Kleine Anfrage des Abg. Degen (SPD) vom 11.01.2016 betreffend Ausbildungskapazitäten für Lehrkräfte mit dem Lehramt an Förderschulen Drucksache 19/3028 und Antwort des Kultusministers Vorbemerkung des Fragestellers: Der Einzelplan 04 des Haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2016 des Landes Hessen sieht im Kapitel 0459, Buchungskreis 2300, Produkt Nr. 20 (Prävention vorsonderpädagogischer Förderung/inklusive Beschulung /Förderung kranker Schülerinnen und Schüler) eine Steigerung der Personalkosten von 162.355.200 € (2015) auf 179.084.400 € (2016) vor. Vorbemerkung des Kultusministers: Zum flächendeckenden Ausbau von inklusiven Strukturen wurden und werden in großem Umfang Stellen in den inklusiven Unterricht investiert. Gleichzeitig konnte bei den letzten Terminen allen Bewerberinnen und Bewerbern für das Lehramt an Förderschulen ein Platz im Vorbereitungsdienst in Hessen angeboten werden. Auch für die kommenden Einstellungstermine in den Vorbereitungsdienst ist aufgrund der Bedarfe geplant , allen Bewerberinnen und Bewerbern für den Vorbereitungsdienst an Förderschulen ein Einstellungsangebot zu unterbreiten. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich im Einvernehmen mit dem Hessischen Minister für Wissenschaft und Kunst die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. In welchem Umfang gedenkt die Landesregierung die Anzahl der Stellen von Lehrkräften mit Lehramt an Förderschulen in der inklusiven Beschulung im Haushaltsjahr 2016 zu steigern? Das Produkt 20 im Kapitel 0459, Buchungskreis 2300, des Einzelplans 04 des Haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2016 sieht Personalkosten für die Leistungen Prävention vor sonderpädagogischem Förderbedarf, inklusive Beschulung für Schülerinnen und Schüler mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf in der allgemeinen Schule sowie die Bildung und Erziehung in der Schule mit dem Förderschwerpunkt kranke Schülerinnen und Schüler vor. Jedes Staatliche Schulamt und damit einhergehend jedes regionale und überregionale Beratungs- und Förderzentrum (BFZ) verfügt über ein bestimmtes Budget an Lehrerstunden für sonderpädagogische Unterstützung. In der allgemeinen Schule setzen die Förderschullehrkräfte des zuständigen BFZ die zugewiesene Ressource in vorbeugenden Maßnahmen und inklusiver Beschulung ein. Insofern ist eine Trennung der Leistungen Prävention vor sonderpädagogischem Förderbedarf und inklusive Beschulung für Schülerinnen und Schüler mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf in der allgemeinen Schule des Produkts 20 zur Vermeidung des Ressourcen- Etikettierungs-Dilemmas nicht gewollt. Im Rahmen des hessenweiten Ausbaus des inklusiven Unterrichts (vorbeugende/ ambulante/ präventive Maßnahmen und inklusive Beschulung) wurden im Schuljahr 2015/2016 100 Stellen zur Verfügung gestellt, von denen 40 Stellen durch den Wegfall des individuellen Klassenteilers in GU-Klassen (Klassen mit Schülerinnen und Schülern im gemeinsamen Unterricht) der Jahrgangsstufen 4 und 8 entstanden sind. Für die Zunahme der Schülerinnen und Schüler mit den Förderschwerpunkten körperlich-motorische Entwicklung/ geistige Entwicklung sowie geistige Entwicklung in der inklusiven Beschulung wurden weitere Stellen ausgebracht. Um flächendeckend inklusive Strukturen im allgemeinen Schulsystem zu schaffen, unterstützt die Landesregierung Regionen dabei, sich zu Modellregionen inklusive Eingegangen am 2016 · Eilausfertigung am 1. Januar 2016 · Ausgegeben am 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3028 18. 02. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3028 Bildung zu entwickeln. Wesentliches Kriterium ist hierbei der Rückbau bzw. die perspektivische Aufhebung stationärer Förderschulangebote bei gleichzeitigem Ausbau des inklusiven Angebots in den allgemeinen Schulen, wobei die Stellen aus der Grundunterrichtsversorgung aus dem Abbau stationärer Systeme in der Region verbleiben und in vollem Umfang für den inklusiven Unterricht genutzt werden. Nach dem Start der Modellregionen in Wiesbaden, im Hochtaunuskreis , im Landkreis Offenbach und im Wetteraukreis im Jahr 2013 kamen im Schuljahr 2015/2016 weitere 5 Modellregionen mit 7 beteiligten Schulträgern hinzu (Groß-Gerau, Rüsselsheim , Kelsterbach, Frankfurt, Kassel, Main-Kinzig-Kreis, Hanau), was zu einem erneuten Zuwachs der Stellen für den inklusiven Unterricht führte. Für die weitere Stärkung und den Ausbau sind im Schuljahr 2016/17 ca. 80 zusätzliche Stellen für den inklusiven Unterricht vorgemerkt , wovon wiederum ca. 40 Stellen aus dem Wegfall des individuellen Klassenteilers in GU-Klassen der Jahrgangsstufen 9 und 10 entstehen. Aufgrund der noch nicht abgeschlossenen Umlenkungsprozesse in den Modellregionen ist auch hier mit einer weiteren Freisetzung von Förderschullehrerstellen von stationären Systemen zu rechnen, die dem inklusiven Unterricht zugutekommen. Aufgrund dieser Gegebenheiten wird für das Haushaltsjahr 2016 von einer Erhöhung der Beratungseinheiten für alle Leistungen des Produktes 20 im Umfang von ca. 218 Stellen ausgegangen. Frage 2. Wie viele dieser Stellen können durch Versetzungen vorhandener Lehrkräfte mit Lehramt an Förderschulen , die bisher nicht in der inklusiven Beschulung eingesetzt waren, besetzt werden? Grundsätzlich sind alle Lehrkräfte mit dem Lehramt an Förderschulen, deren Stammschule eine allgemeinbildende Schule ist, in der inklusiven Beschulung eingesetzt. Frage 3. Wie viele dieser Stellen plant die Landesregierung durch Lehrkräfte, die ein anderes Lehramt innehaben und zudem eine Weiterbildungsmaßnahme absolvieren, zu besetzen? In der Weiterbildungsmaßnahme befinden sich zurzeit 20 Lehrkräfte, die das Lehramt an Förderschulen erwerben. Die Maßnahme endet mit der Abschlussarbeit und Prüfung im Sommer dieses Jahres. Allen Lehrkräften wird, soweit sie diese Prüfung erfolgreich absolvieren, ein Angebot einer Planstelle an einem BFZ angeboten. In der Weiterbildungsmaßnahme werden bis zum Ende der Legislaturperiode rechnerisch jedes Schuljahr 20 Lehrkräfte weitergebildet. Frage 4. Wie viele dieser Stellen plant die Landesregierung durch Neueinstellen von Lehrkräften mit dem Lehramt an Förderschulen zu besetzen? Die Landesregierung plant alle gemäß der Antwort zu Frage 1 neu für den inklusiven Unterricht geschaffenen Stellen mit Förderschullehrkräften zu besetzen. Frage 5. Im welchem Umfang rechnet die Landesregierung zur Besetzung dieser Stellen mit Bewerbungen von Lehrkräften mit dem Lehramt an Förderschulen, die ihr Zweites Staatsexamen außerhalb Hessens abgelegt haben oder ablegen werden? Die Anzahl der Bewerberinnen und Bewerber für eine unbefristete Einstellung in Hessen, die das Staatsexamen nicht in Hessen abgelegt haben, unterliegt einigen Variablen, die nicht im Einflussbereich des Hessischen Kultusministeriums liegen. So ist diese unter anderem abhängig von politischen Entscheidungen oder demographischen Entwicklungen in den anderen Bundesländern . Frage 6. Wie viele Lehrkräfte mit Lehramt an Förderschulen befinden sich derzeit noch im Vorbereitungsdienst an hessischen Studienseminaren? (bitte nach Einführungs-, Haupt- und Prüfungssemestern darstellen) Derzeit befinden sich 369 Förderschul-LiV im Vorbereitungsdienst, die sich wie folgt aufteilen: Einführungssemester: ...... 128 1. Hauptsemester: ........... 74 2. Hauptsemester: ........... 94 Prüfungssemester: ........... 73 Frage 7. Wie viele angehende Lehrkräfte mit dem Lehramt an Förderschulen befinden sich derzeit an hessischen Universitäten in jeweils welchem Semester? Im Wintersemester 2015/2016 stellt sich die Zahl der Studierenden im Lehramt an Förderschulen an den hessischen Hochschulen wie folgt dar: Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3028 3 Fachsemester 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 16 und höher Gesamt Anzahl 292 6 240 7 219 9 206 8 206 6 112 3 32 3 10 64 1.423 Frage 8. Welche Zulassungsbestimmungen bestehen an den hessischen Universitäten, um ein Studium für das Lehramt an Förderschulen aufzunehmen? Das Lehramtsstudium im Studiengang Lehramt an Förderschulen kann an der Goethe- Universität Frankfurt am Main (GU) ausschließlich im Wintersemester aufgenommen werden. Vor der Aufnahme des Studiums im Studienfach Lehramt an Förderschulen sind grundsätzlich keine studiengangsspezifischen Fähigkeiten und Kenntnisse im Sinne von § 54 Abs. 4 HHG nachzuweisen, es sei denn, die Studienfächer Englisch, Kunst und Sport werden belegt. Für das Studienfach Englisch im Studiengang Lehramt an Förderschulen müssen die Bewerberinnen und Bewerber vor der Immatrikulation neben der Hochschulzugangsberechtigung die erforderlichen Englischkenntnisse nachweisen. Für das Studienfach Kunst im Studiengang Lehramt an Förderschulen bedarf es neben der Hochschulzugangsberechtigung des Nachweises einer künstlerischen Begabung. Für das Studienfach Sport im Studiengang Lehramt an Förderschulen ist die Vorlage des Deutschen Sportabzeichens (mind. Bronze) oder eine bestandene Sporteignungsprüfung bzw. eine sportärztliche Bescheinigung erforderlich. Der Studiengang Lehramt an Förderschulen ist ein zulassungsbeschränkter Studiengang. Die Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber erfolgt nach dem Grad der in der Hochschulzugangsberechtigung ausgewiesenen Qualifikation (Durchschnittsnote). Im Studienfach Sport richtet sich die Auswahl der Bewerber nach einem Wert, der sich zu 51 % aus der Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung und zu 49 % aus der Note eines Studierfähigkeitstests zusammensetzt . An der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) bestehen folgende Zulassungsvoraussetzungen zur Aufnahme eines Studiums im Studiengang Lehramt an Förderschulen: Allgemeine Hochschulreife oder eine als gleichwertig anerkannte Vorbildung. Fachspezifische Voraussetzungen für das zu wählende Unterrichtsfach: Eignungsprüfungen in den Unterrichtsfächern: Sport, Musik, Kunst. Sprachvoraussetzungen für das Unterrichtsfach Englisch. Gemäß der “Satzung der JLU für das Hochschulauswahlverfahren in zulassungsbeschränkten Studiengängen“ werden die Studienplätze im Studiengang Lehramt an Förderschulen gemäß den folgenden Kriterien vergeben: Nach dem Grad der in der Hochschulzugangsberechtigung ausgewiesenen Qualifikation (Durchschnittsnote), nach der Art einer Berufsausbildung, praktischen Tätigkeit oder von studienrelevanten außerschulischen Leistungen, die über die Eignung für den gewählten Studiengang besonderen Aufschluss geben können. An der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt müssen Bewerberinnen und Bewerber für ein Studium Lehramt an Förderschulen/ Musik eine Eignungsprüfung für das Fach Musik bestehen. Frage 9. Beabsichtigt die Landesregierung sich dafür einzusetzen, die Zahl der Studienanfängerinnen und Studienanfänger mit dem Lehramt an Förderschulen künftig zu erhöhen? Das Hessische Kultusministerium und dessen nachgeordnete Behörden informieren Lehramtsinteressenten durch telefonische Beratung, Vorträge und Diskussionen, die an den hessischen Universitäten und an hessischen Schulen stattfinden. Zusätzlich werden in Zusammenarbeit mit der Arbeitsagentur Informationsveranstaltungen geplant und durchgeführt. Frage 10. Falls Frage 9 zu bejahen ist, welche Maßnahmen plant die Landesregierung hierzu? Auf die Antwort zu Frage 9 wird verwiesen. Wiesbaden, 9. Februar 2016 Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz