Kleine Anfrage der Abg. Schott (DIE LINKE) vom 01.12 2015 betreffend Natura-2000-Gebiete: Sicherung durch Allgemeinverfügungen und Einzelanordnungen und Antwort der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Vorbemerkung der Fragesteller: Zur Sicherung der Natura-2000-Gebiete hat Hessen im Rahmen des § 15 HAUGBNatSchG die Möglichkeit geschaffen, zum Erreichen der Erhaltungsziele Allgemeinverfügungen oder Einzelanordnungen zu erlassen. Anlässlich der aktuell laufenden Novellierung der Natura-2000-Verordung vom 16.1.2008 stellt sich die Frage , in welchem Umfang dieses Instrument genutzt wurde. Vorbemerkung der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz : Den Naturschutzbehörden des Landes steht ein breit gefächertes Instrumentarium an rechtlichen und administrativen Maßnahmen für einen wirksamen Naturschutz zur Verfügung. Sie haben im Rahmen des Managements der Natura-2000-Gebiete nach pflichtgemäßem Ermessen jeweils das Instrument zu wählen, das gebietsspezifisch und lösungsorientiert am sichersten zur Erreichung der für die Gebiete festgelegten Erhaltungsziele führt. Hierzu zählen neben dem Erlass von Schutzgebietsverordnungen, Allgemeinverfügungen und Einzelfallanordnungen auch vertragliche Regelungen, der Erwerb von Naturschutzflächen, die Durchführung besucherlenkender Maßnahmen und der Einsatz der amtlichen Naturschutzwacht. Eine Beschränkung alleine auf hoheitliche Maßnahmen, wie der Erlass von Ge- und Verboten, von Allgemeinverfügungen oder Einzelanordnungen würde viel zu kurz greifen, um die verschiedenen und teils sehr heterogenen Gebiets-spezifischen Schutzziele zu erreichen. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. In welchen hessischen FFH- und EU-Vogelschutzgebieten wurden in der Zeit von 2008 bis 2015 zum Erreichen von Erhaltungszielen Allgemeinverfügungen oder Einzelanordnungen getroffen? Im Zeitraum von 2008 bis 2015 wurden von den oberen Naturschutzbehörden in folgenden hessischen Natura-2000-Gebieten Allgemeinverfügungen und Einzelanordnungen auf Grundlage des §15 HAGBNatSchG getroffen: Vogelschutzgebiet 5421-401 "Vogelsberg" Vogelschutzgebiet 5414-450 "Steinbrüche in Mittelhessen" Vogelschutzgebiet 5314-450 "Hoher Westerwald" FFH-Gebiet 5421-302 "Hoher Vogelsberg" Vogelschutzgebiet 6217-403 "Hessische Altneckarschlingen" mit FFH-Gebiet 6317-301 "Weschnitzinsel von Lorsch" Vogelschutzgebiet 5519-401 "Wetterau" Darüber hinaus erfolgten in Natura-2000-Gebieten in Einzelfällen auch Anordnungen von unteren Naturschutzbehörden auf Grundlage von § 3 Abs. 2 i.V.m. § 44 Abs. 1 BNatSchG. Da diese behördlichen Maßnahmen rechtlich nicht aus dem Natura 2000-Schutzregime abgeleitet sind, wurde auf eine Erfassung verzichtet. Eingegangen am 12. Februar 2016 · Ausgegeben am 22. Februar 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/2711 18. 02. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2711 Frage 2. Welche Beeinträchtigungen oder Eingriffe wurden dabei jeweils geregelt? Auf Grundlage des § 15 Abs. 3 Nr. 1 HAGBNatSchG wurden bisher folgende Regelungen getroffen : Grünlandumbruch (Umbruchverbot zum Erhalt gefährdeter Grünland-Lebensraumtypen) Großveranstaltung (Untersagung, um Störungen von gefährdeten Vogelarten zu vermeiden) Widmung eines Waldwegs zu einem überregionalen Themenradweg (Ablehnung zur Vermeidung von Störungen) Betretungsregelung zum Schutz von Vogelbrut- und -raststätten (Betreten untersagt von Mitte Februar bis 21. März) Befahrens- und Betretungsregelungen (Betreten der Uferbereiche und Paddeln auf Teilabschnitten der Nidda untersagt von Ende März bis Ende September zum Schutz streng geschützter Arten wie Flussregenpfeifer, Eisvogel, Biber, Sumpfschildkröte und zum Schutz von Laichplätzen u.a. von Barbe, Bitterling, Karausche, Nase, Schneider und Wildkarpfen). Im Vogelschutzgebiet 5519-401 "Wetterau" wurden für rund 100 Teilgebiete befristete Betretungsregelungen durch die Untere Naturschutzbehörde nach § 3 Abs. 2 i.V.m. § 44 Abs. 1 BNatSchG getroffen. In dem überregional bedeutsamen Wiesenbrütergebiet ist das Betreten der Brutbereiche vom 1. März bis zum 30. Juni untersagt. Von der Regelung profitieren unter anderem die Vogelarten Bekassine, Kiebitz, Großer Brachvogel, Wachtelkönig, Tüpfelsumpfhuhn, Weißstorch und Rohrweihe. Frage 3. Hält die Landesregierung es für ausreichend, Regelungen gegenüber Dritten zum Erreichen der Erhaltungsziele statt über Ge- und Verbote nur über Allgemeinverfügungen oder Einzelanordnungen zu treffen? Nein. Mit den Schutzinstrumenten "Allgemeinverfügung" und "Einzelanordnung" wird jeweils auf konkret vorhandene gebietsspezifische Natur- und Artenschutzprobleme reagiert. Sie stellen aber nur einen kleinen Teil der Handlungsoptionen des Schutzgebiets-Managements dar, wozu auch der Erlass von Ge- und Verboten gehört. Nachfolgend wird ein Gesamtüberblick der von der Naturschutzverwaltung im Rahmen des Managements der Schutzgebiete eingesetzten Instrumente gegeben: Ausweisung von Natur- oder Landschaftsschutzgebieten innerhalb der Natura 2000-Kulisse Erwerb von Naturschutzflächen Vertragsnaturschutz Investive und gestaltende Maßnahmen des Schutzgebietsmanagements Beteiligung von Naturnutzern und Flächeneigentümern im Rahmen von "Runden Tischen" und regelmäßigen Pflegeplanbesprechungen Amtliche Naturschutzwacht Maßnahmen zur Information und Umweltbildung in den Schutzgebieten Sonstige Vereinbarungen und Maßnahmen Zu den Instrumenten im Einzelnen: Ausweisung von Naturschutzgebieten Auch wenn die Ausweisung von Naturschutzgebieten (NSG) aktuell kein Handlungsschwerpunkt der Naturschutzbehörden ist, wird dieses Instrument bei Bedarf doch genutzt, wo andere Maßnahmen nicht ausreichen oder nicht geeignet sind. Folgende Naturschutzgebiete wurden in Hessen seit dem Jahr 2008 ausgewiesen, einstweilig sichergestellt oder erweitert: Novellierung und Erweiterung des NSG "Kammereckswiesen und Herchwiesen von Langen " um die im Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Gebiete 6017-305 "Kammereckswiesen und Kirchnereckgraben von Langen" liegenden Flächen Einstweilige Sicherstellung bzw. bis 2018 Verlängerung der Sicherstellung des NSG "Auf dem großen Wörth bei Berstadt" (im VS-Gebiet 5519-401 "Wetterau" und im FFH-Gebiet 5519-304 "Horloffaue zwischen Hungen und Grund-Schwalheim") Neuausweisung des NSG "Steinkaute bei Holzheim" im Bereich der Stadt Polheim Novellierung und Erweiterung des NSG "Heidenhäuschen" (flächenidentisch mit FFH- Gebiet 5514-301 "Heidenhäuschen") Novellierung und Erweiterung des NSG "Dornburg" (Teil des FFH-Gebietes 5414-304 "Abbaugebiete Dornburg-Thalheim") Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2711 3 Neuausweisung des NSG "Hübelsberg nördlich Haselstein" (Teil des VS-Gebiets 5425-401 "Hessische Rhön") Neuausweisung des NSG "Weiherkuppe bei Sieblos" (Teil des VS-Gebiets 5425-401 "Hessische Rhön") Neuausweisung des NSG "Höllwald bei Rodenbach" (Teil des VS-Gebiets 5425-401 "Hessische Rhön") Neuausweisung des NSG "Auersberg nördlich Hilders" (Teil des VS-Gebiets 5425-401 "Hessische Rhön") Novellierungen im Zusammenhang mit Neuausweisungen oder Erweiterungen von Kernzonen im Biosphärenreservat Rhön: NSG "Langenstüttig und Basaltblockmeer am Buchschirmküppel bei Batten" (Kernzonenerweiterung ) NSG "Stallberg und Morsberg bei Hünfeld" (Kernzonenerweiterung) NSG "Landecker Berg bei Ransbach" (neue Kernzone) Erwerb von Naturschutzflächen Der Erwerb von Naturschutzflächen durch Körperschaften öffentlichen Rechts (Land Hessen, Landkreise, Kommunen, Landschaftspflegeverbände, Hessische Landgesellschaft mbH (HLG) etc.) wird als Instrument zur Erreichung von Schutzzielen und zur Verringerungen von Konflikten eingesetzt. Exemplarisch werden nachfolgend einige Flächenkäufe seit dem Jahr 2008 aufgeführt, die eine Voraussetzung für die Erreichung von Schutzzielen in Natura-2000-Gebieten waren: FFH-Gebiet 5816-306 "Wiesen im Süßen Gründchen bei Neuenhain"; Ankauf von Flächen zum Schutz von Maculinea-Arten FFH-Gebiet 5624-305 "Hemmersbach/Bergwiesen bei Ziegelhütte"; Ankauf zum Schutz des Bibers FFH-Gebiet 6317-301 "Weschnitzinsel von Lorsch" bzw. VSG 6217-403 "Hessische Altneckarschlingen "; Flächenankäufe für das Renaturierungsprojekt Weschnitzinsel, insbesondere zum Schutz von Brutund Rastvogelarten FFH Gebiet 5317-301 "Oberes Verstal" FFH-Gebiet 5624-350 "Frauenstein"; Flächenerwerb zur Erhaltung eines Moorbirken- Waldes FFH-Gebiet 4624-302 "Kalkmagerrasen bei Roßbach"; Erwerb einer Fläche zur Entwicklung einer artenreichen Flachlandmähwiese FFH-Gebiet 4724-308 "Niestetal und Niestehänge"; Erwerb zur Extensivierung von Grünland NSG "Flachsrasen bei Dittershausen"; Grundstücksankauf zur Umsetzung von Amphibien- Schutzmaßnahmen, Lückenschluss von 2 getrennten NSG-Teilen FFH-Gebiet 5020-301 "Kalkkuppen Winterscheid"; Ankauf von mehreren Grundstücken (ehemaliger Steinbruch und Waldwiese) teilweise als Pufferzone für das Natura 2000-Gebiet FFH-Gebiet 5026-350 "Rhäden bei Obersuhl und Bosserode"; Erwerb einer Ackerfläche zur Umwandlung in extensives Grünland für die Maculinea-Arten FFH-Gebiet 5118-302 "Obere Lahn und Wettschaft mit Nebengewässern" sowie VS-Gebiet 5018-401"Burgwald"; Erwerb von Grundstücken einer Teichanlage und Ankauf von Grundstücken zur Sicherung von Quellen und zur Renaturierung der Wettschaft In größerem Umfang werden Landkäufe dort für Naturschutzmaßnahmen durchgeführt, wo Fördermittel der EU oder des Bundes genutzt werden können. So wurden im Zuge der Umsetzung des LIFE+-Projektes "Wetterauer Hutungen" bis zum Jahr 2015 32 ha zum Teil sehr kleinflächige Grundstücke in verschiedenen FFH-Gebieten erworben. Im Rahmen des Naturschutz -Großprojektes "Vogelsberg" ist in den kommenden Jahren der Ankauf von 300 bis 350 ha geplant. Der Flächenerwerb soll vorrangig im Bereich der "Hot Spots" der Artenvielfalt im Vogelschutz-Gebiet "Vogelsberg" und den darin liegenden FFH-Gebieten erfolgen (Landesanteil : 25 %). Im Naturschutz-Großprojekt Kellerwald wurden bis dato rund 100 ha erworben. Je nach Verkaufsbereitschaft sollen weitere Flächen in den nächsten 3 Jahren hinzukommen. Ergänzend sei erwähnt, dass auch die hessischen Natur- und Umweltverbände regelmäßig Flächen in Natura-2000-Gebieten erwerben, um sie im Sinne der Erhaltungsziele zu bewirtschaften bzw. pflegen. 4 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2711 Vertragsnaturschutz - Kooperation statt Konfrontation Mit der Ausweisung der Natura-2000-Gebiete hat sich die unter strengem Naturschutz stehende Fläche in Hessen seit 1998 um mehr als das 10-fache auf deutlich über 20 % der Landesfläche erhöht. Die Schutz- und Erhaltungsziele können in der Regel auf einer so großen Fläche nur erreicht werden, wenn sie von Landwirten, Waldbesitzern und anderen Nutzern akzeptiert werden und diese konstruktiv mitwirken. Der Abschluss entsprechender Verträge ist daher seit vielen Jahren das mit Abstand wichtigste Instrument. Im landwirtschaftlich genutzten Offenland wurden seither im Rahmen des Hessischen integrierten Agrarumweltprogramms (HIAP) und vom Hessischen Programm für Agrarumwelt und Landschaftspflege-Maßnahmen (HALM) insbesondere in Natura-2000-Gebieten und Naturschutzgebieten nach dem Grundsatz "Kooperation statt Konfrontation" zahlreiche Verträge mit Landwirten abgeschlossen und Lebensraumtypen und Art-Habitate erhalten und gepflegt. So war beispielsweise Ende 2015 für über 51.400 ha Fläche eine extensive Grünlandnutzung vereinbart . Auch im Wald wurde ein Vertragsnaturschutzprogramm aufgelegt. Bereits im Jahr 2002 wurde der Rahmenvertrag zum Naturschutz im Wald zwischen dem Hessischen Waldbesitzerverband, dem Hessischen Städte- und Gemeindebund und dem Hessischen Städtetag als Vertreter der privaten und kommunalen Waldbesitzer und dem Land Hessen als dem Verantwortlichen für das Management der Natura-2000-Gebiete abgeschlossen. Bis heute stehen 26.150 ha Wald unter Vertrag Investive und gestaltende Maßnahmen in Schutzgebieten Mit konkret gestaltenden Maßnahmen können potenzielle Konflikte entschärft werden. Dies gilt besonders dann, wenn die Maßnahmen eine Besucher lenkende Wirkung entfalten oder diese durch attraktive Wegeführungen auf bestimmte Bereiche oder Strecken konzentriert und andere sensible Zonen so beruhigt werden. Mittel der Wahl sind: die Anlage von Bohlenwegen, Sperrungen durch Zäunungen oder Anlage von Barrieren, die Einrichtung von Informationspunkten, Schutz- oder Beobachtungshütten und weiteres mehr. Auch die geplante Neuanlage spezieller Geocache-Routen im Rahmen der Umsetzung des Naturschutzprojektes "Messeler Hügelland" ist hier zu nennen. Einbindung von Naturnutzern und Flächeneigentümern in das Schutzgebietsmanagement – Schaffung von Akzeptanz durch den Einsatz amtlicher Schutzgebietsbetreuer Die Einbindung der Akteure vor Ort und die Schaffung von Akzeptanz für erforderliche Schutzmaßnahmen entscheiden letztlich darüber, ob die Biodiversität in den Natura-2000- Gebieten gesichert werden kann. Dabei kommt es besonders auf die Akzeptanz und Mitwirkung der Eigentümer und Nutzer an. Zudem ist es erforderlich, die lokalen Akteure aus Kommunen, Interessenverbänden und Naturschutz-Organisationen im Zuge einer sach- und bedarfsgerechten Information einzubinden. Als Vermittler zwischen den Behörden und der örtlichen Bevölkerung sowie den lokalen Interessengruppen spielen in Hessen die amtlichen Schutzgebietsbetreuerinnen und -betreuer eine wichtige Rolle. Die Gebietsbetreuung umfasst neben der Erstellung der jährlichen Maßnahmenplanung und der Koordination der erforderlichen Erhaltungs-, Wiederherstellungs- oder Kohärenzmaßnahmen auch die Organisation von Jahresgesprächen in Form "Runder Tische". Amtliche Schutzgebietsbetreuer haben damit auch die Aufgabe, Akzeptanz bei den lokalen Akteuren und der Bevölkerung zu schaffen und Konflikte zu minimieren. Dies erfolgt durch intensive Abstimmungs - und Beteiligungsprozesse. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle gelingt es den Gebietsmanagern auf diese Weise, Konfliktpotenziale im Spannungsfeld von Natur- und Artenschutz, Jagdausübung, Angelfischerei , und verschiedenen Freizeitnutzungen (inkl. freilaufender Hunde) so zu lösen, dass Allgemein -Verfügungen, Einzelanordnungen oder andere "hoheitliche Maßnahmen" nicht zur Anwendung kommen müssen. Amtliche Naturschutzwacht Ein probates Mittel zur Konflikt-Minimierung ist die seit Mitte der 1990er Jahre in Hessen tätige amtliche Naturschutzwacht. Aktuell werden hessenweit rund 70 Personen besonders in Natura -2000-Gebieten mit hohem Besucheraufkommen oder mit störungsempfindlichen Wiesenbrütervorkommen eingesetzt. Die amtlichen "Naturschutz-Ranger" sorgen in den Schutzgebieten u.a. für die Einhaltung des Wegegebots und informieren über die Anleinpflicht für Hunde in sensiblen Bereichen, um schutzwürdige Arten nicht zu stören. Ihre Hauptaufgabe ist die Information der Schutzgebietsbesucherinnen und -besucher über die wertgebenden Schutzgüter. Schwerpunkte des Einsatzes der Naturschutzwacht sind der südhessische Ballungsraum mit hohem Besucherdruck in den Schutzgebieten (u.a. Kühkopf-Knoblochsaue), die Wiesenbrütergebiete in der Wetterau, das Biosphärenreservat Rhön sowie der Nationalpark Kellerwald. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2711 5 Information und Umweltbildung Um das Wissen über die Schutzgüter zu verbessern und Fehlverhalten von Besucherinnen und Besuchern in Natura 2000- und Naturschutzgebieten vorzubeugen, investiert die Naturschutz- Verwaltung regelmäßig in die Erstellung und Verbreitung von Informationen in den klassischen wie auch neuen Medien. Zum Spektrum der Maßnahmen gehören u.a. Führungen und Vorträge durch amtliche und ehrenamtliche Naturschützer, Informationstafeln an stark frequentierten Wegen, Flyer, Poster, Broschüren und spezifische Fachbeiträge wie auch die Gestaltung von Webseiten, um besondere Schutzgebiete vorzustellen. Eine herausragende Bedeutung haben dabei Naturschutz- Informationszentren wie das Umweltbildungszentrum “Schatzinsel Kühkopf“ oder das Nationalparkzentrum Kellerwald-Edersee. Sonstige Vereinbarungen und Maßnahmen Geocaching als moderne Form der Schnitzeljagd findet auch in Natura-2000-Gebieten und Naturschutzgebieten statt. Dieses Massenphänomen bringt jedoch besonders dort, wo Caches in natursensiblen Bereichen versteckt und gesucht werden, Probleme mit sich. Die Aufgabe von Bruten in der Nähe hoch frequentierter Caches kann die Folge sein. Doch Geocaching muss nicht zwangsläufig unverträglich für den Natur- und Artenschutz sein. Um die moderne "Schnitzeljagd" verträglicher für Uhu, Wanderfalke & Co. zu gestalten, wurde in den letzten Jahren eine Arbeitsgruppe aus Mitgliedern der Regierungspräsidien, der Staatlichen Vogelschutzwarte , von Hessen-Forst FENA und dem Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (HMUKLV) mit dem Ziel tätig, den Dialog mit den Geocachern aufzunehmen und Maßnahmen zur Verträglichkeit einzuleiten. Folgende Maßnahmen wurden und werden im Rahmen des Schutzgebietsmanagements umgesetzt : 1. Erstellung, Aktualisierung und Verbreitung von Info-Materialien (Fachbeiträge für Fachzeitschriften , Flyer und Hinweisblätter, Homepage-Beiträge) zur Sensibilisierung der Szene. 2. Einrichtung von Geocaching-Tabuzonen bzw. Horst-Schutzzonen um die Brutplätze besonders störungsempfindlicher Vogelarten (z.B. Schwarzstorch, Uhu, Rotmilan). Aktuell werden problematische Caches an Eisvogel-Brutstandorten im Main-Kinzig-Kreis entschärft bzw. verlegt. 3. Einführung vergleichbarer Schutzmaßnahmen auch für gefährdete Fledermaushabitate in Höhlen, Stollen oder Felsenkellern ab 2017. 4. Landesweit werden Eigentümer problematischer Caches vorrangig in NSG veranlasst, diese zu löschen oder an unproblematische Standorte zu verlegen. 5. Ermittlung problematischer Caches auch in Natura-2000-Gebieten und ggf. darüber hinaus mit dem Ziel die Caches zu löschen oder zu verlagern. Es bleibt festzuhalten, dass für ein zeitgemäßes und erfolgreiches Arten- und Schutzgebiets- Management eine Vielfalt an Schutzinstrumenten erforderlich ist. Eine Beschränkung alleine auf hoheitliche Maßnahmen wie Verbote im Zuge der Natura 2000- Novelle sowie Allgemeinverfügungen und Einzelanordnungen würde viel zu kurz greifen, um die verschieden und teils sehr heterogenen sowie spezifischen Schutzziele zu erreichen. Frage 4. Wie werden Anforderungen bezüglich Jagdausübung, Angelfischerei, frei laufenden Hunden, Grünlandumbruch oder hohem Besucheraufkommen in Natura-2000-Gebieten so geregelt, dass schutzwürdige Arten nicht erheblich beeinträchtigt werden? Die Anforderungen an die Jagdausübung, die Angelfischerei, die Grünlandbewirtschaftung sowie verschiedene mit dem Natur- und Artenschutz konkurrierende Freizeitnutzungen in den Schutzgebieten werden in den Mittelfristigen Maßnahmenplänen konkretisiert. Soweit erforderlich werden in den Maßnahmenplänen flächenscharfe Maßnahmen festgelegt, die für die Naturschutzverwaltung verbindlich sind und die durch Flächeneigentümer oder Nutzer möglichst auf freiwilliger Basis realisiert werden sollen. Entsprechend breit muss das den zuständigen Behörden zur Verfügung stehende Instrumentarium angelegt sein, um die notwendigen Schutzmaßnahmen realisieren zu können. Bzgl. des Instrumentariums an Schutzmaßnahmen wird auf die Beantwortung der Frage 3 verwiesen. 6 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2711 Die in den Maßnahmenplänen präzisierten Maßnahmen werden im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel umgesetzt. Regelmäßige, i.d.R. jährliche Besprechungen ermöglichen Detailabstimmungen zur Umsetzung der Maßnahmen gemeinsam mit Flächeneigentümern, Nutzern, Vertretern von Naturschutzverbänden und sonstigen Interessierten. Eine jährliche Umsetzungskontrolle wie auch eine regelmäßige Erfolgsabschätzung der Maßnahmen erfolgt durch das System NATUREG (NATUrschutzREGister Hessen), das die notwendigen Prioritätensetzungen sowohl auf der Ebene des jeweiligen Schutzgebietes wie auch überregional und hessenweit ermöglicht. Frage 5. In welchen hessischen FFH- oder EU-Vogelschutzgebieten ist es laut dem vorliegenden Entwurf der Natura 2000-Verordnung vorgesehen, Ge- und Verbote zum Erreichen der Erhaltungsziele aufzunehmen? Auf die Fragen 1 bis 4 wird hierzu verwiesen. Die Ermächtigungsgrundlage des § 14 Abs. 2 und 3 HAGBNatSchG sieht den Erlass von Geoder Verboten im Rahmen der Natura 2000-Verordnung nicht vor. Frage 6. Bis wann werden die bereits fertigen Bewirtschaftungspläne mit konkreten Maßnahmen öffentlich im Internet eingestellt? Bis wann folgen die noch Fehlenden? Die Veröffentlichung der abgestimmten Bewirtschaftungspläne von Natura-2000-Gebieten oder NSG im sogenannten "NATUREG-Viewer" erfolgt zeitnah nach der ortüblichen Bekanntmachung . Da der weitgehende Abschluss der FFH-Maßnahmenplanung bis Jahresende 2016 erfolgen wird, ist die Veröffentlichung der noch ausstehenden FFH-Pläne ebenfalls bis zum letzten Quartal 2016 bzw. 1. Quartal 2017 vorgesehen. Da sich ab dem Jahr 2017 die Handlungsschwerpunkte weg von der FFH-Maßnahmenplanung hin zur Maßnahmenplanung von Vogelschutz-Gebieten und NSG ohne Natura 2000-Status verlegen werden, wird die Veröffentlichung dieser Pläne dann ebenfalls sukzessive ab Jahresende 2017 erfolgen. Wiesbaden, 9. Februar 2016 Priska Hinz