Kleine Anfrage der Abg. Lisa Gnadl (SPD) vom 08.12.2015 betreffend rechter Fackelmarsch in Wetzlar und Antwort des Ministers des Innern und für Sport Vorbemerkung der Fragestellerin: Am 14.11.2015 fand in Wetzlar der größte Aufmarsch der extremen Rechten seit Jahren in Mittelhessen statt. In den Medien wird über ca. 150 Teilnehmer berichtet. Die Vorbemerkung der Fragestellerin vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Von wie vielen Teilnehmern an der Demonstration der extremen Rechten geht die hessische Landesregierung aus? Insgesamt nahmen ca. 300 Personen an der Demonstration teil. Frage 2. Welche Gruppierungen waren nach Erkenntnissen der Landesregierung an der Organisation der Demonstration beteiligt? Als Anmelderin der Demonstration trat die überregional aktive Melanie D. auf, welche ehemaliges Vorstandsmitglied der Partei "Pro NRW" und ehemalige Funktionärin der JN ist. Sie ist in der Vergangenheit mehrfach als Anmelderin und Rednerin der PEGIDA-Ableger BOGIDA (Bonn) und DÜGIDA (Düsseldorf) in Erscheinung getreten. Zu dem anlässlich einer Demonstration üblichen Kooperationsgespräch mit der Versammlungsbehörde wurde sie von dem Vorsitzenden der Jungen Nationaldemokraten Hessen (JN) begleitet . Frage 3. Aus welchen Gruppierungen hat sich nach Erkenntnissen der Landesregierung die Demonstration zusammengesetzt? An der Demonstration beteiligten sich u.a. Angehörige der lokalen Neonaziszene, der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) sowie der JN. Darüber hinaus waren auch zahlreiche Personen des bürgerlichen Spektrums festzustellen. Frage 4. Wie bewertet die Landesregierung die Gruppierungen, die die Demonstration organisiert oder an der Demonstration teilgenommen haben? Melanie D. organisiert häufig Veranstaltungen mit entsprechenden Themen, insbesondere in Nordrhein-Westfalen und wird deshalb dem rechtsaffinen Spektrum zugerechnet. Die im Übrigen in der Antwort zu Frage 3 benannten Gruppierungen werden als rechtsextremistisch eingestuft und aufgrund ihrer Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung durch den Verfassungsschutz beobachtet. Frage 5. Welche Maßnahmen wurden unternommen, damit die Teilnehmer der Demonstration keine gefährlichen oder sonstigen verbotenen Gegenstände auf der Demonstration mit sich führen? Frage 6. Welche Maßnahmen wurden von der Polizei getroffen, um Verstöße gegen das Versammlungsgesetz (bspw. Vermummungsverbot) zu unterbinden? Die Fragen 5 und 6 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam wie folgt beantwortet : Eingegangen am 28. Januar 2016 · Ausgegeben am 1. Februar 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/2906 28. 01. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2906 Wenn eine auf tatsächlichen Anhaltspunkten beruhende Prognose ergibt, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Straftaten nach § 27 Versammlungsgesetz zu erwarten sind, kann von Seiten der Polizei eine Kontrollstelle nach § 18 Abs. 2 Nr. 5 HSOG eingerichtet werden. Die entsprechenden Voraussetzungen hierfür wurden auch in Bezug auf die Demonstration in Wetzlar geprüft . Sie lagen im Ergebnis jedoch nicht vor. Zudem besteht die Versammlungsfreiheit ausweislich Art. 8 Abs. 1 des Grundgesetzes nur für friedlich und ohne Waffen handelnde Personen. Wer Handlungen im Sinne der Fragestellung vornimmt, begeht eine Straftat nach § 27 des Versammlungsgesetzes, die entsprechend verfolgt wird. Zur polizeilichen Aufklärung sowie zur Feststellung und Verfolgung etwaiger Straftaten befanden sich Einsatzkräfte ständig in unmittelbarer Nähe des Aufzuges der Anmelderin, wodurch ein sofortiges Einschreiten jederzeit möglich war. Frage 7. Wurde die Verwendung von Fackeln bei der Demonstration beantragt und genehmigt? Frage 8. Wurde von Seiten der Polizei oder des Ordnungsamtes ein Verbot von Fackeln für den Demonstrationszug geprüft? Die Fragen sieben und acht werden im Sachzusammenhang gemeinsam beantwortet: In ihrer Anmeldung gab Melanie D. an, dass u.a. auch Fackeln als Hilfsmittel verwendet werden sollen. Mit Verfügung vom 10.11.2015 untersagte die Versammlungsbehörde der Stadt Wetzlar ihr gegenüber die angemeldete Route des Demonstrationszuges und erklärte sich dazu bereit, das Thema "Alternative Wegstrecke" mit ihr einvernehmlich zu erörtern. Gleichzeitig wies die Versammlungsbehörde darauf hin, dass im Falle einer Einigung über die alternative Wegstrecke die Verwendung von Fackeln untersagt werden würde. Dem Antrag der Anmelderin, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid der Versammlungsbehörde wiederherzustellen, gab das Verwaltungsgericht Gießen mit Beschluss vom 13.11.2015 statt. Darüber hinaus führte das VG Gießen aus, dass zur Vermeidung weiterer Rechtsstreitigkeiten darauf hingewiesen wird, dass die geplante Untersagung der Verwendung von Fackeln nach vorläufiger Einschätzung des Gerichts rechtlich keinen Bestand haben dürfte. Frage 9. Wie ordnet die Landesregierung den Aufmarsch politisch ein, geht sie von einem extremistischen Aufmarsch aus? In der Gesamtschau führen das gewählte Thema, die Person der Anmelderin, die rechtsextremistischen Redner, die teilnehmende Klientel und die skandierten Parolen zu der Einordnung als rechtsextremistische Demonstration. Frage 10. Welche Straftaten wurden im Rahmen der Demonstration festgestellt? Es wurden zwei Ermittlungsverfahren wegen potenziellen Verstößen gegen das Vermummungsverbot sowie ein Ermittlungsverfahren wegen Verdacht des Mitführens von Schutzwaffen im Sinne des Versammlungsgesetzes eingeleitet. Wiesbaden, 18. Januar 2016 Peter Beuth