunehmen. Ausgehend von den Angaben des Bundesinstituts für Berufliche Bildung beträgt das Durchschnittsalter, in dem Jugendliche eine Ausbildung beginnen, 19,8 Jahre. Diejenigen, die nach dem Abitur eine Ausbildung beginnen, sind im Durchschnitt bereits 20 oder 21 Jahre alt. Dies führt dazu, dass Jugendliche entweder direkt zum Ausbildungsbeginn einen Anspruch auf Mindestlohn haben oder aber im Verlauf der Ausbildung. Kritik an der willkürlich gesetzten Altersgrenze ist auch aus den Reihen des bayerischen Koalitionspartners zu vernehmen. "Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner warf Arbeitsministerin Andrea Nahles vor, sie sei 'nicht bereit, sich mit der Lebenswirklichkeit junger Menschen auseinanderzusetzen'. Anders sei nicht zu erklären, dass sie an der Altersgrenze von 18 Jahren festhalte" ("Tagesschau" vom 19.03.2014). Diese Vorbemerkung der Fragestellerin vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie viele Jugendliche ab 18 Jahre und älter befinden sich in Hessen in einer a) schulischen Ausbildung, b) dualen Ausbildung, c) vollzeitschulische beruflichen Ausbildung, d) Umschulung (Maßnahme) oder e) sonstigen Ausbildung? Die Frage wurde mit Unterstützung der Bundesagentur für Arbeit, Statistikservice Südwest, sowie dem Hessischen Statistischen Landesamt beantwortet. Zu den Fragen a bis c sowie e wird auf die beiliegende Anlage 1 verwiesen. Zu der Frage d) stellt sich die Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an beruflichen Weiterbildungen mit Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf (Stand: Dezember 2013) in Hessen wie folgt dar: - 18 bis 24 Jahre 275 Teilnehmer/innen - 25 Jahre und älter 3.662 Teilnehmer/innen Die Daten sind inklusive der allgemeinen Maßnahmen zur Weiterbildung für Menschen mit Behinderung . Frage 2. Wie hoch sind die Vergütungskorridore in den aufgezeigten Ausbildungskategorien? Hierzu verweise ich auf eine Aufstellung über die derzeitigen nicht allgemein verbindlich erklärten Ausbildungsvergütungen als etwaige Richtwerte in verschiedenen Branchen. Die Übersicht wurde von der IHK erstellt und ist der Anlage 2 zu entnehmen. Eingegangen am 7. Mai 2014 · Ausgegeben am 8. Mai 2014 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/258 07. 05. 2014 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/258 Frage 3. Wie bewertet die Landesregierung die Bedenken (siehe Vorbemerkung), dass die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns junge Menschen davon abhalten könnte, eine duale Ausbildung oder eine sonstige Ausbildung aufzunehmen, fortzusetzen und erfolgreich abzuschließen? Die Landesregierung nimmt die Bedenken der Verbände ernst und berücksichtigt sie in ihrer Bewertung des Gesetzesvorhabens. Mediale Verlautbarungen anderer Landesregierungen kommentiert die Hessische Landesregierung nicht. Frage 4. Welche Maßnahmen sind aus Sicht der Landesregierung zu ergreifen bzw. welche Anreize sind zu schaffen, um zu verhindern, dass solche Ausbildungen/ Umschulungen abgebrochen oder nicht aufgenommen werden, da unqualifizierte Arbeit per Mindestlohn besser bezahlt wird? Die Landesregierung ist davon überzeugt, dass die Ausbildung zu einem Berufsabschluss, auch wenn sie unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns vergütet wird, immer Vorrang vor einer Tätigkeit , meist im Helferbereich, mit einer Vergütung auf Höhe eines Mindestlohnes haben sollte . Gleichwohl müssen nach Auffassung der Landesregierung die Grundrechte des einzelnen beachtet werden. Frage 5. Welche Haltung hat die Landesregierung dazu, dass ab einer Altersgrenze ab 18 Jahren flächen- deckend ein gesetzlicher Mindestlohn unabhängig von einer Qualifikation gezahlt werden soll? Frage 6. Ist die Landesregierung der Meinung, dass eine Änderung des Gesetzentwurfs notwendig ist? Wenn ja, in welcher Hinsicht? Die Fragen 5 und 6 werden wie folgt gemeinsam beantwortet: Nach Einschätzung der Landesregierung fügt sich die genannte Altersgrenze grundsätzlich in den vorhandenen Gesetzeskanon ein. Dessen ungeachtet sollten innerhalb dieses Rahmens an Stellen, wo dies sinnvoll ist, Ausnahmeregelungen ermöglicht werden. Frage 7. Wird die Landesregierung Einfluss auf die Gesetzesberatung auf Bundesebene nehmen und wenn ja, in welcher Weise? Die Hessische Landesregierung wird im Rahmen der vom Grundgesetz verbrieften Rechte und Pflichten am Gesetzgebungsverfahren mitwirken und sich einbringen. Wiesbaden, 28. April 2014 Stefan Grüttner Anlagen