Kleine Anfrage der Abg. Löber (SPD) vom 27.03.2014 betreffend Abschaffung der GVO-Kennzeichnungspflicht bei Honig durch EU und Antwort der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Vorbemerkung der Fragestellerin: Am 19. März 2014 beschloss der Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit im EU-Parlament, den zwischen Parlament, Rat und Kommission erzielten Kompromiss anzunehmen, wo- nach Hersteller von Honig künftig nicht mehr aufführen müssen, ob ein Produkt mit gentechnisch veränder- ten Pollen hergestellt wird. Bereits im Jahr 2012 hat die Kommission einen Vorschlag zur Überarbeitung be- stehender Richtlinien zur Vermarktung und Produktion von Honig-Pollen festgelegt, welche diese als natür- lichen Bestandteil von Honig klassifizierten und nicht als Zutat. Dies wiederum entbindet die Hersteller von der Kennzeichnungspflicht auf der Verpackung. 2011 hingegen entschied der Europäische Gerichtshof, dass Honig, der GVO-Pollen enthält, immer gekennzeichnet werden muss und als Zutat zu betrachten ist. Diese Vorbemerkung der Fragestellerin vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie bewertet die Landesregierung den beschriebenen Kompromiss, gerade auch unter dem Ge- sichtspunkt, dass dieser das Urteil des Europäischen Gerichtshofs offensichtlich außer Acht lässt? Die Landesregierung hat sich der Haltung der Bundesländer angeschlossen, die im Beschluss des Bundesrates, Drucksache 569/12 vom 23. November 2012 (Anlage), zum Ausdruck kommt: Danach begrüßt sie grundsätzlich das Anliegen der Kommission aufgrund des EuGH-Urteils, eine Klarstellung der rechtlichen Bewertung von Pollen in Honig zu treffen. Allerdings werden die Ausführungen des Kommissionsvorschlags zur Änderung der Richtlinie 2001/110/EG als nicht zielführend beurteilt, da diese zu Rechtsunsicherheiten hinsichtlich der gentechnikrechtlichen Kennzeichnung und der Verkehrsfähigkeit von Honig mit gentechnisch veränderten Pollen führen. Es wird für wichtig erachtet, der Linie des EuGH zu folgen, nach der Honig entsprechend den geltenden Vorschriften zu kennzeichnen ist, wenn er Pollen von gentechnisch veränderten Pflanzen enthält. In seinem Beschluss hat der Bundesrat die Bundesregierung gebeten, sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass es nicht zu einer Aufweichung der Konsequenzen kommt, die sich aus dem Urteil des EuGH ergeben. Für die Verbraucherin und den Verbraucher muss aus Sicht der Landesregierung erkennbar sein, ob Honig gentechnisch veränderte Pollen enthält oder nicht. Eine eindeutige Klarstellung zur rechtlichen Bewertung von Pollen im Honig darf aber nicht dazu führen, dass auf konventionellem Honig ein Zutatenverzeichnis anzugeben ist. Stattdessen sollte geprüft werden, ob das allgemeine Lebensmittelrecht so angepasst werden kann, dass für Honig auch dann keine Zutatenliste erstellt werden muss, wenn Pollen als Zutat im Honig anzusehen bzw. wie eine solche zu behandeln ist und gentechnische Verunreinigungen entsprechend den europäischen Vorschriften zu kennzeichnen sind. Die Landesregierung nimmt zur Kenntnis, dass das Anliegen der Bundesländer bezüglich einer für die Verbraucher eindeutigen GVO-Kennzeichnung von Pollen mit der am 8. Mai 2014 erfolgten Zustimmung des Ministerrats der Europäischen Union zum Kompromissentwurf der Honigrichtlinie keine Berücksichtigung gefunden hat. Frage 2. Inwieweit muss Honig gekennzeichnet werden, wenn er z.B. von Feldern mit reiner GVO- Rapssaat herrührt? Nach bisheriger Rechtslage muss Honig, der Pollen einer in der EU zugelassenen Rapssorte enthält, keine Kennzeichnung "genetisch verändert" oder "aus genetisch verändertem Raps hergestellt " tragen, da der Pollenanteil mit im Durchschnitt etwa 0,003 %, bezogen auf den Honig, weit unter dem Kennzeichnungsschwellenwert von 0,9 % liegt und darüber hinaus Blütenpollen zufällig in den Honig gelangen; der Polleneintrag ist überdies technisch nicht zu vermeiden. Diese Regelungen ergeben sich aus der VO (EG) Nr. 1829/2003. Eingegangen am 6. Juni 2014 · Ausgegeben am 12. Juni 2014 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/286 06. 06. 2014 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/286 Im Zusammenhang mit der Auslobung "ohne Gentechnik" werden geringe Spuren von Pollen einer in der EU zugelassenen Rapssorte bis zu einem Anteil von 0,1 % von der amtlichen Lebensmittelüberwachung toleriert. Enthält Honig Pollen einer nicht zugelassenen GVO-Rapssorte (nicht EU-zugelassenes GVOKonstrukt ) - zu welchem Anteil auch immer -, ist dieser Honig nicht verkehrsfähig. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte jedoch in seinem Urteil vom 6. September 2011 Pollen in Honig als Lebensmittelzutat eingestuft, mit der Konsequenz, dass Pollen von einer in der EU zugelassenen Pflanze in Honig, entgegen der dargelegten Rechtslage, gekennzeichnet werden musste, sofern der Kennzeichnungsschwellenwert von 0,9 % überschritten wurde. In der Konsequenz dieses Urteils bezog sich der Kennzeichnungsschwellenwert von 0,9 % damit auf den Gesamtpollenanteil im Honig und nicht auf den Honig als Ganzem. Mit der aktuell auf EU-Ebene erfolgten Anpassung der Honigrichtlinie wird klargestellt, dass Pollen als natürliche Bestandteile eines Honigs und nicht als Zutaten zu werten sind. Damit muss Honig , der Pollen einer in der EU zugelassenen Rapssorte enthält, keine Kennzeichnung "genetisch verändert" oder "aus genetisch verändertem Raps hergestellt" tragen, da die Bewertung des GVOPollenanteils in Analogie zu der im ersten Absatz dargelegten Betrachtungsweise erfolgt. Frage 3. Welche Auswirkungen erwartet die Landesregierung bezüglich des Verbraucherverhaltens, wenn zu befürchten ist, dass Honig GVO-Bestandteile enthält? Es ist nicht auszuschließen, dass Verbraucher zur Vermeidung von GVO-Anteilen in Lebensmitteln nach dem Beschluss zur Änderung der Honigrichtlinie ihr Kaufverhalten anpassen werden. Frage 4. Kann die Landesregierung sicherstellen, dass Honig mit GVO-Bestandteilen bzw. gentechnisch veränderten Zusätzen oder Honig, der von gentechnisch veränderten Pflanzen stammt, ausreichend gekennzeichnet wird, damit Verbraucherinnen und Verbraucher diesen meiden können? Die Landesregierung kann nicht sicherstellen, dass jeglicher Honig mit Pollen von gentechnisch veränderten Pflanzen ausreichend gekennzeichnet wird, da die amtliche Lebensmittelüberwachung lediglich auf Stichprobenkontrollen ausgelegt ist. Im Übrigen wird bezüglich der Regelungen zur Kennzeichnung auch auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Für Honig mit Pollen von in der EU nicht zugelassenen gentechnisch veränderten Pflanzen besteht ein Verkehrsverbot. Frage 5. Wie steht der Landesverband Hessischer Imker e.V. dieser Entwicklung gegenüber? Der Landesverband Hessischer Imker hat vor der am 8. Mai 2014 erfolgten Einigung auf EUEbene auf Anfrage mitgeteilt, dass man das EuGH-Honig-Urteil aus 2011 begrüßt, weil es nach dortiger Einschätzung sowohl für die Wahlfreiheit der Verbraucher als auch für die Haftungsregelungen der Imker von großer Bedeutung ist. Der Landesverband hat in dieser Stellungnahme die Auffassung vertreten, - dass durch die jüngste Entscheidung des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit im EU-Parlament vom 19. März 2014 nicht mehr zu erkennen ist, ob sich GVO-Pollen im Honig befinden; dies könne nur als Verbrauchertäuschung verstanden werden; - dass er den Verbrauchern nur empfehlen könne, ausschließlich deutschen Honig zu kaufen; - auch wenn es derzeit in Deutschland keinen GVO-Anbau gibt, könne die Entscheidung zukünftig für die deutschen Imkerinnen und Imker Folgen haben; - in Zukunft würden Honige wieder ohne Probleme in den deutschen Regalen unter der Bezeichnung "aus EU und nicht-EU-Herkünften" trotz GVO-Tracht Zugang haben; - kein Verbraucher würde auf diese Herkunft hingewiesen; - hier läge eine bewusste und gewollte Verbrauchertäuschung vor, da der Pollenanteil im Honig immer unter 0,9 % liegen würde, ob normal oder mit GVO; - diese Vorgehensweise sei für ihn nicht verständlich. Frage 6. Wird sich die Landesregierung dafür einsetzen, die bisherige Regelung beizubehalten, und falls nein, weshalb nicht? Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Wiesbaden, 16. Mai 2014 Priska Hinz Anlage