Kleine Anfrage der Abg. Cárdenas vom 16.12.2015 betreffend Abschiebungen aus Hessen IV (zweiter Versuch der Informationsgewinnung) und Antwort des Ministers des Innern und für Sport Vorbemerkung der Fragestellerin: Meine Kleine Anfrage vom 23.06.2015 betreffend Abschiebungen aus Hessen IV bleibt weitgehend unbeantwortet . Die Antwort des Ministers des Innern und für Sport, Peter Beuth, die nach Fristverlängerungen erst am 08.01.2015 erfolgte, begnügt sich in weiten Teilen mit dem Hinweis, dass mangels entsprechender Statistiken Fragen nicht beantwortet werden könnten. Ich stelle meine Kleine Anfrage - leicht verändert - daher nochmals und bitte die Fragen in dem Umfang zu beantworten, soweit bei Landesbehörden, den zentralen Ausländerbehörden der Regierungspräsidien oder bei den kommunalen Ausländerbehörden entsprechende Statistiken vorliegen oder die Erhebung der Daten keinen unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand bedeuten würde. Ggf. bitte ich die erbetenen Informationen zu schätzen. Ich erlaube mir den Hinweis, dass die Landesregierung den Landtag in die Lage versetzen muss, seine Aufgabe der parlamentarischen Kontrolle von Regierung und Verwaltung effektiv wahrzunehmen. Die Antworten der Landesregierung müssen dazu geeignet sein, dass sich Abgeordnete die für ihre Tätigkeit nötigen Informationen auf rasche und zuverlässige Weise verschaffen können. Vorbemerkung des Ministers des Innern und für Sport: Wie schon in den Antworten zu den Kleinen Anfragen Drucks. 19/2119, 2120, 2121, 2122 hervorgehoben , liegen weder bei den Landesbehörden, den Zentralen Ausländerbehörden bei den Regierungspräsidien noch den kommunalen Ausländerbehörden aussagekräftige Auswertungen, mit denen die detaillierten Fragen beantwortet werden können, vor. Nur die Daten konnten insbesondere aufgrund der im Jahr 2015 erfolgten Abfragen und Erfahrungen aufgeführt werden, deren Erhebung keinen unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand erforderten. Alle anderen Erhebungen hätten es erforderlich gemacht, jeden einzelnen Vorgang zu sichten. Eine Schätzung der erbetenen Informationen ist ebenfalls nicht möglich, da diese immer ungenau sein wird und auch dies eine umfangreiche Sichtung der Einzelvorgänge erfordert hätte. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie viele der Abschiebungen (auch Überstellungen, Zurückschiebungen und Zurückweisungen) seit 2010 erfolgten: a) in Begleitung von Sicherheitskräften anderer Mitgliedstaaten der Dublin-Vereinbarung, b) in Begleitung von Sicherheitskräften der Zielstaaten (bitte nach Zielstaaten aufschlüsseln), c) in Begleitung von Sicherheitskräften der Luftverkehrsgesellschaften (bitte nach Fluggesellschaften aufschlüsseln), d) in Begleitung von medizinischen Personal? e) in Begleitung der hessischen Polizei, f) in Begleitung der Bundespolizei, g) unbegleitet? Zu Frage 1 a: Wie sich schon aus der Beantwortung der Frage 1 a der Kleinen Anfrage Drucks. 19/2122 ergibt, werden hierzu keine Statistiken bei den Zentralen Ausländerbehörden der Regierungspräsidien und bei den kommunalen Ausländerbehörden geführt. Die nachträgliche Erhebung der Daten wäre mit einem unvertretbar hohen Verwaltungsaufwand verbunden gewesen, da dies eine Sichtung des gesamten in Betracht kommenden Aktenbestands erforderlich gemacht hätte. Eingegangen am 13. April 2016 · Ausgegeben am 18. April 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3013 13. 04. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3013 Zu Frage 1 b: Wie sich schon aus der Beantwortung der Frage 1 b der Kleinen Anfrage Drucks. 19/2122 ergibt, entzieht sich diese Frage der Zuständigkeit des Landes und könnte nur durch das Bundespolizeipräsidium beantwortet werden. Das Bundesministerium des Innern als vorgesetzte Behörde hat hierzu in Beantwortung der Kleinen Anfrage Drucks. 19/2122 mitgeteilt , dass die Bundesregierung und mithin die ihr unterstellten Bundesbehörden nicht der parlamentarischen Kontrolle eines Landtages unterliegen und daher von einer Übermittlung der erbetenen Angaben abgesehen wird. Zu Frage 1 c: Wie sich schon aus der Beantwortung der Frage 1 c der Kleinen Anfrage Drucks. 19/2122 ergibt, begleitet die hessische Polizei grundsätzlich keine Abschiebungen. Nur in Ausnahmefällen werden Abschiebungen von Straftätern und Personen aus psychiatrischen Kliniken durch einige speziell von der Bundespolizei ausgebildete Bedienstete der Polizeipräsidien Frankfurt am Main, Nordhessen und Westhessen begleitet. Statistische Daten über den Umfang der Begleitmaßnahmen liegen nicht vor und können für die Vergangenheit auch nicht erhoben werden. Zu Fragen 1 d bis g: Wie schon auf die Fragen 1 d bis g der Kleinen Anfrage Drucks. 19/2122 geantwortet, werden dazu keine Statistiken bei den Zentralen Ausländerbehörden der Regierungspräsidien und bei den kommunalen Ausländerbehörden geführt. Die nachträgliche Erhebung der Daten wäre mit einem unvertretbar hohen Verwaltungsaufwand verbunden gewesen, da dies eine Sichtung des gesamten in Betracht kommenden Aktenbestands erforderlich gemacht hätte. Soweit diese Fragen durch das Bundespolizeipräsidium beantwortet werden könnten, hat das Bundesministerium des Innern als vorgesetzte Behörde im Rahmen der Beantwortung der Kleinen Anfrage Drucks. 19/2122 mitgeteilt, dass die Bundesregierung und mithin die ihr unterstellten Bundesbehörden nicht der parlamentarischen Kontrolle eines Landtages unterliegen und daher von einer Übermittlung der erbetenen Angaben abgesehen wird. Frage 2. In wie vielen Fällen haben hessische Ausländerbehörden seit 2014 auf Grund drohender Obdachlosigkeit oder kalter Witterungsverhältnisse im Zielland auf die Durchführung der Ausreiseverpflichtung von Ausländerinnen und Ausländern nach unanfechtbaren Entscheidungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) verzichtet? Bitte nach Jahren und Monaten aufschlüsseln ? Nach § 60a Absatz 2 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes kann einem vollziehbar zur Ausreise verpflichteten Ausländer eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Gefährdungen, die im Heimatstaat des abzuschiebenden Ausländers drohen, sind im Allgemeinen als sog. zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote im Asylverfahren vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge geltend zu machen. Über die in der Frage angesprochene Fallkonstellation “drohende Obdachlosigkeit“ befindet daher das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Rahmen der asylrechtlichen Prüfung. An eine Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge über das Vorliegen von Abschiebehindernissen nach § 60 Absatz 2 bis 5 und Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes ist die Ausländerbehörde gebunden. Wie bereits in der Beantwortung der Mündlichen Frage 409 ausgeführt, kann die Entscheidung darüber, ob ein unabweisbarer Härtefall vorliegt und die Abschiebung aus humanitären Gründen in der Gesamtschau des konkreten Einzelfalles vorübergehend ausgesetzt wird, aus nachvollziehbaren Gründen nicht an einer Temperatur- bzw. Wetterangabe, die kein zielstaatsbezogenes Abschiebehindernis darstellt, festgemacht werden. Frage 3. Wie bewertet die Landesregierung die in dem Dringlichen Entschließungsantrag der Fraktionen CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend “sorgfältige Einzelfallprüfung auch für Flüchtlinge aus Afghanistan“ (Drucksache 19/2704) getroffene Aussage, dass “in Hessen jeder Einzelfall einer anstehenden Abschiebung insbesondere nach Afghanistan entsprechend den gesetzlichen Maßstäben sorgfältig und sensibel dahin gehend überprüft wird, ob der Abschiebung oder freiwilligen Ausreise tatsächliche oder rechtliche Hindernisse entgegenstehen“ und “die Erkenntnisse des Auswärtigen Amtes und des Bundesministeriums der Verteidigung zu den Sicherheitslagen in den betroffenen Ländern bei der Einzelfallprüfung beachtet werden“ vor dem Hintergrund der Antwort der Landesregierung auf die Mündliche Frage 415 des Abgeordneten Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE), dass “Gefährdungen, die im Heimatstaat des abzuschiebenden Ausländers drohen, (…) im Allgemeinen als sogenannte zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote im Asylverfahren vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge geltend zu machen,“ und hessische Ausländerbehörden an Entscheidungen des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge über das Vorliegen von Abschiebehindernissen gebunden seien? Die Ausländerbehörden sind an die Entscheidungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF), die mit einer Abschiebungsandrohung oder -anordnung versehen sind, hinsicht- Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3013 3 lich der zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote gebunden, § 42 Abs. 1 Asylgesetz (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2006, 1 C 14.05). Kommt es zu Veränderungen im Zielstaat, kann der Abzuschiebende einen Asylfolgeantrag stellen. In diesem Fall darf eine Abschiebung erst nach Mitteilung des Bundesamtes vollzogen werden, dass die Voraussetzungen eines Wiederaufgreifens des Verfahrens nicht vorliegen. Die Ausländerbehörden prüfen außerdem, ob bei dem Betroffenen tatsächliche (beispielsweise Krankheit, keine Passpapiere) oder rechtliche Vollzugshindernisse (beispielsweise Familie) vorliegen beziehungsweise, ob die Abschiebung tatsächlich vollzogen werden kann. Wiesbaden, 6. April 2016 Peter Beuth