Kleine Anfrage der Abg. Gnadl (SPD) vom 18.12.2015 betreffend Lebensbescheinigung für Rentenversicherung und Antwort des Ministers für Soziales und Integration Vorbemerkung der Fragestellerin: Zur Vorlage bei Rentenversicherungsträgern ist bisweilen eine sogenannte Lebensbescheinigung notwendig. Derzeit ist es gängige Praxis, diese durch die OrtsgerichtsvorsteherInnen ausstellen zu lassen. Allerdings ist hierfür wohl keine Gebühr im Gebührenordnungsverzeichnis vorgesehen und die OrtsgerichtsvorsteherInnen fühlen sich somit im rechtsfreien Raum. Vorbemerkung des Ministers für Soziales und Integration: Rentenansprüche enden mit dem Tode des Berechtigten (§ 102 Abs. 5 SGB VI). Wer eine Sozialleistung - dazu gehören auch Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung - beantragt oder erhält, hat alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind und auch Beweisurkunden - wie eine Lebensbescheinigung - auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers vorzulegen (§ 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGBI). Lediglich in § 119 Abs. 3 Nr. 1 SGB VI wird die Lebensbescheinigung gesondert erwähnt. Normalerweise wird von Rentenbeziehern in Deutschland keine Lebensbescheinigungen mehr angefordert, da der Rentenservice die Sterbefallmitteilungen der Meldebehörden auswertet (§ 101a SGB X). Können Bescheide nicht zugestellt werden , besteht die Möglichkeit, dass Meldedaten nicht zutreffend sind. In diesen Fällen wird eine Lebensbescheinigung verlangt. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit der Ministerin der Justiz wie folgt: Frage 1. Welche Stellen sind in Hessen dazu berechtigt, eine Lebensbescheinigung auszustellen (mit Angabe der rechtlichen Grundlage)? Die Rentenversicherungsträger akzeptieren Lebensbescheinigungen, die von einer amtlichen Stelle ausgestellt werden. Zu diesen amtlichen Stellen gehören z.B. nach Angaben der Rentenversicherungsträger alle Behörden des Wohnlandes sowie Notare, Banken, Krankenhäuser und das Rote Kreuz. Die Ortsgerichte in Hessen beziehungsweise die Ortsgerichtsvorsteherinnen und Ortsgerichtsvorsteher sind allerdings nicht dafür zuständig, Lebensbescheinigungen (für Rentenversicherungsträger ) auszustellen. Das Ausstellen von Lebensbescheinigungen ist keine Aufgabe der Gerichte oder der Justizbehörden. Die Ortsgerichte sind nach § 2 Satz 1 des Ortsgerichtsgesetzes lediglich Hilfsbehörden der Justiz. In die Zuständigkeit der Ortsgerichte können daher nur solche Angelegenheiten fallen, für die die Justiz beziehungsweise die Gerichte grundsätzlich zuständig sind. Den Ortsgerichten obliegen nach § 2 Satz 2 des Ortsgerichtsgesetzes die durch Gesetz näher bezeichneten Aufgaben auf dem Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Schätzungswesens. Die Zuständigkeiten der Ortsgerichte sind im zweiten Abschnitt des Ortsgerichtsgesetzes geregelt. Die Ausstellung von Lebensbescheinigungen ist dort nicht vorgesehen. Eine solche Zuständigkeit ergibt sich auch nicht aus der Zuständigkeit der Ortsgerichtsvorsteherin oder des Ortsgerichtsvorstehers zur Erstellung einer Sterbefallanzeige auf Ersuchen des Amtsgerichts nach § 14 des Ortsgerichtsgesetzes. Die Gebührenordnung für die Ortsgerichte im Lande Hessen vom 17. Oktober 1980 weist deswegen auch keine Gebühr für die Erstellung von Lebensbescheinigungen aus. Eingegangen am 12. Februar 2016 · Ausgegeben am 22. Februar 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3003 12. 02. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3003 Der Präsident des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, der die Dienstaufsicht über die Ortsgerichte ausübt, hat berichtet, dass Ortsgerichtsvorsteherinnen und Ortsgerichtsvorsteher nach eigenen Angaben tatsächlich teilweise Lebensbescheinigungen ausgestellt hätten, wobei davon ausgegangen wird, dass es sich hierbei möglicherweise auch lediglich um Unterschriftenbeglaubigungen auf Vordrucken für eine Lebensbescheinigung handelt. Der Präsident des Oberlandesgerichts hat nach Bekanntwerden dieser Problematik im November 2015 in einer Rundverfügung sämtliche Ortsgerichte in Hessen darauf hingewiesen, dass mangels einer Zuständigkeit keine Lebensbescheinigungen ausgestellt werden dürfen. Frage 2. Welche Gebühren fallen bei der Ausstellung einer Lebensbescheinigung an (mit Angabe der rechtlichen Grundlage/Gebührenordnung)? Die Ausstellung einer Lebensbescheinigung für deutsche gesetzliche Rentenversicherungsträger ist nach § 64 Abs. 2 SGB X kostenfrei. Es fallen damit keine Gebühren an. Keine Gebührenfreiheit besteht bei Betriebsrenten (z.B. VBL-Rente), Zusatzrenten (z.B. aus der privaten Rentenversicherung ) und ausländischen Renten. Frage 3. Falls bisher nicht geschehen, kann die Ausstellung der Lebensbescheinigung durch Ortsgerichtsvorsteher Innen in den Leistungskatalog aufgenommen werden und somit Rechtsklarheit geschaffen werden? Da die Ortsgerichte für die Ausstellung von Lebensbescheinigungen nicht zuständig sind, besteht auch kein Bedarf für die Aufnahme einer entsprechenden Gebühr in der Gebührenordnung für die Ortsgerichte im Lande Hessen. Da es sich bei der Ausstellung von Lebensbescheinigungen um keine Aufgabe der Justiz handelt, wäre eine derartige Zuständigkeit der Ortsgerichte nicht begründbar und zudem systemwidrig. Wiesbaden, 8. Februar 2016 Stefan Grüttner