Kleine Anfrage des Abg. Degen (SPD) vom 11.01.2016 betreffend Ruhen der Schulpflicht und Antwort des Kultusministers Vorbemerkung des Fragestellers: Gemäß § 65 des Hessischen Schulgesetzes kann es zu einem Ruhen der Schulpflicht kommen. Demnach ruht Schulpflicht auf Antrag für eine Schülerin mindestens vier Monate vor und drei Monate nach einer Niederkunft . Die Schulpflicht ruht ferner, wenn bei Erfüllung der Schulpflicht die Betreuung eines Kindes der oder des Schulpflichtigen gefährdet wäre. Über den Antrag entscheidet die Schulleiterin oder der Schulleiter. Für Kinder und Jugendliche, die auch in einer Förderschule oder durch Sonderunterricht nicht gefördert werden können, sieht das Schulgesetz vor, dass die Schulpflicht auf Dauer oder vorübergehend ruhen kann. Hierüber entscheidet die Schulaufsichtsbehörde nach Anhörung der Eltern aufgrund eines pädagogischpsychologischen und eines schulärztlichen Gutachtens. Die Schulaufsichtsbehörde kann zudem anordnen, dass die Schulpflicht für die Dauer des Entscheidungsverfahrens vorläufig ruht, wenn es die Aufrechterhaltung des Schul- oder Unterrichtsbetriebs oder die Sicherheit von Personen erfordert. Vorbemerkung des Kultusministers: Das Ruhen der Schulpflicht ist in § 65 Hessisches Schulgesetz (HSchG) geregelt. Mit dieser Vorschrift werden drei unterschiedliche Tatbestände geregelt: das Ruhen der Schulpflicht vor und nach der Geburt (§ 65 Abs. 1), bei Schulunfähigkeit und bei Gefährdung des Unterrichtsbetriebs (§ 65 Abs. 2). Die Beantwortung der nachfolgenden Fragen bezieht sich auf das Ruhen der Schulpflicht nach § 65 Abs. 2 HSchG. In den Fällen nach § 65 Abs. 1 HSchG entscheidet die Schulleiterin oder der Schulleiter über das Ruhen der Schulpflicht, daher liegen den Staatlichen Schulämtern Daten über diese Fälle in der Regel nicht vor. Ausnahmen sind in der Beantwortung vermerkt. Nach § 29 der Verordnung über Unterricht, Erziehung und sonderpädagogische Förderung von Schülerinnen und Schülern mit Beeinträchtigungen oder Behinderungen (VOSB) kann Schülerinnen und Schülern, die auf Dauer oder für voraussichtlich mehr als sechs Wochen aus gesundheitlichen Gründen zum Besuch einer Schule nicht fähig sind oder sich in Heilstätten, Kliniken oder Krankenhäusern befinden, an denen eine Schule oder Klasse mit dem Förderschwerpunkt für kranke Schülerinnen und Schüler nicht eingerichtet werden kann, sowie den Schülerinnen und Schülern, die auch auf Dauer oder für eine längere Zeit in einer Förderschule nicht gefördert werden können, die Erteilung von Sonderunterricht im Umfang von bis zu acht Wochenstunden gewährt werden. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. In wie vielen Fällen kam es seit dem Schuljahr 2011/2012 pro Schuljahr zu einem Ruhen der Schulpflicht? Die Fallzahlen sind in nachfolgender Tabelle dargestellt: 2011/2012 2012/2013 2013/2014 2014/2015 2015/2016 96 102 72 64 bisher 62 Eingegangen am 22. Februar 2016 · Ausgegeben am 24. Februar 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3029 22. 02. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3029 In den o.a. Daten sind 29 Fälle des Ruhens der Schulpflicht wegen Niederkunft enthalten, die sich - mangels Unterscheidung in einzelne Schuljahre - nicht herausrechnen lassen (vgl. Vorbemerkung ). Zwei der Fälle in 2015/2016 haben sich zwischenzeitlich erledigt, weil die Kinder nach Vorliegen des sonderpädagogischen Gutachtens nun doch an einer Förderschule weiter beschult werden. In einem Staatlichen Schulamt wurde vor dem Schuljahr 2012/2013 keine Statistik geführt. Frage 2. Welche der im Schulgesetz genannten Gründe lagen jeweils vor? Das Ruhen der Schulpflicht wird durch die Schulaufsichtsbehörde jeweils unter Bezugnahme auf § 65 Abs. 2 HSchG angeordnet. Folgende Gründe lagen in der Regel vor: Kinder und Jugendliche mit massiven Verhaltensauffälligkeiten (z.B. auto- und fremdaggressives Verhalten), Ruhen der Schulpflicht notwendig, da dies die Sicherheit von Personen erforderte. Frage 3. Für welche Dauer ruhte die Schulpflicht jeweils, insofern es zu einem zeitlich beschränkten Ruhen kam? Die Dauer des vorübergehenden Ruhens der Schulpflicht variiert von einer wochenweisen bis zu einer durchschnittlichen Dauer von 6 bis 8 Monaten, in Einzelfällen auch bis zu einem Zeitraum von 1 bis 2 Jahren. Häufig erfolgte die Befristung bis zum Ende des laufenden Schuljahrs (auch als Ende der Vollzeitschulpflicht), für die Dauer der Therapiemaßnahme oder Erkrankung, zum Teil bis zur Aufnahme in eine stationäre Einrichtung. Frage 4. In wie vielen dieser Fälle kam es zu einer Entscheidung die Schulpflicht auf Dauer ruhen zu lassen ? In 29 Fällen kam es zu einer Entscheidung, die Schulpflicht auf Dauer ruhen zu lassen. In einem dieser Fälle wurde die Entscheidung nach neun Tagen wieder aufgehoben, da der Betroffene kurzfristig in eine Jugendhilfeeinrichtung mit angegliederter Schule aufgenommen werden konnte. Frage 5. Wie alt waren die Schülerinnen und Schüler im Fall von Frage 4 jeweils? Das Alter der Schülerinnen und Schüler wird statistisch nicht erfasst. In der Regel handelt es sich um Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 7 bis 9, in den meisten Fällen hatten die Schülerinnen und Schüler bereits das 16. Lebensjahr erreicht. Frage 6. In wie vielen Fällen erfolgte seit dem Schuljahr 2011/2012 Sonderunterricht im Umfang von wie vielen Wochenstunden jeweils? Statistische Erhebungen zum Sonderunterricht werden nicht in allen Staatlichen Schulämtern geführt . Wiesbaden, 12. Februar 2016 Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz