Kleine Anfrage des Abg. Frankenberger (SPD) vom 23.11.2015 betreffend Einführung einer Bundesfernstraßengesellschaft und Antwort des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung Vorbemerkung des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: Der Bundesminister für Wirtschaft und Energie hat im August 2014 eine Expertenkommission mit Vertretern u.a. von Versicherungen, Banken, Industrie und Handel, Wissenschaft sowie Gewerkschaften mit dem Ziel einberufen, konkrete Handlungsempfehlungen zur Stärkung privater und öffentlicher Investitionen in Deutschland auszuarbeiten (sogenannte "Fratzscher- Kommission"). Ein Vorschlag des im April dieses Jahres vorgelegten Kommissionsberichts war dabei die Errichtung einer öffentlichen Infrastrukturgesellschaft für die Bundesfernstraßen. Diese soll nach den Vorstellungen der Fratzscher-Kommission Planung, Bau, Betrieb und Finanzierung der Bundesfernstraßen "aus einer Hand" übernehmen. Zudem soll hierüber privatem Kapital der Zugang zum Verkehrsträger Straße ermöglicht werden. Die Bundesregierung hat in den vergangenen Monaten diesen Vorschlag in die laufenden Verhandlungen über eine Reform der Bund-Länder-Finanzbeziehungen eingebracht. Eine abschließende Entscheidung hierzu ist bislang noch nicht gefallen. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) berichtete im November 2015 über erste konzeptionelle Vorstellungen zur Gründung einer "Deutschen Autobahngesellschaft ". Konkrete Aussagen zu z.B. dem Aufgabenspektrum, der Aufgabenmenge, der Form der Aufgabenwahrnehmung, der Struktur der Gesellschaft und zu allen damit verbundenen Auswirkungen auf die Auftragsverwaltungen und deren Beschäftigten liegen jedoch noch nicht vor. Nach Auffassung des BMVI sollten noch in dieser Legislaturperiode des Deutschen Bundestages die grundgesetzlichen Voraussetzungen geschaffen und das Gründungsgesetz für die privatrechtlich gestaltete Gesellschaft verabschiedet werden. In der nächsten Legislaturperiode solle dann die Transformation von der Auftragsverwaltung in die Autobahngesellschaft vorgenommen werden. Die Bundesstraßen sollen nach diesen Überlegungen weiterhin bei den Auftragsverwaltungen verbleiben. Die Pläne des BMVI beinhalten auch, Personal von den Auftragsverwaltungen zur Autobahngesellschaft überwechseln zu lassen. Diese Vorbemerkung vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Auf Bundesebene wird derzeit über die Einführung einer Bundesfernstraßengesellschaft bzw. ähnlicher Gesellschaften mit unterschiedlichen Aufgaben diskutiert. Wie steht die Hessische Landesregierung zur Einführung einer solchen Gesellschaft? Die Hessische Landesregierung steht der Gründung einer Autobahngesellschaft skeptisch gegenüber . Die Erfahrungen bei der Unterhaltung und dem Ausbau der Bundeswasserstraßen lassen befürchten, dass mit einer zentralstaatlich organisierten Autobahngesellschaft Entscheidungswege nicht verkürzt werden können. Eine solche für das gesamte Bundesgebiet zuständige Gesellschaft verliert im Gegensatz zu einer Landesverwaltung sehr schnell die Nähe sowohl zu den Bedürfnissen und Besonderheiten als auch zu den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort. Der regionale Bezug der Landesverwaltung wird durch eine solche Gesellschaft stark beeinträchtigt. Die Gründung einer Autobahngesellschaft hätte zur Folge, dass die derzeitige Auftragsverwaltung der Autobahnen durch die Länder aufgegeben würde, wodurch der Einfluss der Länder auf Planung , Bau und Unterhaltung der Autobahnen weitgehend verloren ginge. Dadurch wiederum würden sowohl beim Bund als auch bei den Ländern die bestehenden Synergieeffekte durch die gemeinsame Verwaltung von Bundesfern- und Landesstraßen entfallen. Eingegangen am 20. Januar 2016 · Ausgegeben am 25. Januar 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/2677 20. 01. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2677 Frage 2. Wird sich die Landesregierung im Bundesrat für den Fortbestand der Auftragsverwaltung der Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs gem. Art. 90 (2) GG einsetzen ? Die Hessische Landesregierung hat in der Sitzung des Bundesrats am 16. Oktober 2015 einer gegenüber der Gründung einer Bundesfernstraßengesellschaft kritischen Stellungnahme zum Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaftsgesetzes (BR-Drs. 431/15 (Beschluss)) zugestimmt. Darüber hinaus ist anzumerken, dass die Konferenz der Verkehrsminister der Länder im Juli 2015 eine Kommission "Bau und Unterhaltung des Verkehrsnetzes" unter Leitung von Herrn Minister a. D. Prof. Bodewig (sogenannte "Bodewig-II-Kommission") einberufen hat, deren Ziel es ist, die Vorschläge der Fratzscher- Kommission zu bewerten und mögliche Konsequenzen für Länder und Kommunen aufzuzeigen. Frage 3. Gab es aus Sicht der Landesregierung bei der Abwicklung von Planungs- und Baumaßnahmen bei Bundesprojekten Probleme mit dem bisherigen System der Auftragsverwaltung der Länder? Probleme mit dem bisherigen System der Auftragsverwaltung bei der Abwicklung von Planungs - und Baumaßnahmen sind der Hessischen Landesregierung nicht bekannt. Gleichwohl wird die Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Ländern im Rahmen der Auftragsverwaltung ständig optimiert, um einerseits eine verantwortungsvolle Aufgabenerledigung sicherzustellen und andererseits neue Effizienzen zu nutzen. Frage 4. Welche Auswirkungen wird die Einführung einer Bundesfernstraßengesellschaft auf Hessen Mobil haben? Welche Auswirkungen wird die Einführung ähnlicher Gesellschaften haben? Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Konkrete Auswirkungen können erst benannt werden , wenn das Konzept des BMVI weiter ausgearbeitet ist. Frage 5. Ist mit Synergieverlusten beim Land (für Landesstraßen) und den Landkreisen (für Kreisstraßen ) zu rechnen, wenn Hessen Mobil die Auftragsverwaltung für die Bundesfernstraßen entzogen wird? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Frage 6. Werden durch die Verlagerung von Aufgaben, die vorher von Hessen Mobil durchgeführt wurden, Stellen oder Standorte von Hessen Mobil abgebaut? Auf die Antwort zu Frage 4 wird verwiesen. Frage 7. Wie, wo und wann hat sich das Land Hessen in die Diskussion um die Einführung einer Bundesfernstraßengesellschaft oder ähnlicher Gesellschaften eingebracht? Die Hessische Landesregierung ist nach Veröffentlichung der Ergebnisse der Fratzscher- Kommission im April 2015 aktiv dafür eingetreten, dass diese Ergebnisse von einer unabhängigen Kommission bewertet und mögliche Konsequenzen für Länder und Kommunen aufgezeigt werden. Die Bodewig-II-Kommission hat bereits im Juli 2015 ihre Arbeit aufgenommen. Das Land Hessen hat gemeinsam mit den anderen Ländern ebenfalls im Juli 2015 erklärt, dass in der laufenden Legislaturperiode des Deutschen Bundestages kein Entscheidungsbedarf für eine Reform der Auftragsverwaltung besteht. Ferner haben die Länder darauf hingewiesen, dass die Verwaltung der Bundesfernstraßen durch die Länder ein bewährtes System darstellt, das kontinuierlich weiterentwickelt und optimiert wird. Die Hessische Landesregierung hat seitdem Gespräche mit der Kommissionsleitung und anderen Landesregierungen geführt. Im Bundesrat hat das Land Hessen im Oktober 2015 einer kritischen Stellungnahme gegenüber der Gründung einer Bundesfernstraßengesellschaft zugestimmt. Frage 8. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass die landespolitische Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten bei Planung, Bau, Erhaltung und Unterhaltung der Verkehrsinfrastruktur durch eine Bundesfernstraßengesellschaft oder ähnlicher Gesellschaften erheblich eingeschränkt würden ? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Wiesbaden, 11. Januar 2015 Tarek Al-Wazir