Kleine Anfrage des Abg. Rentsch (FDP) vom 08.12.2015 betreffend Auswirkung der Flüchtlingssituation auf die ärztliche Versorgung und Antwort des Ministers für Soziales und Integration Die Kleine Anfrage beantworte ich wie folgt: Frage 1. Wie beurteilt die Landesregierung die Sicherstellung der künftigen ambulanten ärztlichen Versorgung in Hessen, unter Zugrundelegung der aktuellen Prognosen zur Anzahl der Flüchtlinge bis Ende 2016? Grundsätzlich obliegt die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 75 SGB V der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KVH). Auf der Basis der bundesrechtlich geregelten Bedarfsplanung und den hierauf basierenden Beschlüssen des Landesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zu Über- und (drohender) Unterversorgung können - soweit erforderlich - seitens der KVH Maßnahmen ergriffen werden, um die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zu gewährleisten, zu verbessern oder zu fördern. Man wird im Laufe des Jahres 2016 sorgfältig beobachten müssen, ob es überhaupt durch die Zuweisung von Asylsuchenden bzw. Bürgerkriegsflüchtlingen auf die einzelnen hessischen Kommunen zu Sicherstellungsproblemen kommt, um ggf. gemeinsam mit der KVH und den Kommunen und Landkreisen nach angemessenen Problemlösungen suchen zu können. Frage 2. Wie beurteilt die Landesregierung unter diesem Gesichtspunkt die nach wie vor gültige, aber reformbedürftige , Bedarfsplanungsrichtlinie, die dem Versorgungsstärkungsgesetz zugrunde liegt? Durch das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) wird der Gemeinsame Bundesausschuss beauftragt, mit Wirkung zum 1. Januar 2017 die erforderlichen Anpassungen der Bedarfsplanungs -Richtlinie für eine bedarfsgerechte Versorgung nach Prüfung der Verhältniszahlen unter Berücksichtigung insbesondere der demografischen Entwicklung sowie der Sozial- und Morbiditätsstruktur sowie unter Berücksichtigung der Möglichkeit zu einer kleinräumigen Planung , insbesondere für die überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte und Psychotherapeuten, vorzunehmen. In diesem Kontext besteht die Möglichkeit, sich auch mit den Auswirkungen der steigenden Flüchtlingszahlen auf die ambulante medizinische Versorgung auseinanderzusetzen, so dass dieser Weg als gut geeignet und angemessen bewertet wird. Frage 3. Welche Auswirkungen sieht die Landesregierung aufgrund der steigenden Flüchtlingszahlen künftig für die stationäre medizinische Versorgung? Hierzu gibt es noch keine verlässlichen Zahlen. Es existiert keine statistische Sonderkennung, aus der man erkennen könnte, ob eine Patientin oder ein Patient Flüchtling ist. Eine Studie der Unternehmensberatung Deloitte hat aktuell die Altersstruktur der Flüchtlinge aus dem Jahr 2014 mit bestehenden Krankenhaushäufigkeiten in Deutschland verglichen. Hiernach wird pro 100.000 Flüchtlinge eine Fallzahlsteigerung von 14.700 prognostiziert. Bei ca. 1,3 Mio. Behandlungsfällen in Hessen dürften sich die Auswirkungen im Jahr 2015 daher um die 1 % bewegen . Dies ist mit den vorhandenen Kapazitäten leistbar. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Fallzahlsteigerungen durch die Behandlung von Flüchtlingen nach dem Krankenhausentgeltgesetz nicht zu Vergütungskürzungen führen. Eingegangen am 26. Januar 2016 · Ausgegeben am 28. Januar 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/2928 26. 01. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/2928 Frage 4. Wie beurteilt die Landesregierung die Auswirkungen auf die Schnittstellen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung, d.h auf einzelne Ärztinnen und Ärzte sowie ganze Praxen, die auch im oder für den stationären Bereich tätig sind? Die vorhandenen Schnittstellenprobleme zwischen ambulanter und stationärer Versorgung existieren unabhängig von der Flüchtlingsthematik. Soweit die Ärztinnen und Ärzte ambulant tätig werden, gelten die Ausführungen zu Frage 1. und 2, soweit sie stationär tätig werden, wird auf die Beantwortung der Frage 3 verwiesen. Frage 5. Wie beurteilt die Landesregierung in diesem Zusammenhang die Zweckmäßigkeit der Soll- Regelung im Versorgungsstärkungsgesetz hinsichtlich der Nachbesetzung von Arztpraxen in sogenannten überversorgten Gebieten? Frage 6. Erwägt die Landesregierung die "Soll-Regelung" im Versorgungsstärkungsgesetz hinsichtlich der Nachbesetzung von Arztpraxen bis zur endgültigen gesetzlich vorgeschriebenen Überarbeitung der Bedarfsplanungsrichtlinie auszusetzen? Die Fragen 5 und 6 werden wie folgt gemeinsam beantwortet: Durch das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) wird § 103 Abs. 3 a SGB V dahin gehend ergänzt, dass in Fällen von dem Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen festgestellter Überversorgung in einem Planungsbereich der Zulassungsausschuss den Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens ablehnen kann, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist. Diese bundesgesetzliche Regelung kann durch die Landesregierung nicht ausgesetzt werden. Es ist zudem davon auszugehen, dass der Zulassungsausschuss gemäß der ihm vom Bundesgesetzgeber übertragenen Verantwortung erst nach einer Versorgungsanalyse in dem betroffenen Planungsbereich und in Bezug auf die betroffene Fachgruppe eine Entscheidung zu einer eventuellen Aussetzung des Nachbesetzungsverfahrens treffen wird. Wiesbaden, 12. Januar 2016 Stefan Grüttner